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Verglasungen und ihre Kennwerte 🌡️


Entwicklung beim Fenster

Bei keinem anderen Bauteil verlief die Entwicklung zu immer besserer Qualität des Wärmeschutzes so stürmisch wie bei den Fenstern. Der Wärmedurchgangskoeffizient (Uw-Wert) der marktverfügbaren Fenster hat sich in den letzten 40 Jahren um mehr als einen Faktor 8 verringert!

Hier geben wir zunächst eine qualitative Übersicht zu den verwendeten Verglasungen, den lichtdurchlässigen Bestandteilen der Fenster; der Fachbegriff dafür ist „transparentes Bauteil“. Für die Energiebilanz wird eine Verglasung durch zwei wesentliche Größen gekennzeichnet: Zum einen durch einen Wärmedurchgangskoeffizient oder U-Wert; hier unterscheidet sich die Verglasung nicht grundsätzlich von den nicht-lichtdurchlässigen Bauteilen1), der U-Wert erlaubt es, den Wärmeverlast durch die Verglasung zu bestimmen. Zum anderen lässt dieses Bauteil aber auch Licht, genau genommen einen gewissen Anteil der eintreffenden Strahlung2) durch; die mit dieser Strahlung transportierte Energie wird im Gebäude nahezu vollständig in Wärme umgewandelt3). Zur Kennzeichnung dieses Durchlassen von kurzwelliger Strahlung4) verwenden wir den Gesamtenergiedurchlass-Koeffizienten g5).


1-fach-Verglasung - höchste Zeit, sie auszuwechseln

Anfang der 70er Jahre waren die meisten Fenster in Deutschland noch einfachverglast: eisblumen_einfachverglasung.jpg

⇒ Jeder Quadratmeter eines solches Fenster „kostet“ damit Jahr für Jahr bei durchschnittlichen Wärmepreisen 42 € an Heizkosten6).

Aber nicht nur die Energieverluste sind hoch: Durch die schlechte Dämmung kann die Kälte direkt auf die Innenoberfläche durchgreifen. Nicht selten liegt die Temperatur dort unter 0 °C – das wird in Form von Eisblumen sichtbar. Schlechter Wärmeschutz ist mit geringer Behaglichkeit und hohem Schadensrisiko verbunden.

"Isolier"-Verglasung: verbesserungswürdige Zwischenstufe

Etwas besser waren die sogenannten „Isolierglasscheiben“. Nach der ersten Ölkrise wurden sie in Neubauten und bei beschlagenes_isolierglas.jpgModernisierungen eingesetzt. Zwischen zwei Scheiben ist dabei eine dämmende Luftschicht eingeschlossen. Da Luft die Wärme wesentlich schlechter leitet als z.B. Glas, wird so der Wärmetransport durch Wärmeleitung stark reduziert: allerdings bleibt im so geschaffenen Glaszwischenraum immer noch ein beträchtlicher Wärmetransport durch Wärmestrahlung übrig, so dass der U-Wert zwar bedeutend sinkt, aber leider nicht so stark, wie das auf Basis der Wärmeleitfähigkeiten naiv zu erwarten wäre.

Zweischeiben-Wärmeschutz-Verglasung: viel besser, aber immer noch nicht gut genug

Einen bedeutenden Fortschritt brachte die Verwendung von hauchdünn aufgebrachten Metallschichten zum Scheibenzwischenraum hin (englisch „low-e“-Schicht genannt). Dadurch konnte die Wärmestrahlung zwischen den Scheiben stark reduziert werden.


Dreischeiben-Wärmeschutz-Verglasung: Die optimale Qualität für zukunftsweisendes Bauen und Modernisieren

Den Durchbruch für das energiesparende Bauen in Deutschland schafft erst die Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung.

⇒ Das Ergebnis ist ein „Warmfenster“ oder „Passivhausfenster“, bei welchem sich der jährliche Energieverlust auf weniger als 7 Liter Heizöl pro Quadratmeter Fensterfläche verringert – etwa ein Achtel des Ausgangswertes.

Berücksichtigt man noch, dass die durch das Passivhausfenster gratis einfallende Sonnenenergie auch im Kernwinter die Wärmeverluste aufheben kann, gibt es bei geeigneter Ausrichtung und nicht allzu starker Verschattung sogar Nettoenergiegewinne. Das Fenster ist vom „Kälteloch“ zur „Heizung“ geworden. Übrigens: Die Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung „rechnet“ sich heute bei jedem Fensterkauf allein durch die erreichte Energieeinsparung.

Die möglichen Energiegewinne über die Fenster passen genau zum Wärmeschutzniveau der gedämmten Hülle (mit U-Werten um 0,15 W/(m²K)). Mit diesen beiden Qualitäten zusammen wird das Passivhaus im nasskalten Mitteleuropa erst möglich. Es resultiert ein Haus mit vernachlässigbaren Wärmeverlusten – ein Haus, das komfortabel warm bleibt und mit der in der Fortluft noch enthaltenen Wärme allein beheizt werden kann.

Auch das Passivhausfenster zeichnet sich nicht nur durch die geringen Wärmeverluste aus, sondern ebenso durch weiter verbesserte Behaglichkeit. Bei strengem Frost sinkt die innere Oberflächentemperatur jetzt nicht mehr unter 17 °C.

Unter diesen Umständen ist die thermische Behaglichkeit im Raum unabhängig von der Art der Wärmezufuhr gewährleistet. Dass dies möglich wurde, daran haben gerade die verbesserten Fenster einen bedeutenden Anteil.

Hier sind die wichtigen Komponenten für das Warmfenster:


Wärmebildaufnahme eines Passivhausfensters
von der Innenseite. Alle Oberflächen sind
angenehm warm: Blockrahmen, Flügelrahmen
und die Verglasung. Selbst am Glasrand sinkt
die Temperatur in diesem Bild nicht unter
15 °C ab
(Aufnahme: PHI; Objekt: Passivhaus Darmstadt
Kranichstein; dort stehen die Heizkörper an
den Innenwänden).



Zum Vergleich ein isolierverglastes Altbau-
fenster: hier liegen schon die mittleren Ober-
flächentemperaturen unter 14 °C. Aber auch
der Einbau zeigt auffällige Wärmebrücken,
besonders am Betonsturz
(Aufnahme: PHI).






Zweischeiben-Wärmeschutzverglasun-
gen (hier bei einer neu eingebauten
Fenstertür) haben schon höhere Ober-
flächentemperaturen (16 °C im Mittel).
Auffällig ist bei dieser Aufnahme die
sehr schlechte Dämmung des konven-
tionellen Fensterrahmens. So hohe
Wärmeverluste und niedrige Ober-
flächentemperaturen müssen heute
nicht mehr sein: Passivhausrahmen
erlauben eine bedeutende
Qualitätsverbesserung.


Fazit

Passivhausfenster sind hochwertige Produkte, die inzwischen von mehr als 100 Herstellern entwickelt wurden und am Markt erhältlich sind. Die Energieeinsparung gegenüber herkömmlichen Fenstern beträgt nicht wenige Prozent, sondern mehr als die Hälfte der sonst über die Fenster verlorenen Energie. Diese Fenster sparen aber nicht nur Energie und damit bares Geld, sie dienen auch dem Klimaschutz. Passivhausfenster sind ein Musterbeispiel für effiziente Technik, die in Europa entwickelt wurde und regionale Arbeitsplätze schafft – und dabei gleichzeitig die angespannten Energiemärkte entlastet.

Die Entwicklung führte zu immer besseren Verglasungen:
Vom 1-fach-Glas (ganz links) bis zu den Passivhaus geeigneten
Verglasungen (rechts). Nur diese haben auch bei strenger
Kälte behaglich warme Innenoberflächen. Geringerer Energie-
verlust und bessere Behaglichkeit gehen Hand in Hand.


Weiter zur Bestimmung der U-Werte von Mehrfachverglasungen quantitativ 🌡️

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Siehe auch

Übersicht zu den Passipedia-Artikeln zum Thema „Fenster“

1)
Fachbegriff: opak
2)
inkl. nicht-sichtbare Teile des Spektrums, hier vor allem im nahe Infrarot
3)
bis auf den Anteil, der als Strahlung durch dieses oder auch andere Fenster wieder austritt
4)
so bezeichnen wir in der Bauphysik den Bereich des Solarspektrums, der hier relevant ist und das erstreckt sich von 0,2 µm (Ultraviolett) über den gesamten für das menschliche Auge sichtbaren Bereich bis zur Grenze des nahen Infrarot bei 2µm.
5)
englisch: „solar heat gain coefficient“ sghc
6)
Das war bei Heizölpreisen um 70 Cent/Liter. Inzwischen (2023) liegen die Kosten für Heizwärme eher bei rund 11 Cent/kWh, weitgehend unabhängig von der Art der Heizung und das führt auf Kosten von rund 50 €/m².
7)
Hier wird das im Detail rechnerisch erklärt: U-Werte von Mehrfachverglasungen quantitativ 🌡️
8)
Zum Verständnis wird hier auf Erklärung zum Auftreten von Tauwasser
9)
Das spart nicht nur Energiekosten, es verbessert auch die Behaglichkeit und reduziert die maximal an kalten Tagen erforderliche Heizleistung - dadurch werden Wärmepumpen-Heizungen einfacher und kostengünstiger.