Was sagt das Gebäude-Zertifikat?
Bei der Planung eines Neubaus oder einer Sanierung kann der künftig zu erwartende Energieverbrauch prognostiziert werden: Dies erfolgt rechnerisch nach den Regeln der Bauphysik, bewährt hat sich dafür das Tool "PHPP".
Die berechneten späteren Werte („Bedarf“) für die Heizwärme, Kühlung und die Primärenergie werden im Zertifikat ausgewiesen. Dabei werden sie auf die beheizte/gekühlte Wohn- bzw. Nutzfläche bezogen. Der spätere Verbrauch hängt tatsächlich vor allem von der baulichen Qualität der Gebäudehülle ab, und genau die ist es, die zusammen mit den Eigenschaften der Gebäudetechnik zertifiziert wird. Bei nur mäßiger Qualität der Hülle würde der Verbrauch leicht das Vier- bis Fünffache gegenüber dem eines funktionierenden Passivhauses betragen. Aber es gibt tatsächlich noch zwei weitere Einflüsse auf den Verbrauch:
- Die Handhabung durch den Nutzer (insbesondere die Warmwasserzapfungen und die eingestellten Temperaturen in den Räumen)
- Das Wetter
Diese beiden Einflüsse können jeweils bis zu +100% (aber auch -70%) betragen. Beide Einflüsse lassen sich weder langfristig vorhersagen noch bedeutend beeinflussen. Erst im Nachhinein können diese Einflüsse gemessen werden. Wie ist dennoch eine Planung und Projektierung möglich? Diese erfolgen dadurch, dass mittlere Werte für diese beiden Einflüsse eingesetzt werden (z.B. der Klimadatensatz des Standortes sowie 25 Liter Warmwasser je Person und Tag und 20°C mittlere Raumtemperatur im Winter). Die tatsächlichen Werte während der späteren Nutzung können von den Mittelwerten abweichen - und daher wird dann auch der Verbrauch einen anderen Wert haben als der zunächst berechnete Bedarf. Das ist ähnlich wie beim Kilometerverbrauch von Fahrzeugen - auch dort liegen Annahmen zum Fahrverhalten zu Grunde. Einen Unterschied gibt es freilich doch: Die im PHPP verwendeten Annahmen zu den Mittelwerten sind möglichst realistisch gewählt; sie kennzeichnen in etwa ein durchschnittliches Nutzerverhalten. Dementsprechend zeigen auch die Messprojekte von Passivhaussiedlungen, dass die Mittelwerte des gemessenen Verbrauchs ziemlich gut mit den ursprünglichen Bedarfswerten nach PHPP übereinstimmen. Das gilt aber nicht für die Einzelverbrauchswerte einzelner Wohnungen (oder Einfamilienhäuser); dafür sind die individuellen Nutzreinflüsse zu groß. Vor diesem Hintergrund ist es weder für Bauherren noch für Planer sinnvoll, sich „Verbrauchswerte“ garantieren zu lassen (ja, eine solche Garantie ist geradezu unmöglich). Die beste „Garantie“ für Planer, Bauherr und Bauunternehmen ist eine Zertifizierung als qualitätsgeprüftes Passivhaus - denn dabei profitieren alle auch noch von dem Know-how, das bereits gesammelt wurde.