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baulich:waermschutz_nachrechnen

Spart die Wärmedämmung, und, wenn ja, wieviel?

Wir haben das nachgemessen - und im Grundsatz können es alle selbst nachmessen. Heute können einfache elektrische Temperaturfühler (mit „Außensonde“) relativ günstig eingekauft werden. Es lohnt sich, alle Fühler erstmal ein paar Tage parallel im gleichen Wasserbad laufen zu lassen: Dann können sie alle zumindest aufeinander kalibriert werden.

Folgende Grafik zeigt unsere Messergebnisse bei einer Langzeitmessung1) auf Oberflächen und innerhalb der Konstruktion bei einer wärmegedämmten Wand. Die Wand selbst ist im Querschnitt in der rechten unteren Ecke dargestellt: Die linke Seite ist außen, die Tragkonstruktion besteht aus einem 240 mm dicken Kalksandsteinmauerwerk (graublau), darauf ist außen eine 275 mm dicke Wärmedämmung aufgebracht, die verputzt ist.

Temperaturmessung in einer wärmegedämmten Außenwand. Die gemauerte Wand bleibt trotz niedriger Außentemperaturen im gesamten Querschnitt warm, weil die Wärmedämmung vor Auskühlung schützt. Die Grafik zeigt viele interessante Details, die im Text näher erläutert werden.

Temperatursensoren befinden sich:

  • Knapp unter der Innenoberfläche des Innenputzes (rotes Strichsymbol)
  • In der Mitte des Mauersteins (violettes Quadrat)
  • Zwischen der Dämmung und dem Mauerwerk (hellrotes Kreuz)
  • In der Dämmschicht (12 cm unter der Außenoberfläche, gelb gefüllte Raute)
  • Knapp unter der Außenoberfläche im Außenputz (blau ausgefülltes Quadrat)
  • Außenlufttemperatur (grüne Kurve)2)

Kann tatsächlich aus diesen Messergebnissen auf die Einsparung geschlossen werden?

Im gesamten Zeitraum ist es im Außenbereich deutlich kälter als im Raum: Die gemessenen Außentemperaturen schwanken zwischen -2,5 und 11,9 °C, der Mittelwert beträgt 5,6 °C.

Die Temperaturen im Raum stimmen mit denen der inneren Wandoberfläche weitgehend überein. Sie liegen zwischen 22,9 und 25,3 °C, der Mittelwert beträgt 24 °C.

Trotz der beachtlichen Temperaturdifferenz von im Durchschnitt 18,4 Grad zwischen innen und außen kühlt die Mauersteinwand im gesamten Querschnitt nicht merklich aus, sondern verbleibt ungefähr auf dem gleichen behaglichen inneren Temperaturniveau.

Die Auswertung kann an Hand der Grafik aber noch weiter geführt werden. Schauen wir auf die Temperaturen, die in der Mauersteinwand selbst gemessen wurden. Das sind drei Kurven, die in der Grafik ziemlich nahe beieinander liegen: In der inneren Putzschicht (ganz oben), in der Mitte der gemauerten Wand und auf der Außenseite der gemauerten Wand (zwischen Wärmedämmung und Wand):

Es fließt nicht viel Wärme ab

Die Tatsache, dass alle diese drei Temperaturen sehr eng nebeneinander liegen, zeigt, dass von der äußeren Mauerwerksoberfläche nicht viel Wärme abfließt: Wäre das der Fall, so müsste diese äußere Oberfläche deutlich kälter sein als die Mitte des Steins oder gar die Innenoberfläche. Stattdessen ist die Außenoberfläche des Steins aber kaum kälter als der Innenputz: Außen liegt der Mauerstein im Mittel bei 23,4 °C, der Innenputz hat im Mittel 24,1 °C.

Diese Beobachtung kann sogar für eine Abschätzung der Einsparung genutzt werden: Der mittlere Temperaturabfall in der Mauer inklusive Putz beträgt 0,63 Grad, der zwischen Mauerwerksaußenoberfläche und Außenputz 19,4 Grad3) . Die Wärmedämmwirkung der Dämmschicht ist daher um einen Faktor 19,4/0,63 ≈ 31 wirksamer als die der Mauersteinwand. OHNE die Dämmung wäre die Außenoberfläche(jetzt die Mauersteinwand) fast genauso kalt, der Wärmestrom dann aber etwa 31 mal so hoch.

Diese Abschätzmethode ist recht grob. Damit dabei etwas Sinnvolles dabei herauskommen kann, müssen Mittelwerte über möglichst viele ganze 24-h-Perioden verwendet werden und das in einem Zeitraum, in dem sich die Temperaturen auch nicht besonders stark ändern. Für unser Beispiel haben wir das für mehrere 100 Tage gemacht und erhalten dabei Faktoren von 24 bis 34. Durch eine Auswertung mit Hilfe numerischer Berechnungsprogramme für den instationären Wärmetransport lässt sich das Messergebnis noch genauer auswerten; das führt in diesem Fall auf eine Genauigkeit von besser als ±5%.

Auch ohne Verwendung der U-Wert-Formeln aus der Bauphysik können wir hier rein mit Hilfe der Messergebnisse erkennen: Diese Wärmedämmung reduziert die aus der Wand abfließende Wärmemenge um ein Vielfaches (ca. 30faches) als bei einer ungedämmten Mauersteinwand des ansonsten gleichen Aufbaus.

Hinweis: durch eine Kurzzeitmessung geht es leider nicht

Weil dieser Fehler leider oft gemacht wird, hier ein Hinweis: Nur mal eben z.B. mit einem Infrarot-Oberflächen-Thermometer die Oberflächentemperaturen messen - dabei kann ich ganz furchtbar falsche Ergebnisse bekommen. Das wird ebenfalls aus den aufgezeichneten Temperaturverläufen deutlich. Würde ich 'zufällig' am 12. Oktober gegen 13:00 gemessen haben, dann war zu diesem Zeitpunkt wegen des Sonnenscheins die Außenoberfläche 20 °C warm. Natürlich geht das auch mit in den Mittelwert ein. Aber: So ein Wert kann nicht allein für die Kontrolle herangezogen werden - denn, das ist natürlich im Winter eher ein seltener Ausnahmefall. Ebenso ungenau wäre das Ergebnis, wenn ich am 13. Oktober um 5:00 allein messen würde; zu diesem Zeitpunkt in die umgekehrte Richtung. Daher unser Rat, immer nur die Mittelwerte der Temperaturen über ein Vielfaches von 24 h heranziehen; das mittelt schon einmal den Tagesverlauf heraus. Aufzeichnende Temperatursonden erlauben es, solche Messungen über viele Tage und sogar Wochen selbständig laufen zu lassen - dann können sogar Monatsmittelwerte (aber bitte immer noch auf 24-h-Vielfaches achten) ausgewertet werden. Diese Auswertung kann dann sogar ziemlich genau werden.

Die Fehlinterpretationen kommen leider recht oft bei Thermographie-Aufnahmen vor; eben auch, weil diese eben grundsätzlich nur eine Momentaufnahme wiedergeben. Es kommt damit darauf an, wann, wie und mit welchen Einstellungen die Thermographie durchgeführt wird. Wir geben hier ein paar Hinweise.

Weil diese Messergebnisse noch viel mehr hergeben, als wir hier dargestellt haben, gibt es für Interessierte noch eine spezielle Seite zu „Mehr Details der Temperaturmessung im Wandquerschnitt“.

1)
in dem Fall mit hochgenauen Temperatursensoren
2)
Jeder Sensor (einzeln im Labor kalibrierte 100 Ω-Platin-Widerstände 'Pt100') misst die Temperatur mit einer Genauigkeit von etwa ±0,15 °C. Die Messwerte wurden über viele Jahre alle 30 Minuten von einem elektronischen Datenerfassungsgerät aufgezeichnet und sind in der obigen Grafik beispielhaft für einen Zeitraum von drei Tagen dargestellt.
3)
Dass die Temperatur der Außenoberfläche tatsächlich geringer ist als die der Außenluft, das überrascht zuerst einmal: Es ist aber leicht verständlich. Denn, in der kalten Jahreszeit strahlt eine außen liegende Oberfläche Wärmestrahlung in den Himmel ab. Das ist gerade der „eigentliche“ Wärmeverlust der Erde, nämlich die Abstrahlung der Wärme ins Weltall. Indirekt kühlt das dann die Umgebungsluft; es ist somit gar nicht verwunderlich, dass ohne direkte Sonnenbestrahlung Oberflächen im Freien meist kälter sind als die umgebende Luft.
baulich/waermschutz_nachrechnen.txt · Zuletzt geändert: 2024/03/15 12:47 von wfeist