Wärmeleitfähigkeit
Um den Dingen noch ein wenig mehr auf den Grund zu gehen, schauen wir uns jetzt auch noch den Einfluss der Dicke des die Reservoire trennenden Bauteils an. Dafür gehen wir jetzt in einem ersten Schritt davon aus, dass es sich um ein homogenes, einschichtiges Bauteil handelt (d.h. es ist auf der ganzen Dicke mit einem einzigen Material, auch überall mit gleicher Dichte) gefüllt. Es stellt sich dann schnell heraus, dass für die meisten Stoffe zumindest unterhalb einer Grenzdicke $d_{Grenz}$ der gemessene U-wert der Schicht umgekehrt proportional zur Schichtdicke ist. Das wundert auch wiederum nicht, wenn wir die Vorstellung vom Weiterreichen der Vibrationsenergie der Moleküle als Modell der Wärmeleitung im Kopf haben. Je länger die Strecke ist, über die die Vibration weitergereicht werden muss, desto größer der Wärmedurchlasswiderstand (und der ist $R:=\frac{1}{U}$). Dabei gibt es einen Proportionalitätsfaktor, der im wesentlichen nur von der Art des Materials abhängt - und diesen Faktor nennen wir die Wärmeleitfähigkeit, die mit dem griechischen Buchstaben $\lambda$ abgekürzt wird1). Es gilt also
${\displaystyle \hspace{2cm} U= \frac{\lambda}{d} \hspace{6cm} [\lambda 1]}$
Wird die Dicke gleich einer Längeneinheit (im internationalen Einheitensystem ist das 1 m), so gibt die Wärmeleitfähigkeit gerade den U-Wert an, den das Material eben bei einer Dicke von 1 m hätte. Das ist natürlich eine für die Praxis sehr große Dicke - daher sehen viele Wärmeleitfähigkeiten vom Wert her auch „so klein“ aus. Die Wärmeleitfähigkeit wird in der Maßeinheit W/(mK) angegeben. Weil das eine überall in der Technik benötigte Größe ist, sind die Wärmeleitfähigkeiten inzwischen von Tausenden von Materialien gemessen und dokumentiert worden2). Wollen wir niedrige Wärmeverluste erreichen, dann hilft vor allem, niedrige U-Werte anzustreben (an der Temperaturdifferenz können wir nichts ändern und die Flächen lassen sich für gegebene Ansprüche nicht unter ein gewisses Maß reduzieren). Niedrige U-Werte bekommen wir einerseits durch große Dicken3), andererseits durch niedrige Wärmeleitfähigkeiten. Und letztere sind für unterschiedliche Materialien tatsächlich extrem verschieden: Während sie für Metalle (Kupfer: $\lambda=380$ W/(mK) ) bei mehreren 100 Watt je Meter und Kelvin liegen kann, kommen wir mit einer stehenden Krypton-Schicht auf 0,0095 W/(mK) herunter4).
Einige Beispielwerte
Material | Wärmeleit- fähigkeit $\lambda$ in [ W/(mK) ] | erforderliche Schichtdicke für $U$ = 0,13 W/(m²K) m |
---|---|---|
Aluminium | 220 | 1655 |
Stahl | 55 | 414 |
Edelstahl | 15 | 113 |
Stahlbeton | 2,3 | 17,30 |
Vollziegel | 0,80 | 6,02 |
Hochlochziegel | 0,40 | 3,01 |
Nadelholz | 0,13 | 0,98 |
Porenziegel, Porenbeton | 0,11 | 0,83 |
Bestwerte Porenziegel/beton | 0,08 | 0,60 |
Stroh | 0,055 | 0,41 |
klassische Dämmstoffe | 0,040 | 0,30 |
typischer Dämmstoff heute | 0,032 | 0,24 |
hochwertiger konventioneller Dämmstoff | 0,025 | 0,19 |
Schichten von stehender Luft5) | 0,026 | geht nicht, weil die Luft sich bewegt6) |
Schichten von stehendem Argon7) | 0,018 | geht nicht, weil das Gas sich bewegt8) |
Nanoporöse Superdämmstoffe Normaldruck | 0,015 | 0,11 |
Vakuumdämmstoff (Kieselsäure) | 0,008 | 0,06 |
Vakuumdämmstoff (Hochvakuum) | 0,002 | 0,015 |
Diese Tabelle zeigt anschaulich:
- Metalle haben eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit. Anwendung in der Praxis: Soll Wärme schnell abgeleitet werden, dann ist z.B. ein Kühlkörper aus Aluminium angebracht.
- Aber auch herkömmliche (schwere) mineralische Baustoffen leiten die Wärme noch gut. Eine „klassische“ gemauerte Wand weist daher hohe Wärmeverluste auf.
- Mit geringer werdenden Rohdichten nehmen die Wärmeleitfähigkeiten meist ab. Das hat oft einen ganz einfachen Grund: In den leichteren Materialien ist eben viel Luft eingeschlossen.
- Gase haben die niedrigsten Wärmeleitfähigkeiten, d.h. Wärmeweitergabe über Wärmeleitung. Das gilt aber nur solange, wie die Gase ruhen und nicht9) Wärme bei einer Strömung transportieren: Das passiert durch die Dichteänderung und thermischen Auftrieb sehr schnell. Damit das Gas Dämmwirkung trotzdem aufweisen kann, muss der Strömungswiderstand groß genug sein. Das ist bei kleinen Schichtdicken so - oder durch Aufbauen von Strömungshindernissen, wie den Zellen eines Schaumdämmstoffes oder z.B. Jutefasern10).
- Konventionelle Wärmedämmstoffe sind eigentlich nichts anderes als in kleinsten Portionen verpackte Luft.
- Je größer die Masse der einzelnen Moleküle eines Gases sind, desto geringer wird seine Wärmeleitfähigkeit. Das ist nur auf den allerersten Blick paradox. Denn: die schwereren Gase vibrieren wegen der Trägheit ihrer Moleküle weniger heftig bei gleicher Temperatur. Für die Praxis: Das ist der Grund, worum die Industrie Scheibenzwischenräume von Verglasungen nicht mit Luft, sondern mit den schwereren Gasen Argon oder sogar Krypton befüllt11).
- Ein weitere „Kuriosität“ bei der Wärmeleitung in Gasen ist, dass deren Wärmeleitfähigkeiten bis herunter zu sehr geringen Rohdichten und Gasdrücken vom Druck praktisch unabhängig sind. Das kinetische Gasmodell erklärt diese Tatsache zwanglos: Bei niedrigeren Dichten haben die Moleküle eine längere freie Weglänge, transportieren daher bis zum nächsten Stoß die Wärme weiter. Das gleicht die geringere Anzahl der Moleküle gerade aus. Erst, wenn der Abstand $d$ so klein wird, dass die Moleküle nur noch zwischen den beiden Wandungen hin- und her-ploppen, fängt bei weiterer Dichteabnahme die Wärmeleitfähigkeit an zu sinken. Das nutzen wir aus für die Herstellung der sog. „Vakuumdämmung“12).
- Gebäudehüllflächen mit vernünftigen Bauteildicken sind nur möglich, wenn die wesentliche Dämmwirkung von einem guten Wärmedämmstoff herrührt.
Auch hier sind ein paar einfache Übungen sinnvoll, um etwas praktische Erfahrung mit den Materialien zu bekommen: Übungen zur Wärmeleitfähigkeit.
Wenn Sie die Auswirkungen in breitem Umfang erkennen wollen, dann versuchen Sie das mit dem Online-Tool ENBIL: Wärmebilanz von Gebäuden. Dort sind einige übliche Bauteile schon vorbesetzt. Nun können Sie, z.B. mit einer Außenwand, z.B. die Dämmdicke verändren oder das Dämmmaterial wechseln, siehe auch Außendämmung von Außenwänden.
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