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baulich:innendaemmung_seit_36_jahren_erfolgreich

Innendämmung 36 Jahre erfolgreich

(Überarbeitung im Jahr 2022 aus einer Erstveröffentlichung in [AkkP 32])

Beispiel Gründerzeitbau, Baujahr 1872

Wie aus Untertapeten (Tageszeitungen) hervorging, die bei der Modernisierung im Jahr 1986 gefunden wurden, ist das dreigeschossige Mehrfamilienhaus mit ausgebautem Dachgeschoss 1872 erbaut worden. Das Erdgeschoss ist massiv, die oberen Geschosse sind in Fachwerkkonstruktion realisiert worden. Allerdings erhielt das gesamte Gebäude von Anfang an einen durchgehenden mineralischen Außenputz mit Steinimitation. Dieser Putz war 1986 noch nahezu unbeschädigt erhalten; er wurde im Zuge der Modernisierung nur ausgebessert und mit einem neuen, diffusionsoffenen Anstrich versehen. Alle Decken im Gebäude sind Holzbalkendecken, auch die Kellerdecke. Diese befindet sich allerdings in halbgeschossiger Höhe über dem Geländeniveau. Aufsteigende Feuchte konnte nicht festgestellt werden, obwohl sich das Gebäude nicht weit vom Neckarufer befindet.

Abbildung 1: Das Gebäude vor der Modernisierung im Jahr 1985. Die mineralischen Putzfassaden waren über 100 Jahre nicht erneuert worden und waren immer noch intakt. Der Putz wurde nur ausgebessert und mit einem neuen Anstrich versehen (vgl. z.B. Abbildung 17). Gut erkennbar sind die ganz außen in der Fassade stehenden „Winterfenster“, seit Jahrzehnten ganzjährig genutzt. Auch im vorletzten Jahrhundert wussten die Menschen schon, dass durch eine weitere Scheibe Heizkosten (Kohle) gespart und der Komfort verbessert werden können.

Die alten Fenster bestanden ursprünglich aus zwei Teilen: Einem einfachverglasten „Innenfenster“ und einem zusätzlichen, beweglichen einfachverglasten Außenfenster, dem sogenannten „Winterfenster“. Eigentlich war es so gedacht, dass jenes im Frühjahr demontiert und im Dachraum gelagert wird, um im Herbst wieder an den Bestimmungsort zu gelangen. Diesen Aufwand hatten die Bewohner jedoch schon lange nicht mehr betrieben – die Außenfenster befanden sich permanent in der Laibung. Das Dach ist ein flach geneigtes Sparrenwalmdach mit einer Dielen-Unterdeckung. Es wurde bei der Modernisierung für eine weitere Wohnung ausgebaut1) und erhielt zusätzliche Fenster.

Die Modernisierung

Übersicht über die Maßnahmen

Das Objekt wurde 1985 von einer Eigentümergemeinschaft erworben. Leider konnte sich diese nicht auf eine umfassende auch energetische Modernisierung einigen. Daher wurde eine Dämmung der Außenwände nur im Erdgeschoss ausgeführt, und dies dadurch als Innendämmung, deren genauere Beschreibung unten folgt. Die übrige Modernisierung umfasste in allen Geschossen:

  • Den Einbau neuer Holzfenster mit Wärmeschutzverglasung (der 1986 verfügbaren Qualität mit Ug = 1,3 W/(m²K)). Es wurden die klassischen Schließmechanismen beibehalten – allerdings moderne Dichtlippen verwendet.
  • Eine teilweise Wärmedämmung auf der Kellerdecke im EG (etwa 1/3 des Erdgeschosses mit Trockenestrich-Verbundplatten) und eine vollständige Wärmedämmung des Daches (mit Mineralwolle) zwischen den Sparren.
  • Den Ausbau aller bisher vorhandenen Einzelöfen (größtenteils Ölöfen mit einer Zentral-Öl-Versorgung) und den Einbau von Etagenheizungen mit Gas-Brennwertgeräten, die teilweise als Außenwandgeräte, teilweise durch Einzug von Abgasleitungen in die alten Schornsteine betrieben werden. Die Geräte sind größtenteils bereits ein weiteres Mal erneuert worden (Nutzungsdauer 15 bis 18 Jahre). Die Wärmeverteilung erfolgt in jedem Geschoss separat mit jeweils Zweileiter-Ringleitungen und neu eingebauten Heizkörpern mit Thermostatventilen.
  • Lüftungsanlagen wurden 1985/86 nicht eingebaut und bisher auch nicht nachgerüstet, obwohl dies sinnvoll wäre. Allerdings sind alle Wohnungen bisher nicht mit hohen Belegungsdichten bewohnt worden (4 bis 6 Personen auf je 162 m² Wohnfläche); die gemessenen Raumluftfeuchten sind daher von besonderem Interesse.
  • Individuell wurden modernen Ansprüchen genügende Bäder eingebaut, im EG z.B. direkt neben der Küche durch Teilung eines Zimmers.
  • Der Grundriss der modernisierten EG-Wohnung ist in Abbildung 2 dokumentiert. Die Erschließung durch den Innenflur ist sehr großzügig. Allerdings ist dieser Flur sehr dunkel, da er nur spärlich etwas Licht aus dem (auch nicht reichlich befensterten) Treppenhaus bezieht. Die Räume sind mit 3,20 m (netto) komfortabel hoch.
Abbildung 2: Grundriss des Gebäudes Uhlandstr./Tübingen, EG mit Innendämmung (maßstäblich, gelb); nicht gedämmt wurden die Küche, das Bad und das WC
Abbildung 3: Querschnitt des Gebäudes Uhlandstr./Tübingen

Die Innendämmung

Der Prinzipaufbau der bei diesem Gebäude im EG ausgeführten Innendämmung ist in Abbildung 4 dargestellt. Innenseitig auf den alten Innenputz der bisherigen Außenwand wurden Gipskarton/EPS-Verbundplatten mit integrierter Aluminium-Dampfsperre eingebaut, von innen nach außen:

  1. neue Tapete, Anstrich,
  2. 12,5 m Gipskartonplatte,
  3. Aluminiumfolie als Dampfsperre,
  4. 40 bzw. 50 mm EPS-Dämmschicht,
  5. zementgebundener Klebstoff, vollflächig mit Zahnspachtel aufgetragen mit zusätzlichem Ringwulst am gesamten Rand entlang,
  6. alter Wandaufbau.
Abbildung 4: Aufbau der Innendämmung im Tübinger Gebäude. Bei diesem Aufbau wurde tatsächlich eine klassische Dampfsperre verwendet; wie die später dokumentierten Messungen zeigen, hat sich dies über die Jahrzehnte bewährt - heute wissen wir noch besser über den Feuchtehaushalt solcher Aufbauten bescheid und können aussagen, dass es vor allem auf die Luftdichtheit ankommt - eine gewisse Dampfbremswirkung gibt zwar zusätzliche Sicherheit, ist aber beim verwendeten Dämmstoff nicht zwingend erforderlich, solange es sich nicht um Feuchträume handelt. Die einzige Änderung, zu der wir heute (2022) wirklich raten, ist, die Dämmstärke durchweg auf 60 bis 100 mm zu erhöhen.

Es wurde sorgfältig darauf geachtet, dass die Dämmung die gesamte Innenoberfläche der Außenwände lückenlos überdeckt, so dass keine Fugen zwischen Dämmplatten verblieben (unvermeidbare Stoßfugen wurden bewusst etwas größer belassen und in einem weiteren Arbeitsgang mit Dämmstoff gefüllt, vgl. Abbildung 5).

Abbildung 5: Verhinderung von Hinterströmung und Eliminierung von Wärmebrücken an den Plattenstößen: Stoßfugen wurden ausgedämmt (bei Breiten über 1 mm) und ebenso die Ränder zu Decke, Innenwänden und zum Fußboden. Statt des Bauschaums (heute ohnehin nur noch FCKW-frei und isocyanat-arm) kann auch mit einem Spachtel Faserdämmstoff eingestopft werden (z.B. Flachs- oder Hanfzopf)

Es war uns schon damals bekannt, dass die Dämmung nicht von Innenluft hinterströmt werden darf2), daher wurde wie folgt vorgegangen:

  • Dämmung von Oberkante Fußboden bis Unterkante Decke und komplett auf der Außenwand (Abbildung 8), jeweils von Innenwand zu Innenwand, bei angrenzendem Treppenhaus auslaufend mit Dämmkeil, jedoch an den Innenwandeinmündungen ohne Begleitdämmung (da hat diese alte Lösung ein Verbesserungspotential, zu dem wir generell raten. Wie wir in der Analyse zur Nachkontrolle unten sehen werden, hat es aber in diesem Fall auch ohne die Begleitdämmung funktioniert3).)
  • Ausdämmen aller Stoßfugen (die breiter als 1 mm waren) zwischen Dämmplatten und an den Rändern der Dämmplatten (Abbildung 5),
  • Abkleben der Ränder rundum und der Plattenstöße mit luftdichtem aluminiumbeschichteten Kunststoff-Klebeband4), so dass eine Hinterströmung der Dämmung durch Raumluft nicht möglich ist (Abbildung 6). Diese Klebebänder wurden beim Ortstermin am 18. Februar 2005 wieder aufgefunden: vollflächig haftend und ohne erkennbare Risse. – Diese Maßnahme sichert zwar die Luftdichtheit, lässt jedoch für die Dampfdiffusion einen Nebenweg durch die Gipskartonplatte; die Dampfdiffusion über den Nebenweg ist nicht unbedeutend, aber unkritisch, wenn die Stoßfuge zwischen den Dämmplatten mindestens den Diffusionswiderstand des EPS-Dämmstoffes aufweist: Dort darf also kein Lufthohlraum bestehen 5). Dies zeigt: Die Kombination von Ausschäumen der Dämmstofffuge plus Abkleben der Gipskartonoberfläche löst das Stoßfugenproblem in gegenseitiger Ergänzung.
  • Dämmung auch der Fensterlaibungen von innen. Hier wurde in Zusammenarbeit mit dem Fensterbauer folgende Lösung gefunden und ausgeführt: Es wurden Sichtholzverkleidungen rund um die gesamte Laibung angebracht, mit ca. 20 mm Abstand zur alten Laibung (Abbildung 9). Hinter diesen Holzverkleidungen wurde mit einem nichtdrückenden Isolierschaum ausgeschäumt.
  • Für die Steckdosen in der Außenwand wurden runde Öffnungen sauber aus der Verbundplatte ausgesägt, eine Leerdose eingesetzt, das Kabel eingezogen und dann der verbliebene Hohlraum hinter der Leerdose ausgedämmt. Zwar dringt der Schaum vor dem Aushärten durch alle Ritzen der Leerdose in diese hinein, lässt sich aber im nächsten Arbeitsgang leicht wieder entfernen, da er an der glatten Kunststoffoberfläche der Leerdose nicht haftet. Abbildung 35 zeigt ein Ergebnis in thermographischer Aufnahme 19 Jahre später. Heute geht das zwar auch immer noch so (Möglichkeit „1“), es gibt aber drei weitere Lösungen, die wir in "Innendämmung ist besser als ihr Ruf" behandeln: Möglichkeit „2“: der Steckdoseneinsatz; Möglichkeit „3“: die luftdichte Leerdose; Möglichkeit „4“ eine Mehrfachsteckdose ganz vor die Dämmung herausgeführt).
Abbildung 6: Luftdichtheit: alle Stoßfugen und alle Ränder zu Decke, Innenwänden und Fußboden wurden rundum luftdicht abgeklebt (immer auf der Gipskartonplatte und auf den Anschlussbauteilen unmittelbar unter der neuen Tapete; heute empfehlen wir dafür qualifizierte Klebebänder der auf Luftdichtheit spezialisierten Hersteller: Luftdichtheitssysteme )
Abbildung 7: Die Abklebungen sind zwar sicher luftdicht, für die Dampfdiffusion gibt es aber einen Nebenweg quer durch die 12,5 mm starke Gipskartonplatte; dieser ist wegen des Diffusionswiderstandes der Dämmplatten (EPS) unkritisch, wenn dort kein Lufthohlraum besteht – vgl. die Klärung im Beitrag „Lösungen für den Feuchteschutz“

Die in diesem Objekt ausgeführte Innendämmmaßnahme hat sich, wie die im Folgenden dokumentierte Untersuchung beweist, bewährt. Es sind an keiner Stelle Probleme mit feuchten Wänden oder Anschlussdetails oder Fensteranschlüssen aufgetreten. Mit dem heute verfügbaren Know-how, vor allem den Erkenntnissen aus der Arbeitskreissitzung [AkkP 32], würden wir bei einer heutigen Ausführung dennoch folgende Einzelpunkte gegenüber der Lösung von 1985/86 noch weiter verbessern (Reihenfolge nach Bedeutung):

  1. Heute sollte bei einem solchen Projekt die Dämmstärke der Innendämmung 60 bis 100 mm6) betragen (gegenüber 40 bzw. 30 mm der ausgeführten Dämmung).
  2. Für die Laibungsdämmung empfehlen wir heute eine Dämmstoff-Verbundplatte oder einen Dämmkeil, welche das Temperaturniveau im Bereich der Fenster-Stockrahmen weiter anhebt und kostengünstiger ausgeführt werden kann. Auch die gewählte Lösung ist gut geeignet, aber nicht billig.
  3. Bei den Fenstern sind heute Passivhaus geeignete Rahmen verfügbar, die eine rundum bessere Wärmedämmung aufweisen und den letzten Schwachpunkt bei der Innendämmung, den Anschluss des Fensterrahmens in der Laibung, noch weiter entschärfen.
  4. Heute empfehlen wir Dämmstreifen oder Dämmkeile oder zumindest Temperaturleitbleche in den Kanten zwischen Dämmplatten und einmündenden Innenwänden. Im konkreten Projekt ergaben sich auch so keine Probleme; heute raten wir dabei aber zu mehr Sicherheit: sprich, Dämmkeile.
  5. Für die Lösung mit Dampfsperre oder Dampfbremse stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, am bequemsten ist wohl die Verwendung einer „streichfähigen Luftdichtungsbahn“ in Form einer zertifizierten Farbe7). Auch die hier beschriebene Lösung mit integrierter Aluminium-Dampfsperre funktioniert sehr gut, wenn Fugenabdichtung und die Abklebungen wie beschrieben durchgeführt werden.
Steckbrief: Gründerzeitbau, Baujahr 1872, 3 Vollgeschosse + 1 Dachgeschoss
Massivbau, Holzbalkendecken, ab 1. OG Fachwerkaußenwände.
Geschosshöhe 3,53 m
Eigentümergemeinschaft aus vier Parteien.
Nur im Erdgeschoss wurde gedämmt, auch dort nicht überall (vgl. den Grundriss in Abbildung 2 – und nur innen wurde gedämmt.
Dämmstärke meist 40 mm, partiell 30 mm
Wohnfläche (II. BV) EG: 162 m²
Außenwand, gedämmt: 132 m²
Außenwand, noch ungedämmt: 36 m²
Ur-Zustand vor Modernisierung: Heizwärmebedarf (PHPP) 203 kWh/(m²a)
Nach der Modernisierung: Heizwärmebedarf (PHPP) 128 kWh/(m²a)
Heizwärme-Einsparung (im EG) 39%
Würde man heute modernisieren:
Innendämmung 8 cm mit PH-Komponenten (PH-Fenster, Dämmung überall, Kellerdecke 4 cm, Lüftung mit WRG)
Heizwärmebedarf „heutige“ Modernisierung PHPP 67 kWh/(m²a)
Heizwärme-Einsparung „heutige“ Modernisierung 71%
Zur Information: gleiche Maßnahmen für das Obergeschoss:
Ur-OG vor Modernisierung: Heizwärmebedarf (PHPP) 171 kWh/(m²a)
Modernisierung mit PH-Komponenten und Innendämmung OG:Heizwärmebedarf (PHPP) 47 kWh/(m²a)
Alle Berechnungen erfolgten mit [PHPP 2004].

Tabelle: Übersicht zum Objekt; die Ergebnisse für die Variante „heutige Modernisierung“ sind bei einer maximalen Heizlast von dann nur noch 40 W/m² geeignet, die vorhandenen Brennwertgeräte mit Gasversorgung durch Wärmepumpen zu ersetzen ohne das Heizwärme-Verteilsystem erneuern zu müssen.

Abbildung 8: Arbeiten während der Ausführung: links untere, rechts obere Dämmplattenreihe; die Laibung hat im nächsten Arbeitsgang eine Innenverkleidung aus Holz erhalten, die mit 20 bis 25 mm nicht-drückendem PU-Zweikomponentenschaum zum alten Putz hin gedämmt wurde (siehe Abbildung 9). Was hier sichtbar wird: Das Anbringen mit zementgebundenem Kleber führt naturgemäß zu relativ „viel Dreck“ bei der Ausführung, insbesondere ungeübte Personen8) können dabei ab und an „Kleckern“ kaum vermeiden. Wir beschreiben in 'Innendämmung klassisch mit Dampfbremse' eine Methode, bei der wesentlich weniger 'Dreck' entsteht.
Abbildung 9: Foto dieser Fensterlaibung und des Fensteranschlusses 19 Jahre nach der Ausführung

Messzeiträume und Messgeräte

Messung der Randbedingungen ab Ende Dezember 2004

Der Raum im Erdgeschoss in der Nord-Ost-Ecke (Grundriss in Abbildung 2 „Eltern“) wurde zum „Messraum“ bestimmt. Dieser Raum wird regelmäßig als Schlafzimmer genutzt. Hier könnte, wenn überhaupt, noch die höchste Belastungssituation vorliegen.

Ein Datenlogger „Hobo U13” wurde ab 18.12.2004 in diesem Raum an der Innenwand nach Westen platziert (Abbildung 10).

Spezifikationen der Messstellen:

  • Hobo U13, interne Temperaturmessstelle, -20° bis 70 °C Messgenauigkeit: ± 0.35 °C (0° bis 50 °C)
  • Relative Feuchtigkeit, interner Feuchtesensor, 5% bis 95% RF
  • Messgenauigkeit ± 2.5% RH zwischen 10% und 90% RF (Lage an der Innenwand nach Westen, vgl. Abbildung 10)
  • Externer Temperatursensor (Raumtemperatur) Messgenauigkeit ±0.25° bei 20 °C, Drift: < 0.1 °C pro Jahr (Lage an der Innenwand nach Westen)
  • Externer Temperatursensor (Oberflächentemperatur) Messgenauigkeit ±0.25° bei 20 °C, Drift: < 0.1 °C pro Jahr. Dieser Fühler wurde in 0.75 m Höhe auf die Innenoberfläche der innengedämmten Wand mit Klebeband aufgeklebt (vgl. Abbildung 11).
Abbildung 10: Lage des Datenloggers für die Aufzeichnung von Raumtemperatur und relativer Feuchte vor dem Ortstermin (dauerhaft verschlossene Innentür, die anschließende Wand im Hintergrund ist eine nordgerichtete Außenwand)
Abbildung 11: Lage des Oberflächentemperatursensors auf der innen gedämmten Außenwand (Anschlussfoto zu Abbildung 10)

Abbildung 12: Datenlogger für Außentemperatur (oben auf dem Vogelhaus) und zugehörige Messstelle (strahlungsgeschützt im Buschwerk)

Der Logger zeichnet automatisch alle 30 Minuten Werte auf. Die Messung dient der Dokumentation der Randbedingungen der Messung. Da Feuchtespeichervorgänge sehr lange Zeitkonstanten haben, ist es zur Bewertung von Messungen wichtig, die Randbedingungen eine ausreichende Zeit vor der Untersuchung zu kennen.

Ein weiterer Datenlogger dient Außenlufttemperaturmessungen; er wurde im Garten strahlungsgeschützt aufgestellt: externer Hobo-Temperatur-Sensor, Genauigkeit: ±0.2° bei 21 °C, Aufzeichnung alle 30 Minuten (Abbildung 12).

Ortstermin am 18. Februar 2005

Begonnen wurde um 6:00 mit Außenthermographie vor Sonnenaufgang der gesamten Fassade des Objektes in Tübingen. Kurz vor 7:00 wurde mit der Innenthermographie begonnen (immer noch vor Sonnenaufgang). Alle Räume mit Innendämmung und zum Vergleich auch die Räume, in denen keine Innendämmung angebracht worden war (Bad und Küche), wurden untersucht. Im nachfolgenden Bericht sind nicht alle Aufnahmen, sondern nur die für die wesentlichen Aussagen entscheidenden, aufgenommen. Anschließend wurden vor der Außenwand stehende Bücher aus dem Regal im Untersuchungsraum von der Außenwand weggerückt und von der Situation dahinter fotographische und thermographische Aufnahmen gemacht.

Abbildung 13: In 690 mm Höhe über dem Fußboden wurden zwei Bohrungen  6 mm durch den Innendämmaufbau in den alten Innenputz gesetzt. In dieser Aufnahme sind die Leitfähigkeitssonden der Firma Gann im Abstand von 95 mm gesetzt. Ganz links: Pt100-Oberflächenfühler, mit Krepp-Band überklebt; oben: externer „Hobo“-Oberflächentemperaturfühler.

Gegen 8:30 wurde begonnen, mit einem Feuchtescanner auf Hochfrequenzbasis (Gann Aktiv-Elektrode B 60) die innengedämmte Nordwand im Messraum abzutasten. Dabei wurde ein im Rahmen der Messgenauigkeit nahezu konstantes Signal entlang der gesamten Gipskartonplatte festgestellt, das in Gipskarton einer massebezogenen Feuchtigkeit von 0.3 bis 0.4% entsprach. In einem 5 cm-Streifen an den Plattenstößen und den Kanten wurde jedoch ein Wert „> 10%“ angezeigt, der jedoch nichts mit einer gemessenen Feuchtigkeit zu tun hat – hier wurden vielmehr die an diesen Stellen sitzenden Aluminium-beschichteten Klebebänder detektiert. Die Leitfähigkeitsmessung mit zwei eingedrückten Edelstahlnägeln lieferte an drei ausgewählten Teststellen das Ergebnis „< 0.2%“ massebezogene Feuchtigkeit. Die Gipskartonplatte kann damit als durchgehend trocken (im Feuchtegleichgewicht mit normaler Raumluft) angesehen werden. Um 9:35 wurden zwei Durchmesser 6 mm Löcher in die Außenwand durch die Dämmung gebohrt (95 mm Abstand, vgl. auch Abbildung 13). Eine Messung der Feuchtigkeit in der alten Außenwand wurde mit verschiedenen Methoden durchgeführt:

  • Leitfähigkeitsmessung (Gann Hydromette Tiefensonde)
  • Ausgleichsfeuchtemessung (Gann Hydromette RHT 37)
  • Messung der Wasseraktivität aw mit Gann Hydromette RHT 37 (Ergebnis 8.4 °C und 58.5% rel. Feuchte) und mit Almemo 2290-8 kombinierter Temperatur-Feuchte-Sensor FH A646-R (30…100 °C +-0.1 K, 5…98% +-2% rel. Feuchte)

Alle Messungen mit allen eingesetzten Sensoren lieferten im Rahmen der Messgenauigkeit an dieser Messstelle (Bohrungen) das gleiche Ergebnis (Zeitraum 9:30 bis 12:00). Diese Messergebnisse werden daher hier nicht alle im Einzelnen dokumentiert, sondern nur die Messwerte, die in der folgenden kontinuierlichen Messaufzeichnung gewonnen wurden. Zur Definition und Bedeutung der aw-Werte vgl. den Beitrag zum Feuchteschutz in [AkkP 32] sowie [AkkP 24], [Sedlbauer 2001].

Kontinuierliche Feuchtemessung vom 18. Februar bis 8. Mai 2005

Die zuletzt genannten Feuchte- und Temperatursonden wurden fest eingebaut, die Bohrlöcher mit PE-Schaumstreifen verschlossen und ein Datenlogger Almemo 2290-8 angeschlossen. Dieser Datenlogger zeichnete zudem auf:

  • die Raumlufttemperatur (PT100) und relative Raumluftfeuchte am gleichen Messort wie der Hobo-Logger,
  • die Oberflächentemperatur der Gipskartonplatte (Pt100-Oberflächenfühler)
  • Die Temperatur an der Fußbodenoberfläche (ab 28.03.05)

Es wurde ein Aufzeichnungszyklus von 30 Minuten gewählt und die Daten wurden vom 18.02.2005 bis 8.05.2005 kontinuierlich aufgezeichnet. Von den redundanten Messwerten des Hobo-Loggers und des Almemo-Gerätes werden im Folgenden ab dem 18. Februar die genaueren (weil kalibrierten) Messwerte des Almemo-Gerätes ausgewertet; die Abweichungen zwischen den Hobo- und den Almemo-Messwerten lagen bei den Temperaturen im quadratischen Mittel unter 0.2 K (maximal bei einzelnen Messwerten 0.55 K) und bei den relativen Raumluftfeuchtigkeiten bei maximal 2 %, somit im Rahmen der angegebenen Messgenauigkeit; die einzelnen größeren Abweichungen sind durch unterschiedliche thermische Trägheiten der Sensoren bzw. ihrer Montagestellen bedingt; heftig nach unten oder oben ausschlagende Feuchte- oder Temperaturspitzen zeigen z.B. Lüftungsereignisse an. Deren Zeitpunkt wird durch die Aufzeichnung zuverlässig bestimmt; der absolute Wert der eintretenden Minimaltemperatur während eines solchen Ereignisses kann allerdings mit der hier verwendeten Messtechnik und mit den gewählten Messintervallen nicht zuverlässig bestimmt werden, dies ist aber für die hier erfolgende Auswertung nicht relevant.

Außenthermographie zur Innendämmung

Abbildung 14 zeigt die Außenthermographie der Ostfassade (Kellergeschoss, Erdgeschoss und Obergeschoss). Die Temperatur der Außenoberfläche der innengedämmten Außenwand liegt mit 1.17 °C um etwa 1 K über der Außentemperatur, die zum Messzeitpunkt bei etwa 0 °C lag (vgl. Temperatur auf dem lackierten „Vorfahrt achten“ – Schild). Im Kontrast dazu ist das Thermographiebild „Außenwandoberfläche im Obergeschoss“ richtig bunt: Hier gibt es keine Zusatzdämmung, auf den Gefachen liegen die Temperaturen zwischen 4 und 7 °C, selbst im Bereich der Fachwerkbalken über 2 °C. Im Mittel liegt die Oberflächentemperatur der Außenwand im OG bei 3 °C, dementsprechend ist der Wärmeverlust der ungedämmten Wand um etwa einen Faktor 2,5 höher als mit Innendämmung im EG. Die Außenoberflächentemperaturen der Zweischeiben-Wärmeschutzverglasung (Baujahr 1986) liegen knapp unter 4 °C; diese Verglasungen sind daher in etwa so gut im Wärmeschutz wie die alten, ungedämmten Mauersteinwände. Das Thermographiebild zeigt keinerlei Auffälligkeit im Bereich der innengedämmten Wand – die Naturstein-Fenstergewände sind ebenso etwas kühler wie die Gebäudeaußenkanten, interessanterweise aber nicht kühler als im Obergeschoss. Gibt es eine Feuchteakkumulation an Problemstellen der Wand, so ist dies durch dunkle Flecken im Thermographiebild erkennbar (vgl. auch das Paar Abbildung 20/Abbildung 21). Dass die Wand auch nicht im Innenbereich „durchfeuchtet“ ist, zeigen die weiter unten dokumentierten Messergebnisse mit den kontinuierlich betriebenen Datenloggern. Der Raum an der rechten unteren Ecke (Nord/Ost) ist der Messraum mit der kontinuierlichen Messung.

Abbildung 16 zeigt EG und OG der Südfassade in einem zusammengesetzten Thermographiebild. Wieder weist die Außenoberfläche der innengedämmten Räume im EG etwa 0 bis 1 °C auf, während die ungedämmten Fachwerkwände im OG 2 bis 5 °C warm sind, eine deutliche Temperaturschichtung erkennen lassen (z.B. zwischen dem 1. und 2. Fenster von links im OG) sowie die raumhohen Flächenheizkörper (rechts und links des Balkons). Heizkörper gibt es auch im EG, und zwar unter den Fenstern. Eine Temperaturerhöhung ist hier aber nur andeutungsweise zu erkennen; auch die Außenwände hinter den Heizkörpern sind auf der Innenseite gedämmt.

Abbildung 18 zeigt die Außenthermographie der Westfassade. Nur das Zimmer im EG Süd (im Grundriss „Arbeit“) ist innengedämmt, hier liegt die mittlere Oberflächentemperatur bei 0,9 °C. Im Norden (hinten) liegt die Küche, hier gibt es keine Wärmedämmung.

Abbildung 14: Außenthermographie der Ostfassade, KG, EG und OG. Die erhebliche Verringerung der Wärmeverluste durch die Innendämmung im EG ist gut erkennbar. Das nur in der Thermographie erkennbare Fachwerk ab dem OG war nie freigelegt.
Abbildung 15: Normalansicht zum Thermographiebild in Abbildung 14. Der vor 18 Jahren erfolgte Neuanstrich ist nur wenig verschmutzt. Weder die Thermographie noch das Foto geben Hinweise auf Schäden.
Abbildung 16: Thermographie der gesamten Südfassade (EG und OG; zusammengesetztes Bild). Wieder setzt sich das kühlere Erdgeschoss deutlich ab; die Fenster haben etwa vergleichbare Oberflächentemperaturen wie im OG; da die Fenster gleiche Qualität haben (eine Lieferung für alle Wohnungen), sind auch die Innentemperaturen etwa gleich.
Abbildung 17: Foto zur Thermographie der Südseite. Oberhalb der Fenster im Obergeschoss gibt es einige Farbablösungen beim vor 18 Jahren erfolgten Neuanstrich; im Obergeschoss wurde nicht gedämmt, die Ablösungen stehen somit nicht im Zusammenhang mit der Innendämmung. Auch an den Fenstergewänden hat sich die (weiße) Farbe inzwischen an einigen Stellen gelöst (auf diesem Foto nicht erkennbar).
Abbildung 18: Thermographie der Westfassade. Hier ist nur das Zimmer im EG Süd (im Grundriss „Arbeit“) innengedämmt, die hinten im Norden liegende Küche nicht. Die Außenoberfläche der Küche ist dementsprechend deutlich wärmer; der heiße Spot links oben an der Küchenwand ist das Abgasrohr des Brennwertgerätes.
Abbildung 19: Foto zum obigen Thermographiebild (Aufnahme vom 8. Mai; an den vorausgehenden Tagen hatte es viel geregnet. Das Sandsteinmauerwerk des Kellergeschosses zeigt am Absatz niederschlagsbedingte Feuchte).

Die Außenoberfläche der Küchenaußenwand liegt im Mittel mit 1.9 °C deutlich höher, auch ist die Temperaturschichtung erkennbar (Konvektionswalze in einem hohen Raum mit hoher Temperaturdifferenz zwischen Außenwänden und Raumluft) und die Innendämmwirkung der Küchenoberschränke (vgl. auch Abbildung 37). Ein Hotspot links oben an der Küchenwand zeigt das heiße Abgasrohr des Brennwertgerätes an. Auf der Nordseite (vgl. Abbildung 20) sind die Küche (ersten beiden Fenster von rechts) und das neue Bad (drittes Fenster von rechts) nicht gedämmt. Die Oberflächentemperaturen sind dort ungleichmäßiger und deutlich höher (Küchen-West-Wand hier 1.6 °C). Erkennbar ist die Temperaturschichtung im Raum und die erhöhte Oberflächentemperatur der Außenwand hinter dem Heizkörper (2.9 °C, unter dem zweiten Fenster von rechts). Die Temperatur der innengedämmten Außenwand (drei Fenster links im EG) verläuft dagegen gleichmäßiger und ist niedriger (0.5 °C ).

Im Detail mit hoher Auflösung zeigt Abbildung 22 das Nordfenster des Raumes mit der am 18. Februar 2005 begonnenen kontinuierlichen Messung. Auch auf diesem Bild ist die gesamte Wandoberfläche weitgehend gleichmäßig kalt (um 0 °C). Nur die Fensterwandung und die Sandsteinfensterbank sind erwartungsgemäß (wenig) kälter, weil es sich um Außenkanten handelt. Die Oberflächentemperatur im ungestörten Bereich der Verglasung liegt mit 1 bis 1.5 °C wegen des höheren Verglasungs-U-Wertes höher. Sehr gut sind der Randverbund (Aluminium-Abstandhalter) und die Konvektion im Scheibenzwischenraum erkennbar (gelber Rand um die Scheiben 3.5 °C und roter Streifen am oberen Scheibenrand 5.5 °C). Am Fensterrahmen ist eine gewisse Temperaturschichtung von unten nach oben erkennbar; unmittelbar unter dem Fenster steht der Heizkörper, dies wirkt sich aber durch die Innendämmung hindurch in der Außenthermographie nicht erkennbar aus.

Schlussfolgerungen zur Außenthermographie

Die Aufnahmen rund um das gesamte Erdgeschoss zeigen in den Bereichen der Innendämmung gleichmäßig niedrige Temperaturen. Unterschiedliche Einflüsse aus dem Innenraum sind von außen kaum zu erkennen (z.B. die Heizkörper unter den Fenstern). In den Bereichen ohne Innendämmung lassen sich die Temperaturschichtung und der Heizkörper dagegen klar ausmachen. Hinweise auf Fehlstellen in der Innendämmung, konvektive Wärmebrücken (müssten zu erhöhten Temperaturen in oberen Teilen der Außenwand EG führen) und auf lokal erhöhte Feuchtigkeit (wäre, wie in Abbildung 20 am Kellersockel, durch fleckige Temperaturabsenkungen erkennbar) gibt es keine. Die Aufnahmen zeigen Temperaturverteilungen, die im Mittelwert und im Detail den Erwartungen bei einer bauphysikalisch korrekten Innendämmung entsprechen.

Abbildung 20: Thermographie der nördlichen Außenwand, EG und OG. Im Bereich von Küche und Bad (erste drei Fenster von rechts) gibt es auch im EG keine Innendämmung. Dort ist die Temperaturschichtung klar erkennbar, aber auch eine gewisse „Innendämmwirkung“ von Ober- und Unterschränken der Küche (im Osten des 2. Fensters von rechts). Auch die Wärme vom Heizkörper unter diesem Fenster ist gut erkennbar - dagegen praktisch keine Heizkörper im EG weiter östlich im gedämmten Bereich. Auffällig ist auch der „Hotspot“ des Abgasrohres vom Brennwertgerät. Die kalte Außenkante der Außenwand-Nordwestecke ist im wesentlichen auf den geometrischen Wärmebrückeneffekt zurück zu führen. Der wird an der ungedämmten Wand besonders gut erkennbar, weil die ungestörten Wandflächen von innen stärker nachgeheizt werden.
Abbildung 21: Am 8. Mai 2005 aufgenommenes Foto zur Thermographie in Abbildung 20. Deutlich erkennbar ist, dass die Keller-Sandsteinwand im Bereich der Nordwestecke durch Schlagregen feucht ist. Die Verteilung der Feuchtigkeit ist etwas anders, aber auch in der Thermographie ist ein „feuchter Fleck“ erkennbar. In diesem Bereich (Küche) gibt es keine Innendämmung. Das Haus im Vordergrund rechts ist derzeit unbewohnt.
Abbildung 22: Thermographieaufnahme vom 18. Februar des Nordfensters des Untersuchungsraumes von außen; im Bereich der Außenwand ist die Temperatur sehr gleichmäßig, nur an der Kante der Fensterfassung erwartungsgemäß reduziert und zum Keller hin etwas wärmer (zusammengesetzte Aufnahme).Abbildung 23: Foto (vom 8. Mai) zur neben-stehenden Thermographieaufnahme, ebenfalls aus zwei Einzelbildern zusammengesetzt (Schnitt in der Fensterbank). Ein leichter Algenbewuchs ist auf dem Absatz des Kellersockels und des Kellerfensters erkennbar.

Innenthermographie

Die Innenthermographie der Außenwand des Wohnzimmers (Südseite) ist in der aus mehreren Aufnahmen zusammengesetzten Abbildung 24 dokumentiert. Die Innenlufttemperatur zum Zeitpunkt der Aufnahme lag um 15.8 °C (aufgenommen kurz nach Heizbeginn nach der Nachtabsenkung). Die Oberflächentemperatur der Gipskartonplatte ist in der Fläche sehr homogen und beträgt um 14.8 °C, unterscheidet sich somit nur wenig (ca. 1 K) von der Raumlufttemperatur. Deutlich heben sich der heiße Heizkörper und die Fußleiste (in der die Heizungsverteilleitungen verlaufen) ab. Ebenso deutlich treten die Fenster mit einem geringeren Dämmniveau hervor (ungestörte Oberflächen der Wärmeschutzverglasungen um 12 °C, am Randverbund und entlang der offenbar undichten Flügel noch geringere Temperaturen). Die gedämmten Fensterlaibungen sind überall fast genauso warm wie die ungestörte Wandfläche. Das Thermographiebild ist gegen 7:00 aufgenommen, das Foto in Abbildung 25 erst gegen 10:20, zu einem Zeitpunkt, als die Sonnenstrahlung die Laibung bereits weiter erwärmt hat; solche Effekte müssen bei thermographischen Untersuchungen beachtet werden: Es ist ratsam, wie bei den hier dokumentierten Aufnahmen, vor Einsetzen der Sonneneinstrahlung zu messen. Kältester Bereich ist die Katzenklappe im linken Flügel des mittleren Fensters. Anschlusswärmebrücken sind links und rechts bei der einmündenden Innenwand (minimal 12 °C) und oben am Deckenanschluss erkennbar (minimal 12.5 °C). Diese Temperaturen sind im vorliegenden Fall unkritisch, weil die mittlere relative Raumluftfeuchte um 40% liegt – dieser niedrige Wert hängt mit den undichten Fenstern zusammen.

Die rechte obere Ecke fehlt in Abbildung 24; dieser Bereich wurde später detailliert dokumentiert und ist in Abbildung 26 zu sehen. Da die Innenwandkante hier weder eine Begleitdämmung noch ein Temperaturleitblech aufweist, ist die Temperatur in der Kante auf minimal 12.8 °C reduziert. Im vorliegenden Fall ist dies unkritisch (niedrige relative Raumluftfeuchtigkeit), im Allgemeinen muss eine solche erniedrigte Temperatur allerdings als grenzwertig angesehen werden. Die Thermographie bei diesem Fallbeispiel bestätigt damit unsere Empfehlungen, bei einmündenden Innenwänden eine Begleitdämmung (Dämmkeil, Dämmzierleiste) oder ein Temperaturleitblech vorzusehen (vgl. den Beitrag von Berthold Kaufmann in [AKkP 32]).

Die Innenthermographien in allen untersuchten Räumen liefern ein zu den hier ausgewerteten Aufnahmen ähnliches Bild; sie werden daher hier nicht vollständig dokumentiert. Zur Einordnung der Messungen ist die Situation im Messraum, der Nordost-Ecke (Raum „Eltern“), bedeutend. In Abbildung 28 wird die Nord-Außenwand in diesem Raum wiedergegeben; die Raumlufttemperatur betrug hier 15.6 °C (Nutzung als Schlaf- und zeitweise Arbeitszimmer), die reguläre Oberfläche der Innenverkleidung der Innendämmung liegt bei um 15.2 °C, in den Anschlusswärmebrücken können die Temperaturen bis auf etwa 13 °C absinken.

Abbildung 24: Innenthermographie der Außenwand Süd des Raumes „Wohnen“ (Zusammengesetztes Bild, gegen 7:00). Gut erkennbar die wärmere Fußleiste hinter der die Ringleitung der Heizwärmeverteilung verläuft.
Abbildung 25: Foto zum obigen Thermographiebild (gegen 10:20); der „kalte“ Fensterflügel links am mittleren Fenster enthält eine Katzenklappe. Auch die übrige Verglasung in diesem Flügel hat einen geringen Scheibenabstand und daher höheren U-Wert und niedrigere Temperatur. Die Katze saß zum Zeitpunkt der Thermographieaufnahme noch nicht oberhalb des Heizkörpers.
Abbildung 26: Detail zur Innenthermographie der Außenwand im Wohnzimmer, einmündende Innenwand (West), Kante der Dämmung ohne Begleitdämmung inkl. der Ecke zur Decke, mit Temperaturangaben (Raumlufttemperatur um 17.5 °C gegen 10:20 Uhr), Außenlufttemperatur um -1 °C).
Abbildung 27: Foto zu obiger Thermographieaufnahme (Abb. 26). In der Kante sind keinerlei Anzeichen für eine unzulässig erhöhte Feuchtebelastung zu erkennen.
Abbildung 28: Innenthermographie der Außenwand Nord im Raum „Eltern“ (Nordost, Messraum, zusammengesetztes Bild). Die Raumlufttemperatur lag um 16 °C, die Außenlufttemperatur um -1 °C. Der weiße Kreis zeigt die Oberflächentemperaturmessstelle. Die Kante zwischen den beiden Außenwänden ist gut erkennbar (minimal 12.6 °C). Die beiden weißen Punkte am unteren Bildrand sind die Augen einer Katze9), der rote Streifen am unteren Bildrand zeigt die Fußleiste, in welcher die Wärmeverteilleitungen verlegt wurden.
Abbildung 29: Foto zur obigen Thermographie (Abb. 28). An den Kanten der Dämmung gibt es auch hier keinen Hinweis auf erhöhte Feuchtigkeit (auch nicht mit dem Feuchtescanner, vgl. Abschnitt zur Messung), der Temperaturrückgang ist in der Thermographie jedoch gut erkennbar.

Abbildung 30 zeigt ein aufschlussreiches Experiment: In der Nord-Ost-Ecke des Raumes mit zwei Außenwänden steht ein offenes Bücherregal. Die Bücher wirken hier wie eine zusätzliche, hinterlüftete Innendämmung: Sie schirmen die thermische Strahlung ab und behindern den konvektiven Wärmeaustausch, während die Raumluft durchaus nur wenig behindert hinter das Regal gelangen kann – der Dampfdruckausgleich mit dem Innenraum ist hier in jedem Fall gewährleistet. Bei einer nicht gedämmten Außenwandkante wurde in Arbeitskreis 24 ermittelt, dass die Minimaltemperaturen unter 5 °C liegen würden – das wäre selbst in dem hier vorliegenden Fall mit ausreichender Lüftung ein sicherer Schadensfall; der aw-Wert in der Kante würde im gesamten Winter bis Mitte März im Mittel bei 90% liegen und nie unter 82% fallen. Wie stellt sich diese Situation mit Innendämmung dar?

Abbildung 31 zeigt die Thermographie unmittelbar nach dem Herausnehmen einer Buchreihe; die Minimaltemperatur in der Kante beträgt dann 12.9 °C – und dies bei Raumtemperaturen von nur knapp 16 °C. Unter diesen Umständen lag der aw-Wert in dieser Kante während der Messung im Winter im Mittel bei nur 51% und maximal bei 73%. Hinter der Innendämmung ist die ursprüngliche Außenwandinnenoberfläche natürlich deutlich kälter, aber dort herrscht wegen der hier vorhandenen Dampfsperre ein viel geringerer Dampfdruck, wie wir noch sehen werden. Abbildung 32 zeigt die Außenkante hinter dem Bücherregal bei herausgenommenen Büchern: Es gibt keinerlei Anzeichen für eine unzulässig erhöhte Feuchtigkeit; auch keine Ränder oder Spuren, die darauf hindeuten könnten, dass dieser Fall einmal aufgetreten wäre. Dieses Ergebnis stimmt mit den Erwartungen auf Grund der berechneten aw Werte überein.

Fazit des Experimentes: In ungedämmten Außenwandkanten von Altbauten ohne Zusatzdämmung ist ein Feuchteschaden so gut wie sicher, wenn dort Möbel aufgestellt werden. Sowohl eine Außendämmung [AkkP 24] als auch die Innendämmung verhindern wirksam das unzulässige Absinken von Oberflächentemperaturen hinter Möbeln. In den Kanten von Außenwänden von Altbauten

  • dürfen daher entweder keine Möbel gestellt werden,
  • oder es muss eine ausreichende Dämmung korrekt angebracht werden - wenn keine Außendämmung möglich ist, eben eine korrekt ausgeführte Innendämmung.
Abbildung 30: Offenes Bücherregal in der Kante Nord/Ostaußenwand im Raum „Eltern“: Die Kante ist ganz oben und jeweils oberhalb der Buchreihen durch etwas niedrigere Oberflächentemperaturen erkennbar (Raumlufttemperatur um 16 °C, Außenlufttemperatur um -1 °C).
Abbildung 31: Das „Möbel-Wegrücken-Experiment“10): Zwei Buchreihen sind herausgenommen worden, nun ist die Außenkante mit Temperaturen um 13 °C über einen größeren Bereich erkennbar.
Abbildung 32: Blitzlichtfoto zur Thermographie in Abbildung 31: In der Kante ist keinerlei Hinweis für eine Feuchtebelastung erkennbar. Bei nicht gedämmten Altbau-Außenwänden sind diese Außenkanten hinter Schränken grundsätzlich kritisch. Mit der hier ausgeführten Innendämmung liegen alle Ergebnisse im „grünen Bereich“.
Abbildung 33: Fensterlaibung, Fensteranschluss, Rahmen, Randverbund und Funktion der Fensterflügeldichtung: Thermographie und Foto der gedämmten Fensterlaibung, Nordfenster im Raum „Eltern“.

Eine weitere Detailaufnahme zeigt Abbildung 33: Die unter der Holzverschalung ebenfalls innengedämmte Fensterlaibung und das (schon von außen gezeigte) Nordfenster im Messraum. Die reguläre Oberflächentemperatur auf der Holz-Laibungsfläche ist mit etwa 15 °C ausreichend hoch (nur 1 K unter Raumlufttemperatur). Ohne die Dämmung der Laibung wäre dies deutlich anders. Dieser Bereich ist in Altbauten sonst häufig ein Problemfall – durch eine korrekt angeschlossene Innendämmung in der Laibung kann er entschärft werden. In der Einbaukante zum Fenster liegen 11.7 °C vor, vor dem Hintergrund der niedrigen Raumtemperaturen immer noch ein guter Wert – die Glas- und Silikonoberflächen am Randverbund sind mit etwa 11 °C kälter; Tauwasser lag hier allerdings zu keinem Zeitpunkt des Ortstermins vor. Sehr viel niedriger ist die Oberflächentemperatur in der Zugluftfahne der durch den nicht dicht schließenden Fensterflügel einströmenden Außenluft (bis auf 6 °C herunter). Dass hier dennoch keine erhöhte Feuchtigkeit im und am Bauteil vorliegt, ist der vorbeiströmenden (trockenen) Außenluft zu verdanken, die bei 6 °C eine relative Feuchtigkeit von nur 42% aufweist. In jedem Fall völlig unkritisch sind solche Auskühlungen allerdings nicht; es kann in Randbereichen zu einer induzierten Raumluftströmung kommen; die Taupunkttemperatur der Raumluft lag in diesem Zeitraum um 4 °C und im gesamten später dokumentierten Winterzeitraum immer unter 7 °C, sie könnte jedoch bei nicht sichergestellter Lüftung bei 8 bis 12 °C liegen.

Mit dichten Fenstern und einer Komfort-Wohnungslüftung können die Temperaturabsenkungen in der Zugluftfahne vermieden werden. Da es eine Komfort-Wohnungslüftung hier aber nicht gibt, sorgt die Infiltration durch die undichten Fenster wenigstens für eine gewisse Lufterneuerung, wodurch die relative Raumluftfeuchte immerhin im Bereich um 40% bleibt. Der an sich empfehlenswerte Einbau von nach dem Stand der Technik dichten Fenstern setzt eine Sicherstellung der Lufterneuerung voraus. Nach den Analysen in den Arbeitskreissitzungen 23 und 24 kann es sich dabei nur um eine Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung handeln [AkkP 23], [AkkP 24].

Dass die Innendämmung auch hinter der Holzverkleidung in der Laibung wirksam ist und Feuchtebelastungen effektiv verhindert, zeigt in der linken Aufnahme von Abbildung 34 der Anschluss der Fensterbank an die Holzverkleidung. Das Holz wurde hier erst einmal nachgestrichen; nach 19 Jahren macht das Detail einen Eindruck „wie neu“. Dass an Stellen, an denen die Temperaturen zeitweise noch mehr absinken können und an denen Tauwasserbildung (Glasfläche) von der Bauphysik her regelmäßig zu erwarten ist auch Anzeichen von Schimmel gefunden werden, zeigt die Makroaufnahme in Abbildung 34 (rechts): Die Ecke der Silikonfuge im Glaseinstand weist auf etwa 10 mm einen Schimmelansatz auf. Das hat mit der Innendämmung nichts zu tun, es ist allein Folge der massiven Wärmebrücke durch den Aluminium-Randverbund; an dieser Stelle findet man in Wohngebäuden regelmäßig Schimmelansätze. Vermeidbar ist dies nur durch substantiell verbesserte Fenster – eben durch thermisch getrennten Randverbund, tieferen Glaseinstand und eine Dreischeibenwärmeschutzverglasung, also durch ein Passivhaus geeignetes Fenster. Die gab es zum Zeitpunkt dieser Modernisierungsmaßnahme noch nicht.

Abbildung 34: Fensterbank mit Anschluss an die Laibungen (oben) – kein Hinweis auf Feuchtebelastungen. Unten: Makroaufnahme der Silikonfuge am Glasrand-Verbund: In der Ecke sitzt ein etwa 10 mm langer Schimmelstreifen. Die Ursache ist die Temperaturabsenkung und Tauwasserbildung am Glasrand infolge der Aluminium-Abstandhalter. Dies ist nur mit Passivhausfenstern vermeidbar, die aber erst seit 1997 am Markt verfügbar sind11).

Wegen der erforderlichen Sorgfalt und der damit verbundenen Risiken empfehlen wir heute, Installationen wie z.B. Steckdosen in Außenwänden mit Innendämmung zu vermeiden; gute alternative Lösungen sind z.B. Steckdosenaufsätze auf Fußleisten-Kanälen, wie sie in Passivhausneubauten mit einschaligen Holzkonstruktionen verwendet werden [Peper/Feist 2001] oder eine Installationsebene, die konsequent vor der Luftdichtheitsebene der Innendämmung verläuft. Dass aber mit entsprechender Sorgfalt ausgeführte Details auch bei Installation von Steckdosen in der Innendämmlage funktionieren können, zeigt unsere Nachuntersuchung an diesem Objekt (Abbildung 35); vorausgehend war die Einbaumethode beschrieben worden. Die Steckdose sitzt ganz offensichtlich luftdicht in der Konstruktion, sonst wären in der Thermographie Strömungsfahnen der austretenden Kaltluft erkennbar. Wegen der dünneren Dämmschicht (ca. 15 mm PU-Ortschaum) ist die Temperatur in der Dose wie erwartet reduziert, 14.3 °C bietet aber immer noch einen komfortablen Abstand zu feuchtekritischen Temperaturen. Selbst das Strahlungsgleichgewicht aus dem Loch der Steckdose (13.6 °C) gehört zu einer noch ausreichenden Temperatur. Auch alle anderen kontrollierten Steckdosen erwiesen sich als dicht und unkritisch. Allerdings muss sich der verantwortliche Planer und Bauleiter fragen, ob die beschriebene sorgfältige Ausführung zum gesichert dichten und ausreichend wärmegedämmten Einbau von Steckdosen in der Baupraxis immer durchgesetzt werden kann.

Deutlich niedriger sind die Temperaturen am Anschluss Rahmen/Laibung bzw. Rahmen/Fensterbank – wie bereits beschrieben wären hier Verbesserungen durch den Einsatz von Passivhausfenstern möglich. Abbildung 36 zeigt eine Innenthermographieaufnahme der Westwand im Zimmer „Arbeit“ (vgl. Abbildung 8 während der Ausführung der Dämmarbeiten). Wir dokumentieren auch Aufnahmen aus diesem Raum, weil hier die Raumtemperatur um 20.7 °C lag und damit vergleichbar ist mit heute oft vorkommenden Werten. Die Fußboden-, Außenwand- und Deckentemperaturen sind nur wenig verschieden von der mittleren Raumtemperatur (nur 0.5 bis 1 K niedriger, an der Decke sogar wegen der Temperaturschichtung um etwa 0.8 K höher). Am kältesten ist der Blockrahmen; aber auch die hier gemessenen 11.5 °C sind bei den vorherrschenden relativen Raumluftfeuchtigkeiten um 40% unkritisch. Alle übrigen Anschlusspunkte wiesen in diesem Raum Temperaturen über 16 °C auf. Die Messwerte aus diesem Raum zeigen, dass bei heute üblichem Raumtemperaturniveau auch durch eine Innendämmung eine erhebliche Verbesserung der Behaglichkeit erreicht wird:

  • Die Strahlungstemperatur ist nur um 1 bis 2 K niedriger als die Raumlufttemperatur und die Strahlungstemperaturasymmetrie ist gering.
  • Die Temperaturschichtung im Raum liegt mit 2.5 K auf 3.20 m deutlich unter 1 K/m; gerade für einen hohen Raum ist das ein wichtiger Vorteil.
Abbildung 35: Detailaufnahme in Zimmer II: Fensteranschluss und Steckdosen in der Innendämmung (Innentemperatur um 16 °C, Außentemperatur um -1 °C). Die Steckdose zeigt keinerlei Anzeichen für einen „Steckdosen-Taifun“, auch die Temperaturen sind durchweg unkritisch. Die Einschäummethode hat sich somit bewährt. In 'Innendämmung klassisch mit Dampfbremse' beschreiben wir weitere Methoden, wie die Steckdosenverlegung gemacht werden kann.

Zum Vergleich wird in Abbildung 37 auch noch eine Innenthermographieaufnahme der westlichen Außenwand der Küche dokumentiert (zusammengesetzt aus mehreren Aufnahmen). In der Küche ist keine Innendämmung ausgeführt worden. Trotz einer Raumtemperatur um 18.5 °C ist die Oberfläche der Innenwand deutlich kälter als in den übrigen Räumen (um 15 °C) und zudem viel inhomogener. Die Raumluftschichtung ist erkennbar (Decke: 19 °C, Boden 15.5 °C).

Die Auswirkung von Wärmebrücken in der ungedämmten Außenwand lassen sich mit Temperaturrückgängen bis 5.5 K unter Raumtemperatur ausmachen. In den Räumen mit Innendämmung gingen die Temperaturen um maximal 3.5 K zurück. Diese Werte zeigen, dass durch eine korrekt ausgeführte Innendämmung die Auswirkungen von Wärmebrücken reduziert werden können.

Die Küchenoberschänke bilden eine Art partielle Innendämmung. Diese „Dämmung“ ist allerdings nicht luftdicht, sondern mit einiger Wahrscheinlichkeit zumindest teilweise mit Raumluft hinterströmt und in jedem Fall ohne wirksame Dampfbremse. Hinter dem Mobiliar ist die Wandoberflächentemperatur reduziert; ein Vergleich mit Abbildung 18 (Außenthermographie) zeigt, dass diese Absenkung noch auf der Außenoberfläche erkennbar ist. Hier bestehen höhere Risiken für eine Feuchtebelastung als bei einer korrekt luftdicht und dampfbremsend aufgebauten Innendämmung; vor einer solchen ist das Stellen von Mobiliar dann unkritisch.

Abbildung 36: Thermographieaufnahme der Westwand im Zimmer „Arbeit“ von innen. In diesem Raum lag die Raumtemperatur um 20.7 °C und damit vergleichbar mit heute oft vorgefundenen Werten. Die Fußboden-, Außenwand- und Decken-Temperaturen sind nur wenig verschieden von der mittleren Raumtemperatur. Am kältesten ist der Blockrahmen; aber auch die hier gemessenen 11.5 °C sind bei den vorherrschenden relativen Raumluftfeuchtigkeiten um 40% nicht kritisch.

Schlussfolgerungen zur Innenthermographie:

Das durch Raumluftfeuchte bedingte Schimmelrisiko ist bei Altbau-Außenwänden ohne Innendämmung in der Praxis höher als bei einer korrekt ausgeführten Innendämmung mit Dampfbremse oder Dampfsperre. Das hier dokumentierte Fallbeispiel belegt dies. Dies trifft natürlich nur dann zu, wenn keine aufsteigende Feuchte und ein guter Schlagregenschutz vorliegen und wenn eine sorgfältige Planung und Ausführung der Dämmmaßnahme erfolgt.

Ein besonderes Risiko geht ohne Innendämmung (und ohne Außendämmung) von an Außenwänden gestellten Möbeln aus. Diese bilden eine räumlich begrenzte Innendämmung und bewirken so eine Temperaturabsenkung an der Oberfläche im betroffenen Bereich und an seinen Grenzen, ohne dass dort die für den Feuchteschutz erforderlichen Vorkehrungen (Dampfsperre oder Dampfbremse oder kapillaraktives Material) vorhanden sind. Mit Innendämmung ist dieses Risiko deutlich reduziert, weil die Dämmwirkung zusätzlicher Möbel im Vergleich zu jener der Dämmung gering ist und die Oberflächentemperaturen auch hinter den Möbeln ausreichend hoch bleiben. Dies wird durch die im Fallbeispiel dokumentierten Thermographien sowohl für die innengedämmte Wand (unkritisch) als auch für eine nicht gedämmte Wand (grenzwertig) belegt.

Die im Fallbeispiel gewählte Methode zur Herstellung der Luftdichtheit der Innenverkleidung und zur Verhinderung einer Hinterströmung der Dämmplatten hat sich offensichtlich bewährt; die Thermographieaufnahmen zeigen an keiner Stelle von Luftströmungen herrührende Fahnen, außer an den undichten Fensterflügeln.

An den Endkanten der Dämmung zu eingrenzenden Innenwänden liegt ein deutlich sichtbarer Temperaturrückgang vor; dieser ist im vorliegenden Fall nicht kritisch, weil ohnehin im sicheren Bereich liegende Raumluftfeuchtigkeiten gemessen wurden. Heute empfehlen wir aber generell, diese Bereiche durch eine Begleitdämmung (Dämmkeil) oder ein Temperaturleitblech zu verbessern. Diese Maßnahmen bieten dann auch Sicherheit, wenn in diese Kanten Möbel gestellt werden.

Besser gedämmte und dichtere Fenster sind empfehlenswert, Voraussetzung dafür ist eine ausreichende Lufterneuerung bei einer luftdichten Außenhülle durch eine Komfortlüftung.

Detaillierte Beschreibungen, wie heute eine noch weiter verbesserte Version der hier ausgeführten Innendämmung realisiert werden kann, finden sich unter Wärmeschutz durch Innendämmung. Dort sind unterschiedliche Ausführungsformen mit verschiedenen Materialien beschrieben: Nicht nur die hier gewählte Konstruktion (die immer noch recht kostengünstig ausführbar ist), sondern auch Maßnahmen, die Zellulose-Einblasdämmung verwenden oder Calcium-Silikat-Dämmplatten; worauf es wirklich ankommt: luftdicht gegen die Raumluft müssen die Konstruktionen sein und die Wärmebrücken an den Rändern und zu den Fenstern müssen entschärft werden. Wir das beachtet, werden die Ergebnisse regelmäßig noch besser sein als im hier nach Jahrzehnten nachuntersuchten Beispiel.

Kontinuierliche Messungen

Die Thermographieaufnahmen belegen eine gute Ausführungsqualität der Innendämmmaßnahme und ihre Wirksamkeit auch nach 19 Jahren bis in alle Anschlussbereiche. Zusammen mit den Fotos dokumentieren sie, dass äußerlich keine Schäden erkennbar sind. Wie hoch allerdings die mittlere Materialfeuchtigkeit hinter der Innendämmung und in der ursprünglichen Außenwand ist, lässt sich nur durch direkte Messungen feststellen. Da sowohl die Außen- als auch die Innenrandbedingungen stark schwanken und zeitabhängig unterschiedliche Belastungen vorliegen können, ist für die Kontrolle eine kontinuierliche Messung erforderlich.

Eine solche wurde im Messraum (Raum „Eltern“ im Grundriss Abbildung 2) ab dem 18. Dezember 2004 durchgeführt, wobei ab 18. Februar 2005 auch Sensoren hinter der Dämmung in der Ebene des alten Innenputzes angebracht waren. Die Messungen wurden am 8. Mai 2005 abgeschlossen.

In Abbildung 38 ist ein Ausschnitt der tapezierten Oberfläche der Gipskartonplatte im Umfeld des Oberflächenfühlers in einer hochaufgelösten thermographischen Aufnahme zu sehen; Temperaturdifferenzen von unter 0.03 K sind hier noch zu erkennen. Die Aufnahme zeigt, dass das Temperaturfeld auf der Oberfläche sehr homogen ist. Die am Messfühler gemessene Temperatur ist damit charakteristisch für die (ungestörte) Innenoberfläche des innengedämmten Aufbaus.

Abbildung 39 zeigt die Messstellen auf und in der Außenwand, wie sie während der Messzeit angebracht waren: Zwei Oberflächentemperaturfühler (A und B) sowie zwei „Tiefenmesssonden“, die in je einer Bohrung durch den Dämmaufbau zwei Zentimeter im bzw. hinter dem alten Innenputz des Bestandsmauerwerkes sitzen. Die Anbringung der Tiefenmesssonden verstößt gegen die Laborregel zur korrekten Temperaturmessung in inhomogenen Temperaturfeldern, weil das metallische Fühlergehäuse und das Fühlerkabel eine merkliche Wärmebrücke bilden und dies in der gewählten Montagesituation zu einer spürbar erhöhten gemessenen Temperatur am Sensor führt. Korrekt müsste der Fühler flach auf den Putz aufgelegt und das Kabel ausreichend lang auf der alten Innenputzoberfläche isotherm entlanggeführt werden. Diese Ausführung wäre bei der hier gewünschten „minimalinvasiven“ Nachmessung an der unbeschädigten Konstruktion nicht möglich gewesen. Ein vollflächiges Öffnen der Dämmung und Wiedereinkleben hätte den originalen Aufbau zerstört und Feuchtigkeit (Einklebung) eingebracht.

Abbildung 38: Thermisch hochaufgelöster Detailausschnitt der Nordaußenwand im Raum „Eltern“ in der Umgebung der Oberflächenmessstelle. Die Temperatur der Außenwand ändert sich auf der Innenoberfläche kaum (+-0.12 K) (Raumlufttemperatur um 16 °C, Außenlufttemperatur um -1 °C).
Abbildung 39: Lage der Messstellen während der kontinuierlichen Messung:
A: Pt100-Oberflächentemperaturfühler (Almemo)
B: externer Temperaturfühler Hobo: Oberflächentemperatur (ab 17.12.04)
C1: Bohrung 1, Temperatur- und rel. Luftfeuchte hinter der Dämmplatte
C2: Bohrung 2, Temperatur- und rel. Luftfeuchte hinter der Dämmplatte
Abbildung 40: Punktförmige Wärmebrücke durch den Sensor (zylindrisches Metallgehäuse) und das Sensorkabel, bedingt durch die Messanordnung und berechnet mit dem Programm [HEAT2R]. Der systematische Messfehler kann aber korrigiert werden, vgl. Text.

Wir haben bewusst eine andere Methode gewählt: Der systematische Messfehler durch die Wärmebrückenwirkung des Sensors und des Messkabels lässt sich nämlich nachträglich wieder herausrechnen. Vorausgesetzt werden muss dazu nur, dass die Gesetzmäßigkeit der mehrdimensionalen Wärmeleitungsgleichung im vorliegenden Fall gültig sind, was mehrfach durch Validierungsmessungen bestätigt wurde. Abbildung 40 zeigt ein mit dem rotationssymmetrisch rechnenden Wärmestromprogramm HEAT2R berechnetes Temperaturfeld (Horizontalschnitt mit der Rotationsachse = Fühlerachse in der Mitte, gewählte Randbedingung Innenlufttemperatur 10 Einheiten, Außenlufttemperatur 0 Einheiten). Es ergaben sich mit dem Programm die ungestörte Oberflächentemperatur hinter der Dämmplatte zu 4.259 Einheiten und die Temperatur am Sensor zu 5.5 Einheiten. Bis auf in diesem Fall vernachlässigbare Nichtlinearitäten des Wärmeübergangskoeffizienten und ebenfalls vernachlässigbare instationäre Effekte ist das abgebildete Temperaturfeld skalierbar, d.h. bei sich ändernden Randbedingungen ergibt sich in jedem Punkt des Feldes die Temperatur durch lineare Inter- oder Extrapolation aus dem mit einer festen Randbedingung bestimmten Feld, eben dem oben dargestellten. Damit lässt sich die ungestörte Temperatur auf der ungestörten alten Putzoberfläche θung aus der gemessenen Temperatur θmess und der Raumtemperatur θraum nach der Beziehung

Δθung / Δθmess = (10 - 4.259)/(10 - 5.5) = 1.28

bestimmen und dadurch der systematische Fehler eliminieren (ΔθX = θX,vor - θX,nach). Aus der so bestimmten Oberflächentemperatur lässt sich mittels des Verhältnisses für die Sättigungsdampfdrücke bei den Temperaturen θung und θmess auch die relative Feuchte an der ungestörten alten Wandoberfläche bestimmen. Die hier beschriebenen Rückrechnungen wurden für alle im Folgenden dargestellten Messwerte bereits vorgenommen. Als Ausgangswert wurde der Mittelwert von beiden Messfühlern in den Bohrungen C1 und C2 verwendet.

Abbildung 41 zeigt die Ergebnisse der Temperaturmessungen über den gesamten Zeitraum, wobei die Messung hinter der Dämmplatte (grün) erst am 18. Februar einsetzt. Die Außentemperatur zeigt einen typischen Winterverlauf mit drei ausgeprägten kalten Perioden, an denen Temperaturen bis zu Minimalwerten von 18°C erreicht wurden – und dies im Kern der eigentlichen Messzeit. Der Zeitpunkt der Thermographie war günstig gewählt innerhalb einer stabil kalten, aber bewölkten Periode. Der Verlauf der Raumlufttemperatur (rot, ganz oben) wirkt in dieser Übersicht etwas „zappelig“, erklärt sich aber schnell bei Betrachtung in einer höheren Zeitauflösung (Abbildung 42). Gut erkennbar ist eine „Weihnachtsabsenkphase“ vom 24. Dezember bis 5. Januar. Die Oberflächentemperatur der Gipskartonverkleidung folgt der Raumlufttemperatur unmittelbar und liegt meist zwar erkennbar, aber nur wenig unter dieser. Die grüne Temperaturkurve der Oberfläche des alten Innenputzes hinter der Dämmplatte hat einen stark gedämpften Temperaturgang, der sehr schön zwischen der mittleren Außentemperatur und der Raumtemperatur liegt.

Abbildung 41: Gemessener Temperaturverlauf; ab 18. Dezember Außenlufttemperatur (unten, blau), Raumlufttemperatur (oben, rot) und Innenoberflächentemperatur der Gipskartonplatte (nahe Raumluft, gelb). Ab 18. Februar auch Temperatur der alten Innenoberfläche hinter der Dämmplatte (grün). Die Messwerte entsprechen den Erwartungen.
Abbildung 42: Detailverlauf der Temperaturen zwischen 18.02.2005 12:00 und 02.03.2005. Die Messungen illustrieren die typischen thermischen Eigenschaften eines innengedämmten Raumes – Erläuterungen siehe Text.

Der Detailverlauf der Temperaturen, in Abbildung 42 wiedergegeben, illustriert die charakteristischen Eigenschaften einer Innendämmung:

  • Der Raum wird temporär beheizt mit ausgeprägten Absenkphasen; die Solltemperatur während der Heizzeiten liegt um 20 °C, in den Absenkphasen um 14.5 °C (nur selten erreicht). Die Einstellung erfolgt aktiv jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten und für unterschiedliche Dauer durch die Nutzerbedienung des Thermostatventils. Dieses wird in zwei Stellungen („Tag“ entspr. etwa 20 °C und „Absenkung“ entspr. etwa 14.5 °C) betrieben. Die Tag-Solltemperatur wird zu allen Zeitpunkten ziemlich gut reproduziert.
  • Der innengedämmte Raum weist eine nur geringe Zeitkonstante auf, diese wurde aus den Messungen zu etwa 5.5 h ermittelt. Daher kommt es nach dem Zurückdrehen des Thermostatventils tatsächlich zu einem ausgeprägten Rückgang der Raumtemperatur (im Diagramm mit „Nachtabsenkung“ gekennzeichnet) und Werte zwischen 14 und 16 °C werden im Winter regelmäßig erreicht. Erwartungsgemäß weisen innengedämmte Räume ein ausgeprägt instationäres Temperaturverhalten auf. Passivhausarchitekten und -Bewohner sind solche zeitlich stark wechselnde Temperaturen nicht gewohnt: In einem gut gedämmten Raum liegen die Zeitkonstanten bei 600 h (hundertfacher Wert) und mehr (vgl. dazu [AkkP 27], Einführung).
  • Die verfügbare Heizleistung der Heizkörper und die fast trägheitslose Oberfläche der Innendämmung erlauben andererseits in diesem Raum ein genügend schnelles Anheizen: Am 22. Februar wird z.B. nach weniger als 1 h eine Temperatur von 19 °C (ausgehend von 16 °C) erreicht.
  • Auch die Regeleigenschaften des Thermostatventils lassen sich diesen Messungen entnehmen: Die Temperatur schwankt mit einer Amplitude von weniger als 0.15 K binnen einer Periode von etwa einer Stunde um den Sollwert (Legende „Thermostatventil“). Dies wird vom Nutzer nicht bemerkt (vgl. [AkkP 28]).
  • Die Temperatur der raumseitigen Oberfläche der Gipskartonplatte folgt der Raumtemperatur annähernd instantan. Die Temperaturdifferenz beträgt in der kalten Zeit etwa 1 K, maximal bis zu etwa 1.8 K während Anheizzeiten in der extrem kalten Periode Anfang März 2005. Dies ist vorteilhaft für die Behaglichkeit (Strahlungstemperatur) und für das Vermeiden von Feuchtebelastungen an instationär kalt bleibenden Oberflächen bei zeitlich unterbrochenem Heizbetrieb.
  • Die Temperatur an der alten Putzoberfläche hinter der Dämmung folgt erwartungsgemäß gedämpft und daher mit viel geringerer Amplitude der Raumtemperatur; die Phasenverschiebung ist aber sehr gering, da der Dämmaufbau nur sehr wenig thermische Masse besitzt. Die Amplitudendämpfung ist daher überwiegend durch das Verhältnis der Wärmedurchgangswiderstände gegeben. Auch dieses Messergebnis entspricht den Erwartungen.
  • Das mittlere Temperaturprofil in der innengedämmten Außenwand lässt sich aus dem Zeitraum vom 18.02 bis inkl. 26.02. ermitteln, in dem einigermaßen konstante Randbedingungen außen und innen vorlagen (im Diagramm angegebene Durchschnittstemperaturen mit gestrichelten Linien). Dabei stellte sich heraus, dass der alte Wandaufbau nach außen hin einen mittleren wirksamen Wärmedurchgangswiderstand von immerhin größer 0.75 m²K/W aufweist. Es wurde somit ein für die damalige Zeit relativ gut dämmender Wandbildner verwendet.

Alle hier beobachteten Ergebnisse entsprechen den Erwartungen an das Temperaturverhalten einer innengedämmten Außenwand unter den vorliegenden Randbedingungen. Die Ergebnisse bestätigen, dass die Dämmung den gewünschten Einspareffekt erzielt, eine deutliche Verbesserung der thermischen Behaglichkeit bewirkt und selbst ein ausgeprägtes instationäres Absenkverhalten der Nutzer bzgl. der Risiken von Temperaturdifferenzen abpuffert.

Messungen zur Feuchtigkeit

Abbildung 43: Zeitverlauf der gemessenen relativen Luftfeuchtigkeit der Außenluft, der Raumluft und im alten Innenputz hinter der Dämmplatte (0.5 h-Werte). An keiner Stelle liegt eine unzulässige hohe Feuchtigkeit vor: Das Außenklima weist (natürlich!) z.B. bei Regen oder Nebel durchaus auch 100%-rel.Feu. Werte auf. Dass muss eine Fassada an der Außenoberfläche immer aushalten können.

Den Verlauf der gemessenen relativen Luftfeuchtigkeiten an den Messstellen zeigt Abbildung 43. Dabei wurden die beiden Sensoren an der alten Innenputzoberfläche gemittelt (die Abweichung zwischen den beiden Sensoren liegt bei ca. 2% relative Feuchte, das liegt im Rahmen der Messgenauigkeit). Die Außenluft zeigt einen sehr starken Tagesgang der relativen Feuchtigkeit (nachts über 90%, Tagesminima zwischen 30% und 88%). Dieser Tagesgang wird durch die Bauteilschichten mit Diffusionswiderständen und Feuchtepufferung stark gedämpft, er ist somit für die Analyse innerhalb der Konstruktion nicht relevant. Der Feuchteverlauf der Außenluft wurde daher für Abbildung 44 als gleitendes 24-h-Mittel dargestellt. Nun lässt sich der relevante (niederfrequente Anteil des) Verlauf besser erkennen. Für die Raumluftfeuchte und die relative Luftfeuchte im Gleichgewicht mit der alten Putzschicht wurden die Halbstundenmesswerte der Originalmessung beibehalten. Die Wasseraktivität in der alten Putzschicht ändert sich im Messzeitraum nur sehr langsam und wenig: In der bereits für die Temperaturmittelwerte ausgewerteten Periode vom 18. bis 27. Februar beträgt sie 57% und Mitte März steigt der Wert auf 62% an – immer weit auf der sicheren Seite liegende Werte. Die relative Feuchtigkeit der Raumluft liegt in den betreffenden Zeiträumen bei 41% bzw. 55%; die Raumluft liegt in diesem Raum im Winter bei sowohl behaglichen als auch bauphysikalisch unkritischen Werten; mit einer den PHI-Empfehlungen folgend [AkkP 30] eingestellten Wohnungslüftung werden vergleichbare Werte angestrebt und eingehalten, allerdings gesichert und ohne die bei nicht perfekt dichten Fenstern durchaus ab und zu noch auftretenden Zugerscheinungen.

Abbildung 44: Zeitverlauf der gemessenen relativen Luftfeuchtigkeiten der Außenluft (hier als 24 h-Mittelwert), der Raumluft und im alten Innenputz hinter der Dämmplatte (letztere als 0.5 h-Werte) sowie Mittelwert 18. bis 27. Februar

Die Wirksamkeit der Luftdichtungsebene und der Dampfsperre lässt sich am besten studieren, wenn man den Einfluss von Änderungen der Raumluftfeuchtigkeit auf die relative Luftfeuchte aw in der Ebene des alten Innenputzes betrachtet. Dazu sind in Abbildung 45 zwei Ereignisse mit plötzlich stark erhöhten (Ende 1. März) und plötzlich stark reduzierten (1. April) Raumluftfeuchten gekennzeichnet; letzteres ist beispielsweise ein Lüftungsereignis (kalte, trockene Außenluft verdünnt den Wasserdampfgehalt im Raum). Es sind noch einige weitere solcher Ereignisse in den Daten erkennbar. Wenn sich diese Ereignisse „hinter“ der Dämmplatte abbilden sollten, so ist dies bei konvektivem Feuchtetransport relativ rasch zu erwarten. An den mit jeweils einem roten Kreis gekennzeichneten Verläufen der aw-Werte im alten Innenputz sind aber im betreffenden Folgezeitraum überhaupt keine Änderungen zu erkennen. Das gilt auch für alle anderen Ereignisse auf der Innenseite. Dieses Ergebnis lässt den Schluss zu, dass die feuchtetechnische Entkopplung des Raumes hinter den Dämmplatten vom Innenraum gut funktioniert. Die Dämm-Konstruktion ist somit (zumindest im hier untersuchten Bereich) luftdicht und die Dampfsperre hochwirksam dampfbremsend.

Noch nicht erklärt ist damit aber die auffällige „Feuchtestufe“ beim aw-Wert im alten Innenputz zwischen dem 16. und dem 20. März 2005 – hierzu gibt es keine Korrelation mit den Feuchtigkeitsverläufen – weder mit den inneren noch mit den äußeren. Der Zeitraum ist in Abbildung 45 durch ein grünes gestrichelt umrandetes Quadrat gekennzeichnet. Auch Niederschläge kommen als Ursache nicht in Frage, der betreffende Zeitraum war niederschlagsfrei.

Abbildung 45: Analyse des Einflusses der relativen Feuchte der Raumluft auf die relative Feuchte hinter der Dämmplatte: Die gekennzeichneten starken Veränderungen der Raumluftfeuchte sind hinter der Dämmung weder im Zeitverlauf noch durch Niveauänderungen erkennbar (rote Kreise). Dagegen ändert sich der aw-Wert der alten Putzschicht zwischen dem 16. und dem 20. März um ca. +7%; hierzu gibt es keine Korrelation mit einem der Feuchtigkeitsverläufe – weder innen noch außen. Auch Niederschläge kommen als Ursache nicht in Frage. (Die dazu gefundene Erklärung findet sich im Text.)

Die Erklärung zur Feuchtigkeitsstufe im alten Innenputz geht aus Abbildung 46 hervor: Zwischen dem 28. Februar und dem 17. März stieg die Außenlufttemperatur sehr rasch um einen Differenzbetrag von 22 K an (!). Zeitverzögert folgen dieser die Temperaturen in den äußeren Schichten der Wand 12). Bei annähernd konstanter Materialfeuchtigkeit (nur langsame und geringe Veränderungen wegen der hohen Feuchtespeicherung) ist auch die relative Feuchtigkeit der Luft in den dort im Gleichgewicht stehenden Kapillarräumen annähernd konstant (die Sorptions-Isothermen sind nur wenig temperaturabhängig). Bei höherer Temperatur, jedoch gleicher relativer Feuchte steigt somit der Dampfdruck in den äußeren Wandschichten (dies ist übrigens eine allgemeine Erklärung für Trocknungsvorgänge bei Temperaturerhöhung). Dies führt zu einem Dampfdiffusionsstrom in angrenzende Bauteilschichten, insbesondere auch in die weiter innen liegenden Wandschichten, deren Temperaturen sich zunächst weniger ändern.

Abbildung 46: Erklärung zur Feuchtigkeitsstufe im Innenputz: vom 28. Februar bis 17. März stieg die Außenlufttemperatur um 22 K; zeitverzögert die Temperatur der äußeren Wandschichten – wodurch dort der Dampfdruck steigt. Der resultierende Dampfdiffusionsstrom lässt den aw-Wert in den inneren Wandschichten ansteigen.
Abbildung 47: Auch nach der Theorie steigt die relative Luftfeuchte in der Ebene des alten Innenputzes vom Winter zum Sommer an, allerdings ganz allmählich, weil im Standardklimadatensatz kein rascher Temperatursprung beim Außenklima vorhanden ist.

Nochmals zeitverzögert steigt dort durch den von außen kommenden Wasserdampftransport der aw-Wert. Weitere „Ereignisse“ dieser Art sind am 7./11. April (dort ein Außentemperatur-Rückgang) und am 31. April/3.Mai erkennbar, jeweils mit den typischen Verzögerungen.

Auch nach der bauphysikalischen Modellrechnung steigt die relative Luftfeuchte in der Ebene des alten Innenputzes beim Übergang vom Winter in den Sommer an, wenn eine wirksame Dampfsperre und ein guter Schlagregenschutz angenommen werden. Abbildung 47 zeigt eine Simulation mit dem Programm Delphin, die jedoch als Randbedingungen nicht die Messdaten aus Tübingen verwendet hat, sondern den deutschen Standard-Klimadatensatz. Der Anstieg vollzieht sich dann ganz allmählich, weil im Standarddatensatz kein derart rascher Temperatursprung in der Außenluft vorkommt.

Schlussfolgerungen zur Innendämmung – 20 Jahre und 36 Jahre danach

Dämmwirkung Innendämmung

Die Dämmwirkung der 1985/86 angebrachten Innendämmung ist nach der kontinuierlichen Messung und nach der Thermographie ziemlich genau wie erwartet: Die Einsparung beträgt:

  • In Bezug auf die jeweilige ungedämmte Wand: 54%
  • In Bezug auf den gesamten Wärmeverlust durch alle Außenwände des EG: 43%
  • In Bezug auf den früheren Gesamtwärmebedarf 23%.

Die Einsparungen können durch Wahl einer dickeren Dämmung (heute empfohlen für dieses Objekt: 60-80 mm) und Ausführung der Dämmung an allen Außenwänden des EG auf 43% des früheren Gesamtwärmebedarfs des Erdgeschosses erhöht werden.

Erzielbare Energieeinsprung zusammen mit Passivhaus-Komponenten: Faktor 4

Werden bei den übrigen Bauteilen Passivhauskomponenten bei der Modernisierung eingesetzt (d.h. Kellerdeckendämmung mit Verbundestrich, Passivhausfenster mit Dreischeibenwärmeschutzverglasung, Lüftungsanlage mit 85% Wärmebereitstellungsgrad) so lassen sich gegenüber dem ursprünglichen Zustand im Erdgeschoss 71% Heizwärme einsparen.

Oberflächentemperaturen, Feuchterisiko

Die gemessenen und mit Thermographie beobachteten inneren Oberflächentemperaturen liegen bzgl. des aw-Wertes (Wahrscheinlichkeit für Schimmelwachstum) überall im „grünen“ Bereich; insbesondere die Laibungsdämmung hat sich bewährt. Heute würden wir eine zusätzliche Begleitdämmung an den Innenwänden empfehlen. Werden an Außenwänden oder in Außenwandecken Möbel gestellt, so sind mit der hier ausgeführten Innendämmung und bei noch besserer Dämmstärke die Feuchterisiken gegenüber ungedämmten Wänden reduziert.

Passivhausfenster empfehlenswert

Mit die noch größten verbliebenen Schwachstellen bei der hier durchgeführten Modernisierung sind die verwendeten konventionellen Fenster. Durch Passivhausfenster (gedämmter Fensterrahmen, Dreischeibenverglasung, getrennter Randverbund) ließen sich die jetzt noch niedrigsten Oberflächentemperaturen spürbar anheben und damit die Behaglichkeit noch weiter verbessern. Auch die Luftdichtheit der verwendeten Fenster ist unzureichend. Aber die bestehende Undichtheit sorgt für die Werte der rel. Luftfeuchte um 40% im Innenraum im Winter, wodurch sich die Risiken für Feuchteschäden gering halten. Der Einbau dichter Fenster muss den Einbau einer Lüftungsanlage nachziehen.

Wärmerückgewinnung hat Vorteile

Werden, wie heute üblich, dichtere Fenster eingebaut, so nimmt der Infiltrationsluftwechsel ab. Dadurch wird die im Raum freigesetzte Feuchtigkeit nicht mehr so stark verdünnt und die relative Raumluftfeuchtigkeit steigt an. Die Feuchtebilanzen und praktische Erfahrungen zeigen, dass dabei häufig hohe, für eine Schadensvermeidung zu hohe Werte erreicht werden [AkkP 23], [AkkP 24], [AkkP 30]. Ermahnungen der Nutzer, regelmäßig (d.h. mindestens alle 3 bis 4 Stunden) für eine Lufterneuerung durch Stoßlüftung zu sorgen, sind nicht in allen Fällen erfolgreich. Die einzige sicher funktionierende Lösung ist der Einbau einer Lüftungsanlage [AkkP 30], gerade bei mit dichten Fenstern modernisierten Altbauten. Wird eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung gewählt, so lässt sich dank der heute verfügbaren Qualität der Passivhaus geeigneten Geräte in einem solchen Erdgeschoss mit Innendämmung, neuen Fenstern und der Komfortlüftung eine Einsparung von 71% erreichen. Auch diese Modernisierungsmaßnahme ist mit einer Verbesserung der Behaglichkeit verbunden.

Wasseraktivitäten auch hinter der Dämmung dauerhaft im sicheren Bereich

Die hier dokumentierte Untersuchung lieferte auch nach 19 Jahren keinerlei Hinweis auf durch die Innendämmung verursachte Feuchteprobleme. Im Gegenteil, die Wasseraktivitäten an der neuen Innenoberfläche sind auch bei Stellen von Möbeln dauerhaft im sicheren Bereich. Die Wasseraktivitäten auf der alten Innenoberfläche hinter den Dämmplatten wurden im Winter mit um 55% und beim Übergang zum Sommer um 62% bestimmt – sie ändern sich nur langsam und sehr wenig. Diese Werte sind bauphysikalisch mit großem Sicherheitsabstand im sicheren Bereich, weit entfernt von Werten, die für ein Schimmelwachstum günstig sind. Der gewählte Innendämmaufbau mit Dampfsperre und die Methode zur Vermeidung von Undichtheiten zur Raumluft hin haben sich daher bewährt. Dies passt mit den Berechnungen der Wasseraktivitäten mit der Simulation nach Delphin zusammen; die Simulation erlaubt es, die Ergebnisse auch auf Fälle mit etwas anderen Randbedingungen zu übertragen. Daraus ergibt sich, dass der gewählte Dämmaufbau auch bis zu einer Dicke von 80 mm in wohnraumtypisch genutzten Räumen (auch Küchen oder Bädern) feuchtephysikalisch funktionieren sollte, wenn ein ausreichender Schlagregenschutz und keine aufsteigende Feuchtigkeit vorliegen. Qualitäten Wände, Fenster nach 19 Jahren: Praktisch wie neu - und das gilt auch noch 2022 bei erneuter Inspektion.

Die beiden Ortstermine am 18. Februar und am 8. Mai und die dabei gemachten Aufnahmen zeigen, dass die Qualität der Außenwände und des Innendämmaufbaus sowie der gedämmten Fensterlaibungen nach 19 bzw. 20 Jahren dauerhafter Wohnnutzung einen völlig neuwertigen Eindruck machen. Es spricht nichts dagegen, dass die 1985/86 erneuerten und modernisierten Bauteile bei diesem Gebäude noch weitere Jahrzehnte genutzt werden können: Die Lebensdauer der Innendämmung, der Laibungsdämmung und der eingebauten Fenster (inkl. der Zweischeibenwärmeschutzverglasung) sind daher auf mehrere Jahrzehnte anzusetzen. In dieser Nutzungszeit liefern die Maßnahmen einen sehr guten Bautenschutz, eine erhöhte thermische Behaglichkeit und eine gesicherte Heizenergieeinsparung in beachtlicher Höhe.

Fazit

So kann es gemacht werden (40 mm Innendämmung mit Dampfsperre) – aber heute geht es sogar noch besser:
60-100 mm Dicke, Begleitdämmung, bequem verarbeitbare „Flüssigdampfbremse', Passivhauskomponenten13).

Literatur

[AkkP 23] Einfluss der Lüftungsstrategie auf die Schadstoffkonzentration und die Schadstoffausbreitung im Raum, Protokollband Nr. 23 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Phase III; Passivhaus Institut; Darmstadt 2003.

[AkkP 24] Einsatz von Passivhaustechnologien bei der Altbau-Modernisierung, Protokollband Nr. 24 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Phase III; Passivhaus Institut; Darmstadt 2003.

[AkkP 27] Wärmeverluste durch das Erdreich, Protokollband Nr. 27 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Phase III; Passivhaus Institut; Darmstadt 2004.

[AkkP 28] Wärmeübergabe- und Verteilverluste im Passivhaus, Protokollband Nr. 28 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Phase III; Passivhaus Institut; Darmstadt 2004.

[AkkP 30] Lüftung bei Bestandsanierung: Lösungsvarianten, Protokollband Nr. 30 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Phase III; Passivhaus Institut; Darmstadt 2004.

[AkkP 32] Innendämmung, Protokollband Nr. 32 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Phase III; Passivhaus Institut; Darmstadt 2006.

[HEAT2R] Blomberg, Th.: HEAT2R, A PC-program for Heat transfer in cylindrical coordinates r and z, Lund University, Schweden 1994.

[Peper/Feist 2001] Peper, S. und Feist, W.: Klimaneutrale Passivhaussiedlung Hannover-Kronsberg, CEPHEUS-Projektinformation Nr. 18, Stadtwerke Hannover, 2001.

[PHPP 2004] Feist, W.; Pfluger, R.; Kaufmann, B.; Schnieders, J.; Kah, O.: Passivhaus Projektierungs Paket 2004, Passivhaus Institut Darmstadt, 2004.

[Sedlbauer 2002] Sedlbauer, K.; Gabrio, Th.; Krus, M.: Schimmelpilze – Gesundheitsgefährdung und Vorhersage, Gesundheitsingenieur 123 (2002), Heft 6, S. 285ff.

1)
auf diesem Weg Wohnraum schaffen spart Energie(!!), kostet wenig und verbessert die Wirtschaftlichkeit einer Modernisierung deutlich.
2)
weil das sehr viel Feuchtigkeit auf die alte Wandoberfläche transportieren würde, vgl. Innendämmung NIEMALS hinterlüften
3)
dafür gibt es aber keine Garantie!
4)
Heute empfehlen wir qualifizierte Klebebänder spezialisierter Hersteller: Luftdichtheitssysteme
5)
vgl. die Simulationen
6)
Es DARF auch noch mehr sein, allerdings bringt das dann nicht mehr viel zusätzliche Einsparung und führt irgendwann eben doch zu vermeidbarem Raumverlust
7)
weil ich ja ohnehin am Ende neu streichen muss
8)
wie der hier abgebildete theoretische Physiker
9)
jetzt wissen wir auch, wo die zum Zeitpunkt der Thermographie war
10)
in Abwandlung
11)
Das ist der wesentliche Grund, warum wir allgemein „thermisch getrennte Abstandhalter(Glasrandverbund) empfehlen. Im Grunde müsste der Gesetzgeber Aluminium-Abstandhalter verbieten.
12)
das zeigen auch dynamische thermische Simulationen zeigen, das System hat eine Zeitkonstante von einigen Tagen
13)
z.V. für das Fenster
baulich/innendaemmung_seit_36_jahren_erfolgreich.txt · Zuletzt geändert: 2023/01/01 15:50 von wfeist