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planung:luftdichtheit:grundprinzipien

Grundlagenwissen Luftdichtheit und Luftdichtheitsmessung

Wie und warum luftdicht?

Das Durchströmen von Luft durch Fugen und Ritzen der Gebäudehülle hat viele Nachteile. So entsteht ein hoher Prozentsatz aller Bauschäden durch undichte Gebäudehüllen. Der Schallschutz wird vermindert, Zugluft erzeugt bei den Bewohnern Unbehagen und überflüssig hohe Wärmeverluste entstehen.

Daher wird schon seit vielen Jahren auch im gültigen Normenwerk verlangt, dass Gebäude-Außenhüllen luftdicht sein müssen. Die immer noch verbreitete gegenteilige Position wird durch die fehlgeleitete Vorstellung genährt, dass durch Gebäudefugen eine Be- und Entlüftung von Wohnungen gewährleistet werden könnte. Dabei ist aber eine große Abhängigkeit des Luftaustauschs durch den aktuellen Winddruck und den momentanen Temperaturauftrieb in einem extrem weiten Bereich vorhanden. Sogar sehr undichte Altbauten zeigen, dass es bei mäßigem Wind bereits beträchtlich zieht, bei quasi windstillen, milden Wetterperioden der Luftaustausch aber viel zu gering ist. So ist das Sicherstellen des hygienisch notwenigen Luftwechsels nicht möglich bzw. ein hoher Lüftungswärmeverlust unumgänglich.

Diese Grundlage gilt für Neu- wie für Altbauten. In energieeffizienten Gebäuden ist die erhöhte Luftdichtheit besonders wichtig. Der hygienisch notwendige Luftwechsel wird mit einer Lüftungsanlage sichergestellt. Fugenlüftung stört dann allenfalls und würde die Wärmeverluste beträchtlich erhöhen - denn für die durch Fugen durchtretende Luft ist die Wärmerückgewinnung unwirksam.

Die Vorteile der Luftdichtheit sind insbesondere:

  • Vermeidung von feuchtebedingten Bauschäden
  • Vermeiden von Zugluft und Fußkälte
  • Vermeiden von hohen Infiltrationswärmeverlusten
  • Verbesserung des Schallschutzes
  • Verbesserte Innenraumluftqualität (z.B. Verhinderung der Radonbelastung aus dem Erdreich)

Eine ausreichende Luftdichtheit ist die Grundlage für:

  • den Einsatz einer regelbaren bedarfsorientierten Lüftung (Funktion mit gerichteter Durchströmung) und
  • die Funktion der Wärmedämmung ohne Luftdurchströmung.

Dabei ist es notwendig die Begriffe eindeutig zu verwenden: Die Winddichtung eines Bauteils schützt vor einer Außenluft-Strömung durch die Wärmedämmung. Diese führt sonst zur Störung der Dämmfunktion und damit zu erhöhten Energieverbräuchen. Die hier behandelte Luftdichte ist damit nicht zu verwechseln; sie beschreibt die Durchströmung durch die Gebäudehülle des Gebäudes; also von innen nach außen oder umgekehrt.

Bei der Winddichtheit handelt es sich demnach um einen völlig anderen Sachverhalt als bei der Luftdichtheit, der eine wichtige Ergänzung des Konzeptes, besonders für energiesparende Gebäude, darstellt.

Prinzipien für die Planung der Luftdichtheit

Zur Realisierung einer luftdichten Gebäudehülle gibt es zwei zentrale Planungsgrundlagen (nach [Feist 1995] ):

1. „Stiftregel“: Die Dichtebene der Hülle muss im Plan (für jeden Gebäudeschnitt) mit einem Stift rund um das Gebäude abgefahren werden können, ohne ein einziges Mal abzusetzen - bis auf evtl. bewusst projektierte Lüftungsöffnungen.
2. Es muss eine einzige durchgehende Dichtebene geben. Undichtheiten können NICHT durch eine weitere Dichtebene an vor- oder nachgelagerter Stelle (z.B. doppelte Lippendichtungen an Fenstern, Windfangtür hinter der Haustür) behoben werden. Deutlich wird dies durch folgenden Vergleich: Ein Leck in einem Wassereimer wird nicht dadurch behoben, dass dieser in einen zweiten, ebenfalls defekten Eimer hineingestellt wird.

Für die erfolgreiche Planung der Luftdichtheit - egal ob für einen Neubau oder eine Altbausanierung - helfen neben dem Grundprinzip die folgende Leitlinien (nach [Feist 1995] ):

  • Einfachheit: Alle Konstruktionsdetails sollten so einfach wie möglich ausführbar sein, um Mängeln bei der handwerklichen Arbeit weitgehend vorzubeugen.
  • Möglichst große geschlossene Flächen mit einer einzigen, einfachen Grundkonstruktion.
  • Auswahl zuverlässiger und bewährter Grundkonstruktionen – es müssen keine völlig neuartigen oder exotischen Dichtprinzipien entwickelt werden.
  • Prinzipientreue bei der Planung von Anschlüssen.
  • Grundsätzlich sollten Durchdringungen der dichtenden Hülle vermieden bzw. minimiert werden.


Bestimmungsstücke für die Planung luftdichter Gebäudehüllen

Während der Planung der Luftdichtheit müssen die drei baulichen Elemente unterschieden und berücksichtigt werden:

  1. Konstruktionen für die Luftdichtheit in der Regelfläche,
  2. Luftdichte Verbindungen von Bauteilen (entlang einer „Linie“) und
  3. Luftdichtheit bei Durchstoßungen von Bauteilen bzw. in Ecken von mehr als zwei aneinanderstoßenden Bauteilen (in einem „Punkt“).


Luftdichtheit in der Fläche

In der Planung muss für jedes Außenbauteil eindeutig spezifiziert werden was genau die luftdichte Schicht darstellt. Dabei ist nicht entscheidend, welche Ebene eines Bauteils (Tragkonstruktion, raumseitige Bekleidung, etc.) als luftdichtende Schicht verwendet wird. Es sollte allerdings immer mit bedacht werden, wie sich diese Schicht mit den luftdichten Ebenen der benachbarten Bauteile möglichst einfach und sicher verbinden lässt.

Die Festlegung der exakt definierten luftdichten Ebene in der Fläche richtet sich nach den eingesetzten Materialien, also nach dem Wand- bzw. Dach- oder Bodenaufbau. Übliche Baumaterialien verfügen über stark voneinander abweichende Luftdurchlässigkeiten. Letztendlich können vier Materialgruppen eingesetzt werden, um die luftdichte Ebene zu realisieren:

  1. Luftdichtheitsbahnen1) / Armierte Baupappen
  2. Innenputz
  3. Beton
  4. Holzwerkstoffplatten

Luftdichtheitskonzepte jeder Art sind immer eine Kombination dieser Materialien. Es muss in der Praxis prinzipiell möglich sein, die jeweiligen Materialien entweder weitgehend fugenfrei zu verarbeiten oder die Stoßstellen mit vertretbarem Aufwand dauerhaft wirksam abdichten zu können.

Beim Massivbau wird im Normalfall der Innenputz als luftdichte Ebene verwendet. Der durchgehende Putz wird benötigt, da unverputztes Mauerwerk generell nicht luftdicht ist2). Der nicht unterbrochene Innenputz muss von Rohdecke bis ganz auf den Rohfußboden (vor Einbringung des Estrichs!) gezogen und kraftschlüssig verbunden werden. Abweichend von den üblichen Verputzarbeiten ist es dabei wichtig, dass auch „nicht sichtbare Bereiche“, wie z.B. hinter Treppen und z.B. hinter Vorwandinstallationen im Bad, akkurat verputzt werden müssen. Dabei geht es an diesen Bereichen nicht um die Optik, sondern nur um einen glatt gestrichenen Materialauftrag. Für solche Bereiche hat es sich als praktikabel erwiesen, bereits im Rohbau einen „Vorputz“ als einfachen Mörtelglattstrich ausführen zu lassen. Werden Betonwände erstellt, welche kraftschlüssig verbunden sind, können diese als einzige Tragwerksbaustoffe für sich allein als luftdicht gelten.

Im Leicht- oder Mischbau kommen als luftdichte Ebene Holzspan-, Sperrholz-, OSB- und Holzhartfaserplatten zum Einsatz. Im Normalfall werden diese auf einer Konterlattung montiert und müssen anschließend an den Stößen luftdicht abgeklebt oder verbunden werden. Dafür stehen vorgefertigte Folien und Pappstreifen und Klebebänder zur Verfügung.

Eine zuverlässige Lösung im Leichtbau ist die „Doppelnutzung“ der Dampfbremse [Feist 1997] . Eine solche befindet sich auf der Innenseite des Tragwerks und ist von der raumseitigen Bekleidung normalerweise durch deren Traglattung getrennt. Es ergibt sich ein Abstand von der raumseitigen Bekleidung, der z.B. auch für haustechnische Installationen verwendet werden kann. Eine andere Möglichkeit ist, dass sich die Dampfbremse unmittelbar hinter der inneren Verkleidung befindet. Als Dampfbremsen kommen nur Materialien mit höherem Diffusionswiderstand zur Anwendung, womit die Luftdichtheit automatisch gewährleistet ist3). Üblich ist die Verwendung von Dampfbremsbahnen oder armierte Baupappen. Bei der Verwendung solcher durchgehenden Bahnen (z.B. bei Holzkonstruktionen wie Sparrendächern) müssen diese raumseitig von der Wärmedämmung angebracht werden4).

Luftdichte linienförmige Anschlüsse

Sind während der Planung die Basisabdichtungen in der Fläche ausgewählt, müssen die luftdichten Anschlüsse zwischen den Bauteilen geplant werden. Hier sind dann später häufig viele noch erhebliche Undichtheiten zu finden. Als Beispiel kann ein sogar kompaktes Einfamilienhaus mit einfachem Grundriss dienen: hier ergeben sich je nach Konstruktionstyp 150 bis 300 Meter potentiell leckageträchtiger Bauteilanschlüsse [Zeller u.a. 1995] . Womit klar wird, dass hier ein großer Einfluss auf die gesamte Dichtheit des Gebäudes vorhanden ist. Daher müssen diese Bereiche bei Planung und Ausführung besondere Beachtung finden. Für Anschlüsse gilt dabei insbesondere, das auf wenige, einfach auszuführende und sicher dichte Details zurückgegriffen werden sollte.

In der Veröffentlichung [Peper 2008] wurde beschrieben, dass eine gute Planung der Luftdichtheit damit beginnt, die Luftdichtheitsebenen der Bauteile zu identifizieren. Dort wird das folgende Beispiel gegeben um dies zu illustrieren:

Beispiel: Einbau eines Fenster- oder Türrahmens in eine gemauerte Außenwand:

Häufiger Fehler: Es wird versucht, den Rahmen durch Bauschaum, Ausstopfen, Dichtbänder oder Klebebänder „dicht“ an das Rohbaumauerwerk anzuschließen. Dies kann nicht gelingen und das ist nicht eine Frage des verwendeten Materials, sondern ein Fehler bei der Identifikation der Luftdichtheitsebenen: Bei einer gemauerten Außenwand ist nämlich das Mauerwerk nicht die Luftdichtheitsebene. Vielmehr ist der gesamte Mauerwerksbereich durch ein untereinander verbundenes luftführendes Netzwerk an Spalten und Hohlräumen durchzogen – mit anderen Worten, das Mauerwerk ist eine luftführende Schicht. Der Anschluss einer luftdichten Ebene eines anstoßenden Bauteils an eine Mauerwerkswand kann daher niemals an das Rohbaumauerwerk, sondern muss an die luftdichte Ebene – das ist in der Regel der Innenputz – erfolgen.

Richtiges Vorgehen:

  1. Identifikation der luftdichten Ebenen der anschließenden Bauteile, das sind z.B.:
    Beim Rahmen: die Rahmeninnenoberfläche.
    Beim Außenmauerwerk: der bis in die Laibung gezogene Innenputz.
  2. Luftdichter Anschluss dieser luftdichten Ebenen aneinander.

Da sich Rahmen und Putz infolge unterschiedlicher thermischer Ausdehnungskoeffizienten und infolge mechanischer Beanspruchung (Last des Fenster- oder Türflügels beim Öffnen) gegeneinander bewegen können, muss der luftdichte Anschluss Relativbewegungen von bis zu ca. 2 mm ohne zu Reißen aufnehmen können. Ein direktes Einputzen des Rahmens scheidet daher als Lösung aus. Sichere Lösungen sind:

I. Ein am Rahmen aufgeklebtes überputzbares und am Putz sicher haftendes Klebeband, das auf den Rahmen aufgeklebt und später eingeputzt wird (flieskaschiertes Klebeband).
II. Eine auf den Rahmen aufgeklebte Anputzleiste („Apu-Leiste“) mit luftdichter elastischer Dichteinlage und ausreichendem Dichtungsspiel (≥ 2 mm), deren feste Seite als Putzschiene durchgehend in den Innenputz eingeputzt wird.
III. Durch eine in ≥ 8 mm Abstand vom Fensterrahmen gesetzte Putzendschiene entsteht eine definierte Fuge zwischen Putzschienenkante und dem Rahmen. In diese Fuge wird ein (z.B. textiles oder papiernes) Band zur Haftverhinderung auf das Mauerwerk der Laibung eingelegt. Dann wird der Raum zwischen Putzendschiene und Rahmen mit elastischer Fugenmasse (Silikon oder Acrylfugenmasse) verfugt, so, dass die Fugenmasse an der Putzendschiene und am Rahmen haftet (Zweiflankenhaftung).

luftdichtheit_altbau_abb.3_.jpg
Abbildung 3: Drei Möglichkeiten (siehe oben (I) bis (III)) zum dauerhaft
luftdichten Anschluss des Fensterrahmens im verputzten massiven
Mauerwerk (ergänzt nach [Peper/Feist/Sariri 1999] ).


Durch diesen in dem Bespiel aus [Peper 2008] beschriebenen Grundsatz wird zugleich auch klar, dass ein Wechsel der Luftdichtungsebene zwischen Innen- und Außenseite des Tragwerks nach Möglichkeit vermieden werden sollte5). Wenn diese abgeleitete Regel der Vermeidung des Lagewechsels durchgehalten wird, sind Anschlüsse zwischen gleichkonstruierten Bauteilen (z.B. Massivwand an Massivdecke oder –innenwand, Leichtbau-Außenwand an Leichtbaudach) planerisch meist wenig aufwendig. Anschlüsse zwischen Leichtbau- und Massivbauweise bedürfen einer besonderen Aufmerksamkeit.

Durchdringungen der luftdichten Ebene

Nach den Bemühungen um eine geschlossene luftdichte Ebene ist es selbstverständlich, dass Durchdringungen am besten vermieden bzw. reduziert werden müssen, siehe Planung der Luftdichtheit. In diesem Zusammenhang wird häufig vergessen, dass dies eine klare Planungsaufgabe darstellt. Nicht der Handwerker sollte konzeptlos einen irgendwie gearteten Weg durch die luftdichte Ebene „suchen“, sondern der Planer muss klar und eindeutig vorgeben, wo und wie z.B. Rohre und Kabel durchgeführt werden sollen. Es hat sich dabei auf jeden Fall als einfacher und ökonomischer herausgestellt, nur wenige Punkte dafür vorzusehen (z.B. ein Öffnung durch eine Bodenplatte die dann vergossen werden kann) und dafür gute Details zu erarbeiten.

In der Praxis eines Neubaus wie auch bei der Sanierung müssen daher folgende Punkte für die Realisierung einer gut luftdichten Gebäudehülle besonders beachtet werden:

  • Vorplanung
  • Gewerkkoordination (Reihenfolge)
  • Zeitplanung
  • Ausführungskontrolle


Prüfung der Luftdichtheit (Dichtheitsmessung)

Die Dichtheit eine Gebäudes kann mittels eines Drucktest (Dichtheitsmessung oder „Blower Door Test“) festgestellt werden. Die gesamte Restleckage eines Hauses wird mit der Messung bestimmt. Für den Test wird in eine Tür- oder Fensteröffnung ein Gebläse eingebaut, mit welchem im ganzen Haus Unter- und danach Überdruck erzeugt wird. Mittels der Messvorrichtung am Gebläse wird bei Über- und Unterdrücken der geförderte Volumenstrom bei 10 bis ca. 70 Pa Druckdifferenz gemessen und ausgewertet. Daraus wird dann als charakteristischer Wert der Volumenstrom bei einer Druckdifferenz von 50 Pa ermittelt [EN 13829] .

Abbildung 1: Prinzipieller Messaufbau für die Messung der Luftdichtheit [Peper/Feist/Sariri 1999] .


Als Ergebnis wird die Leckagerate n50 mit der Einheit [1/h] bei der Prüfdruckdifferenz von 50 Pa berechnet. Sie ergibt sich aus dem gemessenen Leckagenvolumenstrom bei 50 Pa Druckdifferenz (Mittelwert aus Unter- und Überdruck) in der Einheit [m³/h], geteilt durch das Gebäudeluftvolumen VL in [m³]. Bezogen auf die Gebäudehüllfläche A [m²] ergibt sich der q50-Wert (Einheit [m³/(m²h)]).

Drucktestergebnisse von unsanierten Altbauten liegen häufig in der Größenordnung zwischen 3 und 6 h-1; allerdings werden auch noch deutlich höhere Werte festgestellt. Energieeffiziente Gebäude sollten Werte kleiner 1 h-1 erreichen; der Zielwert für Passivhäuser liegt unterhalb 0,6 h-1. Diese hohe Anforderung wird regelmäßig erreicht (vgl. [Peper 2000] ). Auch bei sanierten Gebäude können so gute Luftdichtheitswerte regelmäßig erreicht werden wenn dies vom Beginn an im Fokus der Planung steht. Als Beispiele können hier die gut dokumentierten Sanierungen in Frankfurt a.M., Ludwigshafen und Nürnberg angegeben werden. Bei diesen Komplettsanierungen wurden Messwerte zwischen 0,4 und 0,7 h-1 gemessen [Kaufmann/Peper/Pfluger/ Feist 2009] [Peper/Feist 2008] [Darup et all 2005] .

Bei fachgerechter Planung der Luftdichtheit und professioneller Ausführung unter Verwendung von geeigneten Materialien kann davon ausgegangen werden, dass die hohen Dichtheitswerte dauerhaft für ein Gebäude bestehen bleiben [Peper/Kah/Feist 2005] .

Luftdichtheitsmessung bei Sanierungsvorhaben

Je nach Umfang der Sanierungsvorhabens (Teil- oder Vollsanierung) wird die Luftdichtheit des Gebäudes ergänzt oder ganz neu geplant. Zumindest bei Vollsanierungsvorhaben ist es sinnvoll und hilfreich die Luftdichtheit vor und nach den Sanierungsarbeiten festzustellen. Mit der Messung vor Beginn der Sanierungsarbeiten (sog. Erst- oder Vorabmessung) können Problembereiche überprüft bzw. festgestellt werden, bei denen die Luftdichtheit ggf. nicht ausreichend ist. Diese Erkenntnisse sollten dann in die Planung der Luftdichtheit einfließen.

Beispiel: Der Fußboden im Erdgeschoss über dem unbeheizten Keller eines zu sanierenden Gebäude zeigt optisch Risse in der Fläche und an den Anschlüssen zu den Außen- und Innenwänden. Die Auswirkung auf die Luftdichtheit ist nicht bekannt. Deshalb wird die Luftdichtheit des Bereiches bei der Erstmessung untersucht, um das Sanierungsvorgehen in diesem Bereich festzulegen.

Mit der Erstmessung wird gleichzeitig der Ausgangswert des Vorhabens dokumentiert, mit dem sich dann die realisierte Verbesserung zur Messung nach der Sanierung feststellen lässt. Dabei muss für die Planung schon bei der Erstmessung untersucht werden, welche Bauteile die luftdichte Ebene darstellen. Wenn sich diese bereichsweise als ausreichend luftdicht erweisen (z.B. intakter Innenputz), können sie in das neue Konzept übernommen werden.

Durchführungshinweise

Wenn bei einem Gebäude eine besonders niedrige Luftdichtheit zu erwarten ist (viele Leckagen), bzw. es sich um ein besonders großes Gebäude handelt, kann der Drucktest mit mehreren Gebläsen durchgeführt werden. Nach der Norm [EN 13829] handelt es sich für große Gebäude (ab etwa 4.000 m³) auch um eine gültige Messung, wenn eine Druckdifferenz zwischen innen und außen von nur mindestens 25 Pa erreicht wird.

Um das zu untersuchende Volumen zu verringern ist es bei Luftdichtheitsmessung von großen Gebäuden auch möglich, das Gebäude in Teilabschnitten zu untersuchen. Dazu muss geprüft werden, ob eine Aufteilung in zwei oder mehr Zonen technisch umsetzbar ist. In vielen Fällen wird sich die Trennung nicht 100 % luftdicht ausführen lassen. Dann werden die internen Leckagen mitgemessen und verfälschen den Messwert. Denkbar ist hier der Einsatz von einem weiteren Gebläse um im Restgebäude entsprechend den gleichen Druck aufzubauen („Schutzdruckmessung“). Der Aufwand für die Trennung des Gebäudes kann ggf. sehr groß werden. Diese Methode ist daher nur eingeschränkt zu empfehlen.

Die Messungen sollten im Nutzungszustand des Gebäudes erfolgen. Das bedeutet, dass bei der Gebäudepräparation für die Messung nur Abklebungen von Öffnungen erfolgen dürfen, die auch sonst fest verschlossen sind. Zuluftöffnungen für z.B. eine raumluftabhängige Brennstelle (z.B. Gasetagenheizung oder Kohleofen) dürfen für die Messung nicht verschlossen oder abgeklebt werden. Diese Öffnungen sind im Betrieb notwendig und immer geöffnet; damit haben sie einen Einfluss auf die Luftdichtheit des Gebäudes und damit auf dessen thermische Beurteilung.

Bei der Durchführung der Messung ist es auf jeden Fall angeraten immer eine Unter- UND Überdruckmessreihe durchzuführen, um das Gebäudeverhalten besser abzubilden und die Messgenauigkeit zu erhöhen. Der größere Zeitaufwand besteht in der Gebäudepräparation und in der Leckagesuche; die eigentliche Messung ist dagegen normalerweise dann in ca. nur 30 bis 40 Minuten durchführbar. Daher ist es nicht sinnvoll hier Zeit einzusparen.

Volumenberechnung

Der bei der Messung festgestellte Leckagevolumenstrom V50 [m³/h] wird üblicherweise auf das tatsächlich beheizte Volumen V des untersuchten Gebäudes bzw. Gebäudeteils bezogen . Damit wird der Kennwert n50 berechnet.

$$ {n_{50} = \dfrac {V_{50}}{V} \; \; \; \; \; \; in \; \left[ \dfrac{1}{h} \right] } $$


Dieser ist von der Gebäudegröße unabhängig und kann gut zum Vergleich zwischen Gebäuden bzw. vor und nach der Sanierung genutzt werden. Das tatsächlich beheizte Gebäudevolumen berechnet sich aus der beheizten Wohnfläche mal der lichten Raumhöhe.

Bei der Gebäudevolumenberechnung wird das Volumen in einer Wand, welches sich durch den Einbau eines Fensters oder einer Tür ergibt, nicht berücksichtigt. Auch bei abgehängten Decken wird nur das lichte Maß bis zur Abhängung berücksichtigt. Dies gilt unabhängig davon wie luftdicht die Abhängung ausgeführt ist. Diese Vereinbarung in Ergänzung der Norm [EN 13829] nach [FliB 2002] vereinfacht u.a. die Messungen in Altbauten, bei denen keine Detailpläne vorhanden sind.

Unterzüge, sichtbare Sparren etc. werden nicht zum Abzug gebracht. Volumen unter Dachschrägen etc. werden mit ihrer tatsächlichen Größe berücksichtigt. Befinden sich Treppenräume innerhalb der luftdichten Ebene werden diese ebenfalls mit ihrer Grundfläche und der lichten Höhe ohne Berücksichtigung der Treppe selber angesetzt. Das bedeutet, dass das Volumen der Treppenstufen nicht vom Gebäudevolumen abgezogen wird (Vereinfachung der Berechnung).

Sollten bei einer Messung nach der Sanierung z.B. der Fußbodenaufbau bzw. die abgehängte Decke noch nicht oder noch nicht vollständig vorhanden sein, wird trotzdem das Volumen des fertigen Zustandes angesetzt.

Das Volumen muss dabei vom Prüfer selber ermittelt und nachvollziehbar dokumentiert werden oder die verwendete Berechnung eines Dritten muss überprüft werden. Die raumweise Aufstellung muss in beiden Fällen dem Prüfprotokoll beigefügt werden, wobei die Quelle für die Maße angegeben werden sollte.

Bei großen Gebäuden (ab ca. 1.500 m³) wird es aufgrund des günstiger werdenden A/V–Verhältnisses (Oberfläche zu Volumen) immer einfacher, niedrige n50-Werte zu realisieren. Bezogen auf die Hüllfläche wird das Gebäude aber - bei gleichbleibendem n50-Wert - immer undichter (siehe Abbildung 2 mit Tabelle 1). Daher ist es notwendig auch den sogenannten q50-Wert [m³/h/m²] zu bestimmen. Dieser ergibt sich aus dem Leckagevolumenstrom V50 im Verhältnis zur gesamten Hüllfläche des Gebäudes.

$$ {q_{50} = \dfrac {V_{50}}{A} \; \; \; \; \; \; in \; \left[ \dfrac{m^3}{hm^2} \right] } $$


Zur Kalkulation der in einem großen Gebäude für die Messung benötigten Luftfördereinrichtungen (Ventilatoren) ist der q50-Wert besser geeignet.

Die Berechnung der Hüllfläche ist in [EN 13829] angegeben. Als Hüllfläche wird die Gesamtfläche aller Böden, Wände und Decken verstanden welche das Volumen umschließen (beim Reihenhaus auch die Trennwände zum Nachbargebäude). Auch die Bereiche unter dem Erdniveau sind dabei eingeschlossen. Zur Berechnung werden die „Innenmaße über alles“ verwendet. Die Stirnfläche von einbindenden Innenwänden, Decken und Böden werden nicht abgezogen, was die Berechnung vereinfacht.

Abbildung 2: Zusammenhang vom q50-Wert bei 6 unterschiedlich großen
Beispielgebäuden (Ansatz: Einfache Quaderformen unterschiedlicher
Abmessungen) bei gleichbleibendem n50-Wert.


V
[m3]
A
[m2]
A/V
[1/m]
n50
[1/h]
V50
[1/h]
q50
[m3/h/m2]
Gebäude 1 200 210 1.05 0.6 120 0.57
Gebäude 2 360 312 0.87 0.6 216 0.69
Gebäude 3 4 080 1 568 0.38 0.6 2 448 1.56
Gebäude 4 9 000 2 820 0.31 0.6 5 400 1.91
Gebäude 5 25 200 5 500 0.22 0.6 15 120 2.75
Gebäude 6 62 500 10 000 0.16 0.6 37 500 3.75

Tabelle 1: Daten der 6 Gebäude zur Darstellung in Abbildung 2.

Siehe auch

Übersicht zu den Passipedia-Artikeln zum Thema „Luftdichtheit“

1)
z.B. PE-Folien aber auch qualifizierte PE-HD-Vliesstoffe, die dann diffusionsoffen sind
2)
Das hatte Max von Pettenkofer schon sehr früh erkannt; die wesentliche Undichtheit kommt von den Fugen, aber auch mikroskopische Risse in traditionellen Mauersteinen tragen dazu bei. Raisch u.a. haben dann gezeigt, dass die Außenwände z.B. durch einen durchgehenden rissfreien Innenputz ausreichend luftdicht werden
3)
Anders formuliert: Ein nicht luftdichte Dampfbremse kann gar nicht als Dampfbremse wirksam sein
4)
Die präzise Regel ist: „auf der warmen Seite“
5)
Ist das in bestimmten Fällen unvermeidbar, dann müssen die jeweiligen Dichtlage miteinander luftdicht verbunden werden
planung/luftdichtheit/grundprinzipien.txt · Zuletzt geändert: 2022/09/01 15:22 von wfeist