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Dimensionen nachhaltiger Energieversorgung

Aus dem bisher erörterten wurde klar, dass die CO2-Bilanz des einzelnen Gebäudes zu dessen Bewertung hinsichtlich einer nachhaltigen Energieversorgung nicht ausreicht. Untrennbar mit der Frage der Nachhaltigkeit ist die Energieeffizienz verbunden, da Energie nur begrenzt zur Verfügung steht.

Effizienz bedeutet, eine Dienstleistung mit einem möglichst geringem (Energie-) Einsatz zu erbringen. Die Dienstleistung ist hier die Bereitstellung eines behaglichen Raumklimas sowie der im Zusammenhang mit der Nutzung stehenden weiteren Leistungen, wie Beleuchtung, Warmwasser, Zubereitung von Speisen. Diese Bereitstellung gilt es mit einem möglichst geringen Energieeinsatz unter der Prämisse der Wirtschaftlichkeit leisten.

Nun stellt sich die Frage, ob die Effizienz nach der Nutzenergie, der Endenergie oder der Primärenergie zu bewerten ist. Dabei ist die Nutzenergie z.B. die Heizwärme, die vom Heizkörper in den Raum gelangt. Die Endenergie beinhaltet zusätzlich alle Konversionsverluste (Leitungs- und Anlagenverluste) und ist die Energie die in das Haus, z.B. in Form von Strom, Holz oder Öl geliefert wird. Die Primärenergie beinhaltet zusätzlich Konversionsverluste, die zwischen der „Primärenergiequelle“ und der Bilanzgrenze „Haus“ entstehen. Bei Öl sind dies z.B. in der Raffinerie und beim Transport aufgewendete Energien. Bei Öl wird von Konversions- und Transportverlusten von 10% ausgegangen. Daraus ergibt sich ein Primärenergiefaktor von 1,1. Bei elektrischer Energie sind zusätzlich zu den Verlusten zwischen Primärenergiequelle (z.B. Braunkohletagebau) und Kraftwerk die Konversionsverluste des Kraftwerkes und die Leitungs- und Umspannverluste bis zur Bilanzgrenze „Haus“ berücksichtigt, es resultiert ein Primärenergiefaktor von z.B. 2,79 [GEMIS 4.7]


Bei erneuerbaren Energien, wie z.B. Brennholz, wird zwischen dem Anteil erneuerbarer Energie und dem Anteil nicht erneuerbarer Energie unterscheiden. Dabei entspricht der Erneuerbare Anteil dem Heizwert des erneuerbaren Energieträgers, die Konversionsverluste und der Transport werden als nicht erneuerbar angenommen. So erhält Stückholz einen Primärenergiefaktor (Erneuerbar + Nicht erneuerbar) von 1,05. In aller Regel wird der Erneuerbare Anteil nicht mit gewertet, sodass sich für Holz ein Primärenergiefaktor von 0,05 ergibt. Daraus resultiert die absurde Situation, dass ein mit Öl geheiztes Passivhaus mit einem Endenergiebedarf für Heizung von 17 kWh/(m²a) und einem Primärenergiebedarf von 17 kWh/(m²a) * 1,1 = 18,7 kWh/(m²a) schlechter gestellt ist, als ein Altbau mit 20-fach höheren Endenergiebedarf für Heizung: 340 kWh/(m²a) * 0,05 = 17 kWh/(m²a). Aus der Logik des „Zero Carbon“-Konzeptes wäre dies jedoch konsistent, da Holz (nachhaltige Waldbewirtschaftung vorausgesetzt), für den erneuerbaren Anteil keine CO2-Emissionen freisetzt. Aus der Gesamtschau ist diese Bewertung allerdings vollkommen irreführend, da andere Gebäude nun zwangsläufig aus nicht erneuerbaren, nicht nachhaltigen Quellen beheizt werden müssen.

Jedoch ist der Primärenergiefaktor sehr wohl geeignet, unterschiedliche Energieträger zu vergleichen, also eine Ressourceneffizienz abzubilden, wenn die Bilanzgrenze konsistent verwendet, und der Anteil der Erneuerbaren Energie mit einbezogen wird. Im genannten Beispiel würde sich für den Holzbeheizten Altbau ein Primärenergiebedarf von 357 kWh/(m²a) im Vergleich zu den 18,7 kWh/(m²a) für das Passivaus ergeben, der die Realität adäquat abbildet. Ein via Wärmepumpe mit elektrischer Energie versorgtes Passivhaus würde dann im Bezug auf die Primärenergie dem ölversorgten gleichgestellt sein, wenn die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe 10% unter dem Primärenergiekennwert des verwendeten Stromes läge. Bei einem Primärenergiefaktor von Strom (erneuerbar + nicht erneuerbar) von 2,79 [GEMIS 4.7] ergäbe sich eine Jahresarbeitszahl von 2,79/1,1 = 2,54.

Allerdings würde der Primärenergiebedarf durch die Hinzuziehung des erneuerbaren Anteils seiner vormals auf den ersten Blick gegebenen Eigenschaft beraubt, die Klimarelevanz des Gebäudes abzubilden. Diese kann leicht und besser durch die zusätzliche Ausweisung eines CO2-Kennwertes abgebildet werden. Aus dem Primärenergiebedarf ist jedoch die Energieeffizienz des Gebäudes nicht direkt ableitbar. Man stelle sich ein mäßig effizientes Gebäude vor, das durch eine sehr gute Wärmepumpe einen respektablen Primärenergiebedarf erreicht. Wird diese Wärmepumpe nun durch einen Gaskessel ausgetauscht, steigt der Primärenergiebedarf, obwohl das Gebäude gleich blieb (dies ist umso relevanter, da zukünftig eine Reduzierung des Primärenergiefaktors von Strom erwartet werden kann). Die Bewertung des Gebäudes durch den Primärenergiebedarf wird durch die Wahl der vergleichsweise rasch veränderbaren Haustechnik verzerrt . Besser kann die Energieeffizienz des Gebäudes durch den Nutzenergiebedarf abgebildet werden.

Der Autor schlägt daher vor, künftig die CO2 Emissionen als Indikator für die Klimarelevanz, den Primärenergiebedarf (bestehend aus erneuerbarem und nicht erneuerbarem Anteil) als Indikator für die Ressourceneffizienz sowie den Nutzenergiebedarf als Indikator für die Gebäudeenergieeffizienz zur Bewertung von Gebäuden im Allgemeinen heran zu ziehen.

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