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Betriebserfahrungen Bürogebäude lu-teco
Dieser Artikel basiert auf einer Veröffentlichung von B.Kaufmann und J.Schnieders im Protokollband Nr.41 Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser "Sommerverhalten von Nichtwohngebäuden im Passivhaus-Standard".
Solare Lasten - Sonnenschutz - Tageslicht - IWQ - Kunstlicht - EDV
Einleitung
Von den Bell Labs (etwa 1960 bis 1970) gibt es die Legende, dass dort ganz absichtlich sogenannte 'Denkzellen' für die Forscher eingerichtet wurden: kleine Büroräume ohne Fenster. Räume also, die absichtlich ohne jeglichen Außenbezug gestaltet wurden: Nichts sollte die dort arbeitenden Menschen von ihrer Arbeit und dem Nachdenken ablenken, keine störende Sonne sollte sie beeinträchtigen. Dieser Gedanke liegt nahe, wenn man über Sonnenschutz und solare 'Lasten' nachdenkt, und die Frage auszuloten versucht, wie moderne (Büro-)Gebäude am besten gestaltet sein sollen, damit die darin lebenden Menschen möglichst komfortable Innenraumkonditionen vorfinden und damit möglichst produktiv arbeiten können. Heute mutet diese Herangehensweise jedoch befremdlich an: schon vom Arbeitsschutz wird man darauf hingewiesen, gelegentlich aus dem Fenster zu sehen, um die Augen zu erholen.
Umfrageergebnisse bei Nutzern in Bürogebäuden zeigen eindeutig, dass Sonnenschutzmaßnahmen, wie Jalousien und Rollos, wenn sie den Blick nach draußen einschränken oft abgelehnt werden, eben weil dadurch der Außenbezug verloren geht. In diesem Beitrag werden zuerst thermische Simulationen aus der Planungsphase referiert und dann Betriebserfahrungen aus dem Passiv-Büro-Gebäude lu-teco der GAG in Ludwigshafen in Bezug auf den sommerlichen Wärmeschutz geschildert: wie gut greifen die Maßnahmen zum Sonnenschutz und welche zusätzliche Kühlenergie ist notwendig, um eine Überhitzung der Innenräume zu verhindern? Zählerablesungen zeigen, dass die zum Betrieb der Umwälzpumpen für die Betonkerntemperierung verbrauchte elektrische Energie im Rahmen der theoretischen Berechnungen bleiben.
In dem nachfolgenden Beitrag werden spezielle Sonnenschutz- bzw. Verschattungseinrichtungen vorgestellt, die dazu beitragen könnten die Nutzerakzeptanz von außen liegenden Verschattungssystemen in Zukunft zu verbessern.
Kurze Beschreibung des Gebäudes lu-teco (lu-teco 1)
Im Laufe des Jahres 2004 entschied die GAG Ludwigshafen als Bauherrin, ein neues Bürogebäude, das auf der 'Technologiemeile' südöstlich des Hauptbahnhofes in Ludwigshafen geplant war, als Passivhaus zu realisieren. Neben dem energetisch besonders anspruchsvollen Baustandard war jedoch von vorneherein klar, dass das Budget für die Investitionskosten begrenzt war, um später eine ortsübliche Miete von 9 €/m² realisieren zu können. Ein wesentliches Ziel war es daher, ein 'kostengünstiges' Passivhaus zu realisieren.
Das Passivhaus Institut war in diesem Projekt damit beauftragt, die Energiebilanz für das Gebäude mit etwa 10.000 m² Nutzfläche zu erstellen und die beteiligten Planer während der Planungs- und Ausführungsphase zu beraten. Diese Beratung bezog sich auf alle Belange der Passivhaus Gebäudehülle: Wärmebrückenberechnung und luftdichte Anschlüsse und diesbezügliche Beratung bei der Detailplanung. Auch der Drucktest zur Überprüfung der Luftdichtheit wurde vom PHI durchgeführt.
Das Gebäude wurde vom Bauherrn mit 'lu-teco' bzw. später mit 'lu-teco 1' bezeichnet, weil in direkter Nachbarschaft noch ein weiteres Gebäude 'lu-teco 2' als Passivhaus errichtet wurde, siehe auch www.lu-teco.de. In diesem Beitrag wird einfach die Bezeichnung 'lu-teco' statt 'lu-teco 1' verwendet.
Das Gebäude (Abbildung 1) wurde zur Beheizung im Winter und Kühlung im Sommer mit einer Betonkerntemperierung ausgestattet. Die Lüftung mit Wärmerückgewinnung hat nur die Aufgabe die Räume mit ausreichender Luftqualität zu versorgen und kann in geringem Umfang im Bypassbetrieb zur Kühlung herangezogen werden.
Die zu erwartenden sommerlichen Innentemperaturen waren bei diesem Projekt ein wichtiger Punkt. Daher wurden im Vorfeld eingehende zeitaufgelöste thermische Simulationen des Gebäudes bzw. von besonders exponierten Gebäudeteilen durchgeführt. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Innentemperaturen in einem behaglichen Bereich gehalten werden können, wenn sowohl die internen Wärmelasten (EDV-Geräte, Beleuchtung etc.) als auch die sommerlichen solaren Lasten durch angemessene Verschattung auf ein Minimum begrenzt werden. Die gut gedämmte Gebäudehülle tut ein Übriges, die solaren Lasten zu minimieren.
Weiterführende Abschnitte für Mitglieder der IG Passivhaus
Siehe auch
Übersicht der Passipedia-Artikel zu Nichtwohngebäuden im Passivhaus-Standard
Übersicht der Passipedia-Artikel zum Sommerverhalten von Passivhäusern
Das Passivhaus-Konzept für den Sommerfall
Sommerfall im mitteleuropäischen Klima auch bei Nichtwohngebäuden beherrschbar
Nichtwohngebäude: Sonnenschutz - Tageslicht - Kunstlicht - EDV
Nichtwohngebäude: Wärmeabfuhr durch Nachtlüftung
Maßnahmen für akustischen Komfort in Räumen mit schallharter Decke
Planungstools für den Sommerfall im Nichtwohngebäude
Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser, Protokollband Nr. 41: Sommerverhalten von Nichtwohngebäuden im Passivhaus-Standard; Projekterfahrungen und neue Erkenntnisse