Wirtschaftlichkeit
Ein bedeutender Anteil des Energieeinsatzes in Europa wird in Gebäuden für die Heizung verwendet (etwa 40%). Die Reduzierung dieses Energiebedarfs ist eine wesentliche Voraussetzung, die gesteckten Ziele zur Verringerung des CO2-Ausstoßes zu erreichen und stellt somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz dar. Zudem wird die Abhängigkeit von Energielieferungen aus den Krisengebieten der Welt verringert, denn die Versorgung erfolgt hier immer noch aus fossilem Gas und Öl. Um dies erschließen zu können, ist die Kenntnis des verfügbaren Energiesparpotentials ebenso wichtig wie die Bewertung Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen.
Der Bau von Gebäuden mit einer hochwertigen Gebäudehülle zur Erreichung einer hohen Energieeffizienz (Passivhäuser) war bereits bei den wirtschaftlichen Randbedingungen des Jahres 2006 sinnvoll. Die Energiepreise zur Bereitstellung von Heizwärme hatten bereits 2007 ein Niveau erreicht, bei dem sich die verbesserten Maßnahmen zur Energieeinsparung bei Passivhäusern und EnerPHit-Sanierungen, nämlich der hochwertige Wärmeschutz, die verbesserte Luftdichtheit und die kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung wirtschaftlich rechnen. Im Jahr 2011 lagen die Energiepreise nun noch einmal um fast 50% höher und seit Ende 2021 explodieren sie wieder - die hier beschriebenen Maßnahmen sind jetzt eine der wenigen Möglichkeiten, sich der Preislawine zu entziehen.
Diese Aussage kann zusammengefasst an einem Beispiel illustriert werden. Ein Passivhaus oder eine Altbausanierung mit Passivhaus-Komponenten erfordert Mehrinvestitionen von etwa 100 €/m² Wohnfläche gegenüber einem Gebäude, das nach den aktuellen gesetzlichen Vorschriften (EnEV 2009) errichtet oder saniert wird; diese Kosten haben sich in den letzten Jahren sogar weiter reduziert. Dies gilt sowohl für Neubau als auch für die meisten Altbausanierungen; nicht enthalten sind dabei die „ohnehin“-Kosten eines neuen Anstrichs oder ohnehin ausgetauschter Fenster (mit nur mittelmäßiger Qualität). Für eine beispielhafte Wohneinheit von 100 m² ergeben sich Mehrinvestitionen von inzwischen weniger als 10 000 €. Ein großer Teil dieses Betrags wird bei mittleren Energiepreisen der Zeitperiode 2006-2021 über die Einsparung von Heizenergie während der Lebensdauer der Maßnahmen erwirtschaftet. Zur Unterstützung der Bauherren werden (in Deutschland) außerdem für die Anfangsinvestitionen staatliche Förderungen zur Verfügung gestellt.
Eine genaue Analyse der Zahlen zeigt: es macht überaus Sinn gewisse Mehrinvestitionen zum Zeitpunkt der Baumaßmahme (Neubau oder aber vor allem die Altbausanierung) in die Hand zu nehmen, die sich wirtschaftlich rentieren. Bleibt die Frage, wie die Akteure in der Bauwirtschaft (private Bauherren, Wohnungsbaugesellschaften etc.) effektiv überzeugt werden können, diese Maßnahmen auch zu tätigen. Die Erfahrung zeigt, dass eine nachhaltige Motivation der Akteure (Bauherren, Architekten, Ingenieure und ausführende Firmen) durch fundierte Information über die Möglichkeiten und Potentiale die besseren Resultate zeitigt, anstatt über gesetzliche Vorschriften die Einhaltung eines Baustandards zu fordern. Denn ein PH-Neubau oder eine Sanierung mit PH-Komponenten ist auch für erfahrene Architekten und Planer eine anspruchsvolle Aufgabe, die aber bei gutem Willen schnell erlernt und angewendet werden kann.
Neben dem reinen Energiespareffekt wird durch die Energieeffizienzmaßnahmen auch ein ganz erheblicher, für den Bewohner deutlich fühlbarer Zusatznutzen erreicht und zwar sowohl bei neu gebauten Häusern als auch bei entsprechend durchgeführten Bestandssanierungen. Außerdem findet die Wertschöpfung für die Herstellung der Gebäude regional statt, d.h. dort, wo die Investition getätigt wird. Das ist auch volkswirtschaftlich wünschenswert, denn das schafft Arbeitsplätze bei mittelständischen und regional agierenden Unternehmen.
Die Methode der dynamischen Kapitalwertberechnung zeigt, dass nicht nur hohe Energiepreise die Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen zur Energieeffizienz beeinflussen, sondern dass hohe Kapitalzinsen ein Hemmnis für die Umsetzung solcher Maßnahmen wären. Das derzeitige (2010-2021) allgemein niedrige Zinsniveau ist daher neben der staatlichen Förderung eine große Chance für das Energieeffiziente Bauen, die es zu nutzen gilt.
Hinweis: die folgenden Seiten zeigen anhand einiger Rechenbeispiele die Wirtschaftlichkeit verschiedener Maßnahmen. Zum Teil sind dies Beispiele mit älteren Zahlen für den Kredit-Zinssatz oder die Energiepreise dargestellt. Auch die Baukosten haben sich in den letzten Jahren teilweise geändert. Daher können einzelne konkrete Zahlen nicht mehr aktuell sein. Die generelle Aussage bleibt jedoch richtig - und die genauen Zahlen müssen ohnehin im einzelnen Fall berechnet werden. Jede/r ist jedoch aufgefordert, die Kosten seiner Projekte sorgfältig zu überwachen, so dass nicht nur eine Energie effiziente, sondern auch eine kostengünstige Lösung gefunden werden kann.