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Planungsempfehlungen und Zertifizierung von Innendämmsystemen


Die energetische Sanierung des historischen Gebäudebestandes mit Innendämmung stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar. Die Vorbehalte gegen diese bauphysikalisch durchaus anspruchsvolle Sanierung sind groß und müssen durch geeignete Produkte und Systeme ausgeräumt werden. Nur dann können die dringend erforderlichen energetischen Verbesserungen breite Umsetzung erfahren.

Das Passivhaus Institut hat für Altbauten die Zertifzierung „EnerPHit - Zertifizierte Modernisierung mit Passivhaus-Komponenten“ entwickelt. Gefordert ist entweder ein Heizwärmebedarf von maximal 25 kWh/(m²a) oder alternativ die durchgängige Verwendung von Passivhaus-Komponenten nach den Anforderungen der PHI-Bauteilzertifizierung. Der mit dem PHPP berechnete Heizwärmebedarf, sowie die Wärmeschutzqualität der Einzelbauteile werden auf dem Zertifikat dokumentiert.

Gebäudesanierungen mit Innendämmung können mit dem EnerPHit+i Siegel zertifiziert werden.

Neu hinzukommen soll die Zertifizierung von Innendämmung als EnerPHit-geeignetes Bausystem. Sie dient dem Planer und Bauherren als Hilfestellung für eine fachgerechte Außenwandsanierung. Ziel ist sowohl die Vermeidung von Bauschäden durch Auffeuchtungen im Wandsystem als auch eine gesundheitliche Belastung durch Schimmelwachstum. Geprüft werden können alle Innendämmsysteme die mindestens eine Variante enthalten, die den EnerPHit Kriterien für Außenwände entsprechen.

Das hygrothermische Verhalten des Innendämmsystems kann nicht wie bei Außendämmsystemen isoliert betrachtet werden, es steht vielmehr im engen Zusammenhang mit den Materialeigenschaften der Bestandswand, den örtlichen Klimarandbedingungen und ggf. der Nutzung. Im Rahmen der Zertifizierung wird das Innendämmsystem vorerst für außenseitig verputztes Mauerwerk in den Schlagregenbelastungsgruppen II und III in kühl-gemäßigtem Außenklima untersucht. Die raumseitige Feuchtelast wird unter der Annahme einer maschinellen Lüftung bemessen, die aus hygienischen Gründen sinnvoll ist und im Rahmen einer EnerPHit Zertifizierung vorausgesetzt wird. Der Zertifikatsbericht gibt umfangreiche Hinweise bezüglich fehlerfreien Planung und Ausführung des Innendämmsystems, der Anschlüsse sowie der korrekten Vorbereitung des Untergrundes. Damit sollen die gängigen Ausführungsfehler unterbunden werden.


Anforderungen an die Planung und Zertifizierung von Innendämmung

Die lückenlose und sorgfältige Ausführung der luftdichten Ebene kommt bei Sanierungsmaßnahmen mit Innendämmung eine besondere Bedeutung zu. Undichte Anschlüsse, fehlerhafte Ausführung und systembedingte Schwachstellen können zur Hinterlüftung der Dämmschicht und zur Auffeuchtung in oder hinter der Dämmebene führen und erhöhen das Bauschadensrisiko deutlich. Während die sorgfältige Ausführung eine handwerkliche Aufgabe darstellt, müssen in Bezug auf altbauspezifische Gegebenheiten von Seiten des Systemanbieters einfache, praktisch umsetzbare und robuste Lösungen angeboten werden. Ein Sanierungskonzept muss typische Durchdringungen und Anschlüsse berücksichtigen und systematische Schwachstellen (z.B. Möglichkeiten zur Hinterlüftung der Dämmebene) ausschließen. Eine detaillierte Beschreibung der Ausführung sowie der zu verendenden Materialeigenschaften muss in vom Hersteller zur Verfügung gestellt werden.

Im Rahmen der Planung und Zertifizierung von Innendämmsystemen sind konstruktive Lösungen für die Anschlüsse des Dämmsystems an einbindende Wände und Decken sowie an Fensterlaibungen zu entwickeln. Dabei sind folgende Planungsgrundsätze zu beachten:

  • Begleitdämmung der einbindenden Innenwände reduziert die Bauschadensgefahr.
  • Laibungsdämmung im Bereich der Fenster ist zur Sicherstellung einer ausreichenden Innenoberflächentemperatur unbedingt erforderlich.

Gelangt Raumluft z.B. durch Risse oder durch Deckenzwischenräume hinter die Dämmung und kommt es zu einer Hinterlüftung der Dämmung mit Raumluft sind Bauschäden sehr wahrscheinlich. Im Rahmen der Planung sind daher Lösungen zu erarbeiten, die eine weitestgehend fehlerfreie und dauerhafte Andichtung der luftdichten Ebene an angrenzende Bauteile wie Fenster, Türen und Innenwände ermöglichen.

Folgende Lösungen müssen entwickelt und deren handwerkliche Durchführung beschrieben werden:

  • Art und Weise der Befestigung der Dämmung (z.B. Verklebung oder Dübelung)
  • Beschreibung der Unterkonstruktion falls vorhanden
  • Klare eindeutige Benennung der luftdichten Ebene z.B. neuer Innenputz oder Dampfbremse und die Lage im Dämmsystem
  • Beschreibung der luftdichten Verbindung an den Kontaktstellen z.B. Klebeband
  • Andichtung der luftdichten Ebene an Fenster, Türen, Decken und einbindende Wände
  • Für die Zertifizierung als EnerPHit geeignetes Innendämmsystem muss das Bauteilkriterium U ≤ 0,35 W/(m²K) eingehalten werden. Die erforderlichen Dämmstärken ergeben sich daher aus dem U-Wert der Bestandswand. Diese wird in vier Kategorien eingeteilt:
UBestandswand W/(m²K) Beispiel für U ≤ 0,35 W/(m²K)
BW1 ≤ 3,0 – 2,0 120 mm λ =0,047 W/(mK)
BW2 < 2,0 – 1,0 120 mm λ =0,050 W/(mK)
BW3 < 1,0 – 0,8 100 mm λ =0,050 W/(mK)
BW4 < 0,8 80 mm λ =0,050 W/(mK)


Bestandskonstruktionen und Lösungen

Die im Vorfeld untersuchten Innendämmvarianten zeigen zum Teil eine deutliche Abhängigkeit des Bauschadensrisikos vom vorhandenen Konstruktionsaufbau. Vor allem bei schlagregenbelasteten Fassaden sind zufriedenstellende Ergebnisse bei einigen Systemen nur mit konkreten Außenputzeigenschaften erzielbar. Die Zertifizierung als EnerPHit geeignetes Bausystem zielt daher auf eine Prüfung des Gesamtaufbaus ab.

Am Beispiel einer verputzten Klinkerwand (d=24cm) mit 8 cm Innendämmung aus Mineralschaum, EPS und Mineralwolle wurden vier verschiedene Außenputze untersucht (Abbildung 1). Bewertet wird hier das Schimmelwachstumsrisko am alten Innenputz nach [Sedlbauer et al.]. Ein Risiko bis 50 mm pro Jahr wird demnach als unkritisch bewertet. Nach [DIN 4108-3] gelten die Putze P1 und P2 als Schlagregenbelastungsgruppe (SRG) III geeignet. P4 ist für SRG II zulässig und P3 nur für SRG I. P3 und P4 sind also nur mit entsprechenden Anstrichen für SRG III geeignet. P1 führt bei allen drei Innendämmsystemen zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Der Aufbau mit P2 führt trotz der Eignung für SRG III und trotz hydrophobierendem Anstrich bei der EPS Variante zu einem kritischen Schimmelrisiko. Ebenso verbessert der Anstrich bei P3 bei Mineralwolle- und EPS-Systemen den Schlagregenschutz nicht in erforderlichem Maße. Mit einem hydrophobierenden Anstrich bei P4 werden zufriedenstellende Ergebnisse für Mineralschaum und Mineralwolle erreicht, nicht aber für EPS. Es zeigt sich, dass vor allem bei den stärker wasseraufnehmenden Putzen insb. P3 und P4 die unterschiedlichen Eigenschaften der Innendämmsysteme mehr in den Vordergrund treten.

Abbildung 1: Schimmelwachstumsrisiko am alten Innenputz in Abhängigkeit vom vorhandenen Außenputz (Vergleichsgröße: aw-Wert in kg/(m²h0,5) für drei Innendämmsysteme. Ermittlung des zu erwartenden Schimmelwachstums nach Isoplethenmodell [Sedlbauer 2001]. Grenzwert des unbedenklichen Wachstums: 50mm/a. Standort Bremerhaven. Die Skala ist bei 350 mm/a abgeschnitten.

Neben der Wahl geeigneter Außenputze muss die Bestandskonstruktion noch weitere Voraussetzungen erfüllen:

  • Der vorhandene Innenputz ist fest verbunden mit dem Untergrund
  • Die Wand ist frei von aufsteigender Feuchte
  • Starke Verschmutzungen der Oberfläche des alten Innenputzes werden entfernt
  • Ölhaltige Anstriche und Fliesen auf dem alten Innenputz werden entfernt


Nachweis zum Bautenschutz

Die dynamische Simulation gibt einen umfassenden Aufschluss über die hygrothermischen Vorgänge innerhalb eines Bauteils und ist daher gut geeignet die Funktionstüchtigkeit und Dauerhaftigkeit von Konstruktionen zu bewerten. Im Rahmen der Zertifizierung werden eine Reihe von Kriterien untersucht die eine Bewertung hinsichtlich der Bauschadensgefahr ermöglichen. Die Voraussetzung für eine positive Bewertung einer Konstruktion ist dann gegeben wenn:

  • die Dauerhaftigkeit durch die Dämmmaßnahme nicht herabgesetzt wird, und
  • wenn durch die Maßnahme keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigung zu erwarten ist, bzw. eine bis dahin bedenkliche Konstruktion durch die Innendämmung entschärft wird.

Diese Kriterien gelten dann als erfüllt wenn:

  • es nicht zu einer Auffeuchtung kommt
  • der kritische Feuchtegehalt der Baustoffe unterschritten wird
  • die Feuchte von Hölzern bzw. Holzwerkstoffen von 20 bzw. 15 Masseprozent nicht überschritten wird und die jährliche Schwankungsbreite weniger als 3 Masseprozentpunkte beträgt
  • In den Bauteilschichten des alten Innenputzes, der Innendämmung und der neuen raumseitigen Oberfläche das Schimmelrisiko als gering einzustufen ist.
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