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Erneuerbarer Primärenergiebedarf in Wohngebäuden mit hoher Energieintensität

Primärenergie ist die Menge an Energie, die ursprünglich erzeugt werden muss, um den gesamten Energiebedarf eines Gebäudes abzudecken. Das Konzept der konventionelle Primärenergie (PE) berücksichtigt fossile Energiequellen, während das Konzept der erneuerbaren Primärenergie (PER) die benötigte Menge an erneuerbarer Energie einschließlich der Speicherverluste ausdrückt (siehe hier). Für die Gebäudezertifizierung nach dem internationalen Passivhausstandard gibt es feste Kriterien für den PER-Bedarf: 60 kWh/(m²a) für Classic, 45 kWh/(m²a) für Plus und 30 kWh/(m²a) für Premium. Jedoch sehen die Zertifizierungskriterien [PHI 2016] für spezielle Anwendungen mit hoher Energieintensität die Möglichkeit von Ausnahmen vor, wenn eine effiziente Nutzung der elektrischen Energie für alle wichtigen Geräte und Systeme vorliegt.

Für Wohngebäude mit kleinen Wohneinheiten (hohe Belegungsdichte) wird eine solche Ausnahme wahrscheinlicher. Der Energiebedarf von Nutzungen wie Lüftung, Warmwasserbereitung und Strom für Haushaltsgeräte skaliert mit der Anzahl der Personen und führt somit zu einem höheren spezifischen Energiebedarf (kWh/m²a) in einem Gebäude mit hoher Belegungsdichte. In anderen Worten, das Projekt kann den vorgegebenen Grenzwert überschreiten, einfach weil es mehr Personen pro Energiebezugsfläche gibt. In einigen Fällen kann dies auch dann geschehen, wenn hoch energieeffiziente Geräte oder Ausstattung installiert sind. Abbildung 1 zeigt, wie der spezifische Endenergiebedarf bei wechselnden Wohnungsgrößen variiert.

Abbildung 1. Die Grafik zeigt den Endenergiebedarf von 5 verschiedenen Wohneinheiten mit Lüftung, Warmwasserbereitung und Haushaltsgeräten mit ähnlichen Eigenschaften. Bei Energienutzungen, bei denen der Bedarf mit der Anzahl der Bewohner variiert, ist der spezifische Energiebedarf umso höher, je kleiner die Wohnung ist.
© PHI

Mit zunehmender Belegungsdichte ist es gegebenenfalls nicht mehr möglich, einen Bedarf unter 60 kWh/m2a zu erreichen, ohne die Leistung der Gebäudekomponenten über die für ein Passivhaus Classic üblichen Werte hinaus zu verbessern. Um den Einfluss der Belegungsdichte auf den spezifischen Primärenergiebedarf angemessen zu berücksichtigen, wird ein überarbeiteter Grenzwert für Gebäude mit hoher Belegungsdichte benötigt. Dieser Grenzwert kann berechnet werden, indem spezifische Ziele pro individuellem Energieverbrauch festgelegt werden, die auf der erwarteten Leistung von Passivhäusern basieren.

Zum Beispiel für Lüftung:

  • Der erforderliche Luftwechsel für ein Wohngebäude kann auf der Grundlage der Empfehlungen für Passivhäuser ([AkkP-50] Kostengünstige Lüftungslösungen für den Wohnungsbau - Systeme mit Wärmerückgewinnung) bestimmt werden: 30 m³/h pro Person, Anforderung an Abluftzonen (Bäder, Küchen) oder mindestens ein Luftwechsel von 0,3 1/h. Die Kriterien für die Zertifizierung von Lüftungsgeräten legen einen maximalen Strombedarf von 0,45 Wh/m³ fest.

Mit diesen beiden Werten kann ein Grenzwert für den Endenergiebedarf für die Lüftung eines bestimmten Gebäudes festgelegt werden:

  • - Dieser Wert wiederum kann mit dem entsprechenden PER Faktor multipliziert und in den äquivalenten Bedarf an erneuerbarer Primärenergie umgerechnet werden.

Abbildung 2 veranschaulicht ein Beispiel für diese Berechnung für die Lüftung:

Abbildung 2. Beispiel für die Berechnung des PER-Ziels für die Lüftung eines Gebäudes.
© PHI

Im Falle der Warmwasserbereitung wäre der Prozess ähnlich, wobei der Energiebedarf durch einen festen Wert für Passivhäuser (25 L/Person*Tag bei 60°C) und die Anzahl der Bewohner bestimmt wird. Die Endenergie basiert auf einem Grenzwert für Verteilungsverluste von 100% der Nutzenergie, wenn eine sehr effiziente Wärmequelle verwendet wird (SPF von 2 oder mehr). Je niedriger der Wirkungsgrad des Systems für die Warmwasserbereitung ist, desto mehr müssen die Verteilungsverluste reduziert werden. Abbildung 3 veranschaulicht die Berechnung für dasselbe Gebäude, welches in Abbildung 2 verwendet wurde.

Abbildung 3. Beispiel für die Berechnung des PER-Ziels für die Warmwasserbereitung in einem Gebäude.
© PHI

Dieser Prozess wird für jede Energienutzung im Gebäude durchgeführt, so dass:

  • Die Zielvorgaben für den Kühl- und Heizwärmebedarf basieren auf den Grenzwerten für die Nutzenergie, wie sie in den Kriterien festgelegt sind.
  • Die Zielvorgaben für Lüftung, Warmwasser und Strom werden auf der Grundlage des bereits im PHPP festgelegten Bedarfs pro Person angepasst, also mit der Belegungsdichte abgestimmt.
  • Andere Zielvorgaben, wie der Strombedarf des Aufzugs, der Geräte und der Beleuchtung, basieren auf den Projekteigenschaften.

Lesen Sie hier mehr über die gesetzten Ziele pro Energieverbrauch und den Nachweis der Berechnung für das überarbeitete Ziel.

Sobald die Ziele für jede Endnutzung festgelegt sind, können diese addiert werden, um die Gesamtgrenze für den Bedarf an erneuerbarer Primärenergie oder den Primärenergiebedarf eines bestimmten Projekts zu erhalten. Abbildung 4 zeigt die Anpassung des PER-Bedarfs bei abnehmender Wohnungsgröße für einen Standort, an dem der Kühlbedarf 15kWh/m²a1) beträgt.

Abbildung 4. Anpassung des Grenzwerts für den PER-Bedarf pro Energieverbrauch und Größe der Wohneinheit.
© PHI

Diese Methodik zu Berechnung einer Ausnahme der Kriterien für den PE/PER-Bedarf wurde in einem Tool implementiert, das mit dem PHPP verknüpft (Version 9.6 oder neuer) und für Wohnbauprojekte verwendet werden kann. Projekte, die eine Zertifizierung anstreben, können die ursprünglichen Grenzen, wie sie in den Passivhauskriterien festgelegt sind, oder den revidierten Grenzwert, der mit dem Tool berechnet wird, verwenden. Das Tool wurde im September 2019 für seine Implementierung in einer Pilotphase freigegeben. Projekte, die eine Ausnahme von den Kriterien für die PE/PER-Kriterien anstreben, müssen von einem akkreditierten Gebäudezertifizierer überprüft werden, um einen überarbeiteten Grenzwert für die PE/PER-Bedarf zu erhalten.


Dieser Artikel wurde im Rahmen des „projektspezifische PER“-Projekts entwickelt. Dieses Projekt wurde von der Zero Emissions Building Exchange verwaltet und von der Stadt Vancouver, Natural Resources Canada und dem BC Ministry of Energy, Mines and Petroleum Resources finanziert.


1)
Da der Grenzwert für den Kühlbedarf je nach Klima und Projekteigenschaften variiert, würde der PER Bedarf auch an einem Standort mit einem anderen Grenzwert für den Kühlbedarf variieren.
grundlagen/nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern/erneurbarer_primaerenergiebeadrf_in_wohngebaeuden_mit_hoher_energieintensitaet.txt · Zuletzt geändert: 2021/03/29 13:06 von naman.sukhija@passiv.de