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Was bedeutet Wärmebrückenfreies Konstruieren? 🌡️

Durch wärmebrückenfreies Konstruieren können die Wärmeverluste durch Wärmebrücken so stark reduziert werden, dass sie in der Energiebilanz nicht mehr berücksichtigt werden müssen. Das geht unter Beachtung einiger weniger, praktikabler Prinzipien, die hier behandelt werden.

Eine Gebäudehülle heißt wärmebrückenfrei, wenn der Transmissionswärmeverlust unter Berücksichtigung aller Wärmebrücken nicht höher ist als es die Berechnung allein mit den Außenoberflächen und den U-Werten der Regelbauteile ergibt. Regelmäßige Wärmebrücken in den Regelbauteilen müssen dabei schon in den Regel-U-Werten berücksichtigt werden [AkkP 16]. Im Abschnitt "quantitative Fassung" wird dies in Formeln gefasst.

Dann ist es zulässig, die Wärmebrückeneffekte im PHPP erst gar nicht erst einzubeziehen und damit die Rechnung erheblich zu vereinfachen. Damit gleichbedeutend ist die Aussage $ \Delta U_{WB} \leq 0$. Dabei ist $\Delta U_{WB}$ der Wärmebrückenzuschlag (wie er z.B.in der Energieeinsparverordnung verwendet wird).

Vereinfachtes Kriterium

Eine Überprüfung mit der Definition wärmebrückenfrei liefe aber darauf hinaus, dass alle Details immer noch mehrdimensional berechnet werden müssten. Es gilt daher, vereinfachte Kriterien für das „Wärmebrückenfreie Konstruieren“ zu schaffen. Es stellte sich heraus, dass bei üblichen Gebäudegeometrien die Bedingung „wärmebrückenfrei“ nahezu immer hinreichend genau erfüllt ist, wenn diese mindestens für alle linearen Störungen gilt. Diese können immer noch zu gewissen positiven Beiträgen führen, die allerdings als „vernachlässigbar gering“ gelten können.

$$ {\varPsi \leq 0,01 \quad W/(mK)} $$ [WbKrit]

Außerdem werden verbliebene Beiträge in gewissem Umfang durch andere Anschlüsse, an denen negative Wärmebrückenverlustkoeffizienten vorliegen, kompensiert. Die Bedingung [WbKrit] reicht für alle Strukturen, die Anschlüsse, Kanten und einzelne Störungen in den Regelflächen betreffen. Regelmäßige Störungen, die in den Regelflächen auftreten, müssen bereits bei der Angabe des Regel-Wärmedurchgangskoeffizienten Ureg berücksichtigt werden (z.B. regelmäßige Stiele in einer Holzständer- oder Tafelkonstruktion; auch die Anschlusswärmebrücke beim Einbau eines Fensters rechnet man zweckmäßigerweise in den regulären Fenster-U-Wert ein, dies ist im PHPP bereits so angelegt und macht wenig Arbeit).

Mit dem vereinfachten Kriterium werden die Planung und der Bau ganz entscheidend vereinfacht: Für eine Klasse von Anschlussdetails muss nur einmal im Vorfeld nachgewiesen worden sein, dass sie das Kriterium [WbKrit] erfüllen. Dass kann z.B. durch eine Berechnung aller relevanten Details für Gebäudehüllen erfolgen. Viele Systemhersteller sind diesem Ansatz bereits gefolgt und haben für alle von ihnen bereitgestellten Details die Einhaltung des Kriteriums überprüfen lassen. Verwendet der Planer solche Details, so kann er bei der Passivhaus-Projektierung die Wärmebrückentherme einfach weglassen - und spart viel Arbeit bei der Berechnung.

Auf der Internet-Seite des Passivhaus-Institutes finden sich zahlreiche Beispiele für Bausysteme, bei denen sämtliche normalerweise benötigten Anschlussdetails als „wärmebrückenfrei“ zertifiziert sind.

Bei einem Neubau ist der Einbau der Porenbetonsteine als unterste Reihe ganz einfach auszuführen. Im Foto ist ein geringer Helligkeitsunterschied bei den Steinen zu erkennen.
Beispiel für einen wärmebrückenfreien Anschluss des aufsteigenden Außenmauerwerkes an die wärmegedämmte Bodenplatte (mit Darstellung der Maßbezüge; gerechnet wird vereinbarungsgemäß immer mit Außenmaßbezug). Für dieses Detail wurden die Wärmedurchgangskoeffizienten in Abhängigkeit vom verwendeten Fußpunktstein berechnet. (nach [AkkP 16]
Abhängigkeit des Wärmebrückenverlustkoeffizienten (Ψ-Wert) von der Wärmeleitfähigkeit λ des Fußpunktsteines. Wenn diese kleiner als 0,25 W/(mK) wird, ist Ψ ≤ 0,01 W/(mK) und das Detail folglich wärmebrückenfrei. Das Kriterium ist durch eine blaue waagrechte Linie markiert. Man erkennt aber auch, dass mit „normalen“ Steinen (λ >0,8 W/(mK)) beträchtliche Wärmebrückenverluste resultieren können (aus [AkkP 16]).

Dieses Beispiel zeigt, dass „Wärmebrückenfreies Konstruieren“ oft mit wenigen, ganz einfachen Änderungen der Details erreicht werden kann und überdies keine hohen Kosten erzeugen muss. Allerdings muss dies bereits während der Planung erkannt und berücksichtigt werden. Eine nachträgliche Änderung im fertiggestellten Gebäude ist zwar technisch möglich, aber unvertretbar teuer. Daher verbleiben bei Altbauten auch nach einer Sanierung mit Passivhaus-Komponenten in diesem Bereich meist noch bedeutende Wärmebrückenverluste.

Wie plant man wärmebrückenfrei?

Schnittzeichnung: Dämmschichten so planen, dass die gesamte Außenhülle ohne Absetzen vollständig mit einem Stift umfahren werden kann.

Eine anschauliche Hilfe ist durch folgenden Grundsatz gegeben: Dämmschichten so planen, dass die gesamte Außenhülle ohne Absetzen vollständig mit einem Stift der Mindest-Dämmdicke (beim Passivhaus etwa 20 cm) innerhalb der Dämmschichten umfahren werden kann. Die folgende Abbildung illustriert das Prinzip an einer Schnittzeichnung. Die entscheidenden Punkte werden so schnell erkennbar: Z.B. die Mauerwerksfußpunkte auf der Kellerdecke.

Die Intention beim Ansatz „Wärmebrückenfreies Konstruieren“ ist, dass sich dabei eine substantielle Verbesserung der Details ergibt. Wir ziehen eine vielleicht geringfügig teurere substantielle Verbesserung der Details einer ebenfalls kostenrelevanten detaillierten Nachrechnung weniger guter Anschlüsse vor.

Die Erfahrungen mit zahlreichen Bausystemen, für die das Prinzip des „Wärmebrückenfreien Konstruieren“ bereits durchentwickelt wurde, sind positiv. Es gibt bereits vollständige Detailkataloge für Wärmebrückenfreie Konstruktionen für den

  • Massivbau mit Vollmauersteinen,
  • Massivbau mit Steinen geringer Wärmeleitfähigkeit (z.B. Porenbeton),
  • Holzbau (sowohl mit Vollholzträgern als auch mit Leichtbauträgern),
  • Bau mit Schalungselementetechnik,
  • Bau mit vorgefertigten Leichtbetonelementen.

Für den Massivbau, den Holzbau und die Schalungselemente finden sich Details im Protokollband [AkkP 16]. Holzbaudetails finden sich auch in der Holzbaubroschüre [Kaufmann 2002].

Das Passivhaus Institut berät Hersteller bei der Entwicklung wärmebrückenfreier Konstruktionen.

Im bereits mehrfach zitierten Protokollband 16 „Wärmebrückenfreies Konstruieren“ werden neben dem gezeigten zahlreiche weitere Details für Gebäudehüllen mit wärmebrückenfreien Anschlüssen gezeigt.

Wird ein Neubau nicht nach dem Prinzip des wärmebrückenfreien Konstruierens geplant, so können durch verbleibende Wärmebrücken beträchtliche zusätzliche Wärmeverluste entstehen. Am Beispiel verschiedener Bauprojekte ergaben sich Erhöhungen beim Jahresheiz- wärmebedarf um bis zu 14 kWh/(m²a). Eine sorgfältige Planung bzgl. der Wärmebrücken kann daher entscheidend dafür sein, ob bei einem Bauprojekt der Passivhausstandard überhaupt erreicht wird.

Die Wärmebildaufnahme am Fußpunkt einer Passivhaus-Außenwand von der Innenseite beweist es: Es gibt keine kalten Flecken mehr. Die Trennung durch den Porenbetonstein ist erfolgreich.\\(Aufnahme: PHI im Passivhaus Darmstadt Kranichstein).
Und so sieht es aus, wenn die thermische Trennung fehlt:
Ein kalter Streifen (blau) entlang der Fußleiste wird sichtbar
Hieraus resultieren häufig Feuchteschäden. Durch wärme-
brückenfreies Konstruieren lässt sich das vermeiden - beim
Neubau mit praktisch „Null“ Mehrkosten. (Foto: Klaus
Michael, Leiter des Niedrigenergie Institutes Detmold, regelmäßiger Arbeitsgruppenleiter
auf der Passivhaustagung).

Der gesamte temperaturspezifische Wärmeverlust wird durch den Transmissionsleitwert HT charakterisiert. Er setzt sich aus den regulären Verlusten aller Flächen A mit ihren regulären Wärmedurchgangskoeffizienten U und den Wärmebrückenbeiträgen ($\varPsi \cdot l$) sowie $\chi $ zusammen; da die punktförmigen Beiträge in der Regel unbedeutend sind, werden sie im Folgenden nicht näher betrachtet. ($\varPsi$ ist der lineare, $\chi $ der punktförmige Wärmebrückenverlustkoeffizient).


Quantitative Fassung: wärmebrückenfrei


Der gesamte temperaturspezifische Wärmeverlust wird durch den Transmissionsleitwert HT charakterisiert. Er setzt sich aus den regulären Verlusten aller Flächen A mit ihren regulären Wärmedurchgangskoeffizienten U und den Wärmebrückenbeiträgen ($\varPsi \cdot l$) sowie $\chi $ zusammen; da die punktförmigen Beiträge in der Regel unbedeutend sind, werden sie im Folgenden nicht näher betrachtet. ($\varPsi$ ist der lineare, $\chi $ der punktförmige Wärmebrückenverlustkoeffizient).

$$ {H_{T} = \sum_{i}A_{i}U_{i}+\sum_{k}l_{k}\varPsi_{k}+\sum_{j}\chi_{j}} $$

„Wärmebrückenfreies Konstruieren“ ist dann folgt definiert: Die durch die „Wärmebrückenterme“ gegebenen Beiträge sind kleiner oder gleich Null:

$$ {\sum\varPsi \cdot l + \sum\chi \leq 0} $$
Definition wärmebrückenfrei

Literatur

[AkkP 16] Wärmebrückenfreies Konstruieren ; Protokollband Nr. 16 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser, 1. Auflage, Passivhaus Institut, Darmstadt 1999 Link zur PHI Publikation

[Kaufmann 2002] Das Passivhaus – Energie-Effizientes-Bauen, holzbau handbuch Reihe 1: Entwurf und Konstruktion Teil 3: Wohn- und Verwaltungsbauten Folge 10: Passivhaus – Energie-Effizientes-Bauen, DGfH Innovations- und Service GmbH, 2002 PDF

[Kaufmann 2009] Sanierung mit Passivhauskomponenten - Planungsbegleitende Beratung und Qualtitässicherung Tevesstraße Frankfurt am Main

Siehe auch

grundlagen/bauphysikalische_grundlagen/waermeuebertragung/waermebrueckenvermeidung.txt · Zuletzt geändert: 2023/09/09 14:28 von wfeist