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Passivhaus Labore

Labore stellen eine sehr spezifische Art von Nichtwohngebäuden dar. Zudem wird Begriff für eine sehr heterogene Gruppe von Nutzungen verwendet, die von einer leichten, erweitert büroartigen Nutzung bis hin zu extremen Luftwechseln mit stark kontaminierter Abluft und sehr hohen inneren Lasten reichen kann. Daher kann es keine allgemein gültige Herangehensweise an „das“ Passivhaus-Laborgebäude geben. Optimierte Lösungen sind stets dann möglich, wenn eine im Vorfeld möglichst genau bekannte Kombination aus Lüftungsbedarf, inneren Wärmequellen, Nutzungszeiten und Belegungsdichte vorliegt. Je breiter das mögliche Spektrum, auch im Hinblick auf spätere Nutzungsänderungen, desto höherer Aufwand für später möglicherweise nicht optimal ausgenutzte technische Ausrüstung ist erforderlich und desto höhere Aufmerksamkeit für die effiziente Handhabung der zu erwartenden Teillast-Zustände ist nötig. Dennoch können einige generelle Hinweise für die Herangehensweise gegeben werden. Viele werden für die erfahrende Passivhaus-Planerin vertraut und einfach erscheinen. Das PHPP ist auch hier ein verlässliches Werkzeug um im Planungsverlauf stets den Überblick zu behalten und unterschiedliche Szenarien zu vergleichen.

Die Gebäudehülle ist langlebig

Die Nutzung eines Laborgebäudes unterliegt häufig Veränderungen und kann während der Gebrauchsdauer der Gebäudehülle zwischen unterschiedlichen Szenarien mehrfach wechseln. Während die Gebäudehülle wenigstens 50 Jahre ohne grundlegende Erneuerungsmaßnahmen besteht, wird die Laborausstattung, die Gebäudetechnik -insbesondere die Lüftungstechnik- vorher ersetzt. Folglich ist es klug, die Gebäudehülle für ein Nutzungsszenario mit geringen internen Wärmequellen auszulegen, etwa vergleichbar einem Büro. In einem kühl-gemäßigten Klima wird dies auch ausreichend hohe Temperaturen der inneren Oberflächen der Gebäudehülle bewirken, so dass thermischer Komfort und Bauschadensfreiheit unter allen Umständen gewahrt bleiben. Angesichts der hohen Investitionen in technische Gebäudeausrüstung für ein Laborgebäude sind Zusatzinvestitionen in eine verbesserte Gebäudehülle (im Wesentlichen zu Grenzkosten) von untergeordneter Bedeutung. Da sie aber eine langfristig flexible und energieeffiziente Nutzung des Gebäudes sichern, können sie als in jedem Fall empfehlenswert angesehen werden. Gut zugängliche thermische Massen können von Vorteil sein, wenn die internen Lasten im Tagesverlauf schwanken. Akustik-Maßnahmen zur Reduktion der Nachhallzeit sollten die Geschossdecke frei lassen, was eine Lösung mit abgehängten Baffeln nahelegt. Aus Gründen der Tageslichtnutzung sollten diese rechtwinklig zur Fassade angeordnet werden.

Gute Tageslichtversorgung

Labore und Büros haben weitere Gemeinsamkeiten, wie etwa die hohe Bedeutung der Belichtung. In Laboren bestehen häufig besonders hohe Anforderungen an die Beleuchtungsstärke. Der Gebäudeentwurf sollte daher eine gute Tageslichtversorgung sichern und gleichzeitig die sommerlichen Solarlasten begrenzen. Im Ergebnis empfehlen sich moderate Öffnungsanteile um 40% der Fassade und wirksamer, außen liegender Verschattung. In den meisten Fällen werden dies Raffstoren mit geteiltem Behang sein, die eine Tageslichtnutzung auch bei aktivierter Verschattung gestatten. Die Fenster sind sturzlos um Licht besonders in die Raumtiefe gelangen zu lassen, verfügen aber über eine opake Brüstung, da hier kein Beitrag zu Belichtung geleistet würde. Da transparente Bauteile zu den teuersten Elementen der Gebäudehülle gehören, ist dies auch ein Beitrag zur Optimierung der Baukosten. Ein innen liegender Blendschutz kann visuellen Komfort bei der Bildschirmarbeit im Winter sichern, wenn eine Außenverschattung nicht zweckmäßig ist. Das Tageslicht wird ergänzt, ggfs ganz ersetzt, durch eine hoch effiziente LED Beleuchtung mit Regelung nach der erreichten Beleuchtungsstärke und Anwesenheit. Eine qualifizierte Lichtplanung entwickelt die optimale Lösung mit einer installierten Leistung von weniger als 1.5 W/(m²*100lx).

Luftdichtheit und Lüftung

In Laboren mit hohem Luftwechsel ist der Lüftungswärmeverlust eindeutig der dominierende Anteil der Gesamtbilanz, was die entscheidende Bedeutung der Lüftung mit Wärmerückgewinnung zur Folge hat. Als Vorbedingung für einen zielgerichteten und effizienten Betrieb der Lüftungsanlagen ist eine sehr gute Luftdichtheit der Gebäudehülle anzustreben (≤ 0.6 m³/(m²h) @ 50 Pa). Da Laborgebäude üblicherweise große, einheitliche Außenbauteile aufweisen ist dies jedoch keine große Herausforderung bei Anwendung der üblichen Methoden und Materialien für den Bau von Passivhäusern. Wie alle Passivhäuser werden Labore selbstverständlich allein mit Zuluft betrieben, einen Umluftanteil gibt es nicht. Die anwendbaren Techniken zur Wärmerückgewinnung hängen von der angestrebten Nutzung ab. Eine Büronutzung wird jede übliche Technik zulassen, da jedoch in der Regel einige Labor-spezifische Anforderungen wegen belasteter Abluft zu erfüllen sind, ist eine regenerative Wärmerückgewinnung in der Regel ausgeschlossen. In vielen Fällen mit leicht belasteter Abluft kann jedoch ein rekuperatives System zum Einsatz kommen. Anpassungen können erforderlich sein, um die innere Leckage weiter als üblich zu begrenzen und die Ventilatoranordnung kann die internen Druckdifferenzen so gestalten, dass die Leckageströme in die unkritische Richtung erfolgen. Die Wärmerückgewinnung sollte hoch effizient sein und einen effektiven Wärmebereitstellungsgrad von 85% anstreben. Diese hohe Anforderung resultiert in sehr großvolumigen Geräten, was eine Dachaufstellung wetterfester Geräte nahe legt. Die gesamt Luft bis auf ganz untergeordnete Ausnahmen, etwa eine geringe Abluftmenge aus einem Säurelager-Schrank) soll an der Wärmerückgewinnung teilhaben. In Fällen mit stark belasteter Abluft in Teilbereichen kann für diese ein separates Kreislauf-Verbundsystem zur Wärmerückgewinnung vorgesehen werden. Dies ist mit dem Nachteil einer weitaus weniger wirksamen Wärmerückgewinnung von eher weniger als 70% verbunden. Eine Fortluft-Wärmepumpe kann unterstützend vorgesehen werden, aber die Gesamteffizienz wird stets geringen sein als im Fall des Gegenstrom-Plattenwärmeübertragers. Sofern solche Anforderungen an das gesamte Gebäude gestellt werden wird das Kreislauf-Verbundsystem zwangsläufig zum Hauptsystem. Die Verbindung mit einer Fortluft-Wärmepumpe bleibt eine sinnvolle Option. Solche Systeme können insbesondere dann eine gute Lösung darstellen, wenn sie von einem einzigen Lieferanten als vorkonfektionierte Einheit mit umfassender Steuerung angeboten werden, ähnlich dem Passivhaus-Kompaktgerät für Wohngebäude.

Luftmengen-Regelung

Hohe Luftwechsel sind mit hohen Wärmeverlusten verbunden und erfordern hohe Leistungen zur Luftförderung. Der Luftvolumenstrom sollte daher stets aktiv an das jeweils benötigte Minimum angepasst werden. Dazu gehört die Abschaltung außerhalb der Nutzungszeiten, oder zumindest ein absoluter Minimalbetrieb, sofern Abschalten nicht möglich ist. Eine Anwesenheits-Regelung kann hilfreich sein. Abzüge regeln ihre Abluftmenge in Abhängigkeit der Frontschieber-Stellung- gleichzeitig wird die reguläre Raum-Abluft im entsprechenden Maß gedrosselt. Wie in jedem Passivhaus werden die Lüftungssysteme zu allen Zeiten balanciert (in Bezug auf die Gebäudehülle) betrieben. In manchen Fällen kann ein separates, kleines Lüftungssystem für Nachtarbeitsplätze eine nützliche Ergänzung darstellen. Bei der Planung von Teillast-Zuständen sollte beachtet werden, dass jeder Wärmeübertrager auch eine untere Grenze des Volumenstroms aufweist, jenseits derer das Strömungsregime laminar wird und die Wärmeübertragung einbricht. Wenn also die Bandbreite der Nutzungsszenarien besonders groß ist, werden vorteilhaft mehrere, kleinere Einheiten als Kaskade vorgesehen. Dies gilt auch für Fortluft-Wärmepumpen Systeme. Nach Möglichkeit sollten Volumenstromregler mit dem Zentralgeräte vernetzt werden um einen Betrieb mit konstantem Kanaldruck zugunsten höherer Effizienz zu vermeiden.

Kanäle

Alle Kanalquerschnitte sollten sehr großzügig ausgelegt werden um die Luftgeschwindigkeit/Druckverlust gering zu halten. Es sollte ein kompaktes Kanalnetz mit kurzen Wegen und ohne sehr enge Radien entworfen werden- hier sollte der Architekturentwurf gemeinsam mit dem Lüftungskonzept entwickelt werden.

Abdeckung auftretender Lasten

Hohe Luftvolumenströme bieten ein Potential zur Abdeckung hoher Lasten allein über die ohnehin bewegten Luftmengen. Eine gute Gebäudehülle hält die Heizlast gering genug, um noch mit der Büro-typischen Luftmenge abgedeckt zu werden. Höhere Lasten, besonders im Sommer, könnten in der Regel durch die für bestimmte Nutzungs-Szenarien vorzusehende höhere Luftmenge abgedeckt werden. Beispielsweise kann in einem typischen Labor mit 8-fachem Luftwechsel eine Leistung von 50 W/m² bei einer Temperaturdifferenz von nur 6K eingebracht werden. Das begünstigt den Einsatz von Wärmepumpen und eine vollständig elektrische Versorgung des Gebäudes, einschließlich einer vorteilhaften PER-Bewertung. Sofern alle Heiz- und Kühlerfordernisse mit einer Fortluft-Wärmepumpe gedeckt werden können, ist hier eine sehr kompakte und preisgünstige Standardlösung vorstellbar, die sehr wartungsarm betrieben werden kann. Dazu könnte aber eine Lernkurve auf der Herstellerseite erforderlich sein um solche Systeme vorkonfektioniert als Standardartikel liefern zu können- so, wie es heute (2022) für Kessel und deren Zubehör üblich ist. Selbst wenn alle auftretenden Lasten allein mit dem Lüftungssystem gedeckt werden können, kann es für bestimmte Anwendungsfälle interessant sein, parallel eine Betonkern-Temperierung der Decken vorzusehen. Ein wesentlicher Teil der Lasten kann dann auch unabhängig vom Lüftungsbetrieb bewältigt werden, was eine nützliche Erweiterung der Möglichkeiten sein kann. Etwa um das Lüftungssystem über längere Zeiten abschalten zu können oder um die maximale Gesamt-Kapazität noch zu steigern. Durch die ohnehin geringen Systemtemperaturen bietet sich hier wiederum eine Kombination mit Wärmepumpen-Systemen an.

Entfeuchtung

In feuchten Klimaten wird eine Entfeuchtung der Raumluft erforderlich. Wo wegen stark belasteter Abluft keine Feuchterückgewinnung, etwa über Plattenwärmeübertrager mit semipermeablen Membranen, möglich ist, muss einem effizienten Entfeuchtungssystem hohe Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dieses kann ohne hygienische Bedenken die best-wirksame Wärmerückgewinnung zur Wiedererwärmung der entfeuchteten Zuluft mit Hilfe der noch zu entfeuchtenden Außenluft einsetzen. Der Kondensator der Entfeuchtungs-Wärmepumpe im Fortluft-Strang kann, nach Filterung und UV-Entkeimung des Kondensates nass betrieben werden.

Thermische Abwasserbehandlung

Manche biologische Labore erfordern eine thermische Behandlung mancher Abwässer zur Desinfektion. Konventionelle Systeme zu diesem Zweck verfügen zwar über eine gewisse Wäremrückgewinnung, können aber noch stark verbessert werden, wenn frühzeitig im Planungsprozess eine solche Entwicklung angestoßen wird. Für die Desinfektion wird allein eine hohe Temperatur benötigt, der Prozess verbraucht aber an sich keine Wärme. Der Energieeinsatz kann durch Effizienzmaßnahmen daher extrem verringert werden. Dies bedingt eine hoch effiziente Wärmeübertragung vom Wasserablauf an den Zulauf und eine hochwertige Wärmedämmung von Tank und Leitungen. Eine Wärmepumpe kann der passiven Wärmerückgewinnung nachgeschaltet werden und die Systemverluste abdecken. Systeme zur Wärmerückgewinnung aus Abwässern haben im Bereich energieeffizienter Hallenbäder Fortschritte gemacht, die möglicherweise auch hier zu nutzen sind. Laborgebäude die aus ähnlichen Gründen eine Fortluft-Filterung benötigen, können davon profitieren, wenn die Filterung bereits auf der Abluft-Seite des Lüftungsgerätes angeordnet wird. Es lassen sich dann ggfs. Hygienische Anforderungen an die Wärmerückgewinnung reduzieren und die Effizienz an dieser Stelle steigern.

Einige Zahlen

In einem kühl-gemäßigten Klima lassen sich für ein typisches Labor mit 8-fachem Luftwechsel während der Nutzungszeit und Nachtabschaltung, sowie 85% effektivem Wärmebereitstellungsgrad der Lüftung Heizwärmebedarfe von ≤ 30 kWh/(m²a) erreichen. Der unvermeidliche Kühlbedarf ist extrem gering und hängt im Weitern direkt von internen Lasten aus der Labornutzung ab. Es sollte versucht werden stets die effizientesten verfügbaren Laborgeräte zu beschaffen; jedoch setzen häufige Wechsel und die begrenzte Verfügbarkeit von Alternativen bei hoch spezialisierten Geräten eine Grenze. Daher kann der Gesamt-Energiebedarf von Laborgebäuden im Vergleich mit Büros sehr hoch sein. Er wird im Rahmen der Gebäudezertifizierung auf Basis des Einzelfalls gemäß der Gebäudekriterien gehandhabt. Da die Energieverbräuche deutlich geringer und auch vorhersehbarer sind als bei konventionellen Laborgebäuden können sich neue Modelle in der Vermietung anbieten. Etwa können die Flächen mit festen Monatsbudgets an Energie vermietet werden um den Nutzern einen Anreiz zum effizienten Gebrauch von Energie zu bieten.

Beispiele

Groß: LfL Nossen

Gebaut 2012 und Pilot-zertifiziert durch das PHI für das Landwirtschafts- und Umweltzentrum des Freistaats Sachsen. Drei Gebäudeteile mit 5000m² Laboren und 1600m² Verwaltung und Kantine. Lüftungs-Wärmerückgewinnung mit Plattenwärmeübertragern (möglich durch mäßig belastete Abluft). Thermische Abwasserbehandlung für eine Teil des Labors. (EPPO Regeln). Heizung und Kühlung über das Lüftungssystem und Bedonkernaktivierung der Decken. Versorgung durch ein Gebäude-integriertes Blockheizkraftwerk. Durch geringe Vorlauftemperaturen leicht auf eine Wärmepumpenanlage umstellbar. Download der Projekt-Broschüre mit vielen Illustrationen

Groß: University of Nottingham RAD building

Mischnutzung, Büro, Labor und Nebenfunktionen 2500m². zertifiziert durch WARM

Klein: STEM Bradford

Flexible LAbornutzung und Vorbereitung zertifiziert durch WARM

Klein:

Biologisches Feldforschungs-Labor am Lake Michigan certified by PHI

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