Bei messtechnischen Untersuchungen ist häufig festzustellen, dass die Verbrauchswerte des ersten Betriebsjahres sich mehr oder weniger deutlich von den bzw. dem Folgejahr(en) unterscheiden. Dies kann ganz unterschiedliche Ursachen haben: technische Fehler, fehlerhafte Einstellungen/Inbetriebnahmen, Nutzerakzeptanz, Teilbelegung usw. Häufig sind die Werte vom ersten (und einzigen) Messjahr daher nicht ausreichend belastbar.
Abbildung 22: Oben: Teilansicht der Passivhaus Siedlung in Hannover Kronsberg von Süden. Unten: Spezifische Heizwärmeverbräuche der 32 Passivhäuser in Hannover Kronsberg (ohne Verteilverluste) in drei Heizperioden im Vergleich zum Bedarfswert bei Standardbedingungen. Die dargestellten Säulen stellen die Einzelwerte vom dritten Jahr dar [Peper/Feist 2002]. |
Wird ein Projekt längere Zeit messtechnisch begleitet, können diese Effekte sichtbar gemacht werden. In der Expo-Siedlung in Hannover Kronsberg ergab sich die Möglichkeit einer über dreijährigen messtechnischen Begleitung und intensiven Untersuchung. Hier zeigte sich von Jahr zu Jahr ein geringer Rückgang der Verbrauchswerte um 1,6 bzw. 0,5 kWh/(m²a) in Richtung des vorab berechneten Bedarfswertes bei Standardbedingungen (siehe Abbildung 22).
Möglich sind natürlich auch Verbrauchsentwicklungen in die andere Richtung. Bei dem Sanierungsprojekt mit Passivhauskomponenten „Mehrfamilienhaus Frankfurt Tevesstraße“ erhöhte sich der Erstjahresverbrauch der Heizwärme von 15,7 auf 21,6 kWh/ (m²a) in den beiden Folgejahren. Einer der Ursache ist unter anderem der Anstieg der durchschnittlichen winterlichen Raumlufttemperatur. Daneben kann an Abbildung 23 auch deutlich der erhebliche Nutzereinfluss anhand der starken Schwankungen je Wohnung festgestellt werden. Im Regelfall liegt die Ursache im Nutzerwechsel der entsprechenden Wohnung begründet.
Abbildung 23: Heizwärmeverbrauch von 19 Wohnungen im Projekt Frankfurt Tevesstraße inkl. der geringen Sommerheizung während drei Bilanzjahren bei den jeweils unterschiedlichen Innentemperaturen. Die flächengewichteten Mittelwerte sind eingetragen; der Wert für das mittlere Jahr 2008/2009 ist zufällig gleichauf mit dem des dritten Messjahres (21,6 kWh/(m²a)). Die Raumtemperaturen im mittleren Jahr wurden nicht durchgehend gemessen und können daher nicht dargestellt werden [Peper/Schnieders/Feist 2011]. |
Bei Nichtwohngebäuden mit häufig deutlich höherer technischer Ausstattung (MSR-Anlagen, GLT) sind die Auswirkungen durch falsche Einstellungen etc. im ersten Jahr noch deutlich größer zu erwarten. Eine Messung nur des ersten Jahres nach Fertigstellung des Gebäudes ist daher häufig nur wenig aussagekräftig. Es ist immer zu empfehlen, mindestens zwei Jahre zu messen oder besser das zweite als das erste Jahr zu untersuchen. Darüber hinaus hat sich die weitere Betrachtung der wichtigsten Verbrauchswerte auch nach einem intensiven Monitoring als sehr sinnvoll herausgestellt, Stichwort „Langzeitmonitoring“ [EnOB 2006].
Messkonzept, Störgrößen und adäquate Lösungen - Einleitung, Messaufgabe, Zusammenfassung und Literatur
Definitionen für Messung und Auswertung