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Zirkulation
Genauer ist unser Thema hier die Trink-Warmwasser-Zirkulation (TWW). Ursprünglich wurde sie eingeführt, um den Komfort beim Zapfen von warmem Duschwasser zu erhöhen. Hat ein Verteilsystem einige Meter (oft sind es durchaus 10 bis 20 m) Länge einer Warmwasserleitung bis zur Zapfstelle z.B. einer Dusche, dann können in so einer Leitung schon einige Liter Wasser stehen - und die kühlen sich natürlich bei längerer Nichtbenutzung auf Raumtemperatur aus. Dieses „kalte Wasser“ ist es dann, das zunächst aus der Dusche kommt - und das kann dann durchaus bis zu einer Minute dauern, bis es etwas komfortabler wird. Natürlich ist das auch mit einem entsprechenden Wasserverlust verbunden, wenn das kalte Wasser einfach in den Abfluss 'entsorgt' wird. Der Einfallsreichtum der Ingenieure war hier nicht besonders strapaziert, das lässt sich technisch gesehen einfach beheben, der Installationsaufwand dafür ist allerdings durchaus nennenswert1): Es wird eine weitere warmwasserführende Leitung von einer Stelle möglichst nahe der Zapfstelle zur Wärmequelle (meist ein Speicher) zurückgeführt, die sogenannte Zirkulationsleitung. Wenn wir jetzt eine Pumpe ergänzen, in dieser Leitung, die das Wasser zum Speicher zurückbringt und die dauerhaft läuft, dann bleibt bei ausreichendem Durchfluss das gesamte Wasser in dieser Zirkulationsschleife nahe an der Temperatur im Speicher. Dann bekommen wir also, ganz schnell nach dem Öffnen des Hahns, wirklich heißes Wasser aus der Zapfstelle. Dass das auch Wasser spart (eben den oben genannten kalten Vorlauf) ist unbezweifelbar.
Oft wird behauptet, dass es auch Energie sparen würde: Das ist aber nicht automatisch richtig. Sind die Leitungen nämlich schlecht wärmegedämmt, dann verlieren sie bei den jetzt höheren Temperaturen ständig Wärme; die muss aus dem Warmwasser-Erzeugungssystem nachgeliefert werden; wir nennen dies Zirkulationsverluste. Bei richtig schlecht gedämmten Leistungen können diese Verluste sehr hoch sein: Wir haben daher hier eine Anleitung zur Verbesserung der Wärmedämmung bei Warmwasser führenden Leitungen. Im Prinzip könnten wir diese Verluste durch richtig gute Dämmung und ein wenig Achtsamkeit bzgl. der Länge des Verteilsystems sehr stark reduzieren, so wie das z.B. bei unserem Passivhaus-Prototypen in Darmstadt Kranichstein gemacht wurde (Bild). Das „lohnt“ sich übrigens sehr gut, es ist ein erheblich geringerer Kostenaufwand als die Summe der jährlich fälligen Energiekosten zur Kompensation solcher Verluste. | Hier sind die vier2) wärmeführenden Leitungen erst einmal „wie üblich“ individuell gedämmt worden. Dann wurde das gesamte 'Leitungspaket' mit einer geschlossenen 100 mm Dämmung umfasst; die Kosten dafür sind tatsächlich nur sehr gering, der Verlust wird nochmals mehr als halbiert. Klar ist allerdings, dass das in der Regel beim Neubau geplant werden muss und bei bestehenden Verteilungen meist so leicht nicht in dieser 'perfekten Form' nachrüstbar ist. |
Der Gesetzgeber hat jedoch entschieden, dass ein weit weniger gutes Niveau der Leitungsdämmung rechtlich ausreicht und in der Praxis wird leider regelmäßig noch nicht einmal dieses Niveau eingehalten3). Im Ergebnis führt das dazu, dass heute im Durchschnitt in einer Größenordnung von etwa der Hälfte (!!) des Energieverbrauchs der zentralen Warmwasserbereitungssysteme auf die Wärmeverluste der Zirkulation zurückzuführen sind. Kaum jemandem ist das wirklich bewusst, es ist ein Beispiel für durch hohe Energieverbräuche ersetzte Wärmeverluste in unserer komfortgewohnten Gesellschaft4).
Unsere Gesellschaft befasst sich mit „solchen Details“ normalerweise gar nicht, solange wie eben Gas und Öl richtig billig sind. Wir überlassen das den „Fachleuten“ und glauben fest, dass das schon regelmäßig so optimal wie nur möglich gemacht ist. Viele Menschen sind daher wirklich 'überrascht', dass das in der Realität gar nicht stimmt, dass der weit überwiegenden Teil unseres als notwendig angesehenen Energieverbrauchs ausschließlich der Kompensation von eigentlich (leicht) vermeidbaren Verlusten dient. Das ist nicht nur beim Warmwasser so: Etwas umfassender ist das in unserem Artikel zur Energiedienstleitung dargestellt.
Der Legionellen-Schock
Im konkreten Fall der Warmwasser-Zirkulation wurde jedoch am 21. Juli 1976 ein anderer, heute als entscheidend angesehener Grund erkannt: Da trafen sich um 2000 Legionäre zur Feier des Unabhängigkeitstages im Bellevue-Stratford Hotel in Philadelphia. Von diesen erkrankten 182 Personen an einer bis dahin nicht bekannten oder nicht beachteten Form von Lungenentzündung und 29 davon starben. Später wurde die Ursache dafür aufgeklärt: Es handelte sich um das dann so genannte Bakterium „Legionella pneumophila', das sich in Warmwasser führenden Systemen gern vermehrt und im konkreten Fall über die Klimaanlage des Hotels verbreitet worden war. In stehendem Wasser in haustechnischen Installationen (vor allem Klimaanlagen und wenig benutzten Wasserleitungen) mit Temperaturen zwischen 35 und 45 °C bestehen ideale Voraussetzungen für die Vermehrung des Erregers (vgl. Tabelle).
In Deutschland wurde daher für Großanlagen der Trinkwassererwärmung die Trinkwasserverordnung erlassen. Die dort getroffenen Regelungen entsprechen dem Stand von Wissenschaft und Technik und bilden die Grundlage auch unserer Empfehlungen. Ausdrücklich weisen wir auch darauf hin, dass gilt „Entsprechende Anlagen in Ein- und Zweifamilienhäusern zählen nicht zu Großanlagen zur Trinkwassererwärmung.“ Rein rechtlich kann jeder Eigennutzer eines Hauses oder einer Wohnung, solange es keine Mietverhältnisse gibt, somit tatsächlich machen, was sie/er will. Natürlich heißt das nicht, dass es bei den „kleinen Anlagen“ überhaupt kein Risiko gäbe: Die Vermehrung der Legionellen folgt natürlich immer der gleichen Biologie. Wenn allerdings alles Wasser in der Anlage innerhalb von rund ein bis zwei Tagen erneuert wird, dann ist die Gefahr bereits stark reduziert. Und besonders wichtig ist es, Rohrleitungen etc. zu vermeiden, in denen das Wasser über längere Zeiträume dauerhaft „steht“ (sog. Totvolumina; bei denen hilft übrigens dann meist auch die Zirkulation wenig, selbst dann nicht, wenn sie bei 60°C betrieben wird). Wer sein Risiko bzgl. Legionellen verringern will, ist gut beraten, sich an einen dafür ausgewiesen kompetenten Energieberater zu wenden.
Erfahrungen aus der Praxis
Viele kleine zentrale Anlagen in Einfamilienhäusern betreiben Zirkulationsleitungen bei geringeren Temperaturen als die empfohlenen 60°C. Insbesondere Anlagen, die aus Wärmepumpen versorgt werden, haben regelmäßig geringere Warmwasser-Temperaturen; liegen diese im Bereich von 35 bis 45 °C, so sind die Bedingungen für Legionellen in solchen Anlagen optimal - der Betrieb der Zirkulation ändert daran dann auch nicht viel. Es bleibt sinnvoll, das Wasser zumindest für ein paar Stunden am Tag zu bewegen, um dauerhaft stehendes Wasser zu vermeiden. Ansonsten dient der Betrieb der Zirkulation hier nur dem Warmwasser-Komfort.
Hinweis: Die Sicherheit gegenüber Legionellen könnte hier z.B. durch Einbau einer elektrischen Heizschelle (500 bis 800 W) mit Zeitschaltuhr und Thermostat verbessert werden: Die elektrische Heizschelle wird so nahe wie möglich zum Speicher auf dem Trinkwarmwasser-Versorgungsrohr installiert und natürlich gut gedämmt. Die Temperatur für die Regelung (Vorschlag: 62°) wird einige Meter in Strömungsrichtung am Rohr gemessen (auch da natürlich gut gedämmt); Rohrschelle mit 62°C Sollwert und Zirkulationspumpe (24 Liter/h) wird dann einmal am Tag, 1 h vor der morgentlichen Nutzung des Bades, per Zeitschaltuhr betrieben. Einmal in der Woche betreibt man diese thermische Desinfektion über 12 h, um auch das gesamte Volumen des Trinkwarmwasserspeichers vollständig durch zu erwärmen. Bekannt ist das unter dem Stichwort „Legionellenschaltung“, oft allerdings wird das nur sehr teuer angeboten.
Legionellen-Filter
Eine Methode, eine Infektion mit Legionellen beim Duschen zu vermeiden, ist der Einsatz von Duschköpfen mit einem eingebauten Legionellen-Filter. Die Hygiene-Wissenschaft spricht hier von „endständigen Filtern“, Filter, die in dichten Fassungen unmittelbar vor der eigentlichen Nutzung eingesetzt werden. So kann sichergestellt werden, dass eine Kontamination nicht noch nach dem Filter eintritt. Wir haben uns diese Duschköpfe genauer angesehen und die Erfahrungen im Kapitel Wasserspar-Duschköpfe dargestellt. Dieser Ansatz scheint tatsächlich ziemlich gut zu funktionieren. Wer also Zirkulation, auch im Einfamilienhaus, bei Wärmepumpen-geeigneten Temperaturen von 40 bis 50°C betreiben will, wer seine Zirkulation zeitweise (z.B. tagsüber wenn niemand zuhause ist oder von Mitternacht bis 5:00 in der Früh) abschalten will, dem können wir raten, solche Duschköpfe mit Legionellen-Filter zu verwenden, um das Risiko gering zu halten.
Wärme-Verluste der Zirkulation reduzieren
Immer vorteilhaft und zugleich auch das Legionellen-Risiko reduzierend ist es, wärmeführende Leitungen gut zu dämmen. Wie das gemacht wird, haben wir genau beschrieben: nachträgliche Dämmung von Leitungen.
Darüber hinaus haben einige Nutzer von Anlagen in Einfamlienhäusern auch mit der Betriebsweise ihrer Zirkulation experimentiert. Ich bedanke mich hier vor allem bei René Schlenker, der uns die im Folgenden dokumentierten Messergebnisse geschickt hat.
Es handelt sich um eine Warmwasseranlage in einem Einfamilienhaus, der zentrale Wärmeerzeuger ist eine Wärmepumpe (Fotos).
Ab Mai 2022 war diese Anlage ausschließlich für die Warmwasserversorgung eines Haushalts mit 4 Personen in Betrieb. René Schlenker hat die zughörigen Stromverbrauchswerte seither manuell am Stromzähler abgelesen und ausgewertet. Dabei hat er 3 Betriebsweisen ausgetestet: 1) Dauerbetrieb der Zirkulation (so, wie die Anlage ursprünglich eingestellt war) 2) Zirkulation nur aus Komfortgründen in der Zeit, bevor und während geduscht wird 3) Betrieb ganz ohne Zirkulation.
Diese Messergebnisse betätigen sehr gut die (in Fachkreisen wohlbekannte) Tatsache, dass heute die Zirkulationsverluste durchschnittlicher Anlagen in etwa die Hälfte des Jahresverbrauchs ausmachen. Auch nach dem Abschalten der Zirkulation gibt es natürlich immer noch Zapfverluste und Verluste der Wärmespeicher.
Dabei sind die Verluste im vorliegenden Fall sogar allein deswegen geringer, weil die Wassertemperaturen eher um 40 °C und nicht bei 60 °C liegen.
Heute übliche Warmwassersysteme „arbeiten“ weit überwiegend für die Kompensation von Wärmeverlusten der Anlagen. Das lässt sich vor allem durch eine weit bessere Dämmung der Leitungen und mehr Sorgfalt bei der luftdichten Ausführung der Dämmung von Wärmespeichern reduzieren. In dem Fall, das bzgl. der Hygiene Vorsorge getroffen ist, kann auch eine Reduktion der Temperaturen auf das eigentliche Niveau für die Nutzung und eine zeitliche Unterbrechung der Zirkulation überlegt werden.