Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


beispiele:nichtwohngebaeude:passivhaus-schwimmbaeder

Monitoring Passivhaus-Hallenbad Lünen

Einleitung

Das Hallenbad Lünen wurde als Passivhaus-Hallenbad nach dem Konzept der Grundlagenuntersuchung [Schulz 2009] errichtet und ging im September 2011 in Betrieb. Die ersten 1,5 Betriebsjahre des Bades wurden mit einem umfangreichen Monitoring begleitet, um den Erfolg des Konzeptes und die Ansätze der Grundlagenstudie zu überprüfen sowie weiteres Optimierungspotential zu identifizieren. In diesem Artikel sind die Auswertung der Messdaten aus dem ersten Messjahr und die daraus gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst. Der Gesamtbericht ist als Download verfügbar: Monitoring Passivhaus-Hallenbad Lippe-Bad Lünen [Peper/Grove-Smith 2013]. Das Monitoring erfolgte im Auftrag der Bädergesellschaft Lünen mit Förderung durch das Bundesumweltministerium.

Das Konzept: Das Passivhaus-Hallenbad Lünen

Bei dem Passivhaus-Hallenbad in Lünen handelt es sich um ein Sportbad mit insgesamt fünf Becken. Die Energiebezugsfläche (EBF) des gesamten Hallenbades beträgt 3.912 m², die Wasserfläche der insgesamt fünf Becken 850 m². Es gibt ein kombiniertes Eltern-Kind- und Warmbecken (175 m²), ein Lehrbecken (100 m²) mit Hubboden sowie zwei Sportbecken mit insgesamt neun Bahnen (Länge: 25 m / Fläche: 575 m²). Im Jahr 2012 haben über 208.000 Besucher das Hallenbad an der Lippe genutzt, insbesondere Vereine und Schulen sind dabei stark vertreten.

Das Gebäude wurde von dem Architekturbüro „nps tchoban voss“ (npstv) aus Hamburg entworfen und geplant. Die Planung der gesamten Haus-, Lüftungs- und Schwimmbadtechnik erfolgte durch das Ingenieurbüro ENERATIO aus Hamburg. Die energetische Beratung und Qualitätssicherung erfolgte durch das Passivhaus Institut Darmstadt. Bauherrin und Initiatorin ist die Bädergesellschaft Lünen.

Das Passivhaus-Hallenbad in Lünen verfügt über eine thermisch sehr hochwertige Gebäudehülle, was zu einem signifikant niedrigeren Transmissionswärmebedarf gegenüber Standard-Neubauten führt. Aus der thermischen Verbesserung der Gebäudehülle, insbesondere der transparenten Bauteile, resultieren höhere Oberflächentemperaturen, wodurch die Möglichkeit gegeben ist, das Bad mit höheren (bis zu 64 %) als den in ansonsten Hallenbädern üblichen Luftfeuchten zu betreiben. Diese Maßnahme senkt die Verluste durch Verdunstung von Beckenwasser erheblich (vgl. Grundlagenuntersuchung der bauphysikalischen und technischen Bedingungen zur Umsetzung des Passivhauskonzepts im öffentlichen Hallenbad [Schulz 2009]). Durch den Einsatz hochwertiger Lüftungswärmetauscher sowie intelligenter Lüftungssteuerung werden die Lüftungswärmeverluste deutlich reduziert. Heizung und Warmwasserbereitung nutzen u.a. Niedertemperaturwärme und es werden diverse energieeffiziente elektrische Anlagen eingesetzt (Beleuchtung, Pumpen, Motoren). Im Bereich der Wassertechnik und Wärmeversorgung sind diverse Optimierungen realisiert worden.

Zusätzlich zum Grundlagenkonzept wird im Lippe-Bad für die Heizungs- und Warmwasserbereitung Niedertemperaturwärme aus der Gehäuse-Kühlung sowie der Abgaskühlung (Brennwertnutzung) der beiden unmittelbar benachbarten Blockheizkraftwerke des Fernwärmenetzes Lünen genutzt. Damit wurde eine primärenergetisch extrem günstige Wärmeversorgung realisiert. Denn im Normalfall würde diese als Abwärme weggelüftet bzw. als Abgaswärme freigesetzt werden. Zudem verfügt das Fernwärmenetz aufgrund eines hohen Anteils regenerativer Energie über einen sehr niedrigen Primärenergiefaktor. Die Anlage ist ein gutes Beispiel dafür, wie Energieeffizienz bei Gebäude und Technik sowie die Nutzung erneuerbarer Energie zu Synergien führen, die eine wirklich überzeugende Gesamtlösung ermöglichen.

Die Beheizung des Bads findet ausschließlich über die Zuluft-Nacherwärmung statt, auf statische Heizflächen sowie Fußbodenheizung konnte verzichtet werden, womit sich die Vorzüge des Passivhaus-Konzeptes in Bezug auf technische Vereinfachung auch im Hallenbadbereich zwanglos umsetzen ließen.

Details zum Gebäude, zur integralen Planung und Realisierung des Projektes sind in dem Bericht zur integralen Planung des Bades [BGL 2011] dargestellt. Für die energetische Bilanzierung des Bades wurde in der Planungszeit, neben dynamischen Simulationen, ein speziell angepasstes Mehrzonen-PHPP (Passivhaus Projektierungs-Paket) für Hallenbäder entwickelt und angewendet [PHPP].

schwimmbad_luenen_luftbild.jpg
Abbildung 1:
Luftbild des Lippe-Bades


Quelle: Bädergesellschaft Lünen


Betriebsweise

Die bisherige Betriebszeit zeigt, dass das Bad im Regelbetrieb gut funktioniert und die Badegäste das Angebot gut angenommen haben.

Während der ersten Betriebsmonate wurden diverse Optimierungen insbesondere im Bereich der Wasser- und Lüftungstechnik vorgenommen. Auch im Bereich der Festverglasung in den Hallen sind Nacharbeiten notwendig gewesen.

Während der Sommerpause (09.07.-21.08.2012) war das Hallenbad geschlossen. Diese Zeit wurde wie üblich u.a. genutzt um Revisionsarbeiten durchzuführen; dabei wurden auch die Becken zur Grundreinigung geleert. Aufgrund der noch nicht optimalen Luftdichtheit wurden aus Sicherheitsgründen zu Beginn der Betriebszeit niedrigere Raumluftfeuchten als geplant realisiert. In Halle 1+2 lagen die relativen Feuchten z.B. zuerst bei 57 %, dann bei 43 % und im Dezember 2012 dann bei rund 50 %. Danach wurde die Luftfeuchte wieder schrittweise angehoben. Die Raumlufttemperatur betrug überwiegend 32,2 bis 32,7°C. In Halle 1+2 wurden und werden Versuche mit unterschiedlichen Luftmengen und Raumluftfeuchten durchgeführt.

Zur Optimierung der Wasserqualität wurde zeitweise Aktivkohle zugeführt. In den Wasserkreisläufen wurden später die Filtertechnik (Kornkohlefilter) sowie die Umwälzmengen angepasst. Diese Maßnahmen haben den Stromverbrauch für die Pumpenenergie und den Frischwasserverbrauch merklich erhöht.

Die Wärmeversorgung wurde ab Juni 2012 ergänzt: Zusätzlich wurde das im Bad befindliche Biogas-BHKW auf Direkteinspeisung in den Badkreislauf umgebaut. Bereits im Mai wurde die Baugröße des Fernwärmeeinspeisezählers geändert.

Wärme- und Stromverbrauch

Von Interesse sind als Erstes die Gesamtverbrauchswerte von Wärme- und Strombezug des Hallenbades. Im Juli und August ist in Abbildung 2 deutlich die Schließungszeit (vgl. Abschnitt Betriebsweise) zu erkennen.

Abbildung 2:
Gesamter Wärme- und Strombezug des Hallenbads von März 2012 bis März 2013.


Wird der Verbrauch der dargestellten Monate auf ein Gesamtjahr umgerechnet, ergeben sich 258 kWh/(m²a) für den gesamten Wärmebezug und 156 kWh/(m²a) für den gesamten Strombezug des Gebäudes.

Die Lieferung der Wärme für alle Verbraucher erfolgt aus den vier Quellen Direktbezug vom Biogas-BHKW (erst ab Juni 2012) (33,9 %), Abgaswärmetauscher von zwei BHKWs (Brennwertnutzung) (33,5 %), Gehäuseabwärme von zwei BHKWs (16,6 %) sowie Fernwärmenetz Stadt Lünen (16 %).

Der gesamte Heizenergieverbrauch des Bades setzt sich zusammen aus den drei Bereichen Beckenwassererwärmung, Warmwasserbereitung Duschen und Nachheizung Lüftung. Die Beckenwassererwärmung benötigt insgesamt 123 kWh/(m²a) (Energiebezugsfläche), die Erwärmung des Duschwassers 35 kWh/(m²a). Für die Beheizung (Luftheizregister) des Gebäudes wurden 94 kWh/(m²a) verbraucht.

In Abbildung 3 sind die elektrischen Verbrauchswerte getrennt nach fünf Hauptbereichen dargestellt (Jahressumme 156 kWh/(m²a)). Den mit Abstand größten einzelnen elektrischen Verbrauchsbereich stellt die Lüftungstechnik dar (34 %), gefolgt von den Umwälzpumpen der Beckenwasserkreisläufe (24 %). Durch Veränderungen in der Betriebsweise konnte der Stromverbrauch der Lüftung weiter reduziert werden (vgl. Abschnitt Lüftungskonzept). Der Pumpenstrom der Wassertechnik hat sich durch die Nachrüstung in den Beckenkreisläufen seit September merklich erhöht. Für den Anstieg des Bereichs „Diverses“ sind ganz unterschiedliche Veränderungen ursächlich.

Abbildung 3:
Monatliche spezifische Stromverbräuche der Teilbereiche im Hallenbad (April 2012 bis März 2013)


Die Stromversorgung des Bades wird durch Netzbezug sowie eigene Solarstromproduktion sichergestellt. Das Bad verfügt über eine große PV-Anlage auf dem Dach (91 kWp) sowie zwei im Außenbereich aufgestellte PV-Tracker (19,7 kWp). Zeitweilige Stromüberschüsse sowie die komplette Stromproduktion der PV-Tracker werden in das öffentliche Netz eingespeist. Vom verbrauchten Strom im Hallenbad konnten knapp 12 % mit Solarstrom gedeckt werden. Zusätzlich wurden 6,2 kWh/(m²a) Solarstrom eingespeist (entspricht absolut über 24.200 kWh). Beim Strom liegt in diesem Fall, trotz der hohen Effizienz der Gebäudetechnik somit immer noch ein deutlich höherer Verbrauch im Hallenbad vor, als mit der PV-Anlage im Jahresdurchschnitt erzeugt werden kann. Dies unterstreicht die Notwendigkeit der Entwicklung und des Einsatzes stromeffizienter Techniken.

Bezieht man diese gesamten Jahresverbrauchswerte für Wärme und Strom auf die Beckenfläche von 850 m², so ergeben sich die folgenden spezifischen Verbrauchswerte:

Wärmebezug: 1.189 kWh/(m²Beckena)
Strombezug: 718 kWh/(m²Beckena)


Der Vergleich mit anderen Bädern gestaltet sich nicht einfach, denn es sind nur wenige verlässliche bzw. geeignete Vergleichsdaten bekannt. Bei den verfügbaren Literaturangaben ([ages 2007], [DGfdB R 60.04], [Schlesiger 2001] und [VDI 2089-Blatt 2]) handelt es sich um keine einzelnen Bäder, sondern um Mittelwerte oder Bandbreiten von ganz unterschiedlichen Bädern oder Bädergruppen, daher ist die Schwankungsbreite der angegebenen Energieverbräuche sehr groß. Um dennoch eine erste Einordnung des Lippe-Bades vornehmen zu können, wurden die Angaben aus der Literatur gemittelt und deren Schwankungsbreite (Größt- und Kleinstwert) angegeben (Abbildung 4).

Abbildung 4:
Vergleich der gemessenen Verbrauchswerte für den gesamten Wärme- und
Strombezug (Endenergie) des Hallenbades Lünen mit Werten aus der Literatur.
Die Schwankungsbreite der Literaturwerte ist durch die Größt- und Kleinstwerte
(schwarze vertikale Linien) angegeben.


Bereits diese erste Orientierung zeigt deutlich, dass die Verbrauchswerte in Lünen bereits im ersten Betriebsjahr deutlich unter den Mittelwerten der Literatur liegen: Im Wärmebereich liegt der Messwert fast 70 % unter dem Literaturmittelwert, beim Strom sind es mehr als 40 %.

Hinzu kommt, dass eine im Lippe-Bad installierte umfangreiche Abwasseraufbereitungsanlage, die max. etwa 70 % des Filterrückspülwassers aufbereiten und in die Beckenwasserkreisläufe einspeisen kann, während der überwiegenden Zeit des Monitorings nicht in Betrieb war. Diese große Wassermenge (bis über 15.000 m³/a) muss dann nicht mit Kaltwasser von außen nachgespeist und aufgeheizt werden. Nach technischer Anpassung soll sie zeitnah wieder angeschlossen werden. Damit einhergehend ist eine erhebliche weitere Einsparung von ca. 50 bis 60 kWh/(m²a), also ca. 20% des Wärmebezugs, zu erwarten.

Das erste Betriebsjahr im Lippe-Bad war, wie es bei gerade in Betrieb genommenen Neubauten im Nichtwohnbau generell der Fall ist, gekennzeichnet durch die Einregulierung der komplexen Gebäudetechnik. Die Auswertung der Messdaten verdeutlicht, dass im Betrieb durchaus ein weiteres Optimierungspotential vorhanden ist und in der Zukunft noch niedrigere Verbrauchswerte erwartet werden können.

Lüftungskonzept

Zur Versorgung der unterschiedlichen Gebäudebereiche werden insgesamt sechs Lüftungsgeräte mit Nachheizregistern betrieben, welche sich im Keller des Gebäudes befinden. Eingesetzt werden zwei unterschiedliche Gerätetypen. Bei den Hallengeräten handelt es sich um eine Sonderanfertigung mit je zwei Kreuzstrom- und einem Gegenstromwärmeübertrager in Reihe. Eines der Geräte ist mit einer Wärmepumpe ausgerüstet, um der Fortluft weitere Wärme zu entziehen (Enthalpierückgewinnung). Wegen der thermisch hochwertigen Gebäudehülle ist es nicht mehr notwendig, die Pfosten-Riegel-Fassaden mit trockener Luft anzublasen.

Der Lüftungstechnik kommt in einem energieoptimierten Hallenbad eine Schlüsselfunktion zu. In der Einregulierungsphase konnte – trotz der bereits guten Ergebnisse – noch nicht das vollständige Potenzial ausgenutzt werden: Die Hallenfeuchte kann noch weiter erhöht werden, die Regelung der Geräte muss noch weiter optimiert werden.

Die Analyse zeigt außerdem, dass der Umluftvolumenstrom in Summe aller Geräte des Hallenbades im Mittel etwa 70 % beträgt, der Außenluftvolumenstrom dagegen nur 30 %. Nur Letzterer ist für die Entfeuchtung der Hallen und für die Einhaltung der Luftqualität (Abtransport von Schadstoffen) notwendig. Der Umluftvolumenstrom dagegen ist nur vorgesehen, um eine gute Durchmischung der Hallenluft sicherzustellen, wozu auch geringere Umluftvolumenströme ausreichen würden. Dies haben die durchgeführten Versuche zur Hallendurchströmung gezeigt (Nebelversuche). Ziel des Passivhaus-Konzeptes für Hallenbäder ist letztlich eine Betriebsweise vollständig ohne Umluftanteil, da dies eine erhebliche Reduktion des Stromverbrauchs der Lüftungsgeräte mit sich bringt.

Im Zuge des Monitorings wurden verschiedene Versuchsreihen zur Auswirkung der höheren Hallenfeuchte und des geringen Umluftvolumenstroms durchgeführt. Damit konnten die erheblichen Auswirkungen auf den Heizwärme- und Stromverbrauch aus der Grundlagenuntersuchung auch in der Praxis bestätigt werden.

Die Regelung der Lüftungsgeräte erfolgt nach dem Sollwert der Raumluftfeuchte, niedrigere Feuchten erfordern höhere Außenluftwechsel zur Trocknung der Luft, was einen höheren Wärmeverbrauch erzeugt. Im Laufe des Betriebs wurden aus unterschiedlichen Gründen die Sollwerte der Hallenfeuchte verändert. Am 18.9.12 wurden die Hallenfeuchten in drei Hallen deutlich gesenkt (ca. -15 %-Punkte bzw. 4,4 g/kg), was zu einer erheblichen Erhöhung des Wärmeverbrauchs geführt hat (Summe der drei Hallen ca. +410 kWh/Tag) (siehe Abb. 5, links). Dabei wurde in Halle 1+2 vorher gar nicht über das Heizregister nacherwärmt, da die Wärmepumpe des Gerätes zur Beheizung ausreichte (Abbildung 5). Der Stromverbrauch der drei Lüftungsgeräte hat sich dadurch zusätzlich um fast 100 kWh/Tag erhöht. Damit wird der Einfluss der Hallenfeuchte auf den Energieverbrauch deutlich.

Abbildung 5:
Auswirkungen der Veränderungen von Hallenfeuchte (links)
bzw. Luftvolumenstrom (rechts) auf den Strom- bzw. Wärmeverbrauch der Lüftungsgeräte.


Durch einen Nebelversuch zur Visualisierung der Raumluftströmung wurde festgestellt, dass auch bei deutlich verringertem Zuluft-Volumenstrom (bei gleicher Feuchte) in der Halle keine Probleme mit der Durchströmung oder Totecken auftraten. Aus diesem Grund wurde am 19.12.12 in Halle 1+2 die Luftmenge von der Auslegung nach VDI 2089 mit 14.500 auf nur noch 8.500 m³/h reduziert (um 41 %). Der Stromverbrauch ist nur durch diese Maßnahme um etwa 74 kWh/Tag gesunken (siehe Abb. 5, rechts). Das entspricht einer Einsparung von 2200 kWh pro Monat durch diese Veränderung in nur einer Halle. Diese Messdaten bestätigen die Überlegungen der vorausgegangenen Grundlagenuntersuchung, dass durch eine geschickte Lüftungsplanung und eine dadurch ermöglichte Reduzierung des Umluftanteils erhebliche Stromeinsparungen erzielt werden können - ohne Einschränkung der Luftqualität.

Vergleich der Messdaten mit der Energie-Projektierung

Die Möglichkeit, bereits während der Planungsphase den Energiebedarf eines Gebäudes verlässlich voraussagen zu können, ist eine grundlegende Voraussetzung, um hohe Energieeffizienz erreichen zu können. Sie ermöglicht die Optimierung einzelner Komponenten sowie des ganzheitlichen Gebäudekonzeptes. Die Energieströme in einem Hallenbad sind aufgrund vieler Wechselwirkungen und Regelungen sehr komplex und daher nur schwer erfassbar. Aus diesem Grund wurde das oben erwähnte Mehrzonen-PHPP entwickelt. Das Tool wurde während der Planungsphase des Bades für die entstehenden Anforderungen angepasst und befindet sich auch weiterhin in der Entwicklung.

Die vorliegenden Messdaten aus dem Monitoring wurden verwendet, um die Annahmen, Ansätze und Berechnungsmethoden der Energiebilanz zu überprüfen und weiter zu verbessern. Nur im Bereich der Beckenwassererwärmung war eine größere Anpassung der Berechnungsannahmen notwendig. An dieser Stelle lagen die Messdaten deutlich unter den prognostizierten Werten. Die Hauptursache für diese Abweichung waren die während der Planungsphase bewusst auf der sicheren Seite eher hoch angesetzten Verdunstungsmengen. Es lagen keine verlässlichen Daten für eine plausible Einschätzung vor. Die vorgestellten Messdaten bestätigen, dass die mittleren Verdunstungsmengen in der Praxis während der Nutzungsstunden deutlich niedriger ausfallen als in der [VDI 2089] zur Auslegung der Lüftungsgeräte angegeben (Anmerkung: bei den VDI-Auslegungswerten handelt es sich um die Spitzenlastwerte).

Abgesehen von der Beckenwassererwärmung wurde die Größenordnung der restlichen Hauptverbraucher (Raumheizung, Wassererwärmung und Strom) in der Energiebilanz bereits in der Planungsphase korrekt abgebildet. Die Übereinstimmung der Messdaten mit den Berechnungen bei angepassten Randbedingungen ist im Rahmen der vorhandenen Unsicherheiten sehr gut, womit der Rechenansatz prinzipiell bestätigt wird und sich eine valide Grundlage für die energetische Bilanzierung von Folgeprojekten ergibt. Die gesamte Energiebilanz aus dem ausgewerteten Messjahr im Vergleich mit der nachgeführten Energiebilanz-Berechnung unter angepassten Parametern (entsprechend der Messdaten) ist in Abbildung 6 dargestellt.

Abbildung 6:
Energiebedarfswerte (bunte Balken) der nachgeführten Energiebilanz unter den gemessenen
Randbedingungen des Winters 2012/2013 im Vergleich mit den Messdaten (graue Balken)
aus dem Zeitraum April 2012 bis März 2013.


Eine genauere Übereinstimmung der Berechnung mit den Messdaten ist allein auf Grund
der unstetigen Betriebsweise und verbleibenden Unsicherheiten einiger Annahmen nicht zu erwarten.
Die Größenordnungen werden korrekt berechnet.
(Anmerkung: Es handelt sich hier um spezifische Werte mit Bezug auf die Energiebezugsfläche.)


Den größten Anteil des gesamten Endenergieverbrauchs macht die Erwärmung des Warmwassers (Beckenwasser und restliches Trinkwarmwasser) aus, gefolgt von der Summe der Stromverbraucher. Im Folgenden sind einige ausgewählte Erkenntnisse der bisherigen Datenauswertung aus dem Lippe-Bad für ausgewählte Teilbereiche im Zusammenhang mit der Projektierung erläutert.

Energiebilanz der Beckenwassererwärmung

Der Energiebedarf für die Beckenwassererwärmung wird im Wesentlichen von zwei Faktoren bestimmt: Dem Frischwasserbedarf des Beckens, sowie von den Netto-Wärmeverlusten (Wärmeverluste abzüglich Wärmegewinne). Der Gesamtenergieverbrauch für die Beckenwassererwärmung war deutlich niedriger als projektiert - trotz höherer Frischwassermengen und niedrigerer Hallenfeuchte als im Konzept vorgesehen. Für ein besseres Verständnis der Zusammenhänge wurden die Monitoringdaten heran gezogen um für jeden Beckenkreislauf eine detaillierte Energiebilanz aufzustellen.

Die wesentlichen Einflussgrößen der Energiebilanz eines Beckenwasserkreislaufs im Schwimmbad sind: Verdunstung, Frischwassernachspeisung, Wärmequellen im Wasser (Schwimmer und Abwärme der Schwimmbadtechnik), Transmission durch die Beckenwände und an der Oberfläche. Alle diese Bereiche werden im Monitoring-Bericht [Peper/Grove-Smith 2013] beleuchtet und realistische Bandbreiten der Annahmen definiert (siehe Abbildung 7, beispielhaft für einen der drei Kreisläufe). Mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse kann nun der Energiebedarf von Becken für zukünftige Projekte verlässlicher berechnet werden als bisher.

Abbildung 7:
Der gemessene Heizwärmeverbrauch für Becken 1+2 im November 2012 (rote Linie) im Vergleich
zum berechneten Energiebedarf (rot-gestreifter Balken)
unter verschiedenen inkrementell angepassten Annahmen.


Die veränderten Ansätze sind unter der Grafik in den hellblauen Kästen angegeben.
Für alle Varianten stellen die farbigen Balken eine Energiebilanz der Energieverluste (links) und -gewinne (rechts)
dar.


Von besonderer Relevanz für die Energiebilanz des Hallenbades ist die Auswertung der Beckenwasserverdunstung. Die ersten Ergebnisse sind in Abbildung 8 dargestellt: Hier lässt sich eine Verdunstung in der Größenordnung von 0,05–0,2 kg pro m² Beckenfläche ablesen. Diese Werte sollen zukünftig noch durch ergänzende Untersuchungen bestätigt werden. Auf Basis dieser Daten wird vom PHI zur Planung von Becken in Hallenbädern zur Berechnung der Verdunstung ein mittlerer Stoffübergangskoeffizient β während der Beckennutzung von 10 m/h vorgeschlagen, unabhängig von der Beckentiefe. Dies entspricht 25% der Auslegung nach VDI 2089 für typische flache Becken (β = 40 m/h) und 36% der Auslegung nach VDI 2089 für typische Schwimmbecken mit einer Wassertiefe > 1,25 m (β = 28 m/h).

Abbildung 8:
Die berechnete mittlere Entfeuchtungsleistung der einzelnen Hallen
aus mehreren repräsentativen Zeiträumen mit konstanten Randbedingungen,
aufgezeigt bei der jeweiligen Hallenfeuchte.


Tendenziell bestätigt sich die Erwartung einer reduzierten Verdunstung bei erhöhter Luftfeuchte.


Neben den Wärmeverlusten über die Beckenwasserverdunstung, bestimmt die Erwärmung der Frischwassernachspeisung einen Hauptanteil des Beckenwasser-Heizbedarfs. Zur Energieeinsparung in diesem Bereich ist im Lippe-Bad eine umfangreiche Filterwasseraufbereitung vorgesehen, um gereinigtes (warmes) Rückspülwasser der regelmäßigen Filterung in den Beckenwasserkreislauf zurückzuführen. Während des Monitorings konnte diese Anlage aus technischen Gründen nicht betrieben werden. Durch Inbetriebnahme dieser Anlagen besteht Potential die Heizenergie für das Beckenwasser in Lünen um weitere ca. 50% zu reduzieren.

Trinkwarmwasser: Energiebedarf vs. Verbrauch

Um den Energieverbrauch für das Dusch-Warmwasser zu reduzieren, wurden im Lippe Bad als konkrete Maßnahme u. a. wassersparende Armaturen mit einem Durchfluss von 6 Liter pro Minute eingesetzt. Zudem wird auf eine dauerhafte Zirkulation des Trinkwarmwassers (TWW) bei 60°C verzichtet. Dadurch konnte eine Einsparung bei den Speicher- und Verteilverlusten von ca. 50% erzielt werden. Voraussetzung hierfür ist ein alternatives Konzept zur Sicherstellung der Wasserhygiene, was im Lippe-Bad durch eine Ultrafiltration und Chlordioxidanlage direkt am Hauseingang des Trinkwasserhauptanschlusses und eine geregelte tägliche Vorspülung der Wasserleitungen realisiert wird (vgl. [BGL 2011], S.72 ff).

Für die Energiebilanz des TWW wurde angenommen, dass die Badegäste im Durchschnitt 3 Minuten bei 40°C duschen, also 18 Liter pro Person verbrauchen. Der äquivalente Warmwasserverbrauch wird aus den Messdaten mit ca. 18,5 Liter/Person berechnet und ist somit nur leicht erhöht gegenüber der Ansätze der Energiebilanz. Diese Auswertung weist auf eine gute Qualität der gewählten wassersparenden Armaturen hin, da sich trotz reduzierter Durchflussmenge keine erheblich längeren Duschzeiten auftreten als erwartet. Die Armaturen haben somit effektiv zu einer Wasser- und Energieeinsparung beigetragen. Der Energieverbrauch in diesem Bereich stimmt sehr gut mit dem vorab berechneten Bedarf überein.

Strom: Energiebedarf vs. Verbrauch

Der Stromverbrauch des Schwimmbades ist ausschlaggebend für den Gesamtprimärenergiekennwert und entsprechend ist eine hohe Elektroeffizienz unerlässlich. Die Erstabschätzung während der Planungsphase war an verschiedenen Stellen bewusst zu pessimistisch angesetzt und hat sich dennoch in der Praxis mit relativ geringer Abweichung bestätigt. Auf Basis der Datenanalyse ist der höher als zu erwartende Stromverbrauch des Lippe Bades an dieser Stelle mit der nicht endgültig optimierten Betriebsweise (insbesondere die Lüftungsregelung) und der angepassten Wasseraufbereitungstechnik zu erklären. Hier besteht weiteres nennenswertes Einsparpotential.

Gesamtbewertung

Das Hallenbad Lünen hat trotz der typischen Effekte der Einregulierungszeit einen sehr guten Energiekennwert im ersten Messjahr erreicht. Die Maßnahmen aus der Planung haben den beabsichtigten Erfolg erzielt. Wie an verschiedenen Stellen in diesem Artikel beschrieben, ist die energetische Optimierung hinsichtlich der Betriebsweise trotzdem noch nicht ausgeschöpft. Die aktualisierte Energiebilanz für das Bad unter den angestrebten Randbedingungen (z.B. 64 % Hallenfeuchte, reduzierte Umluftvolumenströme, 70 % Filterspülwasseraufbereitung) zeigt, dass eine weitere betriebliche Reduktion des Endenergiebedarfs um bis zu ca. 100 kWh/(m²a) möglich ist. Den größten Anteil des Potentials macht hierbei die Einsparung durch die Filterspülwasseraufbereitung aus. Auch der Strombedarf kann durch Reduktion der Umluftmenge deutlich weiter reduziert werden, was bei der primärenergetischen Betrachtung von hoher Relevanz ist.

Das Monitoring hat bereits jetzt gezeigt, dass sich die in der Voruntersuchung identifizierten Einsparpotentiale in der Praxis realisieren lassen. Die weitere Analyse der Daten aus dem Lippe-Bad, sowie aus dem noch laufenden wissenschaftlichen Monitoring des Passivhaus-Hallenbades Bambados in Bamberg, wird das Verständnis und den Stand des Wissens im Segment Hallenbäder deutlich verbessern.

Literatur

[ages 2007] Zeine, Carl (Projektleiter): Verbrauchskennwerte 2005, Energie- und Wasserverbrauchskennwerte in der Bundesrepublik Deutschland. Ages GmbH, Münster 2007

[BGL 2011] Integrale Planung für die Realisierung eines öffentlichen Hallenbades mit Konzepten der Passivhaustechnologie, Bädergesellschaft Lünen, Lünen 2011

[DGfdB R 60.04] DGfdB R 60.04: Einsparung natürlicher Ressourcen in Bädern. Deutsche Gesellschaft für das Badewesen, 2002

[Peper/Grove-Smith 2013] Peper, S; Grove-Smith, J.: Monitoring Passivhaus-Hallenbad Lippe-Bad Lünen, Passivhaus Institut Darmstadt, 2013

[Schlesiger 2001] Schlesiger, G.: Energie- und wassersparende Maßnahmen in Bädern. In: Bundesinstitut für Sportwissenschaft, 2001

[Schulz 2009] Schulz, Pfluger, Grove-Smith, Kah, Krick: Grundlagenuntersuchung der bauphysikalischen und technischen Bedingungen zur Umsetzung des Passivhauskonzepts im öffentlichen Hallenbad, Passivhaus Institut Darmstadt, 2009

[VDI 2089- Blatt 2] VDI 2089, Blatt 2: Technische Gebäudeausrüstung von Schwimmbädern - Effizienter Einsatz von Energie und Wasser in Schwimmbädern; Verbrauchskennzahlen, 2008

Siehe auch

Planungshilfen für Passivhaus-Hallenbäder

Energieeffizienz in öffentlichen Hallenbädern

Monitoring Passivhaus-Hallenbad Bambados

Übersicht der Passipedia-Artikel zu Nichtwohngebäuden im Passivhaus-Standard

Übersicht der Projektbeispiele von Nichtwohngebäuden im Passivhaus-Standard

Übersicht aller Beiträge zur 17. Internationalen Passivhaustagung 2013 in Frankfurt am Main

Tagungsband zur 17. Internationalen Passivhaustagung 2013 in Frankfurt am Main

beispiele/nichtwohngebaeude/passivhaus-schwimmbaeder.txt · Zuletzt geändert: 2020/01/20 10:37 von cblagojevic