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Vergleich mit der Gebäudeenergiebilanz

Gleiche Randbedingungen

Häufig soll mit Hilfe des Monitoring geprüft werden, ob die Vorab-Berechnung des Heizwärmebedarfs des Gebäudes in der Realität eingehalten wurde (Heizwärmeverbrauch). Dazu muss auf der einen Seite ein sehr gut nachgeführtes PHPP vorhanden sein: Die am Bau auftretenden energetisch relevanten Abweichungen (z. B. veränderte Wärmebrücken, tatsächliche Luftdichtheit, geänderte Verschattungen durch Nachbargebäude oder Bäume etc.) müssen im PHPP nachgeführt werden. Nur dann erhält man zum Vergleich geeignete, realitätsnahe Bedarfswerte. Auf der anderen Seite müssen die bekannten Abweichungen aus den Messwerten berücksichtigt werden. Dazu zählen insbesondere die beiden oben aufgeführten Größen „Wetter“ (Temperatur und Solarstrahlung) und die „Innentemperatur“.

Die PHPP-Berechnungen erfolgen in der Planungszeit mit dem Standardklima des Standortes sowie mit der Standardinnentemperatur von 20°C. Beispielhaft für das sanierte Gebäude „Tevesstraße Frankfurt a.M.“ wird hier die Anpassung zum Vergleich der Bedarfs- mit den Verbrauchsdaten dargestellt (zitiert mit Verkürzungen aus [Peper/Schnieders/ Feist 2011], siehe auch Abbildung 18):

„Das PHPP gibt für den 4er Block einen Heizwärmebedarf von 16,9 kWh/(m²a) bei Standardbedingungen aus. Werden anstelle des Standardklimas Frankfurt a.M. die gemessenen Außentemperaturen und Globalstrahlungswerte vom Zeitraum 2009/ 2010 im PHPP berücksichtigt, sinkt der Heizwärmebedarfswert auf 15,4 kWh/(m²a).

Berücksichtigt man im PHPP zusätzlich die im 4er Block gemessenen mittleren Innentemperaturen während des Winters von 22,4°C, lassen diese den Heizwärmebedarf auf 20,5 kWh/(m²a) ansteigen. Der Messwert des Heizwärmeverbrauchs inkl. der nutzbaren Anteile der Wärmeverteilung liegt mit 23,6 kWh/(m²a) damit 3,1 kWh/(m²a) höher als der Rechenwert.

Im Rahmen der Messgenauigkeit und der möglichen Genauigkeit der Bilanzrechnung besteht auch hier eine gute Übereinstimmung der Ergebnisse. Dies bestätigt erneut die hohe Qualität des PHPP als Energiebilanzierungswerkzeug ebenso als Planungstool für die hochenergieeffiziente Sanierung.“

Die Gesamtgenauigkeit der Bilanzberechnung – ein realitätsnahes PHPP vorausgesetzt – liegt etwa bei 3 kWh/(m²a) [Feist 2001].

Es bleibt festzuhalten, dass die Änderung nur aufgrund der höheren Innentemperatur den Bedarfswert um 5,1 kWh/(m²a) ansteigen lässt. In Abbildung 18 wurde die 5,1 kWh/(m²a) zur mittleren Säule auf der linken Seite zum Bedarfswert bei 20°C addiert. Auf der rechten Seite der Grafik wird der gleiche theoretisch ermittelte Wert verwendet, um den Messwert des Heizenergieverbrauchs auf die Normtemperatur von 20°C umzurechnen. Ob nun die beiden Werte bei 20°C oder die bei 22,4°C verglichen werden, bleibt sich gleich. Wichtig ist die exakte Angabe, um welche Werte es sich handelt.

Abbildung 18:
Heizwärmebedarf des Gebäudes „Tevesstraße“ nach den Ergebnissen der PHPP-Berechnung.
Schrittweise sind die gemessene Außentemperatur und die Solarstrahlungswerte
(01.05.2009 bis 30.04.2010) sowie die mittlere Raumtemperatur im Winter (Ti = 22,4°C) angepasst.
Im Vergleich dargestellt sind die Messwerte des Heizwärmeverbrauchs
inkl. der Energie der nutzbaren Heizwärmeverteilung und die Messwerte
umgerechnet auf die Standardinnentemperatur von 20°C.


Nach: [Peper/Schnieders/Feist 2011].


In einer weiteren Untersuchung [Peper 2008] sind die Rechenwerte nach PHPP im Vergleich mit den Messwerten von neun Monitoringprojekten dargestellt. In der Grafik aus dieser Untersuchung (Abbildung 19) sind die unterschiedlich guten Übereinstimmungen zu erkennen. Die Ursachen sind vielschichtig; zum Teil werden die Unterschiede durch nicht exakt nachgeführte Bilanzberechnungen entstanden sein oder durch die häufig begrenzten Möglichkeiten einer Messung. Bei der weiter oben erwähnten möglichen Genauigkeit von Bilanz und Messung sind die Werte allerdings überzeugend. Es wird auch deutlich, dass sich alles auf einem tatsächlich sehr niedrigen Verbrauchsniveau abspielt. Verglichen mit anderen Gebäudestandards sind die tatsächlich gemessenen Verbrauchswerte extrem niedrig.

Abbildung 19:
Heizwärmeverbrauch von messtechnisch untersuchten Projekten
im Vergleich mit den Projektierungswerten nach PHPP [Peper 2008].


Ein weiteres Beispiel für die Abweichung zwischen Bedarfs- und Verbrauchswert, außerhalb des Wohnungsbaus, ist in [Peper/Kah/Pfluger/Schnieders 2007] nachzulesen: In dem Forschungsbericht zur Passivhaus-Schulen Frankfurt Riedberg wird den Gründen der Abweichung zwischen Bedarfs- und Messwert nachgegangen und diese aufgeklärt. Dabei sind insbesondere Unterschiede in der Belegung der Schule (deutlich geringere Personenzahl) und ein veränderter Luftwechsel zu nennen, was zur Abweichung der Mess- von den Bedarfswerten geführt hat. Aber auch bei den geänderten Randbedingungen und einem daraus resultierenden etwas höheren Verbrauchswert stellt sich dort die immense Heizwärmereduktion von 88 bzw. 90 % gegenüber anderen Schulen ein (im Vergleich mit 30 Bestandsschulen in Frankfurt bzw. 170 anderen Bestandsschulen). Auch bei etwas höheren Verbräuchen funktioniert das Gebäude gut, weil die eingesetzten Techniken sehr gutmütig sind.

Nutzerstreuung

Zum Vergleich des Heizwärmeverbrauchs mit z. B. Rechen- oder auch Anforderungswerten ist nach Möglichkeit eine statistisch ausreichend große Menge an Gebäuden notwendig. Belastbare Aussagen können nur getroffen werden, wenn sich die – sich durch die unterschiedliche Nutzung einstellenden – Abweichungen herausmitteln. Erst der Mittelwert zeigt einen belastbaren Vergleichswert. In Abbildung 20 ist dies erkennbar: Die Verbrauchswerte folgen im Regelfall einer Normalverteilung; Aussagen zum energetischen Niveau gibt nur der Mittelwert. Die Abbildung zeigt, dass die energetisch optimierten Passivhäuser gegenüber der Bestandssiedlung 90% und gegenüber den Niedrigenergiehäusern 76% Heizwärme real einsparen. Werden allerdings nur einzelne Häuser bzw. WE betrachtet, ist eine eindeutige Zuordnung zu der Verbrauchsgruppe nicht immer einfach: Die niedrigsten Verbrauchswerte der Bestandssiedlung in Kassel könnten genauso die höchsten Verbrauchswerte der Niedrigenergiehäuser sein. Wird nur ein einzelnes Gebäude messtechnisch untersucht, kann es keine Aussagen dazu geben, wo der Messwert statistisch einzuordnen ist. Bei einer solchen Einzelmessung pauschale Aussagen zu Abweichungen vom theoretischen Bilanzwert machen zu wollen, ist daher nicht sinnvoll bzw. nicht möglich. Dazu müssten dann wieder die gemessenen Einflussfaktoren, wie z. B. die Innentemperatur, interne Wärmequellen (Stromverbrauch) etc. bekannt sein.

Ausführungen zu der statistischen Auswertung von Messdaten des Heizwärmeverbrauchs finden sich im Protokollband Nr. 28 dieser Veröffentlichungsreihe [Feist 2004].

Abbildung 20:
Vergleich der Verbrauchsstatistik für Gruppen jeweils baugleicher Reihenhauseinheiten;
links: 98 Altbauten; in der Mitte 41 Niedrigenergiehäuser in Niedernhausen;
rechts vier Passivhaussiedlungen mit insgesamt 144 Wohneinheiten.


Die Verbrauchsmittelwerte betragen: 158 kWh/(m²a) bei den Altbauten, 66 kWh/(m²a) für die
Niedrigenergiehäuser, und etwa 13 kWh/(m²a) für die Passivhäuser (ergänzt nach [Feist 2004]).


Die Nutzereinflüsse in einem richtig dimensionierten, energetisch optimierten Gebäude führen in keiner Weise zu Problemen im Betrieb. Dies ist ein häufig gehörtes, aber falsches Vorurteil. Sowohl beim niedrigsten als auch beim höchsten Heizwärmeverbrauch sind die vom Nutzer gewünschten, behaglichen Raumtemperaturen im Passivhaus vorhanden. Die zahlreichen Monitoringprojekte zeigen, dass sich die Gebäude auf Grund der hohen Zeitkonstanten thermisch „träge“ verhalten und sehr gutmütig auf unterschiedliches Nutzerverhalten reagieren.

Aber natürlich hat das unterschiedliche Nutzerverhalten einen deutlichen Einfluss auf die Verbrauchswerte; dies zeigten bereits die Darstellungen in Abbildung 20. Dabei nur die Heizwärme zu betrachten, greift allerdings zu kurz. Es kann natürlich auch mit hohem elektrischem Verbrauch (z. B. mit ineffizienter Beleuchtung, wie leistungsstarken Deckenflutern) ein nennenswerter Beitrag zur Beheizung erreicht werden. Der Heizwärmeverbrauch geht dann ggf. deutlich zurück. Erst die Summen der drei Verbrauchsbereiche Strom, Heizung, Warmwasser zeigen das unterschiedliche Nutzerverhalten in seiner ganzen Breite.

Abbildung 21:
Gemessene Energieverbrauchswerte, getrennt für Strom, Heizung und Warmwasser
in 19 zentralversorgten Wohnungen des Monitoringprojektes „Altbausanierung mit
Passivhauskomponenten“ in der Tevesstraße in Frankfurt a.M.
Die Verbräuche sind direkt in den Wohnungen gemessen, enthalten damit keine
Verteilverluste etc. [Peper at al. 2009].


Im Monitoringprojekt in Frankfurt a.M. in der Tevesstraße („Sanierung mit Passivhauskomponenten“) wurde für einen Gebäudeblock die Auswertung getrennt dargestellt (aus [Peper at al. 2009]). Die in den 19 Wohnungen direkt gemessenen Verbräuche von Strom, Heizung und WW sind in Abbildung 21 aufgeführt. Die Messwerte liegen in der Summe zwischen 12,3 und 128,3 kWh/(m²a). Der flächengewichtete Mittelwert beträgt 68,5 kWh/(m²a). Dabei sind Haushalte zu finden, die sehr wenig bzw. gar nicht heizen aber deutlich höhere Verbrauchswerte beim elektrischen Verbrauch und / oder dem Warmwasserverbrauch aufweisen. Aber auch der umgekehrte Fall ist vertreten. Dies zeigt die Bandbreite der unterschiedlichen Nutzungen der Wohnungen. Die Größe der Wohnungen beträgt zwischen 34 und 86 m² Energiebezugsfläche (Mittelwert 68,9 m³). Die Wohnungen wurden zur Bilanzzeit von einer bis drei Personen bewohnt.

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