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grundlagen:passivhaeuser_in_verschiedenen_klimazonen:passivhaeuser_in_neuseeland:phpp

Im Auftrag der School of Architecture and Planning, The University of Auckland.
Finanziert durch NICAI Faculty Research Development Fund.

Januar 2010; Author: Jessica Grove-Smith, Jürgen Schnieders Korrigierte Version November 2011

Zum Anfang der Studie: Planungsgrundlagen für Passivhäuser in Neuseeland

PHPP

Die erste Auflage des Passivhaus Projektierungspaketess (PHPP) erschien im Jahr 1998 – als validiertes stationäres Energiebilanzverfahren, speziell für Häuser mit einem niedrigen Heizwärmebedarf. Basierend auf physikalischen Grundlagen werden die Verluste und Gewinne des vom Nutzer eingetragenen spezifischen Gebäudes berechnet und demnach u.a. der Heizwärmebedarf, die Heizlast sowie die sommerliche Übertemperaturhäufigkeit oder der Kühlbedarf ausgegeben. Das Tool hat sich über die Jahre in der Praxis bewährt, es wurde bereits mehrfach für verschiedene Standorte und Gebäudetypen gezeigt, dass die mit dem PHPP stationär berechneten Ergebnisse mit durchschnittlich gemessen Werten realisierter Projekte gut übereinstimmen (z.B. [Peper 2001], [Reiß/Erhorn 2003]). Entsprechend neuer Erkenntnisse oder Anforderungen wird das Programm fortlaufend weiterentwickelt. Eine der jüngsten Fragestellungen betrifft die Anwendung für die Planung von Passivhäusern auf der Südhalbkugel.

Im Rahmen dieser Studie wurden die Eigenschaften der mit DYNBIL dynamisch berechneten Gebäudemodelle in Neuseeland so akkurat wie möglich in das PHPP 2007 (Version 1.0) übertragen. Ermittelt wurden hiermit dann jeweils der Heizwärmebedarf und die Übertemperaturhäufigkeit. Die Heizlast konnte nicht ermittelt werden, da keine validierten Heizlastdaten vorliegen. Die Untersuchungen, die in diesem und dem folgenden Kapitel näher aufgeführt und beschrieben sind, zeigen eindeutig, dass dieses Tool für die Planung von Passivhäusern auch auf der Südhalbkugel prinzipiell verwendet werden kann. Hierfür ist eine bestimmte angepasste Vorgehensweise bei der Eingabe der Gebäudedaten erforderlich, die auch im Handbuch beschrieben ist. Das Programm wurde ursprünglich für Standorte auf der Nordhalbkugel entwickelt und beinhaltet somit einige grundlegende Berechnungen, die nicht direkt für die Südhalbkugel übernommen werden können. Dies betrifft insbesondere die Berechnung der solaren Gewinne bzw. Lasten. Entscheidend sind hierbei zum einen die jahreszeitliche Verschiebung um 6 Monate und außerdem die Spiegelung der solaren Geometrie am Äquator.

Zunächst wurde untersucht, welche Modifikationen im PHPP erforderlich wären, um eine einfache und direkte Projektierung eines auf der Südhalbkugel geplanten Gebäudes zu ermöglichen, ohne dass die Gebäudedaten speziell angepasst werden müssten. Die wichtigsten Aspekte werden im Folgenden stichpunktartig (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) als Anhaltspunkte für den Leser beschrieben. Sie wurden teilweise im Rahmen dieser Studie getestet. Es ist zu erwarten, dass die hier aufgeführten Ansätze und weitere notwendige Änderungen für eine zukünftige Version des Programmes ganzheitlich geprüft und umgesetzt werden.

  • Alle Berechnungen der nord- und südorientierten Flächen müssten (im Optimalfall automatisch) vertauscht werden. Anstatt die eigentlichen Formeln zu modifizieren, können einfach die Solarstrahlung aus Nord und Süd und die relevanten Flächenorientierungen vertauscht sowie der Absolutwert des Breitengrades verwendet werden.
  • Für die korrekte Abbildung des Sommerfalls wird im PHPP der Juli gesondert betrachtet. Durch die jahreszeitliche Verschiebung ist auf der Südhalbkugel für den Kühlfall nicht mehr der Monat Juli relevant, sondern an Stelle dessen Dezember oder Januar. Hier ist eine Modifikation erforderlich. Ein Ansatz wäre z.B. die automatische Erkennung und Analyse des heißesten Monats. Alternativ könnte fix, zusätzlich zum Juli, für jeden Standort auch der Januar genauer analysiert und dann standortspezifisch der relevante Monat zur weiteren Berechnung verwendet werden.
  • Es ist nicht endgültig geklärt ob die Verschattungsalgorithmen des PHPP für jeden beliebigen Standort auf der Erde optimiert sind. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass sie zumindest im Fall von Neuseeland nicht falsch sind, aber durchaus eine Ungenauigkeit der Ergebnisse verursachen. Es werden keine sinnvollen Ergebnisse berechnet, wenn der Breitengrad negativ ist.
  • Im PHPP-Blatt „Erdreich“ ist für Standorte auf der Südhalbkugel aufgrund der um ein halbes Jahr versetzten Jahreszeiten eine Anpassung der Phasenverschiebung um 6 Monate erforderlich.
  • Vorsicht: Das Jahresverfahren ist wegen der jahreszeitlichen Verschiebung auf der Südhalbkugel ohne Anpassung nicht gültig, hier sind verschiedene Modifikationen erforderlich, die nicht genauer untersucht wurden.

Die in diesem Bericht aufgeführten Ergebnisse basieren nicht auf einer mit den oben beschriebenen Ansätzen modifizierten Version des PHPP. Vielmehr wurde das auf der Südhalbkugel geplante Gebäude mit der aktuellen Auflage des PHPP so projektiert, als würde es sich auf der Nordhalbkugel befinden. Hierfür wurden bei der Dateneingabe die folgenden drei Punkte beachtet:

  1. Spiegelung des Gebäudes an der Ost-West-Achse → Nordorientierte Flächen werden zu südorientierten und umgekehrt
  2. Spiegelung der Klimadaten am Äquator → Solarstrahlung aus Nord und Süd werden vertauscht. → Absolutwert des Breitengrades
  3. Verschiebung der Klimadaten um sechs Monate (Januar = Juli etc.)

In Tabelle 9 sind die PHPP Ergebnisse für die drei in Kapitel 4 definierten Referenz-Passivhäuser mit Wärmerückgewinnung aufgeführt sowie ein Vergleich mit den jeweiligen Simulationsergebnissen. Für alle drei Standorte liegen die mit dem PHPP berechneten Ergebnisse auf der sicheren Seite, die größte Differenz beträgt 3.4 kWh/(m²a) für Auckland. Angesichts der vielen ineinandergreifenden komplexen Vorgänge, die den Heizwärmebedarf eines jeden Gebäudes beeinflussen und der sehr vereinfachten stationären Abbildung mit dem PHPP ist diese Übereinstimmung sehr gut, diese Diskrepanzen von < 4 kWh/(m²a) liegen im Rahmen einer akzeptablen Genauigkeitsgrenze.

Standort AucklandWellingtonChristchurch
Heizwärmebedarf [kWh/(m²a)]DYNBIL12.713.114.3
PHPP16.115.016.7
Differenz3.41.92.4
Übertemperatur-häufigkeitDYNBIL0%0%0%
PHPP0%0%0%
Tabelle 9: Die berechneten DYNBIL und PHPP Ergebnisse der Referenz-Passivhäuser im Vergleich.

Es stellt sich nun die Frage, ob die Tatsache, dass sich das projektierte Gebäude auf der Südhalbkugel befindet, die Verlässlichkeit der PHPP-Ergebnisse beeinträchtigt. Die im folgenden Kapitel 6 aufgeführten Vergleiche verschiedener Gebäudevarianten weisen darauf hin, dass dies nicht der Fall ist. Bei genauer Betrachtung liegen die Ursachen für mögliche Ungenauigkeiten woanders, wie in den folgenden Paragrafen und Kapitel 6 beschrieben. Es gibt nur eine Unstimmigkeit, die direkt auf die jahreszeitliche Verschiebung zurückzuführen ist: Bei der Verschiebung der Klimadaten um sechs Monate wird nicht berücksichtigt, dass nicht jeder Monat die gleiche Anzahl an Tagen hat. Somit stimmen insbesondere die berechneten Werte für Februar bzw. August nicht komplett überein. Diese Differenzen sind jedoch minimal und haben einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Energiebilanz.

Von bedeutender Relevanz für Abweichungen in der Berechnung ist das vergleichbar milde und solarstarke Klima. Die Präzision der Berechnung der Transmissionsverluste durch die opaken Bauteile der Gebäudehülle, zum Beispiel, nimmt mit niedrigeren Dämmstärken deutlich ab, da hier der Einfluss von dynamischen Prozessen, die an den Oberflächen stattfinden, steigt (vgl. Kapitel 6.2). Die Dämmstärken in Auckland sind mit Abstand am geringsten, hier ist also eine größere Abweichung nicht verwunderlich. Bei Betrachtung der einzelnen Komponenten der Energiebilanz wird auch der Einfluss der Solarstrahlung deutlich. In Abbildung 30 ist als Beispiel ein Auszug aus dem Monatsverfahren des PHPP für Auckland dargestellt – das Potential der Solarstrahlung während der Heizperiode ist mit 30 kWh/(m²a) fast doppelt so hoch wie der letztendliche Heizwärmebedarf des Gebäudes. In Wellington und Christchurch ist dieser Einfluss mit ca. 25 kWh/(m²a) und 19 kWh/(m²a) vergleichbar hoch. Für Frankfurt beträgt das Wärmeangebot durch Solarstrahlung während der Heizperiode für das gleiche Gebäudemodell nur 9 kWh/(m²a), die Relevanz zum Kompensieren der Wärmeverluste ist also deutlich geringer. Gerade dieser Einfluss der solaren Gewinne ist jedoch nur sehr schwer unter Berücksichtigung aller dynamischen Vorgänge stationär abzubilden, so dass auch in diesem Zusammenhang durchaus Abweichungen zwischen den mit PHPP und DYNBIL berechneten Ergebnissen zu erwarten sind. Unter Anderem spielt hierbei die Verschattung eine wichtige Rolle, sowohl für die solaren Gewinne durch die Fenster als auch für die Strahlungsbilanz der opaken Bauteile. Im PHPP wird die Verschattung mittels Reduktionsfaktoren für die Solarstrahlung aus jeder Himmelsrichtung in die Energiebilanz mit einbezogen, hierbei wird zwischen Sommer und Winter unterschieden. Auch wenn auf diesem Wege eine sehr gute Näherung erzielt wird, verursacht dieser Punkt eindeutig eine Ungenauigkeit der Ergebnisse. In Tabelle 10 sind die mit dem PHPP und DYNBIL berechneten Ergebnisse für das gleiche Gebäudemodell aufgeführt, jedoch ganz ohne Verschattung (Auch nicht vermeidbare Eigenverschattung z.B. durch die Fensterlaibungen ist hier nicht berücksichtigt. Das Modell ist nicht realistisch und dient ausschließlich Illustrationszwecken.). Die Übereinstimmung der stationären und dynamischen Berechnungen ist hier wesentlich besser, mit Diskrepanzen unter 1 kWh/(m²a).


Abbildung 30: Energiebilanz: Ausschnitt aus dem PHPP Monatsverfahren für das Referenz-Passivhaus in Auckland.
Das Wärmeangebot der Solarstrahlung ist vergleichsweise hoch und hat einen bedeutenden Einfluss auf das Endergebnis.


Standort AucklandWellingtonChristchurch
Heizwärmebedarf [kWh/(m²a)]DYNBIL11.210.312.2
PHPP11.59.711.5
Differenz0.4-0.6-0.7
ÜbertemperaturhäufigkeitDYNBIL0%0%0%
PHPP1%0%0%
Tabelle 9: Die berechneten DYNBIL und PHPP Ergebnisse der Referenz-Passivhäuser - ganz ohne Verschattung - im Vergleich.




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