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Passivhaus – das nächste Jahrzehnt

Fragestellung - Grundlage der Effizienzkriterien

Die sich in den nächsten Jahren umfassend verändernde Energieversorgungsstruktur führt zu im Zeitverlauf ständig sich ändernden Primärenergiefaktoren. Allein dadurch eignet sich der bislang vielfach benutzte nicht erneuerbare Primärenergiebedarf nicht mehr für eine Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden.

Um einen neuen, dauerhafter geeigneten Effizienzmaßstab zu gewinnen, geht diese Arbeit wie folgt vor:

1. Es wird von einer Umstellung auf eine vollständig erneuerbare Energieversorgung ausgegangen (bis ca. 2060 möglich). Heute gebaute oder sanierte Gebäude werden den längsten Teil der Nutzungsdauer diese Versorgungsstruktur nutzen.

2. Dazu wird von den dauerhaft nachhaltig verfügbaren erneuerbaren Energiequellen Photovoltaische Stromerzeugung, Windenergieanlagen, Wasserkraft und nachhaltig verwendete Biomasse(-abfälle) ausgegangen. Diese Technologien stehen in bereits entwickeltem Umfang zur Verfügung und sind prinzipiell für den Aufbau einer vollständig nachhaltigen Energieversorgung geeignet [Welter 2012]. Dies wird durch die hier durchgeführte Studie noch einmal bestätigt. Diese Form der Energieerzeugung ist in der Vergangenheit immer kostengünstiger geworden, sie wird bis 2020 zu insgesamt ökonomisch vertretbaren Kosten verfügbar sein. Die Energiekosten werden jedoch zunächst nicht unter das heutige (2013) Niveau fallen.1)

3. Die Unterschiede der Erneuerbaren zu den bisherigen Energiesystemen sind:

Zur Lösung des ersten Teilpunktes im Abschnitt 3 (witterungsabhängige Erzeugung) wird hier ein zweistufiges Speicherkonzept angelegt:

Weiterführende Abschnitte für Mitglieder der IG Passivhaus

Methodik

Beispiel: Gesamtstromdeckung für ein Passivhaus

Ermittlung anwendungsspezifischer PER-Faktoren

Erste Bewertungsvergleiche

Konsequenzen und Perspektiven

Die bisherigen Untersuchungen zeigen bereits, dass eine vollständig erneuerbare regionale Energieversorgung mit heute verfügbarer Technik auch in Mitteleuropa auf der Basis hoher Effizienz ohne weiteres technisch und ökonomisch darstellbar ist. Die Umstellung wird einige Jahrzehnte benötigen, denn sie muss sich in die Ersatz- und Erneuerungszyklen einbetten, sonst sind die entstehenden Kosten zu hoch.

Bereits durchgeführte Parameterstudien an verschiedenen Standorten in Deutschland zeigen, dass die zugehörigen PER-Faktoren sich nur wenig unterscheiden. Selbst für andere Standorte in Europa (und sogar weltweit, mit Ausnahme der Tropen) liegen die Faktoren für jeweils gleiche Anwendungen nicht sehr weit auseinander. Das PHI führt gerade auf der Basis der vorhandenen Klimazonenstudie ([Schnieders et al., 2012], s. auch [IPHT 2012]) eine globale Untersuchung durch, welche die PER-Faktoren für alle Klimadatensätze im PHPP ermittelt. So wenig sich die PER-Faktoren unterscheiden, so deutlich sind allerdings die mittleren erforderlichen PV-Flächen zur Erzeugung von 1 MWh verschieden: Sie betragen in Deutschland typischerweise 10 m², in Rom nur 6,5 m², in San Francisco 5,5 m² und inmitten der Sahara sogar nur 4,3 m² wogegen für Kiruna oder Murmansk sogar 12 m² erforderlich werden. Alle diese äquivalenten Solarflächen liegen aber innerhalb der technisch und ökonomisch noch sinnvollen Spanne, so dass (abgesehen von der regionalen Verfügbarkeit auch anderer erneuerbarer Primärenergieressourcen) eine PV-Versorgung von Passivhäusern weltweit regional realisierbar ist. Die erforderlichen Speicherkapazitäten und die PER-Faktoren verringern sich, wenn ein überregionaler Energieverbund besteht - am besten geeignet dafür ist eine Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung, weil sich dann an unterschiedlichen Orten erzeugter Primärstrom im Netz unmittelbar ergänzen kann - solche Lösungen setzen den Willen zu fairer internationaler Kooperation voraus; sie würden zu günstigeren Energiepreisen (vor allem im Winter) führen, allerdings ebenfalls auf absehbare Zeit das heute bestehende Preisniveau nicht unterbieten.

Die bisher ausgeführten Simulationsläufe zeigen, dass insbesondere vor dem Hintergrund einer künftig vollständig erneuerbaren Energieversorgung

Literatur

[AkkP 22] Lüftungsstrategien für den Sommer. Protokollband Nr. 22 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser; Passivhaus Institut; Darmstadt 2003.

[AkkP 31] Energieeffiziente Raumkühlung. Protokollband Nr. 31 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser; Passivhaus Institut; Darmstadt 2005

[AkkP 36] Heizung mit Biobrennstoffen für Passivhäuser. Protokollband Nr. 36 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser; Passivhaus Institut; Darmstadt 2007

[AkkP 41] Sommerverhalten von Nichtwohngebäuden im Passivhausstandard; Projekterfahrungen und neue Erkenntnisse. Protokollband Nr. 41 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser; Passivhaus Institut; Darmstadt 2012
(Einige Abschnitte aus dieser Publikation sind auf Passipedia verfügbar → Link)

[AkkP 42] Feist, W. und Ebel, W.: Ökonomische Bewertung von Energieeffizienzmaßnahmen. Protokollband Nr. 42 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser; Passivhaus Institut; Darmstadt 2013

[AkkP 46] Feist, W. und Krick, B.: Nachhaltige Energieversorgung mit Passivhäusern. Protokollband Nr. 46 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser; Passivhaus Institut; Darmstadt 2012
(Einige Abschnitte aus dieser Publikation sind auf Passipedia verfügbar → Link)

[AkkP 49] Energieeffiziente Warmwassersysteme; Protokollband Nr. 49 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser; Passivhaus Institut; Darmstadt 2014

[Feist 1997] Feist, W.: „Vergleich von Messung und Simulation“; Protokollband Nr. 5 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser; Passivhaus Institut, Darmstadt 1997

[Feist 2013a] Feist, W.: „Passivhaus-Effizienz macht die Energiewende wirtschaftlich“; Tagungsband der 17. Internationalen Passivhaustagung; Passivhaus Institut, Darmstadt / Frankfurt 2013

[Feist 2013b] Feist, W.: „Energiekonzepte – das Passivhaus im Vergleich“; Tagungsband der 17. Internationalen Passivhaustagung; Passivhaus Institut, Darmstadt / Frankfurt 2013

[Feist 2014] Feist, W.: „Das Passivhaus ist mehr“; Tagungsband der 18. Internationalen Passivhaustagung; Passivhaus Institut, Darmstadt / Aachen 2014

[IPHT 2012] Tagungsband der 16. Internationalen Passivhaustagung; Passivhaus Institut, Hannover / Darmstadt 2012

[Kaufmann/ Feist 2001] Kaufmann, B. und Feist, W.: „Vergleich von Messung und Simulation am Beispiel eines Passivhauses in Hannover-Kronsberg“, Stadtwerke Hannover, Juni 2001.

[Kaufmann 2012] Kaufmann, B.: „Bewertung leitungsgebundener Energieträger: Wärmeverteilverluste von Fern/Nahwärmenetzen Szenarien für die optimierte Fernwärmenutzung aus KWK“, Protokollband Nr. 46 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser; Passivhaus Institut, Darmstadt 2012

[Krick 2012] Krick, B.: „Zur künftigen Bewertung des Energiebedarfs von Passivhäusern“, Protokollband Nr. 46 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser; Passivhaus Institut, Darmstadt 2012

[Nitsch 2012] Nitsch, J. et al: Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global, Stuttgart 2012

[Peper/Feist 2001] Peper, S.; Feist, W.; Kah, O.: „Messtechnische Untersuchung und Auswertung – Klimaneutrale Passivhaussiedlung Hannover-Kronsberg“, Passivhaus Institut, Hannover 2001.

[PHPP] PHPP Passivhaus Projektierungs Paket. Programm und Handbuch, Autoren: Feist, W., Schnieders, J. et al. Passivhaus Institut, Darmstadt 1998-2014

[Schnieders 2012] Schnieders, J.; Feist, W. et al: „Passivhäuser für verschiedene Klimazonen“. Passivhaus Institut. Darmstadt, Mai 2012; sowie Englisch: „Passive Houses for Different Climate Zones“ Passive House Institute, Darmstadt 2012
(Diese Publikation ist in englischer Sprache auf Passipedia verfügbar → Link)

[Vallentin 2011] Vallentin, R.: „Energieeffizienter Städtebau mit Passivhäusern – Begründung belastbarer Klimaschutzstandards im Wohnungsbau“ Dissertation TU, München, Göttingen: Cuvillier Verlag, 2011

[Welter 2012] Welter, P. „Vollversorgung mit Sonne und Wind bis 2030“, Photon Oktober 2012


Siehe auch

Übersicht der Passipedia Artikel zum Thema Nachhaltige Energieversorgung mit Passivhäusern

Übersicht aller Beiträge zur 18. Internationalen Passivhaustagung 2014 in Aachen

Tagungsband zur 18. Internationalen Passivhaustagung 2014 in Aachen

1)
Die derzeitige (vor allem politische) Diskussion über angeblich „zu hohe Kosten“ der Energiewende beruhen auf einer Vielzahl inkorrekt gesetzter Randbedingungen. Aber auch der Glaube an „künftig extrem billige“ Energie entbehrt realistischer Grundlagen. Effizienzsysteme bieten schon heute eine wirtschaftlich attraktive Alternative zur gegenwärtigen überwiegend fossilen Versorgung (vgl. dazu [AKKP 42] und [Feist 2014a].