Schnelllink zu konkreten Maßnahmen Im Gebäudebestand: Gebäudehülle
Bei energiesparenden Häusern wird die gesamte Gebäudehülle hervorragend wärmegedämmt - vergleichbar einer guten Bettdecke. Die Gebäudehülle besteht aus allen den Bauteilen, welche den Innenraum vom Außenraum trennen. Im Innenraum soll behagliches Klima herrschen - außen bestimmt das Wetter die Bedingungen. Das gilt sowohl für einen Neubau als auch für Modernisierungsmaßnahmen an Altbauten. Und es gilt für kaltes Wetter (Warmhalte-Aufgabe) ebenso wie für Hitzeperioden (Kühlhalte-Aufgabe).
Weil in Mitteleuropa die Wetterverhältnisse von Mitte Oktober bis Ende April meist kalt sind, ist die Temperatur innerhalb der Gebäudehülle dann meist höher als außen. Deshalb fließt über die Hülle Wärme ab1). Wird diese Verlustwärme nicht ersetzt, so wird es innen relativ schnell so kalt wie außen. Es ist daher sinnvoll, den Wärmeabfluss zu begrenzen - genau das ist die Aufgabe des Wärmeschutzes. Korrekt ausgeführter Wärmeschutz ist wirksam, die erreichten Einsparungen in wissenschaftlich begleiteten Projekten entsprechen recht genau den Erwartungen (z.B. aus einer Energiebilanzberechnung; [Bastian 2022]).
→ Bei allen Bauweisen ist ein guter Wärmeschutz möglich und auch bereits erfolgreich eingesetzt worden: Massivbau, Holzbau, Fertigbauteile, Schalungselementetechnik, Stahlbau und alle Formen von Mischbau.
→ Eine sehr gute Wärmedämmung ist auch bei bestehenden Gebäuden nachträglich möglich. Dazu wurde als abgestimmte Gesamtkonzeption "EnerPHit" entwickelt.
Aus den Erfahrungen bei energiesparenden Neubauten kann ein wichtiges Prinzip abgeleitet werden:
„Wenn schon, denn schon“ - beim Wärmeschutz nicht an der Dämmdicke sparen. Das wird bei Passivhäusern und bei EnerPHit ernst genommen - denn ein guter Wärmeschutz ist ein sehr wirtschaftlicher Weg, Energie einzusparen - und Dämmstoff kostet nicht viel.
Das wichtigste Prinzip für das energiesparende Bauen: eine ohne Unterbrechungen rund um das Gebäude gelegte wärmedämmende Hülle (gelb) verringert die Wärmeverluste wie ein warmer Mantel. Da die meisten Wärmedämmstoffe nicht luftdicht sind, muss es neben der dämmenden Hülle auch noch eine luftdichte Hülle (rote Linie) geben. Sehr wichtig ist die Vermeidung von Wärmebrücken, für die eine eigene Planungsmethode, das „wärmebrückenfreie Konstruieren“, entwickelt wurde. |
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Die Hülle eines Passivhauses oder eines EnerPHit-modernisierten Altbaus |
Tatsächlich ist die Wärmedämmung wichtig, und nicht die Wärmespeicherung, siehe Dämmen oder Speichern. Dass sich sehr gute Wärmedämmung regelmäßig gut bewährt hat, dazu erfahren Sie mehr auf der folgenden Seite: Wirksamkeit der Wärmedämmung.
Die Wärmeverluste durch Außenwände und Dächer sind in bestehenden Gebäuden für mehr als 70% der gesamten Wärmeverluste verantwortlich2). Daher ist die Verbesserung der Wärmedämmung die wichtigste Maßnahme zur Energieeinsparung. Sie führt zudem noch zu höherer Behaglichkeit und besserem Bautenschutz. Wie hoch die Verluste in Ihrem Gebäude sind, können Sie mit der interaktiven Gebäudeanalyse "ENBIL" bestimmen. Ein weiterer Vorteil: In Krisenzeiten, wenn es eng wird mit der Energieversorgung aus welchen Gründen auch immer, dann ist das besser geschützte Gebäude gleich doppelt im Vorteil: Erstens, weil es weniger Energie braucht und daher mögliche hohe Preise leichter zu bewältigen sind; noch wichtiger aber zweitens, weil selbst bei einem Komplettausfall der Heizung es bei weitem nicht so kalt wird und die Situation leichter ertragen werden kann.
Bessere Wärmedämmung wird heute durch Förderkredite der KfW-Förderbank großzügig gefördert; sie ist aber nicht nur deswegen wirtschaftlich, wie eine sorgfältige Analyse zeigt.
Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) sind das Maß für den Wärmeverlust von Außenwänden, Bodenplatten und Dachflächen für energieeffiziente Gebäude. Sie sollten heute im Bereich von 0,10 bis 0,15 W/(m²K) liegen (Klima in Mitteleuropa). Das sind inzwischen bei allen Bauweisen praktikabel erreichbare Werte und diese sind zugleich bei den heutigen und den künftigen Energiepreisen3) die wirtschaftlichsten Werte. Mit den heute am Bau eingesetzten Dämmstoffen „braucht man dafür“ zwischen 16 (WLF 028) und 27 cm (WLF 045) Dicke des Dämmmaterials.
Dadurch wird der Wärmeverlust im Winter vernachlässigbar gering. Zudem ist dann die Temperatur der Innenoberflächen nahezu gleich der Lufttemperatur, und zwar weitgehend unabhängig von der Art der Heizung. Das führt zu sehr guter Behaglichkeit und zur sicheren Vermeidung von luftfeuchtebedingten Bauschäden.
Auch im Sommer bildet eine gute Wärmedämmung einen Schutz gegen Hitze. Für die Behaglichkeit im Sommer sind zusätzlich ein guter Sonnenschutz bei den Fenstern und eine ausreichende Lüftung wichtig.
In Passivhäusern haben sich die gute Wärmedämmung und das luftdichte Bauen hervorragend bewährt. Ein weiteres Grundprinzip ist das "wärmebrückenfreie Konstruieren": Die Dämmung wird ohne Schwachstellen rund um das gesamte Gebäude gelegt. Dadurch verbleiben weder kalte Ecken noch überhöhte Wärmeverluste. Auch dies ist ein Beitrag zum hochwertigen, behaglichen und schadensfreien Bauen.
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Der Wärmeverlust durch ein Regelbauteil, also eine Außenwand, einen Fußboden, eine oberste Geschossdecke oder ein Dach, wird durch den Wärmedurchgangskoeffizienten oder U-Wert4) gekennzeichnet5). Dieser Wert gibt an, wieviel Wärme pro Zeiteinheit durch eine Flächeneinheit des Bauteils nach außen übertragen wird, wenn die Temperaturdifferenz gerade ein Grad (1 K, „Kelvin“) beträgt. Die Maßeinheit des U-Wertes ist daher „W/(m²K)“. Der U-Wert charakterisiert die Güte eines Bauteils bezüglich der Vermeidung von Wärmeverlusten: Niedrige U-Wert sind gut6), hohe U-Werte schlecht7).
Soll der Wärmeverlust durch eine Wand berechnet werden, so wird der U-Wert mit der Fläche und mit der Temperaturdifferenz multipliziert8). Bei strengen winterlichen Temperaturverhältnissen liegen in Mitteleuropa außen -12°C und innen 21°C vor.
Will man den Jahresheizwärmeverlust berechnen, so muss man den U-Wert mal mittlerer Temperaturdifferenz in der Heizzeit mal Dauer der Heizzeit nehmen oder einfacher U-Wert mal Heizgradstunden - das sind 78000 Gradstunden für ein mittleres mitteleuropäisches Klima.
Am Beispiel eines kleinen Einfamilienhaus mit einer Außenwandoberfläche von 100 m² werden folgende Werte für unterschiedliche U-Werte berechnet:
U-Wert W/m²K | Wärmeverlustleistung W | Jahresheizwärmeverlust kWh/a | Jahreskosten 9) nur Außenwand €/a |
---|---|---|---|
1,00 | 3300 | 7800 | 515,- |
0,80 | 2640 | 6200 | 409,- |
0,60 | 1980 | 4700 | 310,- |
0,40 | 1320 | 3100 | 205,- |
0,20 | 660 | 1600 | 106,- |
0,15 | 495 | 1200 | 79,- |
0,10 | 330 | 800 | 53,- |
Der Wärmeverlust ist ein entscheidender Teil der Energiebilanz eines Gebäudes. Jeder Wärmeverlust muss durch einen entsprechenden Wärmegewinn ausgeglichen werden - sonst würde die Temperatur im Haus sinken.
Ein typisches kostengünstiges Heizsystem (Kompaktsystem oder auch eine „Raumklimagerät“-Split-Unit) kann problemlos gut 1000 W Heizleistung bereitstellen (Das ist die typische Leistung eines Haartrockners). Wenn nicht allein die Außenwand bereits erhebliche Anteile dieser Leistung aufzehren soll, so muss der U-Wert der Wand wirklich gering sein: der Bereich von 0,10 bis 0,15 W/(m²K) ist im Allgemeinen angemessen und empfehlenswert10).
Was bedeutet das für die wärmedämmende Gebäudehülle?
Derart niedrige U-Werte können nur mit wirklich gut wärmedämmenden Materialien hergestellt werden. Übrigens: Hier gibt es mehr Informationen zum Thema Wärmedämmstoff. Die Materialeigenschaft, die darüber Auskunft gibt, ist die Wärmeleitfähigkeit11). Die folgende Tabelle zeigt, wie dick ein Außenbauteil sein muss, das allein aus dem aufgeführten Material besteht, um einen typischen Passivhaus-U-Wert von 0,13 W/(m²K) zu erreichen:
Material | Wärmeleitfähigkeit W/(mK) | erforderliche Schichtdicke für U = 0,13 W/(m²K) m |
---|---|---|
Stahlbeton | 2,3 | 17,30 |
Vollziegel | 0,80 | 6,02 |
Hochlochziegel | 0,40 | 3,01 |
Nadelholz | 0,13 | 0,98 |
Porenziegel, Porenbeton | 0,11 | 0,83 |
Bestwerte Porenziegel/beton | 0,08 | 0,60 |
Stroh | 0,055 | 0,41 |
frühere Dämmstoffe | 0,040 | 0,30 |
typischer Dämmstoff | 0,032 | 0,24 |
hochwertiger konventioneller Dämmstoff | 0,025 | 0,19 |
Nanoporöse Superdämmstoffe Normaldruck | 0,015 | 0,11 |
Vakuumdämmstoff (Kieselsäure) | 0,008 | 0,06 |
Vakuumdämmstoff (Hochvakuum) | 0,002 | 0,015 |
Die Tabelle zeigt anschaulich:
→ Bereits mit einer Strohballenwand üblicher Dicke (40 cm und mehr) ist die Eignung für das Passivhaus oder eine EnerPHit-Sanierung gegeben.
→ Mit typischen konventionellen Dämmstoffen (Mineralwolle, EPS, Zellulose) liegt die empfohlenen Dicke heute um 24 cm.
→ Mit marktüblichen Polyurethanschaumdämmstoffen kann die Dämmdicke sogar auf ca. 20 cm reduziert werden.
→ Auch Vakuumdämmstoffe können in Deutschland bereits im Bauwesen eingesetzt werden.
Mit ihnen ergeben sich richtig schlanke hochgedämmte Bauteile.
→ Ein ebenfalls bereits erfolgreich umgesetzter etwas anderer Ansatz besteht in „semitransluzenten Hüllflächen“. Dabei wird die Globalstrahlung ein Stück weit gezielt in die gedämmte Konstruktion hineingeleitet, um so die Temperaturdifferenz zu verringern und einen niedrigen äquivalenten U-Wert zu erreichen.
Ende des zum Bauphysik-Kurs beitragenden Abschnitts; Zurück zum Grundkurs Bauphysik Wärme - Übersicht 🌡️
Eine weit verbreitete Ansicht ist, so dicke Dämmungen, wie sie für Passivhäuser gebraucht werden, würden sich nicht lohnen. Lassen Sie uns nachrechen!
Dazu bitte noch einmal einen Blick auf die Tabelle ganz oben werfen. Dort sind nämlich in der vierten Spalte auch die gesamten, über das Jahr auftretenden Kosten zur Deckung der Wärmeverluste über die Außenwand angegeben.
Geheizt wird mit Erdgas, Heizöl, Fernwärme oder Strom - günstiger als für 6,6 €Cent je kWh12) jedenfalls wird Heizwärme derzeit und in der Zukunft kaum zu bekommen sein, 2006 bis 2022 waren die Energiepreise vielmehr generell höher, oft sogar sehr viel höher. Damit errechnen sich Jahresheizkosten allein zum Ausgleich der Wärmeverluste durch die Außenwand (100 m²) mindestens in der Höhe, wie sie in der letzten Spalte angegeben sind. Hier noch einmal ein Ausschnitt der Tabelle:
U-Wert W/(m²K) | Wärmeverlustleistung W | Jahresheizwärmeverlust kWh/a | Jahreskosten nur Außenwand €/a |
---|---|---|---|
1,250 | 4125 | 9750 | 644,- |
0,125 | 412 | 975 | 64,- |
In der ersten Zeile stehen jetzt die Werte für eine typische Altbauwand, und zwar eine noch gar nicht einmal so schlecht gedämmte. Etwa 644 € müssen die Bewohner jährlich allein dafür ausgeben, den Wärmeverlust durch 100 m² dieser Wand auszugleichen. Mit einer nachträglichen Wärmedämmung auf Passivhausniveau sinkt der Wärmeverlust um einen Faktor 10; die Jahreskosten für den Energieverlust der Außenwand sinken auf unter 64 €/a. Das bedeutet:
580 €/a Heizkosteneinsparung |
Was muss dafür getan werden, diese Einsparung zu erreichen?
Unser Vorschlag:
Sie meinen, das sei ja nur ein Nullsummenspiel? Das ganze eingesparte Geld stattdessen für Handwerksleistungen ausgegeben? Nicht ganz, denn
Die Erfahrung beim Bau von Passivhäusern hat gezeigt, dass die Dämmdicken, die sich bei konventionellen Dämmstoffen ergeben, meist ohne weiteres realisiert werden können:
Durch den geringen Wärmeverlust ergeben sich automatisch hohe Innenoberflächentemperaturen im Winter – auch ohne Bauteilheizflächen. Dadurch ist die Differenz zwischen den Strahlungstemperaturen aus verschiedenen Richtungen im Raum gering, eine gute Voraussetzung für eine ausgezeichnete Behaglichkeit. Die hohen Innenoberflächentemperaturen führen zudem zu einer Verringerung der Feuchtigkeit an der Bauteiloberfläche. Im Passivhaus oder bei EnerPHit können bei wohnraumüblicher Nutzung luftfeuchtebedingte Feuchteschäden an Außenbauteilen praktisch ausgeschlossen werden. Das hat sich in der Praxis bestätigt.
Im Sommer liegt die innere Oberflächentemperatur ebenfalls nahe an der Raumlufttemperatur, d.h. sie ist geringer als bei schlecht gedämmten Bauteilen. Bei letzteren wird Wärme in größerem Maß von außen nach innen transportiert. Für das zeitveränderliche Verhalten des Außenbauteils haben hochgedämmte Konstruktionen auch bei nur geringen Massen (z.B. einer doppelten Gipswerkstoffplatte) eine hohe Temperaturamplitudendämpfung. Diese ist so groß, dass allein dadurch ein optimales Sommerverhalten des Bauteils erreicht wird. Wichtiger ist jedoch die lange Gebäudezeitkonstante, die durch die gute Dämmung entsteht und die eine thermisch gut zugängliche innere Gebäudemasse erst richtig nutzbar macht. Dadurch kann ein Passivhaus oder EnerPHit-Gebäude in Mitteleuropa durch Nachtlüftung gut gekühlt werden und die Kälte tagsüber gut halten – vorausgesetzt, die solare Last ist auf ein vernünftiges Maß begrenzt. Der Sommerfall sollte genauso geplant werden wie die Wintersituation: Dazu ist das Passivhaus Projektierungs-Paket ein ausgezeichnetes Instrument. Wird der Klimawandel uns künftig noch mehr Tropennächte auch in Mitteleuropa bringen, so kann die evtl. erforderliche Kühlleistung deutlich kleiner ausfallen als in einem schlecht gedämmten Gebäude.
Gut gedämmte Bauteile verzeihen in einem gewissen Ausmaß noch vorkommende Wärmebrücken eher als mäßig gedämmte - gerade für Altbau-Sanierungen ist das wichtig. Dies widerspricht der landläufigen Auffassung, ist aber immer wieder bestätigt worden und kann leicht verstanden werden: Weil die tragende Konstruktion und die innere Bauteilschicht hinter einer guten Dämmung liegen, sind diese in den ungestörten Bereichen durch und durch warm. Wärmebrücken bis zu einem gewissen Ausmaß können dem nicht schaden. Im anderen Fall: ist ein großer Teil der Konstruktion ohnehin schon kalt, wird mit zusätzlichen Wärmebrücken die Taupunkttemperatur schnell unterschritten. Selbstverständlich führen Wärmebrücken auch im energiesparenden Gebäude zu zusätzlichen Wärmeverlusten. Daher empfehlen wir, trotz der höheren Fehlertoleranz, ein bewusst wärmebrückenfreies Konstruieren.
[Bastian 2022] Zeno Bastian, Jürgen Schnieders, William Conner, Berthold Kaufmann, Laszlo Lepp, Zack Norwood, Andrew Simmonds, Ingo Theoboldt: Retrofit with Passive House components; Energy Efficiency 1/2022 (online: Experience Retrofit)