Inhaltsverzeichnis
Classic, Plus, Premium: Die neuen Passivhaus-Klassen und wie sie erreicht werden können
Wer ein Passivhaus gebaut hat, oder in einem lebt, der hat für diesen Bereich die Energiewende bereits vollzogen, denn der geringe Energiebedarf von Passivhäusern kann nachhaltig aus regionalen Energiequellen gedeckt werden. Die Versorgungsstruktur entwickelt sich von fossilen Energieträgern hin zu Erneuerbaren erfreulich rasch. Die alten Bewertungssysteme für den Energiebedarf von Gebäuden sind auf das alte Versorgungssystem ausgelegt und funktionieren in der neuen Struktur nicht mehr. Darum wurde am Passivhaus Institut mit dem System der „Erneuerbaren Primärenergie“ (PER / Primary Energy Renewable) ein neues, zukunftsfähiges Bewertungssystem entwickelt, das auch eine korrekte und faire Bewertung der Energieerzeugung am Gebäude leistet. Auf diesem Bewertungssystem aufbauend, gibt es künftig drei Passivhaus-Klassen:
- Das Passivhaus Classic, das dem bisherigen Passivhaus entspricht.
- Das Passivhaus Plus, das beispielsweise über Photovoltaik zusätzlich Energie erzeugt. Bezogen auf ein Einfamilienhaus hat es etwa eine „ausgeglichene“ Energiebilanz: In der - freilich irreführenden - „bilanziellen Betrachtung“ über das ganze Jahr, ist die Summe der erzeugten Energie etwa gleich der Summe der benötigten Energie.
- In einem Passivhaus Premium wird deutlich mehr Energie erzeugt, als benötigt wird. Es ist damit ein „Bonbon“ für besonders Ambitionierte - für Bauherren und Planer, die mehr tun möchten, als das, was ökonomische und ökologische Erwägungen ohnehin nahelegen. Das Passivhaus Institut setzt darauf, die Attraktivität des Passivhaus-Standards für diese Avantgarde weiter zu steigern.
In diesem Beitrag wird die Bedeutung der Passivhaus-Klassen anhand konkreter Beispielprojekte erläutert. Zugleich werden die Möglichkeiten, die jeweils bessere Klassifizierung zu erreichen, dargestellt.
Die neuen Klassen: Fast alles bleibt beim Alten (?)!
15 kWh/(m²a), das ist wohl die Zahl, die die meisten zuerst mit dem Passivhaus verbinden. Sie beschreibt den Jahresheizwärmebedarf, den ein Passivhaus nicht überschreiten darf. Auch im neuen Bewertungssystem bleibt dieser Kennwert für alle Klassen erhalten, weil er sinnvollerweise die Nutzenergie begrenzt, also die Energie, die dem Raum für Heizzwecke zur Verfügung gestellt wird. Gleiches gilt für den Nutzenergiebedarf für Kühlung, die Luftdichtheit, sowie die Behaglichkeits- und Hygienekriterien.
Der Heizenergie-Kennwert kann allerdings nicht alleine stehen, denn in einem Passivhaus ist der Jahresheizwärmebedarf so gering, dass er etwa auf einer Ebene mit dem Warmwasserbedarf steht. Der Bedarf an Haushaltsstrom ist meist noch deutlich höher. Darum ist es notwendig, auch den Gesamtenergiebedarf des Gebäudes inklusive des Energieaufwandes zur Bereitstellung der an das Gebäude gelieferten Endenergie zu bewerten. Genau an dieser Stelle setzten die neuen Passivhaus-Klassen an und teilen die Gebäude anhand ihres Bedarfs an erneuerbarer Primärenergie und ihrer Erzeugung von erneuerbarem Primärstrom in Klassen ein (siehe Abbildung).
Erzeugung und Bedarf bleiben getrennt
Strom, der beispielsweise durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Hauses erzeugt wird, ist Primärstrom mit einem PER-Faktor von 1,0. Er wird in das Stromnetz eingespeist und nicht mit dem Energiebedarf des Gebäudes verrechnet. Die Bedarfsrechnung geschieht über das PER-Modell. Eine direkte Anrechnung von beispielsweise im Sommer erzeugtem Photovoltaikstrom auf die im Winter benötigte Heizenergie ist nicht korrekt, da die im Sommer erzeugte Energie nur mit zusätzlichen Verlusten über eine Langzeitspeicherung in den Winter transportiert werden kann. Eine Planung von Gebäuden führt zu Fehloptimierungen, wenn dies nicht berücksichtigt wird. Das neue System der erneuerbaren Primärenergie hingegen liefert die Möglichkeit zur Optimierung eines zukunftsfähigen Gebäudes gleich mit.
Erzeugung mit Bezug auf die überbaute Fläche
Oft werden Energiebedarf und Energieerzeugung auf die Nutz- oder Wohnfläche (EBF) eines Gebäudes bezogen. Dabei tritt der folgende Effekt auf: Ein Gebäude kann auf seinem Dach mit einer Photovoltaikanlage eine bestimmte Menge an Energie erzeugen. Je mehr Geschosse (und damit je mehr Wohnfläche) dieses Gebäude aufweist, umso geringer wird die Energieerzeugung pro Quadratmeter Wohn- oder Nutzfläche. Dadurch würden eingeschossige Bungalows gegenüber Reihenhäusern oder Mehrfamilienhäusern vorgezogen. Obwohl Bungalows einen viel höheren Flächen- und Naturverbrauch aufweisen.
Auch diese Bewertung kann zu Fehloptimierungen führen. Darum wird die Energieerzeugung im neuen Konzept auf die Grundfläche des Gebäudes bezogen. Bungalows und Mehrfamilienhäuser werden so hinsichtlich der Energieerzeugung gleich bewertet. Dies ist der zutreffende Bewertungsansatz: Jedes Gebäude nimmt eine Fläche in Anspruch, die damit für andere Nutzungen nicht mehr verfügbar ist. Wird auf dieser Fläche Strom erzeugt, entsteht ein Zusatznutzen. Eine Bewertung des Zusatznutzens anhand eben dieser Fläche wird dem gerecht. Schließlich scheint die Sonne auf das Dach und nicht auf die in Etagen gestapelte Nutzfläche.
Biomasse-Budget: Effizient nutzen!
Biomasse steht national und auch weltweit nur in einem begrenzten Umfang zur Verfügung. Es gibt für sie eine klare Nutzungshierarchie: 1. Nahrungsmittelproduktion, 2. Stoffliche Nutzung, 3. Energetische Nutzung (vgl. auch [Krick 2012]). Da Biomasse ein speicherbarer Energieträger mit hoher Energiedichte ist, wird sie künftig überwiegend in mobilen Anwendungen (Verkehr) benötigt. Für die Nutzung im Gebäudebereich bleibt allenfalls ein Restbetrag. Im PHPP 9 wird dieser Restbetrag mit 20 kWh/(m²a) „Erneuerbare Primärenergie“ angesetzt. Dabei wird der Biomasse generell ein PER-Faktor von 1,10 zugeordnet. Da Biomasse über den „Umweg“ der Verstromung - BtL (Biomass to Liquid) oder BtG (Biomass to Gas) - prinzipiell von jedem Versorgungssystem genutzt werden kann, wird sie auch allen Versorgungsvarianten gutgeschrieben.
Da Biomasse speicherbar, und daher prädestiniert für die Nutzung im Winter ist, wird das Budget in folgender Reihenfolge angesetzt: Heizung, Warmwasser im Winter, Haushaltsstrom. Wird beispielsweise ein Gebäude mit einem Gas-Brennwertkessel geheizt (PER EE-Gas: 1,75), so wird für die ersten 20 kWh/(m²a) PER-Bedarf der PER-Faktor 1,10 von Biomasse angesetzt, erst anschließend der PER-Faktor 1,75 von erneuerbarem Synthesegas. Sollte der PER-Bedarf für die Heizung geringer sein als 20 kWh/(m²a), wird der Rest des Budgets auf die Warmwasserversorgung angerechnet, anschließend auf den Haushaltsstrombedarf. Wird Biomasse als Energieträger genutzt, ist dieser auch nur bis zur Budgetgrenze anrechenbar. Darüber hinaus wird der PER-Faktor von Strom zu Heizzwecken angesetzt, da der Mehrverbrauch von Biomasse auf Kosten anderer Nutzer geht.
Es ist übrigens effizienter, Biomasse zunächst zu verstromen und erst dann über eine Wärmepumpe zum Heizen zu verwenden: Wird ein Teil Biomasse im heimischen Ofen verbrannt, können ca. 80 % der Primärenergie in nutzbare Wärme umgewandelt werden. Wird die Biomasse in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (KWK) verbrannt, entstehen ca. 50 % Strom, 30 % nutzbare Wärme und es bleiben zunächst 20 % Verluste. Durch eine Wärmepumpe lassen sich aber aus einem Teil Strom etwa drei Teile Wärme erzeugen. Aus dem 50 % Stromanteil entstehen so 150 % Wärme, plus 30 % nutzbare Wärme aus der KWK-Anlage. So stehen 180 % nutzbarer Wärme bei der Biomassenutzung über den Umweg Strom 80 % nutzbarer Wärme bei einer direkten Verbrennung gegenüber. Dennoch kann auch künftig ein Passivhaus weiter mit einer Biomasseheizung betrieben werden – der gesamte PER-Bedarf wird für eine solche Lösung allerdings vergleichsweise hoch sein.
Was bedeuten die neuen Passivhaus-Klassen konkret?
Anhand von einigen beispielhaften Gebäuden wird in diesem Kapitel erläutert, was die neuen Klassen für die Praxis bedeuten und auf welche Weise sie erreicht werden können.
Passivhaus-Einfamilienhaus in Gerstetten, Architekt: Werner Friedl
Im Ausgangsfall wird das Einfamilienhaus mit Büroraum durch einem Holzpellettkessel beheizt. Auf dem Dach ist eine Photovoltaik(PV)-Anlage mit 74 m² installiert (Variante 1). Schon in diesem Ausgangsfall ist das Gebäude mit einem Jahresheizwärmebedarf von 11 kWh/(m²EBF*a) sehr energieeffizient und sorgfältig ausgeführt, was sich z.B. in einem Luftdichtheitswert von 0,14 h-1 niederschlägt. Mit einem PER-Bedarf von 60 kWh/(m²EBF*a) erreicht es gerade die Kriterien des Passivhaus Classic, die PER-Erzeugung liegt mit 53 kWh/(m²Grund*a) unter dem Schwellenwert für das Passivhaus Plus (60 kWh/(m²Grund*a)).
Wird eine kleine thermische Solaranlage zur Warmwasserbereitung mit 6 m² Kollektorfläche hinzugefügt, verringert sich der PER-Bedarf auf 47 kWh/(m²EBF*a), die Energieerzeugung steigt auf 65 kWh/(m²Grund*a) (1a). Erzeugungsseitig wird somit das Passivhaus Plus erreicht, bedarfsseitig fehlt nicht mehr viel. Bereits in dieser Variante erzeugt das Gebäude auf Endenergieebene einen leichten Energieüberschuss. Aus der Verdreifachung der Kollektorfläche auf 18 m² resultiert zwar ein PER-Bedarf von 43 kWh/(m²EBF*a), mit dem das Passivhaus Plus erreicht wird. Jedoch ist die Auswirkung gering (zumal unter Betracht der hohen Kosten für die Verdreifachung der Kollektorfläche), da die insbesondere im Sommer zusätzlich erzeugte Energie gar nicht vollständig genutzt werden kann, weil der (nun 2000 l fassende) Warmwasserspeicher bereits vollständig geladen ist (1b).
Mit thermischer Solaranlage und Duschwasser-Wärmerückgewinnung zum Passivhaus Plus
Zielführend ist eine Variante 1c mit 6 m² Kollektorfläche und zusätzlicher Duschwasser-Wärmerückgewinnung, verbunden mit einer Verbesserung des Warmwasserverteilsystems. In dieser Variante wird mit einem PER-Bedarf von 43 kWh/(m²EBF*a) und einer Erzeugung von 61 kWh/(m²Grund*a) das Passivhaus Plus erreicht. Gegenüber der ursprünglichen Variante mit thermischer Solaranlage (1a) fällt auf, dass die Energieerzeugung, trotz gleicher Kollektorfläche, geringer ist. Dies kann leicht auf den deutlich geringeren Trinkwarmwasserbedarf zurückgeführt werden. Weniger Energie wird benötigt, darum kann die Solaranlage nur weniger Energie ersetzen. In dieser Variante ist auch die Bilanz der erneuerbaren Primärenergie ausgeglichen. Da das Passivhaus in Gerstetten aufgrund seiner hohen Effizienz nur wenig Energie über das Biomassebudget hinaus benötigt, wirkt sich der Wechsel vom Pelletofen auf einen Gas-Brennwertkessel kaum aus (Variante 2).
Einfach zum Passivhaus Plus mit Wärmepumpe
Wird hingegen eine Wärmepumpe eingesetzt, verändert sich die Bewertung deutlich: In Variante 3 mit Luft-Luft-Wärmepumpe sinkt der PER-Bedarf bereits auf 40 kWh/(m²EBF*a). Bedarfsseitig wird ein Passivhaus Plus erreicht, die PER-Bilanz ist bereits jetzt ausgeglichen. Der Umstieg auf eine Sole-Wasser-Wärmepumpe (3a) reduziert den Bedarf weiter auf 34 kWh/(m²a), mit 85 m² Photovoltaik werden das Passivhaus Plus und ein deutlicher PER-Überschuss erreicht.
Passivhaus Premium: mit Verbesserungen an der Gebäudehülle und zusätzlicher Energieerzeugung
Zum Passivhaus Premium fehlt jedoch noch ein Stück: Die Optimierung der Anlagentechnik allein reicht nicht aus, Veränderungen an der baulichen Hülle werden erforderlich. Statt der eingesetzten Fensterrahmen der Effizienzklasse phB werden dazu Passivhaus-Fenster der Klasse phA verwendet, diese senken den Jahresheizwärmebedarf auf nur 8 kWh/(m²EBF*a). Zusammen mit der Duschwasser-Wärmerückgewinnung und der Optimierung der Warmwasserverteilung wie in Variante 1c und mit vollflächiger Belegung des Daches mit 123 m² Photovoltaik erreicht Variante 3b bedarfsseitig mit 30 kWh/(m²EBF*a) das Passivhaus Premium, die Erzeugung ist mit 88 kWh/(m²Grund*a) jedoch noch zu niedrig, obwohl nun etwa die doppelte Menge der benötigten Energie erzeugt wird. Weitere Maßnahmen wären die Belegung des Garagendaches oder der Südfassade mit PV, oder beispielsweise die Investition in ein Bürgerwindrad. Ein Anteil von 3 kW installierter Leistung, das entspricht etwa einem Fünfhundertstel einer modernen, im Binnenland installierten Windanlage, würde ausreichen, um das Passivhaus Premium zu erreichen – und fast die dreifache Menge der benötigten Energie zu erzeugen.
Kindertagesstätte Traunstein, Architekturwerkstatt Valentin
Im Ausgangsfall (Variante 1) ist die Kindertagesstätte mit einem Gas-Brennwertkessel beheizt, der auch die Trinkwassererwärmung übernimmt. Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie sind nicht vorhanden. Das Gebäude hat einen Jahresheizwärmebedarf von 15 kWh/(m²a). Der Bedarf an erneuerbarer Primärenergie beträgt 84 kWh/(m²a). Damit würde es den Grenzwert der erneuerbaren Primärenergie von 60 kWh/(m²a) verfehlen.
Zentrale Trinkwassererwärmungssysteme bei geringem Warmwasserbedarf nicht sinnvoll
Der Grund liegt im hohen Energiebedarf für das Warmwasser. Der Bedarf in einer Kita ist verhältnismäßig gering, das Verteilnetz inklusive Zirkulationsleitungen aber lang. Die Wärmeverluste sind entsprechend hoch: Einem Nutzenergiebedarf Warmwasser von 8,4 kWh/(m²a) stehen 12,1 kWh/(m²a) Verluste gegenüber. Ein Systemwechsel ist geraten. Die Wahl fällt hier auf elektronisch regelbare Durchlauferhitzer. Damit wird nicht nur die Effizienz des Warmwassersystems verbessert, denn zudem liegt der PER-Faktor Strom Warmwasser unter dem des EE-Methans. Außerdem verringern die Durchlauferhitzer die Legionellen-Problematik und auch die Investitionskosten dürften spürbar sinken. Zudem wird Hilfsenergie für die Zirkulations- und Speicherladepumpen eingespart. Durch den Wechsel sinkt der PER-Bedarf auf 59,5 kWh/(m²a), das Gebäude ist als Passivhaus Classic zertifizierbar (Variante 1a).
Mit Wärmepumpe, PV und Elektroeffizienz wird das Passivhaus Plus erreicht
Die Umstellung des Heizsystems auf eine Wärmepumpe (Variante 2) reduziert den Endenergiebedarf für die Heizung auf 5 kWh/(m²a). Damit sinkt der PER-Bedarf auf 47 kWh/(m²a), das Passivhaus Plus ist bedarfsseitig fast erreicht. Aufgrund der hohen Leitungsverluste ist es nicht zielführend, das Warmwassersystem auf eine Wärmepumpe umzustellen, die dezentralen Durchlauferhitzer bleiben hier die beste Wahl. Im Vergleich zu Wohngebäuden haben Kindertagesstätten einen hohen Bedarf an Beleuchtungsenergie. Durch eine Verbesserung der Effizienz der verwendeten Leuchtmittel können weitere 3 kWh/(m²a) PER eingespart werden, bedarfsseitig wird so das Passivhaus Plus erreicht (Variante 2a). Eine 79 m² große Photovoltaikanlage, entsprechend 31 % der Dachfläche, macht das Gebäude auch erzeugungsseitig fit für das Passivhaus Plus (Variante 2a).
Mit Spararmaturen, hoher Elektroeffizienz und besseren Fenstern zum Passivhaus Premium
Um die für das Passivhaus Premium erzeugungsseitig benötigten 120 kWh/(m²a) erneuerbarer Primärenergie zu erreichen, werden 157 m² PV-Anlage, entsprechend 63 % der Dachfläche installiert. Die Reduktion des Energiebedarfes auf 30 kWh/(m²a) erneuerbare Primärenergie fällt schwerer. Bei dem gewählten Heizsystem schlägt sich jede Kilowattstunde eingesparter Heizenergie nur in durch die Wärmepumpenarbeitszahl reduzierter Größe nieder. Der erste Ansatz gilt daher wieder der Beleuchtung. Das komplette Gebäude wird auf LED-Beleuchtung höchster Effizienz umgestellt und die Elektroeffizienz im Allgemeinen stark erhöht. Mangels Anwendung bringt hier eine Duschwasser-Wärmerückgewinnung keinen Effizienzgewinn. Wohl aber die Verwendung von Spararmaturen. So lässt sich gut eine Kilowattstunde PER einsparen. Zusammen mit Fenstern der Effizienzklasse phA wird das Ziel Passivhaus Premium erreicht.
Bürogebäude für den Abwasser-Zweckverband Erdinger Moos, Architekturwerkstatt Vallentin
In unmittelbarer räumlicher Nähe des Gebäudes wird in einem Blockheizkraftwerk aus Klärgas Strom und Wärme erzeugt. Die Wärme dient über Nahwärme als Energiequelle für Heizung und Warmwasser. Es wird hier von einem KWK-Anteil an der Wärme von 94 % ausgegangen, das Leitungsnetz ist sehr kurz, die Verluste gering. Klärgas ist im PER-System eine Biomasse und wird daher mit einem PER-Faktor von 1,1 bewertet. Allerdings nur bis zur Grenze des Biomassebudgets von 20 kWh/(m²a) PER. Bis zum Erreichen dieser Grenze ergibt sich hier ein PER-Faktor von 0,53, der aus einem Wirkungsgrad des Fernwärmenetzes von 85%, einem KWK-Anteil von 94% und einem Wirkungsgrad der KWK-Anlage von 46% strom- und 44% wärmeseitig resultiert. Anschließend wird EE-Gas mit einem PER von 1,75 als Energiequelle angesetzt, der Faktor verschlechtert sich auf 0,93. Damit ergibt sich trotz eines verhältnismäßig ineffizienten Warmwasserverteilsystem bereits im Ausgangsfall ein bedarfsseitiger PER-Kennwert von 44,3 kWh/(m²a). Mit einer PV-Fläche von 247 m², entsprechend 35 % der Dachfläche, ist das Passivhaus Plus erreicht.
Mit Elektro- und Warmwassereffizienz zum Passivhaus Premium
Wird die PV-Fläche auf 495 m², entsprechend 70 % der Dachfläche erhöht, wird erzeugungsseitig das Passivhaus Premium erreicht. Bedarfsseitig wird zunächst der Posten mit dem höchsten PER-Faktor optimiert. In diesem Fall ist das der Strom für Beleuchtung, Office und Hilfsaggregate. Auch hier kommen wieder höchst effiziente LED-Beleuchtung und Office-Anwendungen zum Einsatz. Der PER-Bedarf reduziert sich auf 33,4 kWh/(m²a). Mit einer bedarfsgeregelten Steuerung der Warmwasserzirkulationsleitung und der Verwendung von Spararmaturen lassen sich die verbleibenden 3 kWh/(m²a) einsparen und das Passivhaus Premium wird bedarfsseitig erreicht. Die Erzeugung erneuerbarer Primärenergie ist im absoluten Bezug sogar mehr als doppelt so hoch wie der Bedarf.
Quellenverzeichnis
[Feist 2014] Feist, Wolfgang: Passive House – the next decade. In: Feist, Wolfgang (Hrsg.): Tagungsband zur 18. Internationalen Passivhaustagung 2014 in Aachen. Passivhaus Institut, Darmstadt 2014
[Krick 2012] Krick, Benjamin: Zukünftige Bewertung des Energiebedarfes von den Passivhäusern. In: Feist (Hrsg.): Protokollband des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Nr. 46: Nachhaltige Energieversorgung mit Passivhäusern. Passivhaus Institut, Darmstadt 2012
[Ochs 2013] Ochs, Dermentzis, Feist: Energetic and Economic Optimization of the Renewable Energy Yield of Multi-Storey Passive Houses. In Feist, Wolfgang (Hrsg.): Tagungsband zur 17. Internationalen Passivhaustagung 2013 in Frankfurt/Main. Passivhaus Institut, Darmstadt 2013