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Luftdichtheitsmessung von Passivhäusern - Hinweise zur Durchführung
Die Luftdichtheitsmessungen von Passivhäusern sollen weltweit einheitlich nach ISO 9972, Verfahren 1 durchgeführt werden. Die Abweichungen (diese sind nicht grundsätzlicher Natur), Präzisierungen und Ergänzungen zu der Norm in Bezug auf Passivhäuser sind hier beschrieben.
Die Berechnung des Bezugsvolumens für Passivhäuser soll ergänzend nach dem unten aufgeführten Verfahren durchgeführt werden und für die Bestimmung des n50-Wertes verwendet werden.
Für die Berechnung und die Dokumentation kann es hilfreich sein, das „Raumbuch“ zu verwenden, welches als Zusatztool dem PHPP Version 10 beigefügt ist.
1. Vergleich der Bezeichnungen
Die Normen EN 13829 und die ISO 9972 verwenden stellenweise unterschiedliche Bezeichnungen. Zur besseren Übersicht werden die wichtigsten hier gegenübergestellt:
2. Volumenberechnung
Das für die Berechnung des n50-Wertes anzusetzende Luftvolumen Vn50 innerhalb der beheizten Gebäudehülle wird raumweise ermittelt und nachvollziehbar dokumentiert. Dabei wird die Grundfläche des Raumes mit der mittleren lichten Raumhöhe multipliziert. Pauschale Ansätze zur Ermittlung des Innenvolumens über den umbauten Raum (Bruttorauminhalt) unter Zuhilfenahme eines Reduktionsfaktors sind nicht zulässig. | raumweise |
Merke: Die für diese Berechnung zu verwendende Grundfläche ist abweichend von der sonst genutzten Energiebezugsfläche. Das Luftvolumen Vn50 ist nicht gleich dem „Umbauten Volumen“ und auch nicht gleich dem im PHPP-Blatt „Heizwärme“ verwendete Lüftungsvolumen (pauschale Raumhöhe 2,5 m). Aus diesem Grund muss das ermittelte Volumen Vn50 aus dem Testprotokoll auch in das PHPP mit übertragen werden. | nicht EBF nicht VL sondern Vn50 |
Unabhängig vom Grad der Fertigstellung des Gebäudes werden immer die Maße wie bei Fertigstellung verwendet (z.B. bei fehlendem Estrich). Volumen oberhalb von abgehängten Decken zählen NICHT zum Luftvolumen dazu. Dies ist unabhängig davon, ob die Decke bereits vorhanden ist, dicht angeschlossen zur Wand ist oder über div. Löcher verfügt („Akustikdecke“). Die Volumenreduktion durch Putzschichten muss nicht berücksichtigt werden. | nur Fertigstellungsmaße |
Zu jeder Luftdichtheitsmessung muss die vollständige, nachvollziehbare, raumweise Volumenberechnung beigefügt werden. Dazu können ggf. auch Hilfsrechnungen notwendig sein, welche ebenfalls beigefügt sein müssen. | Dokumentieren |
Bei z.B. Dachschrägen wird mittels Dreiecks- bzw. Prismaberechnung das Luftvolumen ermittelt. Dazu kann z.B. ein Anteilsfaktor in der Tabelle (Abbildung 1) berücksichtigt werden. |
Es wird das gesamte Luftvolumen innerhalb der thermischen Hülle berücksichtigt. Zur genauen Erklärung sind Besonderheiten in Abbildung 2 dargestellt.
Sichtbare Sparren, Unterzüge, Abkofferungen, Vorwandinstallationen (wenn diese nicht raumhoch sind) und dergleichen bleiben unberücksichtigt; sie werden bei der Berechnung zur Vereinfachung nicht abgezogen. Sie werden also so behandelt, als wenn sie nicht vorhanden wären (= Luftraum). | Sparren, Unterzüge Vorwandinstall. |
Das Volumen von Fensterlaibungen (siehe Abbildung 3) wird ebenfalls nicht berücksichtigt (Messen nur bis zur inneren Wandoberfläche). Ebenso wird mit Türen und Durchgängen verfahren. Diese Festsetzungen dienen der Vereinfachung. Die dadurch entstehenden Abweichungen sind in aller Regel klein. | Fensterlaibungen |
Treppen Das Luftvolumen eines Treppenhauses gehört zum Luftvolumen und wird vollständig berücksichtigt. Das Volumen des Treppenlaufs (Bauteil) zählt vereinfacht zum Luftvolumen, wird also nicht abgezogen. Damit kann die Grundfläche des Treppenraumes mit der lichten Höhe des Geschosses multipliziert werden | Volumen des Treppenlaufs nicht abziehen |
Das Luftvolumen der Aufzugsschächte und aller sonstigen Schächte innerhalb der thermischen Hülle gehört zum Luftvolumen und wird vollständig berücksichtigt. Das Volumen der Aufzugskabine sowie von Rohren, Kanälen usw. (Bauteile) zählt vereinfacht zum Luftvolumen, wird also nicht abgezogen. Damit kann die Grundfläche des Schachtes mit der lichten Höhe des Geschosses multipliziert werden. | Aufzug und Schächte zählen zum Luftvolumen |
Eine Übersicht zu den Unterscheidungen des VL aus dem PHPP und dem Vn50 für die Blower DoorMessung findet sich hier.
3. Zeitpunkt der Messung
Von Interesse ist die Luftdichtheit des vollständig fertiggestellten Gebäudes. Daher wäre eine Messung nach Fertigstellung des Gebäudes nahe liegend. Zu diesem Zeitpunkt sind allerdings alle Einbauten, Estrich, Verkleidungen etc. bereits fertiggestellt. Damit sind viele wichtige Anschlüsse und Durchdringungen der luftdichten Ebene nicht mehr zerstörungsfrei zugänglich. Restleckagen an der luftdichten Ebene können dann nicht mehr nachgearbeitet werden, was nicht sinnvoll ist. | |
Aus diesem Grund ist eine Messung möglichst direkt nach dem Schließen der luftdichten Ebene (z.B. Fenstereinbau, Luftdichtheitsbahn im Dach, o.ä.) zielführender. So können Leckagen direkt an der Luftdichtheitsebene lokalisiert werden und es können wichtige Nacharbeiten durchgeführt werden. Zum Messtermin sollten nur in Ausnahmefällen Bauteile der Gebäudehülle fehlen (z.B. Haustür). Diese müssen dann temporär abgedichtet werden. Alle Abdichtungen und Präparationen sind ausdrücklich im Protokoll der Messung nachvollziehbar zu vermerken. | Messung direkt nach Fertigstellung der luftdichten Ebene |
Nach der Messung muss die verantwortliche Bauleitung sicherstellen, dass durch Nachfolgearbeiten keine Verletzungen der luftdichten Ebene verursacht werden. Sollte es aus unterschiedlichen Gründen dazu Bedenken geben, ist eine weitere Messung durchzuführen. Im Regelfall ist allerdings eine Luftdichtheitsmessung ausreichend. | Zweite Messung? |
4. Durchführung der Messung
Verfahren 1 Für die energetische Bilanzierung eines Gebäudes im PHPP ist der Nutzungszustand bei normalem Gebäudebetrieb von Interesse. Daher müssen die Luftdichtheitsmessungen von Passiv-häusern nach Verfahren 1 durchgeführt werden. Bei Passivhäusern gibt es normalerweise keinen Unterschied zwischen den Verfahren 1 (Nutzungszustand) und Verfahren 2 (Prüfung der Gebäudehülle). Als beabsichtigte Öffnungen gibt es im Regelfall nur die Außen- und Fortluftöffnungen der Lüftungsanlage, welche für die Messung verschlossen werden müssen. Öffnungen welche nach Verfahren 2 abgeklebt würden, sollten im Passivhaus generell so ausgeführt werden, dass sie verschließbar sind (z.B. Aufzugsschacht-Entrauchung) Entscheidend ist das genaue und nachvollziehbare Protokollieren jeder für die Messung hergestellten temporären Abdichtung. | Nutzungszustand |
Abdichtung der Lüftungsanlage Die kontrollierte Lüftung im Wohnungsbau sollte aus hygienischen Gründen während der Heizperiode dauerhaft betrieben werden. Da die in Balance betriebene Lüftungsanlage keine Leckage darstellt, wird diese für die Messung temporär verschlossen (z.B. abkleben, Ballblase einsetzen). Dabei sollte nach Möglichkeit immer außen- und fortluftseitig verschlossen werden, um Leckagen des Kanalnetzes und des Lüftungsgerätes nicht mitzumessen. | Wohnungsbau: Lüftung abdichten |
Im Bereich des Nichtwohnungsbaus (Schule, KiTa,…) gibt es häufig Passivhäuser bei denen in der Nacht und/oder am Woohenende die Lüftungsanlage nicht betrieben wird (intermittierend). In diesen Fällen sind zwingend Lüftungsanlagen mit dicht-schließenden Klappen auf der Außen- und Fortluftseite notwendig. Diese verhindern während der Unterbrechung des Lüftungsbetriebs, dass das Gebäude durch Thermik und Windangriff zusätzlich Wärme verliert. Die Leckagen des Lüftungsgerätes selbst sind - bei zertifizierten Geräten - bereits in der Geräteprüfung, also im Wärmebereitstellungsgrad enthalten. Bei Gebäuden mit intermittierender Betriebsweise müssen die vorhandenen Verschlussklappen während der Luftdichtheitsmessung geschlossen sein, sie dürfen jedoch nicht zusätzlich abgeklebt werden. Sind in einem Gebäude Ventilatoren für eine mechanische Sommerlüftung vorhanden dürfen diese bei der Luftdichtheitsmessung ebenso nicht abgeklebt werden. | Nichtwohnungs-bau: Nur Klappe schließen |
Weitere Abdichtungen Für die Messung dürfen keine weiteren Abdichtungen an der Gebäudehülle vorgenommen werden (Schlüssellöcher, undichte Fenster, Katzenklappen etc.). Für die Luftdichtheit problematische Einrichtungen wie ein offener Kamin, ein raumluftabhängiger Heizkessel etc. können im Passivhaus generell nicht betrieben/eingesetzt werden. | Keine weiteren Abdichtungen |
Ausnahmen können nur - wie oben beschrieben - die temporären Abklebungen bei fehlenden Bauteilen bilden, welche die Luftdichtheit verändern (z.B. fehlende Türschwelle, fehlender Geruchsverschluss bei der Abwasserleitung). Diese Abklebungen sind wieder genau zu protokollieren. | Ausnahme: Fehlende Bauteile |
Ziel ist es, beim Test eine realistische Situation des Nutzungszustandes zu prüfen und keinen „künstlich“ verbesserten Zustand. | Nutzungszustand |
Unter- UND Überdruckmessung Anders als in der Norm ISO 9972 wird für Passivhäuser generell die Unter- UND die Überdruckmessung gefordert. Die Aussagekraft der Messung wird damit, bei nur sehr geringem Zusatzaufwand, deutlich verbessert. Der Luftdichtheitskennwert des Gebäudes wird anschließend als Mittelwert aus Überdruck- und Unterdruckergebnis bestimmt. | Immer Unter- und Überdruckmessung |
5. Besonderheiten bei Großgebäuden (qE50-Wert)
In großen Gebäuden ist es notwendig den Luftdichtheitswert zusätzlich in Bezug auf die Hüllfläche (qE50-Wert) zu berechnen. Aufgrund des günstigeren A/V-Verhältnisses (Verhältnis Hüllfläche zu Volumen) ist der n50-Wert allein nicht mehr aussagekräftig. Daher wird empfohlen bei großen Gebäuden auch die Außenoberfläche des Gebäudes zu ermitteln. Diese wird nach ISO 9972 bestimmt. | Hüllfläche |
Als große Gebäude sind hier Gebäude mit Luftvolumen Vn50 ≥ 1.500 m³ definiert. | ≥ 1.500 m³ |
Als Ergebnis sind bei derartig großen Gebäuden dann beide Werte, n50- und qE50-Wert im Messprotokoll anzugeben. | Angabe von n50- und qE50-Wert |
Hinweis zum Vorgehen der Berechnung der Hüllfläche nach ISO 9972: Die Hüllfläche ist die Gesamtfläche aller Böden, Wände und Decken die das untersuchte Volumen umschließen. Dazu zählen auch alle Wände und Böden unterhalb des Erdniveaus. Es werden „Innenmaße über alles“ verwendet; die Stirnflächen von einbindenden Innenwänden werden nicht abgezogen. Siehe dazu Abbildung 4. Abweichend von der ISO 9972 kann vereinfachend auch die Hüllfläche aus dem PHPP angesetzt werden. Der dort verwendete Außenmaßbezug führt nur zu unerheblichen Abweichungen. |
Bei Reihenhäusern zählen die Gebäudetrennwände auch zur Hüllfläche, bei Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ebenso alle Böden, Wände und Decken zu Nachbarwohnungen. Diese Flächen müssen nur berücksichtigt werden, wenn jede Wohneinheit einzeln gemessen wird. | Reihen- und MFH |
Empfohlener Zielwert qE50-Anforderung Als Grenzwert für die Zertifizierung von Passivhäusern ist der n50-Wert von kleiner gleich 0,6 h-1 festgelegt (siehe Zertifizierungs-kriterien auf www.passiv.de). | |
Die Anforderungen an die Hüllfläche der kleineren Gebäude können als Anhaltspunkt für den anzustrebenden Wert bei großen Gebäude (> 1.500 m³) verwendet werden. Als Zielwert ergibt sich so: qE50 ≤ 0,6 m³/(h m²) Die Erfahrungen aus zahlreichen Messungen an großen und sehr großen Gebäuden zeigt, dass dieser Zielwert bei einem sinnvollen Luftdichtheitskonzept gut einzuhalten bzw. zu unterschreiten ist. Bei besonderer Gebäudenutzung (z.B. Schwimmbad) können auch höhere Anforderungen notwendig sein. | Zielwert qE50 |
Achtung: Bei kleinen Gebäuden kann es vorkommen, dass zur Einhaltung von n50 < 0,6 h-1 deutlich sorgfältigere Luftdichtheitsmaßnahmen durchgeführt werden müssen, ein Nachweis nur der Einhaltung eines qE50-Kriteriums reicht in keinem Fall. | Nur qE50-Wert ist nicht ausreichend |
Siehe auch
Übersicht der Passipedia-Artikel zum Thema „Luftdichtheit“