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Aspekte einer effizienten Lüftung in Krankenhäusern

Identifikation der Energieeinsparpotentiale

In der Grundlagenstudie zur Umsetzung des Passivhauskonzepts in Krankenhäusern [Kah et al 2013] wurden Energieeinsparpotentiale bei der Planung von Krankenhäusern erarbeitet. Dieser Beitrag stellt die in der Grundlagenstudie gewonnenen Erkenntnisse bezüglich der Energieeinsparpotentiale der Lüftung in Krankenhäusern im Zusammenhang mit den hygienischen Anforderungen vor.

In Krankenhäusern erzeugt die Lüftung durch die hohen Luftmengen, die zur Belüftung bestimmter Funktionsbereiche notwendig sind (besonders hohe Luftwechsel treten beispielsweise im OP-Bereich, im Labor und der Sterilgutversorgung auf) einen hohen Anteil am gesamten Energiebedarf. Außerdem sind in Abhängigkeit der hygienischen und funktionalen Anforderungen an die einzelnen Funktionsbereiche teilweise (gerade für den OP-Bereich) eine hohe Anzahl an Einzelkomponenten für Luftfilterung und Luftbehandlung erforderlich, welche in Summe ihrer Einzeldruckverluste einen großen Einfluss auf die elektrische Leistungsaufnahme der Ventilatoren haben.

Als wesentliche Stellschrauben für eine effiziente Betriebsweise der Lüftungsanlagen haben sich die Optimierung der Auslegung und Regelung des Außenluftbedarfs sowie die Reduktion des Druckverlustes der Einzelkomponenten herausgestellt. Die Fragestellung in wie weit Wärmerückgewinnungssysteme in RLT-Anlage in Krankenhäusern zum Einsatz kommen können wurde im Rahmen der Grundlagenstudie ebenfalls untersucht. Die Anforderungen an die Bereiche, welche nach DIN 1946-4 reguliert werden, wurden bei der Untersuchung der Energieeinsparpotentiale berücksichtigt.

Außenluftbedarf und Regelung

In vielen Bereichen eines Klinikums kommen medizinische Geräte zum Einsatz, welche während des Betriebs oder auch im Bereitschaftsmodus hohe Kühllasten erzeugen. In vielen Lüftungsplanungen für Krankenhäuser bildet die jeweilige Raumkühllast die Dimensionierungsgrundlage für den Außenluftbedarf. Durch Reduktion der Kühllasten und Entkoppelung des Kühlbedarfs vom Außenluftbedarf kann der Außenluftwechsel deutlich reduziert werden:

  • Luftwechselraten, die sich aufgrund des Kühlbedarfs ergeben sollten mit den tatsächlichen Leistungsdaten der medizinischen Geräte unter Berücksichtigung der Gleichzeitigkeit ermittelt werden. Energieeffizientere Geräte reduzieren an der Stelle nicht nur den Strombedarf für die Medizintechnik sondern auch den Kühlbedarf und damit den geförderten Luftvolumenstrom.
  • Großzügige Auslegungen der Lüftungsanlage zur Abfuhr der Raumwärmelasten sollten zugunsten anderer Systeme, wie der Bauteilkühlung oder dezentraler Umluftgeräte mit Kühlfunktion vermieden werden.

Nicht alle Bereiche eines Krankenhauses werden rund um die Uhr genutzt. Viele Bereiche, wie z.B. Labor, OP-Bereich oder Untersuchungs- und Behandlungsräume werden nur an Wochentagen und nur an ca. 10 h pro Tag genutzt. Ein wesentliches Einsparpotential bietet die Anpassung der Lüftung an den tatsächlichen Bedarf entsprechend der Nutzungszeit. Für Räume, die während der Betriebszeiten überwiegend genutzt werden, genügt dabei eine einfache Klappensteuerung.

Sogar in OP-Räumen ist (gemäß ÖNORM 6020) eine bedarfsgeführte Lüftung mit Abschaltung außerhalb der Betriebszeiten möglich. Der Betrieb der patientenorientierten lokalen Maßnahmen ist im Grunde nur während der Nutzungsdauer des OP relevant. Zur Sicherstellung hygienischer Bedingungen zum OP-Betrieb sollte jedoch eine 30 Minütige Vorspülphase mit Auslegungsvolumenstrom berücksichtigt werden. Gegenüber einem durchgängigen OP-Betrieb ließe sich der Energiebedarf zum Antrieb der Ventilatoren auf diese Weise um ca. 65 % reduzieren. Bisher wird dieses Potential bei den bestehenden Krankenhäusern meist nicht ausgeschöpft. In einer vom Fraunhofer Institut durchgeführten Untersuchung des Energieverbrauchs in Krankenhäusern [Beier 2009] wurde unter anderem die Volumenstromreduktion der OP-Lüftungsanlagen außerhalb der Betriebszeit erfasst. Es zeigte sich, dass bei den untersuchten OP-Bereichen der Betriebsvolumenstrom außerhalb der Betriebszeiten nur auf durchschnittlich 55 % abgesenkt wurde.

Abbildung 1:
Energetische Auswirkungen unterschiedlicher
Betriebsweisen der OP-Lüftungsdecken am Beispiel eines OP
der Raumklasse 1a


(Randbedingungen: 10 h Betrieb pro Tag
an 252 Tagen pro Jahr, 1200 m³/h Außenluft mit SFP=0,45
Wh/m³, 8000 m³/h Umluft mit SFP=0,15 Wh/m³, GT = 78 kKh)


Durch Abschaltung der OP-Lüftungsanlage außerhalb der Betriebszeit und 30 Minütiger Vorspülphase kann der jährliche Stromverbrauch für die OP-Lüftungsanlage um ca. 45 %, gegenüber einer Betriebsweise mit nur 50 % Volumenstromreduktion außerhalb der Nutzungszeit, reduziert werden. Angesichts der enormen Luftmengen die nach DIN 1946-4 für die meisten Operationsräume erforderlich sind (1200 m³/h Außenluft + ca. 8000 m³/h Umluft) sind die erzielbaren Energieeinsparungen beträchtlich (siehe Abbildung 1). In den Bereichen, welche nicht nach DIN 1946 geregelt werden, sollten in Absprache mit den Bauherren eher moderate Ansätze zu personenbezogenen Luftmengen gewählt werden. Für Pflegezimmer wird in Anlehnung an den Wohnbau ein Ansatz von 30 m³/h pro Person empfohlen.

Vermeidung hoher Druckverluste im Kanalnetz

Im Rahmen der genannten Untersuchung wurden Potentiale zur Reduktion der Druckverluste der Einzelkomponenten untersucht. Anhand der erzielbaren Einzeldruckverluste konnten auch Zielwerte für die elektrische Leistungsaufnahme der RLT-Geräte abgeleitet werden. Es zeigte sich, dass bei entsprechender Dimensionierung der Komponenten der Zielwert von 0,45 Wh/m³ auch auf Krankenhäuser angewendet werden kann. Die Filtration der Luft macht in Raumlufttechnischen Anlagen häufig einen bedeutenden Teil des Druckverlustes der gesamten Anlage aus. In Krankenhäusern verschärft sich die Situation durch die erhöhten hygienischen Anforderungen, da je nach Funktionsbereich sogar eine zwei- oder dreistufige Filterung gefordert wird.

In [DIN EN 13779] werden Empfehlungen für den maximalen Enddruckverlust der Filter angegeben. Die Empfehlungen reichen von 100 Pa bis 250 Pa für M7-Filter. Um den Energiebedarf für die Filterung zu minimieren, sollte der Enddruckverlust deutlich reduziert werden. Hierfür ist zum einen ein regelmäßiger Filterwechsel (mindestens einmal pro Jahr), zum anderen aber auch eine Begrenzung des Anfangsdruckverlustes notwendig, welcher den Enddruckverlust zusätzlich begrenzt.

Bei entsprechender Filterdimensionierung ist ein Anfangsdruckverlust der M7-Filter von 50 Pa realisierbar, dies belegen Lüftungsgeräte mit Luftleistungen größer 600 m³/h, die als Passivhaus Komponente zertifiziert wurden. Bei einigen Geräten konnte die Anforderung von 50 Pa Anfangsdruckverlust sogar deutlich unterschritten werden.

Auch für F9-Filter, welche in Krankenhäusern die empfohlene Filterklasse für die zweite Filterstufe ist, kann bei entsprechender druckoptimierter Dimensionierung der Druckverlust deutlich reduziert werden. Die Empfehlungen für den Anfangsdruckverlust nach [Kah et al 2013] sind für F9-Filter 70 Pa.

Die endständige Filterstufe H13 verursacht im Krankenhaus neben der Wärmerückgewinnung den größten Druckverlust. Unter Beachtung der enormen Luftmengen, die in den Funktionsbereichen in denen eine endständige H13 Filterung zum Einsatz kommt, gefordert wird, wird schnell klar, dass eine druckverlustarme Dimensionierung der Filter hier energetisch noch viel größere Auswirkungen hat als bei der ersten und zweiten Filterstufe. Üblicherweise werden Schwebstofffilter mit einem Anfangsdruckverlust von 250 Pa (Herstellerangaben) ausgelegt. Die [DIN EN 13779] sieht für die endständige Schwebstofffilterung (HEPA-Filter) sogar Druckverluste von 400 bis 700 Pa vor.

Durch Vergrößerung der Filterfläche lassen sich aber auch die Druckverluste von Schwebstofffiltern deutlich reduzieren. Die Filterfläche lässt sich vergrößern durch

  • Vergrößerung der Filterauslassfläche, aber auch durch
  • Nummerierter ListenpunktAnpassung der Filtertiefe.

Gerade bei endständigen Filtern (hier ist das Filterelement direkt im Luftauslass integriert) ist eine Vergrößerung der Auslassfläche und damit der Filterauslassfläche im Vergleich zu Filtern, die im Zentralgerät integriert sind, problemlos möglich. Folgende Tabelle verdeutlicht den Einfluss der Filterauslassfläche auf den Druckverlust und damit auf den durch den Filter verursachten Energiebedarf.

Tabelle 1:
Anfangs-Druckverlust und elektrischer Leistungsbedarf für Schwebstofffilterauslässe
in Abhängigkeit der Filterauslassfläche am Beispiel eines OP-Saals der Klasse 1b, Zuluft-
volumenstrom = 1200 m³/h


Quelle: Produktinformationen GEA Heat Exchangers


Bei Verdreifachung der Filterauslassfläche (von ein auf drei Schwebstofffilter-Auslasselemente) kann der Druckverlust bereits schon auf 1/3 reduziert werden. Der elektrische Leistungsbedarf verhält sich proportional zum Druckverlust und reduziert sich demnach auch auf 1/3. Mit vier Auslasselementen kann der Druckverlust sogar auf 70 Pa reduziert werden.

Um die Ausdehnung der Filterauslassfläche zu begrenzen, kann der Druckverlust auch durch Erhöhung der Filtertiefe reduziert werden. Nachfolgende Tabelle vergleicht unterschiedliche Filtertiefen und den jeweiligen Einfluss auf den Druckverlust jeweils bei gleicher Filterauslassfläche und gleichem Zuluftvolumenstrom.

Tabelle 2:
Anfangs-Druckverlust und elektrischer Leistungsbedarf für Schwebstofffilterauslässe
in Abhängigkeit der Filtertiefe am Beispiel eines OP-Saals der Klasse 1b, Zuluftvolumenstrom
= 1200 m³/h, Luftauslass: je 2 Stück 610 x 610 mm².


Quelle: Produktinformationen Firma
Freudenberg, Schwebstofffilterauslass rechts: GEA Heat Exchangers


Bei Verdopplung der Filtertiefe von 78 mm auf 150 mm kann der Druckverlust schon um 1/3 reduziert werden. Bei einer Filtertiefe > 200 mm können sogar für Schwebstofffilter Druckverluste < 75 Pa erzielt werden.

Im Vergleich zur Vergrößerung der Filterauslassfläche ist die Maßnahme die Filtertiefe zu erhöhen bei endständigen Filtern leider etwas schwieriger. Standardauslasselemente sind meist mit einem Filteraufnahmerahmen für einen Filter mit 78 mm Tiefe ausgestattet. Auslasselemente, die auch für die Aufnahme von Filtern mit größeren Bautiefen ausgestattet sind, könnten dadurch zunächst höhere Investitionskosten verursachen. Wenn zukünftig jedoch zur Reduktion der Betriebskosten häufiger die heutigen „Sonderlösungen“ nachgefragt werden, wird sich das hoffentlich zukünftig auch auf Angebot und Preisgestaltung auswirken.

Wichtigste Stellschraube für die Reduzierung der Druckverluste im Krankenhaus sind die Filter: Für die Umsetzung einer effizienten Lüftungsanlage werden folgende Richtwerte für die Anfangsfilterdruckverluste gegeben:

M7 ≤ 50 Pa
F9 ≤ 70 Pa
H13 ≤ 100 Pa

In Bezug auf eine druckverlustoptimierte Planung sollte des Weiteren auf ein möglichst kompaktes Kanalnetz geachtet werden, vor allem dort, wo große Luftströme bewegt werden. Die verbrauchsnahe Anordnung der RLT-Geräte erleichtert in diesen Fällen eine stromeffiziente Lüftung durch geringe Druckverluste. In dem Zusammenhang ist eine Kompromissfindung zwischen räumlicher Nähe von Funktionsbereichen und Technikräumen und möglichst kurzen Außenluft- und Fortluftkanälen erforderlich.

Wärmerückgewinnung in Krankenhäusern

Die Fragestellung in wieweit Wärmerückgewinnungssysteme auch in Krankenhäusern zum Einsatz kommen wurde im Rahmen der genannten Studie untersucht. Demnach können auch Krankenhauslüftungsanlagen mit hochwertiger Wärmerückgewinnung (Wärmebereitstellungsgrad ≥ 75%) ausgestattet werden. Die besonderen Anforderungen an die Wärmerückgewinnung in den hygienisch sensiblen Bereichen, welche nach DIN 1946-4 reguliert werden, wurden im Rahmen der vorgestellten Untersuchung ebenfalls berücksichtigt.

Zusammenfassung

Die Untersuchung zeigte, dass vor allem durch Reduzierung der Druckverluste der Einzelkomponenten sowie durch Dimensionierung und Regelung des Außenluftbedarfs entsprechend des tatsächlichen Bedarfs der Energieverbrauch für die Krankenhaus-Lüftung deutlich reduziert werden kann. Es zeigte sich, dass bei entsprechender Dimensionierung der Komponenten der Zielwert von 0,45 Wh/m³ auch auf Krankenhäuser angewendet werden kann.

Literatur

[Kah et al 2013] O. Kah, K. Bräunlich, T. Schulz, A. Grill, O. Ottinger, R. Schumacher, Grundlagenstudie zur Umsetzung des Passivhauskonzept in Krankenhäusern, Studie im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Passivhaus Institut, Darmstadt 2013.

[Beier 2009] Abschlussbericht Analyse des Energieverbrauchs und exemplarische Best-practice-Lösungen für relevante Verbrauchssektoren in Krankenhäusern; Dipl.-Ing. Carsten Beier, Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Oberhausen 2009

[DIN 1946-4] DIN 1946 Teil 4, Ausgabe: Dezember 2008: Raumlufttechnik - Teil 4: Raumlufttechnische Anlagen in Gebäuden und Räumen des Gesundheitswesens, DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Beuth-Verlag, Berlin

[DIN EN 13779] DIN EN 13779, Ausgabe: September 2007: Lüftung von Nichtwohngebäuden-Allgemeine Grundlagen und Anforderungen für Lüftungs- und Klimaanlagen und Raumkühlsysteme, DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Beuth-Verlag, Berlin

[ÖNORM 6020] ÖNORM H 6020, Ausgabe Februar 2007: Lüftungstechnische Anlagen für medizinisch genutzte Räume – Projektierung, Errichtung, Betrieb, Instandhaltung, technische und hygienische Kontrollen; Austrian Standards plus GmbH, Wien

Siehe auch

Übersicht der Passipedia-Artikel zum Thema Nichtwohngebäude

Übersicht der Passipedia-Artikel zum Thema Passivhaus-Krankenhäuser

Übersicht aller Beiträge zur 18. Internationalen Passivhaustagung 2014 in Aachen

Tagungsband zur 18. Internationalen Passivhaustagung 2014 in Aachen

Download (pdf 5,8 MB) des ungekürzten Berichts “Grundlagenstudie zur Umsetzung des Passivhauskonzept in Krankenhäusern” auf www.passiv.de

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