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zertifizierung:passivhaus-klassen:classic-plus-premium

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 Der Heizenergie-Kennwert kann allerdings nicht alleine stehen, denn in einem Passivhaus ist der Jahresheizwärmebedarf so gering, dass er etwa auf einer Ebene mit dem Warmwasserbedarf steht. Der Bedarf an Haushaltsstrom ist meist noch deutlich höher. Darum ist es notwendig, auch den Gesamtenergiebedarf des Gebäudes inklusive des Energieaufwandes zur Bereitstellung der an das Gebäude gelieferten Endenergie zu bewerten. Genau an dieser Stelle setzten die neuen Passivhaus-Klassen an und teilen die Gebäude anhand ihres Bedarfs an erneuerbarer Primärenergie und ihrer Erzeugung von erneuerbarem Primärstrom in Klassen ein (siehe Abbildung).  Der Heizenergie-Kennwert kann allerdings nicht alleine stehen, denn in einem Passivhaus ist der Jahresheizwärmebedarf so gering, dass er etwa auf einer Ebene mit dem Warmwasserbedarf steht. Der Bedarf an Haushaltsstrom ist meist noch deutlich höher. Darum ist es notwendig, auch den Gesamtenergiebedarf des Gebäudes inklusive des Energieaufwandes zur Bereitstellung der an das Gebäude gelieferten Endenergie zu bewerten. Genau an dieser Stelle setzten die neuen Passivhaus-Klassen an und teilen die Gebäude anhand ihres Bedarfs an erneuerbarer Primärenergie und ihrer Erzeugung von erneuerbarem Primärstrom in Klassen ein (siehe Abbildung). 
  
-{{:grundlagen:passivhaus-klassen_de_klein.jpg?500|}}+[{{:picopen:20150311_passivhausklassen_pm_phi.jpg?500|}}]
  
 ==== Erzeugung und Bedarf bleiben getrennt ==== ==== Erzeugung und Bedarf bleiben getrennt ====
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 Strom, der beispielsweise durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Hauses erzeugt wird, ist Primärstrom mit einem [[zertifizierung:passivhaus-klassen:per|PER-Faktor]] von 1,0. Er wird in das Stromnetz eingespeist und nicht mit dem Energiebedarf des Gebäudes verrechnet. Die Bedarfsrechnung geschieht über das PER-Modell. Eine direkte Anrechnung von beispielsweise im Sommer erzeugtem Photovoltaikstrom auf die im Winter benötigte Heizenergie ist nicht korrekt, da die im Sommer erzeugte Energie nur mit zusätzlichen Verlusten über eine Langzeitspeicherung in den Winter transportiert werden kann. Eine Planung von Gebäuden führt zu Fehloptimierungen, wenn dies nicht berücksichtigt wird. Das neue System der erneuerbaren Primärenergie hingegen liefert die Möglichkeit zur Optimierung eines zukunftsfähigen Gebäudes gleich mit. Strom, der beispielsweise durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Hauses erzeugt wird, ist Primärstrom mit einem [[zertifizierung:passivhaus-klassen:per|PER-Faktor]] von 1,0. Er wird in das Stromnetz eingespeist und nicht mit dem Energiebedarf des Gebäudes verrechnet. Die Bedarfsrechnung geschieht über das PER-Modell. Eine direkte Anrechnung von beispielsweise im Sommer erzeugtem Photovoltaikstrom auf die im Winter benötigte Heizenergie ist nicht korrekt, da die im Sommer erzeugte Energie nur mit zusätzlichen Verlusten über eine Langzeitspeicherung in den Winter transportiert werden kann. Eine Planung von Gebäuden führt zu Fehloptimierungen, wenn dies nicht berücksichtigt wird. Das neue System der erneuerbaren Primärenergie hingegen liefert die Möglichkeit zur Optimierung eines zukunftsfähigen Gebäudes gleich mit.
  
-==== Erzeugung mit Bezug auf die Gebäudegrundfläche ====+==== Erzeugung mit Bezug auf die überbaute Fläche ====
  
 Oft werden Energiebedarf und Energieerzeugung auf die Nutz- oder Wohnfläche (EBF) eines Gebäudes bezogen. Dabei tritt der folgende Effekt auf: Ein Gebäude kann auf seinem Dach mit einer Photovoltaikanlage eine bestimmte Menge an Energie erzeugen. Je mehr Geschosse (und damit je mehr Wohnfläche) dieses Gebäude aufweist, umso geringer wird die Energieerzeugung pro Quadratmeter Wohn- oder Nutzfläche. Dadurch würden eingeschossige Bungalows gegenüber Reihenhäusern oder Mehrfamilienhäusern vorgezogen. Obwohl Bungalows einen viel höheren Flächen- und Naturverbrauch aufweisen.  Oft werden Energiebedarf und Energieerzeugung auf die Nutz- oder Wohnfläche (EBF) eines Gebäudes bezogen. Dabei tritt der folgende Effekt auf: Ein Gebäude kann auf seinem Dach mit einer Photovoltaikanlage eine bestimmte Menge an Energie erzeugen. Je mehr Geschosse (und damit je mehr Wohnfläche) dieses Gebäude aufweist, umso geringer wird die Energieerzeugung pro Quadratmeter Wohn- oder Nutzfläche. Dadurch würden eingeschossige Bungalows gegenüber Reihenhäusern oder Mehrfamilienhäusern vorgezogen. Obwohl Bungalows einen viel höheren Flächen- und Naturverbrauch aufweisen. 
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 Wird eine kleine thermische Solaranlage zur Warmwasserbereitung mit 6 m² Kollektorfläche hinzugefügt, verringert sich der PER-Bedarf auf 47 kWh/(m²EBF*a), die Energieerzeugung steigt auf 65 kWh/(m²Grund*a) (1a). Erzeugungsseitig wird somit das Passivhaus Plus erreicht, bedarfsseitig fehlt nicht mehr viel. Bereits in dieser Variante erzeugt das Gebäude auf Endenergieebene einen leichten Energieüberschuss. Aus der Verdreifachung der Kollektorfläche auf 18 m² resultiert zwar ein PER-Bedarf von 43 kWh/(m²EBF*a), mit dem das Passivhaus Plus erreicht wird. Jedoch ist die Auswirkung gering (zumal unter Betracht der hohen Kosten für die Verdreifachung der Kollektorfläche), da die insbesondere im Sommer zusätzlich erzeugte Energie gar nicht vollständig genutzt werden kann, weil der (nun 2000 l fassende) Warmwasserspeicher bereits vollständig geladen ist (1b).  Wird eine kleine thermische Solaranlage zur Warmwasserbereitung mit 6 m² Kollektorfläche hinzugefügt, verringert sich der PER-Bedarf auf 47 kWh/(m²EBF*a), die Energieerzeugung steigt auf 65 kWh/(m²Grund*a) (1a). Erzeugungsseitig wird somit das Passivhaus Plus erreicht, bedarfsseitig fehlt nicht mehr viel. Bereits in dieser Variante erzeugt das Gebäude auf Endenergieebene einen leichten Energieüberschuss. Aus der Verdreifachung der Kollektorfläche auf 18 m² resultiert zwar ein PER-Bedarf von 43 kWh/(m²EBF*a), mit dem das Passivhaus Plus erreicht wird. Jedoch ist die Auswirkung gering (zumal unter Betracht der hohen Kosten für die Verdreifachung der Kollektorfläche), da die insbesondere im Sommer zusätzlich erzeugte Energie gar nicht vollständig genutzt werden kann, weil der (nun 2000 l fassende) Warmwasserspeicher bereits vollständig geladen ist (1b). 
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-|{{:zertifizierung:passivhaus-klassen:passivhaus-klassen_gerstetten.jpg?700|}}| +[{{:picopen:passivhaus-klassen_gerstetten.jpg?800|Abbildung 2: Einfamilienhaus in Gerstetten: Klassifizierung in Abhängigkeit der gewählten Bauteilkomponenten.\\ © Passivhaus Institut. Foto: Werner Friedl. }}]
-|//**Abbildung 2: Einfamilienhaus in Gerstetten: Klassifizierung in Abhängigkeit der gewählten Bauteilkomponenten. © Passivhaus Institut. Foto: © Werner Friedl.**//|\\ +
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 ==== Mit thermischer Solaranlage und Duschwasser-Wärmerückgewinnung zum Passivhaus Plus ==== ==== Mit thermischer Solaranlage und Duschwasser-Wärmerückgewinnung zum Passivhaus Plus ====
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 Im Ausgangsfall (Variante 1) ist die Kindertagesstätte mit einem Gas-Brennwertkessel beheizt, der auch die Trinkwassererwärmung übernimmt. Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie sind nicht vorhanden. Das Gebäude hat einen Jahresheizwärmebedarf von 15 kWh/(m²a). Der Bedarf an erneuerbarer Primärenergie beträgt 84 kWh/(m²a). Damit würde es den Grenzwert der erneuerbaren Primärenergie von 60 kWh/(m²a) verfehlen. Im Ausgangsfall (Variante 1) ist die Kindertagesstätte mit einem Gas-Brennwertkessel beheizt, der auch die Trinkwassererwärmung übernimmt. Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie sind nicht vorhanden. Das Gebäude hat einen Jahresheizwärmebedarf von 15 kWh/(m²a). Der Bedarf an erneuerbarer Primärenergie beträgt 84 kWh/(m²a). Damit würde es den Grenzwert der erneuerbaren Primärenergie von 60 kWh/(m²a) verfehlen.
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-|{{:zertifizierung:passivhaus-klassen:passivhaus-klassen_traunstein.jpg?700|}}| +[{{:picopen:passivhaus-klassen_traunstein.jpg?800|Abbildung 3: Kindertagesstätte Traunstein: Auswirkungen der PER-Klassifizierung in Abhängigkeit der verwendeten Bauteilkomponenten.\\ © Passivhaus Institut. Foto: Architekturwerkstatt Vallentin. }}]
-|//**Abbildung 3: Kindertagesstätte Traunstein: Auswirkungen der PER-Klassifizierung in Abhängigkeit der verwendeten Bauteilkomponenten. © Passivhaus Institut. Foto: © Architekturwerkstatt Vallentin.**//|\\ +
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 ==== Zentrale Trinkwassererwärmungssysteme bei geringem Warmwasserbedarf nicht sinnvoll ==== ==== Zentrale Trinkwassererwärmungssysteme bei geringem Warmwasserbedarf nicht sinnvoll ====
  
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 ===== Bürogebäude für den Abwasser-Zweckverband Erdinger Moos, Architekturwerkstatt Vallentin ===== ===== Bürogebäude für den Abwasser-Zweckverband Erdinger Moos, Architekturwerkstatt Vallentin =====
  
-In unmittelbarer räumlicher Nähe des Gebäudes wird in einem Blockheizkraftwerk aus Klärgas Strom und Wärme erzeugt. Die Wärme dient über Nahwärme als Energiequelle für Heizung und Warmwasser. Es wird hier von einem KWK-Anteil an der Wärme von 90 % ausgegangen, das Leitungsnetz ist sehr kurz, die Verluste gering. Klärgas ist im PER-System eine Biomasse und wird daher mit einem PER-Faktor von 1,1 bewertet. Allerdings nur bis zur Grenze des Biomassebudgets von 20 kWh/(m²a) PER. Bis zum Erreichen dieser Grenze ergibt sich hier ein PER-Faktor von 0,53. Anschließend wird EE-Gas mit einem PER von 1,75 als Energiequelle angesetzt, der Faktor verschlechtert sich auf 0,93. Damit ergibt sich trotz eines verhältnismäßig ineffizienten Warmwasserverteilsystem bereits im Ausgangsfall ein bedarfsseitiger PER-Kennwert von 44,3 kWh/(m²a). Mit einer PV-Fläche von 247 m², entsprechend 35 % der Dachfläche, ist das Passivhaus Plus erreicht. +In unmittelbarer räumlicher Nähe des Gebäudes wird in einem Blockheizkraftwerk aus Klärgas Strom und Wärme erzeugt. Die Wärme dient über Nahwärme als Energiequelle für Heizung und Warmwasser. Es wird hier von einem KWK-Anteil an der Wärme von 94 % ausgegangen, das Leitungsnetz ist sehr kurz, die Verluste gering. Klärgas ist im PER-System eine Biomasse und wird daher mit einem PER-Faktor von 1,1 bewertet. Allerdings nur bis zur Grenze des Biomassebudgets von 20 kWh/(m²a) PER. Bis zum Erreichen dieser Grenze ergibt sich hier ein PER-Faktor von 0,53, der aus einem Wirkungsgrad des Fernwärmenetzes von 85%, einem KWK-Anteil von 94% und einem Wirkungsgrad der KWK-Anlage von 46% strom- und 44% wärmeseitig resultiert. Anschließend wird EE-Gas mit einem PER von 1,75 als Energiequelle angesetzt, der Faktor verschlechtert sich auf 0,93. Damit ergibt sich trotz eines verhältnismäßig ineffizienten Warmwasserverteilsystem bereits im Ausgangsfall ein bedarfsseitiger PER-Kennwert von 44,3 kWh/(m²a). Mit einer PV-Fläche von 247 m², entsprechend 35 % der Dachfläche, ist das Passivhaus Plus erreicht. 
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-|{{:zertifizierung:passivhaus-klassen:passivhaus-klassen_erdinger_moos.jpg?700|}}| +[{{:picopen:passivhaus-klassen_erdinger_moos.jpg?800|Abbildung 4: Bürogebäude Erdinger Moos: Auswirkungen der PER-Klassifizierung in Abhängigkeit der verwendeten Bauteilkomponenten.\\ © Passivhaus Institut. Foto: Architekturwerkstatt Vallentin. }}]
-|//**Abbildung 4: Bürogebäude Erdinger Moos: Auswirkungen der PER-Klassifizierung in Abhängigkeit der verwendeten Bauteilkomponenten. © Passivhaus Institut. Foto: © Architekturwerkstatt Vallentin.**//|\\ +
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 ==== Mit Elektro- und Warmwassereffizienz zum Passivhaus Premium ==== ==== Mit Elektro- und Warmwassereffizienz zum Passivhaus Premium ====
  
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 ==== Quellenverzeichnis ==== ==== Quellenverzeichnis ====
  
-[Feist 2014] Feist, Wolfgang: Passive House – the next decade. In: Feist, Wolfgang (Hrsg.): Tagungsband zur 18. Internationalen Passivhaustagung 2014 in Aachen. Passivhaus Institut, Darmstadt 2014+[Feist 2014] Feist, Wolfgang: [[grundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt|Passive House – the next decade]]. In: Feist, Wolfgang (Hrsg.): Tagungsband zur 18. Internationalen Passivhaustagung 2014 in Aachen. Passivhaus Institut, Darmstadt 2014
  
-[Krick 2012] Krick, Benjamin: Zukünftige Bewertung des Energiebedarfes von den Passivhäusern. In: Feist (Hrsg.): Protokollband des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Nr. 46: Nachhaltige Energieversorgung mit Passivhäusern. Passivhaus Institut, Darmstadt 2012+[Krick 2012] Krick, Benjamin: [[grundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:zur_kuenftigen_bewertung_des_energiebedarfes_von_passivhaeusern|Zukünftige Bewertung des Energiebedarfes von den Passivhäusern]]. In: Feist (Hrsg.): Protokollband des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser Nr. 46: Nachhaltige Energieversorgung mit Passivhäusern. Passivhaus Institut, Darmstadt 2012
  
 [Ochs 2013] Ochs, Dermentzis, Feist: Energetic and Economic Optimization of the Renewable Energy Yield of Multi-Storey Passive Houses. In Feist, Wolfgang (Hrsg.): Tagungsband zur 17. Internationalen Passivhaustagung 2013 in Frankfurt/Main. Passivhaus Institut, Darmstadt 2013 [Ochs 2013] Ochs, Dermentzis, Feist: Energetic and Economic Optimization of the Renewable Energy Yield of Multi-Storey Passive Houses. In Feist, Wolfgang (Hrsg.): Tagungsband zur 17. Internationalen Passivhaustagung 2013 in Frankfurt/Main. Passivhaus Institut, Darmstadt 2013
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