Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


beispiele:wohngebaeude:einfamilienhaeuser:schritt_fuer_schritt_zum_passivhaus-kronsberg

Schritt für Schritt zum Passivhaus-Kronsberg

Passivhäuser erfordern keine vollständig neue Bauweise. Vielmehr kann heute jeder Neubau auch als Passivhaus realisiert werden. Es ist eine Reihe von kleinen Schritten, jeder beinhaltet eine verbesserte Bauqualität an einem Bauteil, die von einem gewöhnlichen Neubau zu einem Passivhaus führen. An einem Beispiel wird dies deutlich.

passivhaus_hannover_kronsberg_reihe.jpg
Ansichtsfoto der Reihenhäuser in Kronsberg.


Einführung

Die Passivhäuser der Siedlung „Lummerlund“ auf dem Kronsberg in Hannover waren ein wichtiges Leitprojekt innerhalb des europäischen Demonstrationsprojektes CEPHEUS (Abb. 1). Diese Häuser sind ganz gewöhnliche Reihenhäuser mit Satteldächern. Rein äußerlich sind sie nicht von „normalen Neubauten“ zu unterscheiden - und sie sind auch völlig normal. Nur - es sind eben Passivhäuser. Sie unterscheiden sich in äußerlich kaum zu erkennenden Details: höherer Wärmedämmung, besseren Fenstern, hoher Luftdichtheit und einer Wärmerückgewinnung aus der Abluft.

Abb. 1: Schnitt durch die Passivhäuser der Siedlung in Hannover Kronsberg. (Ansichtsfoto vgl. oben) Hervorgehoben sind die Verbesserungen gegenüber durchschnittlichen Häusern des gleichen Jahrgangs.
© PHI

Die Mehrinvestitionen

Jede Detailverbesserung erfordert eine gewisse Investition: Die bessere Wärmedämmung mehr Dämmstoff und seine Anbringung, die besseren Fenster eine beschichtete Scheibe mehr und einen gedämmten Fensterrahmen, die Wärmerückgewinnung ein Luftkanalnetz und die Luftdichtheit einen Drucktest. Die jeweiligen zusätzlichen Investitionskosten wurden für dieses Projekt ermittelt; sie sind in Abb. 2 zu jeder Komponente aufgeführt und in Abb. 3 Schritt für Schritt kumuliert. Insgesamt summieren sich die Mehrinvestitionen in diesem Fall auf etwa 8200 €.

Abb. 2: Die zusätzlichen Kosten des verbesserten Wärmeschutzes und der Gebäudetechnik bei jedem einzelnen Bauelement. Das Passivhauskonzept zeichnet sich gerade dadurch aus, dass die ohnehin erforderlichen Bauteile so optimal wie möglich verbessert werden.
© PHI


Abb. 3: Ansteigen der Investitionskosten Schritt für Schritt bei der Umplanung zu einem Passivhaus: Ein durchschnittliches Reihenhaus dieser Siedlung wird etwa 8200 € teurer als ein Haus, das eben nur die gesetzlichen Bestimmungen erfüllt. Dafür sparen die Häuser Jahr für Jahr etwa 650 € an Heizkosten ein - das entspricht einer internen Verzinsung von 6,5%/a (steuerfrei). Geldanlagen mit einer solchen Rendite muss man anderswo lange suchen - zudem mit einem derart geringen Risiko.
© PHI


Der Heizwärmebedarf

Wie diese Maßnahmen sich auf den Heizwärmebedarf auswirken, geht aus Abb. 4 hervor. Jeder einzelne Schritt zu höherer Effizienz verringert den Wärmebedarf ein wenig. In der Summe aller Maßnahmen bleibt am Ende noch weniger als ein Siebtel des ursprünglichen Verbrauchs übrig. Anschaulich kann man die Verbesserung der Energiebilanz auch in unserer Animation verfolgen. Alle Einzelschritte verändern den Charakter des Hauses nicht: Es bleibt ein ganz normales Wohngebäude. Es verändert sich nur der Bedarf an Heizenergie, der allerdings deutlich. Übrigens - die gemessenen Verbrauchswerte in der gebauten Siedlung stimmen sehr gut mit den berechneten Bedarfswerten überein. Die Energieeinsparung wird tatsächlich erreicht.

Abb. 4: Heizwärmebedarf vom Normalhaus zum Passivhaus: Die dargestellten Bedarfswerte wurden mit PHPP berechnet; die gemessenen Verbrauchswerte stimmen sehr gut mit der gerechneten Bilanz überein. Messergebnisse aus diesem Projekt wurden publiziert, eine Zusammenfassung findet sich hier (Seite "Messergebnisse zum Energieverbrauch"). © PHI

Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen

Die Mehrinvestitionen in die verbesserte Bau- und Haustechnik machen sich bezahlt. Abb. 5 zeigt die auf die Kilowattstunde Einsparenergie umgelegten Investitionskosten. Diese liegen bei den Dämmmaßnahmen zwischen 2,5 und 4,5 Cent je kWh. Schon im Jahr 2001 war die zugekaufte Heizenergie teurer - und die Kostenerhöhung setzte sich in einigen Schüben bis heute (2023) fort: im Jahr 2005 kostete Heizwärme aus Heizöl schon mehr als 6 Cent je kWh, durch das billige russische Erdgas stagnierten die Kosten für die Heizwärme dann über ein gutes Jahrzehnt bei rund 8 bis 10 Cent/kWh um nach der Energiekrise des Jahres 2022 nun bei mehr als 11 Cent/kWh zu liegen. Die Wärmerückgewinnung schafft es zu knapp über 5 Cent1), die Passivhaus-Fenster liefern „Einsparenergie“ zu etwa 7,5 Cent die kWh bei diesem Projekt - aber auch sie sind für das Gesamtpaket Passivhaus unverzichtbar2). Alle Maßnahmen zusammen lagen mit deutlich unter 5 Cent/kWh klar günstiger als der Zukauf von Energie zu Marktpreisen3). Diese Passivhäuser machen sich bezahlt - und dabei wurde der Zusatznutzen, nämlich gute Luftqualität und sehr gute thermische Behaglichkeit, gar nicht eingerechnet. Künftige Energiequellen liefern die Kilowattstunde generell zu höheren Preisen4) - das gilt für Wind-, Solar- und Biomasseenergie, vor allem, wenn diese jahreszeitlich gespeichert werden muss; es gilt auch für die Kernfusion, wenn diese wirklich einmal verfügbar werden sollte. Es ist sinnvoll, diese Energiequellen weiter zu entwickeln und auszubauen, denn nur aus diesen5) muss künftig der Energiebedarf gedeckt werden. Wie sich zeigt ist es aber wirklich entscheidend, die bestehenden Möglichkeiten der erheblich besseren Energieeffizienz zu nutzen - so wie es Passivhäuser tun. Denn deren Kosten sind in jedem Fall geringer und sie bieten überdies eine Versicherung gegen Energiekrisen aller Art.

Abb. 5: Für jede Einzelmaßnahme sind die Investitionskosten (Abb.3), die damit erzielte Energieeinsparung (Abb.4) und der Nutzungszeitraum bekannt. Daraus wurden die äquivalenten Kosten für die durch die Maßnahme eingesparte Energie berechnet: Das ist der Preis, zu dem die Maßnahmen Energie ersetzen können. Passivhäuser erweisen sich als wirtschaftlich, bereits bei heutigen Energiepreisen - das zeigt der Vergleich der Säule ganz links mit 4,7 €Cent/kWh für die Gesamtheit aller Maßnahmen, die zum Passivhaus führen. Tatsächlich kostet Heizenergie im Jahr 2006 über 6 €Cent/kWh6). (Diese Rechnung gilt für das konkrete Beispiel des behandelten Reihenhauses.)
© PHI


Zu den Passivhäusern der Siedlung in Hannover gibt es eine umfassende Dokumentation, die kostenlos aus dem Internet heruntergeladen werden kann. Dieses Projekt wurde im Rahmen von CEPHEUS realisiert. Der Bauträger war die Firma Rasch&Partner, Architektin Petra Grenz.

Siehe auch

Übersicht zu mehr Beispielen zum Thema „Wohngebäude“

PHPP – Das Passivhaus-Projektierungspaket 🌡️: Das Passivhaus Projektierungspaket ist ein Tool, mit dem ein Passivhaus ausgelegt und die Auslegung optimiert werden kann. Kernbestandteil des Tools ist die Energiebilanz des Gebäudes.

Hintergründe: Energiebilanzen 🌡️

Literatur

Kurzfassung zur CEPHEUS-Projektinformation Nr. 18, Klimaneutrale Passivhaus-Reihenhaussiedlung, Hannover-Kronsberg, Wolfgang Feist (PHI), Søren Peper (PHI) und Matthias von Oesen (StWH).

Kostenlose Endberichte: Passivhaus Institut → Literatur → Kurzberichte und Fachliteratur zum Thema Passivhaus (kostenlos zum Herunterladen) → Endberichte: Klimaneutrale Passivhaussiedlung Hannover-Kronsberg

1)
das ist für einen Neubau auch heute noch die Größenordnung, wenn vernünftig geplant wird
2)
Für einen derzeit gebauten Neubau liegt die Kostendifferenz für die Passivhaus-Fensterqualität eher sogar etwas geringer
3)
Diese Aussage gilt auch in der aktuellen Situation von 2023 nach, allerdings sind die investiven Mehraufwendungen für eine verbesserte Wärmedämmung inzwischen, wie alle anderen Preise auch, etwas gestiegen; sie sind aber für die meisten Bauweisen immer noch so gering, dass Kosten der Einsparenergie unter 7,5 Cent/kWh für das Gesamtprojekt typisch sind
4)
Da versucht die Versorgungswirtschaft immer wieder, eine andere Botschaft aufrecht zu erhalten: Nämlich, dass Energie künftig einmal sehr viel billiger wird. Angesichts der physikalischen/technischen Realitäten sind das irreführende Hoffnungen. Zwar wird z.B. Photovoltaik-Strom auch künftig noch billiger werden - für Zwecke der Gebäudeheizung muss die dabei vor allem im Sommer erzeugte Energiemenge erst einmal in den Winter überführt werden und das ist teuer.
5)
und ebne nicht mehr aus fossiler Energie
6)
Bemerkung bei Durchsicht 2022: …und in den Folgejahren im Durchschnitt dann noch mehr. 2022 aber sind die Brennstoffpreise dann (wieder einmal) „explodiert“; bei Heizölpreisen um 1,50€/Liter kommt Heizenergie auf über 18 Cent/kWh. Auch wir schätzen es so ein, dass diese exorbitanten Preise auch wieder ein wenig herunter kommen werden, aber nicht auf „Vorkriegsniveau“; denn eines wird jetzt überdeutlich: Putin hat ein gewaltiges Preis-Dumping betrieben um sich die Erpressbarkeit des Westens zu sichern.
beispiele/wohngebaeude/einfamilienhaeuser/schritt_fuer_schritt_zum_passivhaus-kronsberg.txt · Zuletzt geändert: 2023/04/06 12:31 von wfeist