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baulich:waermedaemmverbundsystem

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Wärmedämmverbundsystem

Prinzipaufbau eines Wärmedämmverbund-
systems (WdVS)
Ausführung bei einem EnerPHit-modernisierten Gebäude
1 Altbauwand · 2 Klebeschicht
3 Dämmplatten · 4 Unterputz
5 Armierungsgewebe · 6 Oberputz
Fallbeispiel Nürnberg mit Details

Ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) ist eine kostengünstige Lösung für die Wärmedämmung von Außenwänden von der Außenseite. Auf der alten Wandoberfläche werden Dämmplatten1) montiert - geklebt oder gedübelt. Der wesentliche Anspruch an das Material ist, dass es sich als Putzträger eignet: Darauf wird ein armierter Unterputz angebracht und darauf wieder eine Oberflächenschicht nach Wahl der Eigentümer (verschiedene Oberputze sind verfügbar aber auch Verblender wie z.B. Keramikplatten). Die Wetterschutzschicht muss wasserabweisend und diffusionsoffen2) sein.

Empfehlungen:

  • Prüfen Sie die Tragfähigkeit der alten Wandoberfläche: Im Zweifel beim Altbau eher dübeln.
  • Nicht bei der Dämmdicke sparen! Das Dämmmaterial ist der kostengünstigste Teil des gesamten Systems und der Arbeitsaufwand ändert sich kaum, wenn dickere Dämmplatten verwendet werden. Alles andere wird nur noch besser im Ergebnis. Wenn nur wenig Platz zur Verfügung steht3), empfehlen wir die Verwendung von Hochleistungsdämmstoffen mit niedrigen Wärmeleitfähigkeiten4)
  • Die Grundempfehlung ist: Entscheiden Sie für ein Komplettsystem eines Systemanbieters; die einzelnen Bestandteile sind dann aufeinander abgestimmt, was den Bauablauf erleichtert. Es gibt zahlreiche zertifizierte Wärmedämmverbund-Systeme für das Passivhaus - mit unterschiedlichen Materialien; die eignen sich alle auch für die Modernisierung bestehender Gebäude.
  • Die Dämmschicht darf NIEMALS hinterlüftet werden5)! Bei Schienensystemen also aufpassen, dass rundum für Luftdichtheit gesorgt wird.6).
  • Für eine besonders lange Haltbarkeit empfehlen wir ein mineralisches Putzsystem. Das ist dicker, in der Regel auch etwas teurer, aber dafür hält das viele Jahrzehnte7).
  • Vermeiden von Wärmebrücken: Eine außenliegende Dämmung hat hier von vorn herein Vorteile:
    • Viele wärmebrückenkritische „Probleme“ tauchen gar nicht erst auf: Die Geschoßdeckeneinbindungen werden automatisch mitgedämmt, ebenso wie die Kanten und Ecken des Gebäudes.
    • Da, wo beim konventionellen Bau manchmal etwas Nachlässigkeit vorliegt, lässt sich das mit gut geplanten Details leicht vermeiden: Die Fensterlaibungen immer mitdämmen - auch wenn das mal nur „dünn“ gehen sollte. Auch eine dünne Dämmung ist hier besser als gar keine Dämmung. Den unteren Abschluss weit genug über die unterste Geschossdecke fortsetzen. Auf einen guten Übergang z.B. zur Dachdämmung achten.
    • Selbst wenn, was im Altbau durchaus vorkommen kann (z.B. auskragende Balkone), bei einer Außendämmung ausnahmsweise ein Bereich nicht wärmebrückenfrei ausgeführt werden kann8), sind die so verbleibenden Wärmebrücken durch die ringsum angebrachte Dämmung „entschärft“9). Durch die Außendämmung wird nämlich das Mauerwerk des Regelaufbaus im Umfeld der Wärmbrücke deutlich wärmer als ohne die Dämmung - das strahlt auch auf die übrigen Stellen aus, so dass zwar ein höherer Wärmeverlust in diesem Bereich entsteht, aber die Temperaturen10) im unkritischen Bereich bleiben (siehe das im Folgenden dokumentierte Beispiel).
Wenn die auskragende Balkonplatte als Wärmebrücke übrigbleibt - im Fall einer außen angebrachten Dämmung, dann werden die Temperaturabsenkungen aber immer noch genügend entschärft; vorausgesetzt, die Dämmung ist dick genug (letztes Bild rechts). Natürlich bleiben die Wärmeverluste durch die Platte ein ärgerlicher Wärmebedarf; insgesamt reduzieren sich die Heizkosten aber doch beträchtlich. Situationen wir diese sind es, weshalb für den Altbau EnerPHit empfohlen wird - ein wirtschaftliches Vorgehen, das auf den Passivhaus-Qualitäten beruht, sich aber der vorgefundenen Altbausituation anpasst.
Kommentar zu den Ergebnissen der Abbildung: bei 9,3 °C Oberflächentemperatur in der Kante der Geschossdecke beim ungedämmten Altbau sind erhöhte Feuchtigkeit vorgegeben und Schimmelecken wahrscheinlich. Mit konventionellen Dämmdicken (60mm, Mitte) könnte es bei 13,1 °C an der Oberfläche gerade noch gut gehen - aber mit dem von uns empfohlenen U-Wert von 0,16 W/(m²K) steigt die Temperatur auch am kritischsten Punkt auf über 15 °C an; unter normalen Wohnraumverhältnissen belebt die Wand und die Decke jetzt trocken. Das ist weder 'Glück' noch Zufall, sondern systematisch so bei Außendämmung mit ausreichender Dämmstärke, wie diese Beispieldokumentation belegt.


Gute außenliegende Wärmedämmung hilft Feuchteprobleme zu entschärfen und den Bautenschutz zu verbessern.


Analyse: Wirklich Energie gespart?

Weil das in Diskussionen immer wieder ein Thema ist: auch Wärmedämm-Materialien brauchen natürlich Energie für die Herstellung (sog. „graue Energie“). Das ist aber im Vergleich zu der Einsparung, die durch die Dämmmaßnahme erreicht wird, sehr wenig; selbst im Fall konventioneller Dämmstoffe! Im ersten der nachfolgenden Diagramme vergleichen wir den Primärenergieverbrauch (PE) durch einen Quadratmeter ungedämmter Altbauwand in nur einem Jahr mit der Summe aus gesamtem Herstellungs-PE-Energieaufwand11) und dem „Restverbrauch“ für eine nachträglich gedämmte Wand in acht Varianten. Alle (bis auf die HolzF(aser)-Dämmung) sparen bereits im 1. Jahr ganz beträchtlich Energie ein und holen somit schon in der ersten Heizperiode ihren jeweiligen Herstellungsaufwand wieder herein12).

Natürlich muss dies jeweils über die gesamte Lebensdauer betrachtet werden. Selbst wer dafür weniger als 20 Jahre ansetzt, erzielt bei einer ausreichend dicken Außendämmung Einsparungen von über 80% in der Bilanz (zweites Diagramm). Vielleicht will es jemand gern selbst nachrechnen? Das ist gar nicht schwierig, hier die Hinweise.

Die Primärenergie-
Einsparung ist
schon im 1.Jahr
erheblich
bei fast allen
Materialien
(um 60%).
Eine einzige
Ausnahme
wg. Energieaufwand
zur Trocknung:
Da sind es
dann aber auch
nur 2 Jahre.
Die Primäenergie-
Einsparung
über 20 Jahre
ist unabhängig
vom Material
ganz erheblich
(um 90%).

Wie steht es um die Kosten?

Im Rahmen der Erstellung unserer Anleitungen haben wir eine Außendämmung mit WdVS vollständig selbst ausgeführt, an einem Altbau mit durchaus komplizierten Teilaufgaben. Bei 20 cm Dämmdicke kostete das gesamte Material, inkl. Dübel, Putz, Eckschienen, Armierung 65 €/m². Unser Amateur-Bau-Team hat, alle Zeiten zusammengezählt, 3¾ Personenstunden pro m² mit der Maßnahme verbracht. Rechnen wir auf diese Zeit 20 €/h Netto-Verdienst an, dann kommt die Gesamtmaßnahme auf 140 €/m² fertig ausgeführte Außendämmung - inkl. mehrfaches Reinigen der Fassade (vor und nach den Ausführungsschritten), Anstrich, allen Kleindetails, Aufräumen und Saubermachen. Wer das Geld für das Material nicht hat, müsste dafür einen Kredit aufnehmen: Rechnen wir vorsichtshalber mit 4,2% Nominalzins13). Weil so eine Fassade mindestens 35 Jahre hält14), ergibt sich mit vorsichtigen 1,2%/a Realzins eine Annuität von 3,5%/a - Die Jahres-Zins-und-Tilgungsleistung liegt dann bei 4,89 € je m² Fassadenfläche. Auf jedem dieser gedämmten Quadratmeter werden jedes Jahr rund 100 kWh an Wärmeverlusten eingespart. Eine eingesparte Kilowattstunde Wärme kommt so auf rund 5 Cent/kWh. Aus welcher Quelle kann Heizwärme heute noch so günstig ins Heizsystem eingespeist werden? Öl-, Gas und Wärmepumpenheizungen stellen die Heizwärme für mehr als 11 Cent/kWh bereit, dabei sind deren Investitionskosten noch gar nicht eingerechnet. Fernwärme ist i.a. deutlich teurer; einzig Holz aus der eigene Waldparzelle könnte evtl. kostengünstiger sein - aber wer verfügt schon darüber.

Wir betrachten hier eine Maßnahme, die tatsächlich in der Gesamtbetrachtung Kosten einspart, weil sie billiger Verluste einspart als selbst die günstigsten fossilen Heizungen heute Heizwärme bereitstellen können. Dies Maßnahme hat darüber hinaus aber auch noch eine ganze Reihe weiterer Vorteile: Mehrfach-Nutzen:

  1. Es spart jede Menge CO2, übrigens auch unter Berücksichtigung der „grauen Energie“ für den Materialaufwand - das macht nämlich weniger als die Einsparung in der ersten Heizperiode aus.
  2. Außendämmung verbessert den Komfort, bei einem Altbau sogar bedeutend: Denn, die Innenoberflächen werden jetzt alle auch im Winter nahezu gleich warm sein wie die Innenluft.
  3. Das Dämmsysteme schützt die Konstruktion (nichts kann das besser als eine Außendämmung).
  4. Die Ausführung in Selbsthilfe räumt auch gleich mit einem Vorurteil auf: Dass das teuer sei. Wir haben alle Materialien regulär eingekauft, überall ist auch die Mehrwertsteuer enthalten und irgendwelche Förderungen haben wir hier noch nicht berücksichtigt.
  5. Dies stellt sich als eine hervorragende Maßnahme zur Erfahrung der Selbstwirksamkeit dar: Mehr als 85% spart das an den Verlusten der verbesserten Wände ein und für das ganze Haus kann sich allein das, rundum ausgeführt, auf 40 bis 60% des Wärmebedarfs summieren. Dass da weniger geheizt werden muss, das merken die Bewohner schon im ersten Jahr deutlich.
  6. Auch die erforderliche maximale Heizleistung sinkt; in einer typischen Altbau.-Wohnung von Rund 8 auf unter 4 Kilowatt(thermisch).
  7. Dadurch sinkt bei gleichen Heizkörpern auch die benötigte Vorlauftemperatur.
  8. Die beiden letzten Punkte bewirken, dass die Umrüstung auf Wärmepumpen hier richtig einfach wird: Geräte dieser kleinen Leistung sind bereist erheblich günstiger, regulär mit Propan als Kältemittel zu betreiben und auch erhältlich - und sie arbeiten bei den reduzierten Vorlauftemperaturen dann auch wirklich effizient.
  9. Selbstverständlich muss das auch nicht unbedingt alles selbst gemacht werden: das Handwerk kann das auch und die stellen sich dabei wg. ihrer Übung im Fach auch geschickter an: Wer also keine Zeit hat oder meint, zwei linke Hände zu haben, der kann einen einschlägigen Fachbetrieb beauftragen. Auch für die ist die von uns zur Verfügung gestellte Beschreibung mit zahlreichen Tipps und Detaillösungen oft hilfreich. Die Kosten dürften bei Ausführung durch den Fachbetrieb auch nicht höher liegen: Zwar muss der mit Bruttolöhnen und daher deutlich höheren Stundesätzen rechnen - dafür geht mit den Fachkräften die Arbeit auch deutlich zügiger voran.


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Alternative: Wärmeschutz durch vorgehängte hinterlüftete Fassade

Alternative: Putzträger-Verschalung für eine nachträgliche Einblasdämmung

Und wenn es außen nicht geht: Maßnahmen zur Innendämmung

Übergreifende Informationen zum Wärmeschutz an Gebäuden

1)
unterschiedlichster Materialien
2)
Der einzige bedeutende Fehler, der beim WdVS gemacht werden kann: Eine dampfdichte Schicht an der Außenseite - auch wenn es „nur“ eine Farbe ist. Auch traditionelle Putzfassaden vertragen das nicht: Der von innen nach außen diffundierende Wasserdampf kann dann ausgerechnet an der „kältesten Stelle“ nicht weiter. Kondensat und Absprengungen sind dann die Folge. Putzfassade? Immer nur nach außen diffusionsoffen!
3)
weniger als 15 cm
4)
bis herunter zu 0.024 W/(mK) ist mit klassischen Verfahren verfügbar. Mit Vakuum-Dämmplatten geht es noch „dünner“, da ist aber besondere Sorgfalt bei der Durchführung angesagt (es erklärt sich von selbst, dass Vakuumdämmplatten nicht geschnitten und auch nicht angebohrt werden dürfen).
5)
Wie ein Bauphysik-Kollege das ausgedrückt hat: „Die Wärmedämmung hätten Sie auch in den Garten legen können“
6)
Schäden entstehen bei Außendämmung durch einen solchen Fehler allerdings nicht, es sei denn, da läuft auch noch Wasser rein. Es ist nur schade um den ganzen Arbeitsaufwand…
8)
oder das unangemessen teuer würde, wie z.B. das Abschneiden von Balkonen
9)
vor allem wenn diese Dämmung, wie von uns empfohlen, dick genug ist
10)
fest immer
11)
inkl. Kleber und allen Putzschichten
12)
gerechnet wurde hier mit einer Erdgas-Heizung
13)
Das ist natürlich nicht wirklich korrekt: Denn, die Inflationsrate muss davon abgezogen werden, ausschlaggebend ist der Realzins. Der liegt heute auf einem sehr geringen Wert - rechnen könnte eine Eigentümerfamilie mit „0 Prozent“, denn real mehr wird sie kaum irgendwo sonst am Kapitalmarkt dauerhaft erzielen können. Dass für „richtig Reiche“ andere Maßstäbe gelten, ist aber richtig.
14)
Eine Fassade, mit einem mineralischem Putz, im Passivhaus Kranichstein ist jetzt bereits 33 Jahre in der Nutzung und es gibt keinen Hinweis auf irgendeinen Erhaltungsbedarf: Nicht mal ein Neuanstrich ist in absehbarer Zeit notwendig
baulich/waermedaemmverbundsystem.1691748295.txt.gz · Zuletzt geändert: 2023/08/11 12:04 von wfeist