Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


grundlagen:bauphysikalische_grundlagen:aequivalenzen_zweiter_hauptsatz

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

Beide Seiten der vorigen RevisionVorhergehende Überarbeitung
Nächste Überarbeitung
Vorhergehende Überarbeitung
grundlagen:bauphysikalische_grundlagen:aequivalenzen_zweiter_hauptsatz [2022/06/25 23:29] – [(B)⇒(C) (Carnot-Wirkungsgrad ist der maximale Wirkungsgrad)] wfeistgrundlagen:bauphysikalische_grundlagen:aequivalenzen_zweiter_hauptsatz [2022/08/20 11:23] (aktuell) – [Äquivalenzen zweiter Hauptsatz] wfeist
Zeile 1: Zeile 1:
 ======Äquivalenzen zweiter Hauptsatz====== ======Äquivalenzen zweiter Hauptsatz======
  
-Ausgestattet mit dem Stirlingmotor (auch rückwärtslaufend als Wärmepumpe) und der Definition der Exergie können wir nun tatsächlich die Äquivalenzen der Formulierungen des 2. Hauptsatzes beweisen. Weil das nicht nur erkenntnistheoretisch sehr interessant ist, sondern auch zu einem tieferen Verständnis der Vorgänge rund um die "Wärme" führt, stellen wir die Beweise hier sogar dar; zugleich zeigt das, dass das grundsätzliche Verständnis dieser Zusammenhänge gar nicht so schwierig ist.+Ausgestattet mit dem [[die_stirling_maschine|Stirlingmotor]] (auch rückwärtslaufend als Wärmepumpe) und der Definition der Exergie können wir nun tatsächlich die Äquivalenzen der Formulierungen des 2. Hauptsatzes beweisen. Weil das nicht nur erkenntnistheoretisch sehr interessant ist, sondern auch zu einem tieferen Verständnis der Vorgänge rund um die "Wärme" führt, stellen wir die Beweise hier sogar dar; zugleich zeigt das, dass das grundsätzliche Verständnis dieser Zusammenhänge gar nicht so schwierig ist.
  
 Wir führen den Beweis "einmal im Kreis herum", also (A) ⇒ (B) ⇒ (C) ⇒ (D) ⇒ (E) ⇒ (A).  Wir führen den Beweis "einmal im Kreis herum", also (A) ⇒ (B) ⇒ (C) ⇒ (D) ⇒ (E) ⇒ (A). 
  
-Beginnen also, indem wir zunächst annehmen, dass (A) richtig ist, was ja bisher praktisch noch nie irgendwo anders beobachtet worden ist (vgl. den rückwärtslaufende Film).+Beginnen also, indem wir zunächst annehmen, dass (A) richtig ist, was ja bisher praktisch noch nie irgendwo anders beobachtet worden ist (vgl. den rückwärtslaufenden Film).
  
-Schön wäre es, wenn wir aus verfügbarer Wärmeenergie, z.B. der gigantischen Energiemenge, die im Erdreich und im Gestein rings um uns herum als Wärme vorliegt, mit einer Maschine einfach dauerhaft Wärme entnehmen und in mechanische Energie verwandeln könnten((alle Energieprobleme wären schlagartig gelöst)). Eine solche Maschine (die nichts anders als dies macht: kontinuierlich Wärme aus einem System entnehmen und in Arbeit $w$ verwandeln((ohne weitere Auswirkungen))) nennen wir ein Perpetuum Mobile 2. Art **PM2**. Gäbe es so ein PM2, dann können wir damit Folgendes machen: Wir treiben mit der Arbeit aus dem PM2 die schon als physikalisch realisierbar gezeigte Stirling-Wärmepumpe an: Die holt uns mit der Antriebsarbeit $w$ Wärme aus einem andern Reservoir (z.B. ein See) mit etwas niedrigerer Temperatur ab und bringt diese, zusammen mit der in Wärme verwandelten Arbeit, in das System zurück: Das ist in jedem Fall mehr Wärme, als uns PM2 dort entnommen hatte. Was jetzt mit der Kombi-Maschine (PM2&Stirlingwärmepumpe) vorliegt, ist genau ein Zaubertool, mit dem Wärme vom System der niedrigeren Temperatur in das System der höheren Temperatur gebracht wird - und sonst nichts passiert, die zwischendrin erzeugte Arbeit ist ja komplett dabei verwendet. Das genau ist es aber, was die Formulierung (A) ausschließt; (B) kann es somit nicht geben: **"Es gibt kein Perpetuum Mobile der zweiten Art"**. +Schön wäre es, wenn wir aus verfügbarer Wärmeenergie, z.B. der gigantischen Energiemenge, die im Erdreich und im Gestein rings um uns herum als Wärme vorliegt, mit einer Maschine einfach dauerhaft Wärme entnehmen und in mechanische Energie verwandeln könnten((alle Energieprobleme wären schlagartig gelöst)). Eine solche Maschine (die nichts anderes als dies macht: kontinuierlich Wärme aus einem System entnehmen und in Arbeit $w$ verwandeln((ohne weitere Auswirkungen))) nennen wir ein Perpetuum Mobile 2. Art **PM2**. Gäbe es so ein PM2, dann können wir damit Folgendes machen: Wir treiben mit der Arbeit aus dem PM2 die schon als physikalisch realisierbar gezeigte [[grundlagen/bauphysikalische_grundlagen/die_stirling_waermepumpe|Stirling-Wärmepumpe]] an: Die holt uns mit der Antriebsarbeit $w$ Wärme aus einem andern Reservoir (z.B. ein See) mit etwas niedrigerer Temperatur ab und bringt diese, zusammen mit der in Wärme verwandelten Arbeit, in das System zurück: Das ist in jedem Fall mehr Wärme, als uns PM2 dort entnommen hatte. Was jetzt mit der Kombi-Maschine (PM2&Stirlingwärmepumpe) vorliegt, ist genau ein Zaubertool, mit dem Wärme vom System der niedrigeren Temperatur in das System der höheren Temperatur gebracht wird - und sonst nichts passiert, die zwischendrin erzeugte Arbeit ist ja komplett dabei verwendet. Das genau ist es aber, was die Formulierung (A) ausschließt; (B) kann es somit nicht geben: **"Es gibt kein Perpetuum Mobile der zweiten Art"**. 
  
 =====(B)⇒(C) (Carnot-Wirkungsgrad ist der maximale Wirkungsgrad) ===== =====(B)⇒(C) (Carnot-Wirkungsgrad ist der maximale Wirkungsgrad) =====
Zeile 13: Zeile 13:
 Jetzt gehen wir von der Gültigkeit von (B) aus. Nehmen aber an, jemand habe eine Maschine "Superkraftwerk" SUP erfunden, die zwischen zwei Reservoiren mit Temperaturen $T_h$ und $T_c$ (mit $T_h>T_c$) läuft, aber einen größeren Wirkungsgrad $\eta_{SUP}$ aufweist. Die liefert also, bei gleicher Wärmeentnahme $Q_I$ aus dem hohen Reservoir, mehr mechanische Arbeit $w_{SUP}$ ab. Mit dem Teil davon, den wir für den Rücktransport von $Q_I$ mittels unserer Stirling-Wärmepumpe brauchen, treiben wir jetzt genau diese an. Das hohe Temperaturreservoir hat jetzt insgesamt gar keine Wärme abgegeben - aber es ist mechanische Arbeit entstanden, die allein aus der Entnahme von Wärme aus dem kühleren Reservoir stammt. Die Kombi-Maschine (SUP&Stirling-Wärmepumpe) ist dann genau ein PM2. Das es aber gemäß der Annahme (B) nicht geben kann. Jetzt gehen wir von der Gültigkeit von (B) aus. Nehmen aber an, jemand habe eine Maschine "Superkraftwerk" SUP erfunden, die zwischen zwei Reservoiren mit Temperaturen $T_h$ und $T_c$ (mit $T_h>T_c$) läuft, aber einen größeren Wirkungsgrad $\eta_{SUP}$ aufweist. Die liefert also, bei gleicher Wärmeentnahme $Q_I$ aus dem hohen Reservoir, mehr mechanische Arbeit $w_{SUP}$ ab. Mit dem Teil davon, den wir für den Rücktransport von $Q_I$ mittels unserer Stirling-Wärmepumpe brauchen, treiben wir jetzt genau diese an. Das hohe Temperaturreservoir hat jetzt insgesamt gar keine Wärme abgegeben - aber es ist mechanische Arbeit entstanden, die allein aus der Entnahme von Wärme aus dem kühleren Reservoir stammt. Die Kombi-Maschine (SUP&Stirling-Wärmepumpe) ist dann genau ein PM2. Das es aber gemäß der Annahme (B) nicht geben kann.
  
-Damit haben wir auch (C) bewiesen. Wir wollen hier auf die Bedeutung dieser Formulierung kurz eingehen: Sie sagt nämlich, dass die von uns konstruierte Stirling-Maschine den optimalen Wirkungsgrad hat, der nach den Gesetzen der Physik überhaupt möglich ist: Für die Gewinnung von mechanischer Arbeit aus Wärme vom Temperaturniveau $T_h$ gegenüber einer Umgebung mit $T_c$ kann keine Maschine jemals besser sein als diese. Das liegt, wenn der Beweis genau analysiert wird, an der Reversibilität der vorgestellten Stirling-Maschine. Und es heißt zugleich, dass jede vollständig reversibel arbeitende Maschine genau diesen Wirkungsgrad haben muss - und die nicht perfekten, zumindest teilweise irreversiblen, einen kleiner Wirkungsgrad. Weil der (theoretische) Stirling-Prozess reversibel ist, eignet er sich daher genauso gut für diese Betrachtungen wie die üblicherweise hier verwendete Carnotmaschine((Genau das ist übrigens einer der didaktischen Gründe, es hier "anders" zu machen. Wichtiger ist, dass wir so ein wenig Vertrautheit mit der Thermodynamik gewinnen, bevor wir die Begrifflichkeit des "adiabaten Prozesses" einführen und die zugehörigen Vorgänge berechnen)). \\ \\ +Damit haben wir auch (C) bewiesen. Wir wollen hier auf die Bedeutung dieser Formulierung kurz eingehen: Sie sagt nämlich, dass die von uns konstruierte Stirling-Maschine den optimalen Wirkungsgrad hat, der nach den Gesetzen der Physik überhaupt möglich ist: Für die Gewinnung von mechanischer Arbeit aus Wärme vom Temperaturniveau $T_h$ gegenüber einer Umgebung mit $T_c$ kann keine Maschine jemals besser sein als diese. Das liegt, wenn der Beweis genau analysiert wird, an der Reversibilität der vorgestellten Stirling-Maschine. Und es heißt zugleich, dass jede vollständig reversibel arbeitende Maschine genau diesen Wirkungsgrad haben muss - und die nicht perfekten, zumindest teilweise irreversiblen, einen kleineren Wirkungsgrad. Weil der (theoretische) Stirling-Prozess reversibel ist, eignet er sich daher genauso gut für diese Betrachtungen wie die üblicherweise hier verwendete Carnotmaschine((Genau das ist übrigens einer der didaktischen Gründe, es hier "anders" zu machen. Wichtiger ist, dass wir so ein wenig Vertrautheit mit der Thermodynamik gewinnen, bevor wir die Begrifflichkeit des "adiabaten Prozesses" einführen und die zugehörigen Vorgänge berechnen)). \\ \\ 
  
 =====(C)⇒(D) Insgesamt kann die Arbeitsfähigkeit (Exergie) nicht zunehmen ====== =====(C)⇒(D) Insgesamt kann die Arbeitsfähigkeit (Exergie) nicht zunehmen ======
Zeile 61: Zeile 61:
  
 Weil ${T_h}$ größer ist als ${T_c}$ ist die Summe \\ \\  Weil ${T_h}$ größer ist als ${T_c}$ ist die Summe \\ \\ 
-d$S = dS_c+dS_h=dE \cdot \left( - \frac{1}{T_c} + \frac{1}{T_h} \right) < 0 $ \\ \\  +d${\displaystyle S = dS_c+dS_h=dE \cdot \left( - \frac{1}{T_c} + \frac{1}{T_h} \right) < 0 }$ \\ \\  
 was dem Ausgangsstatement, dass im abgeschlossenen System aus diesen beiden Teilsystemen die Entropie nicht abnehmen kann, widerspricht. \\ \\  was dem Ausgangsstatement, dass im abgeschlossenen System aus diesen beiden Teilsystemen die Entropie nicht abnehmen kann, widerspricht. \\ \\ 
 Damit sind wir in unserer Beweiskette wieder zurück am Anfang, bei der Formulierung (A). Daher haben wir jetzt tatsächlich vollständig bewiesen, dass alle fünf hier aufgeführten Formulierungen für den zweiten Hauptsatz gleichwertig sind: Denn jede Aussage lässt sich durch Rückverfolgung des geschlossenen Beweiszyklus auf jede der vier anderen zurückführen.\\ \\  Damit sind wir in unserer Beweiskette wieder zurück am Anfang, bei der Formulierung (A). Daher haben wir jetzt tatsächlich vollständig bewiesen, dass alle fünf hier aufgeführten Formulierungen für den zweiten Hauptsatz gleichwertig sind: Denn jede Aussage lässt sich durch Rückverfolgung des geschlossenen Beweiszyklus auf jede der vier anderen zurückführen.\\ \\ 
Zeile 68: Zeile 68:
 Wie schon die hier aufgeführten unterschiedlichen, aber gleichwertigen Formulierungen zeigen, ist der zweite Hauptsatz von zentraler Bedeutung für die Thermodynamik. Eine erste Einsicht dazu hatte Carnot in seinem grundlegenden Papier zu 'Dampfmaschine', in der er allerdings bereits erkannte, dass die Aussagen von der speziellen Maschine unabhängig sind; außerdem steuerte er natürlich mit der Carnot-Maschine ein zentrales Tool für die gesamte weitere Entwicklung bei. Clausius hat diese Erkenntnisse aufgegriffen und zu einer systematischen Formulierung des zweiten Hauptsatzes verwendet und dabei auch die Entropie als Zustandsgröße eingeführt. \\ \\  Wie schon die hier aufgeführten unterschiedlichen, aber gleichwertigen Formulierungen zeigen, ist der zweite Hauptsatz von zentraler Bedeutung für die Thermodynamik. Eine erste Einsicht dazu hatte Carnot in seinem grundlegenden Papier zu 'Dampfmaschine', in der er allerdings bereits erkannte, dass die Aussagen von der speziellen Maschine unabhängig sind; außerdem steuerte er natürlich mit der Carnot-Maschine ein zentrales Tool für die gesamte weitere Entwicklung bei. Clausius hat diese Erkenntnisse aufgegriffen und zu einer systematischen Formulierung des zweiten Hauptsatzes verwendet und dabei auch die Entropie als Zustandsgröße eingeführt. \\ \\ 
 In der Technikgeschichte seit etwa 1867((also seit gut 150 Jahren)) haben sich diese Grundsätze nur bewährt - es gibt bisher in diesem ganzen Zeitraum keinerlei Hinweis darauf, dass es irgendwo Vorgänge gäbe, die diesen Grundsätzen nicht genügen.\\ \\  In der Technikgeschichte seit etwa 1867((also seit gut 150 Jahren)) haben sich diese Grundsätze nur bewährt - es gibt bisher in diesem ganzen Zeitraum keinerlei Hinweis darauf, dass es irgendwo Vorgänge gäbe, die diesen Grundsätzen nicht genügen.\\ \\ 
-Die qualitative Aussage "Wärme fließt nicht spontan permanent vom Medium mit niedrigerer Temperatur zu einem mit höherer" ist sehr leicht für jedermann verstehbar. Nach unserem Beweiszyklus ist diese Aussage bereits "der ganze 2. Hauptsatz" und damit äquivalent zu der Nicht-Beobachtbarkeit des umgekehrten Vorgangs in unserem Einführungsfilmchen mit dem Kopfsprung. Aber auch gleichwertig zu der Notwendigkeit der Kühlung von Wärmekraftwerken und der physikalischen Begrenzung derer Wirkungsgrade. Aber auch gleichwertig mit der Möglichkeit, zum Heizen eine Wärmepumpe zu verwenden, die dann mit weit weniger Exergie, sprich wertvoller Energie, auskommt als einfach nur ein Feuer oder ein elektrischer Heizofen. \\ \\ +Die qualitative Aussage "Wärme fließt nicht spontan permanent vom Medium mit niedrigerer Temperatur zu einem mit höherer" ist sehr leicht für jedermann verstehbar. Nach unserem Beweiszyklus ist diese Aussage bereits "der ganze 2. Hauptsatz" und damit äquivalent zu der Nicht-Beobachtbarkeit des umgekehrten Vorgangs in unserem Einführungsfilmchen mit dem Kopfsprung. Aber auch gleichwertig zu der Notwendigkeit der Kühlung von Wärmekraftwerken und der physikalischen Begrenzung derer Wirkungsgrade. Aber auch gleichwertig mit der Möglichkeit, zum Heizen eine Wärmepumpe zu verwenden, die dann mit weit weniger Exergie, sprich wertvoller Energie, auskommt als einfach nur ein Feuer oder ein elektrischer Heizofen. \\  
 + 
 +Die Kombination von reversiblen Wärmekraftmaschinen und reversiblen Wärmepumpen ist sogar in der Lage, die thermischen Prozesse im Prinzip reversibel durchzuführen. Hier wird von der "Carnotisierung" als Konzept einer hocheffizienten Energiewirtschaft gesprochen. Bisher sind wir von der Umsetzung eines solchen Ansatzes noch weit entfernt, da auch die besten unserer Maschinen in der Praxis weit unter dem Carnot-Wirkungsgrad laufen. Und dennoch: sie sind bereits weit besser als das einfache Verbrennen von Brennstoff oder gar Verheizen von Strom in einem Widerstand.\\ \\  
  
 **Zurück zum Kapitel [[grundlagen/bauphysikalische_grundlagen/die_stirling_maschine|Stirlingmotor]]** \\ \\  **Zurück zum Kapitel [[grundlagen/bauphysikalische_grundlagen/die_stirling_maschine|Stirlingmotor]]** \\ \\ 
grundlagen/bauphysikalische_grundlagen/aequivalenzen_zweiter_hauptsatz.1656192568.txt.gz · Zuletzt geändert: von wfeist