planung:passivhaus_nichtwohngebaeude:passivhaus-krankenhaeuser:grundlagenstudie_-_umsetzung_des_passivhauskonzept_in_krankenhaeusern
Unterschiede
Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.
Beide Seiten der vorigen RevisionVorhergehende ÜberarbeitungNächste Überarbeitung | Vorhergehende ÜberarbeitungNächste ÜberarbeitungBeide Seiten der Revision | ||
planung:passivhaus_nichtwohngebaeude:passivhaus-krankenhaeuser:grundlagenstudie_-_umsetzung_des_passivhauskonzept_in_krankenhaeusern [2014/05/19 14:03] – twessel | planung:passivhaus_nichtwohngebaeude:passivhaus-krankenhaeuser:grundlagenstudie_-_umsetzung_des_passivhauskonzept_in_krankenhaeusern [2022/03/16 09:58] – [Grundlagenstudie - Umsetzung des Passivhauskonzepts in Krankenhäusern] corinna.geiger@passiv.de | ||
---|---|---|---|
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
+ | ====== Grundlagenstudie - Umsetzung des Passivhauskonzepts in Krankenhäusern ====== | ||
+ | |||
+ | Nachfolgend finden Sie eine Zusammenfassung der **Grundlagenstudie - Umsetzung des Passivhauskonzepts in Krankenhäusern**. Sie wurde im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen durchgeführt. | ||
+ | |||
+ | Die **vollständige Studie** kann hier heruntergeladen werden. | ||
+ | |||
+ | |||
+ | ---- | ||
+ | |||
+ | ===== Einleitung ===== | ||
+ | |||
+ | Statistische Auswertungen der Verbrauchswerte zeigen, dass Krankenhäuser zu den Spitzenverbrauchern gehören. Viele der deutschlandweit 2080 Krankenhäuser mit insgesamt 503.422 Betten (vgl. [[planung: | ||
+ | |||
+ | Häufig wird angenommen, dass der Passivhaus-Standard sich ausschließlich auf den Heizwärmebedarf bezieht. Ziel ist es hingegen den Energieeinsatz aller für die Dienstleistung der medizinischen Versorgung im Krankenhaus relevanten Anwendungen bei mindestens gleichem Komfort maßgeblich zu reduzieren. Daher bedarf es für den Krankenhausbetrieb, | ||
+ | \\ | ||
+ | |||
+ | ===== Besonderheiten im Krankenhaus ===== | ||
+ | |||
+ | Zu den Besonderheiten in Krankenhäusern hinsichtlich der Umsetzung des Passivhaus-Konzepts gehören die Anforderungen in hygienisch sensiblen Bereichen, erhöhte Komfortanforderungen der genesenden und älteren Patienten und Patientinnen, | ||
+ | |||
+ | Wie die Auswertung der einschlägigen Richtlinien zeigt, bestehen keine grundsätzlichen Hindernisse, | ||
+ | |||
+ | In den Pflegezimmern wird der höchste Komfort bei Raumtemperaturen zwischen 22 und 23 °C erzielt. Für nur leicht bekleidete Patienten bzw. wenn Patienten im Bett gewaschen werden, liegt der Komfortbereich bei noch höheren Raumtemperaturen. Charakteristisch im Krankenhaus erscheint ferner die Vielzahl an Energieanwendungen, | ||
+ | |||
+ | Häufig wird die Frage diskutiert, ob Anstrengungen zur Reduzierung des Wärmebedarfs lohnen, wenn es ohnehin im Krankenhaus Prozesse gibt, die zu viel Wärme abgeben. Wie eine genauere Analyse von Niedertemperaturabwärme nutzenden Verfahren zeigt, sind zum Verfügbar machen der Abwärme zusätzliche Prozesse erforderlich, | ||
+ | |||
+ | Ein nahezu durchgängiger Betrieb und erhöhte Anforderungen an den thermischen Komfort gehören zu den Eigenheiten eines Krankenhauses. Wärmeschutzmaßnahmen sind daher besonders lohnend. Bereits in konventionellen Krankenhäusern werden in den meisten Bereichen raumlufttechnische Anlagen eingesetzt. Eine umfassende Ausstattung des Gebäudes mit kontrollierter Lüftung mit Wärmerückgewinnung ist da nur noch ein kleiner Schritt. Die Bedingungen zur Umsetzung des Passivhaus-Konzepts sind vor diesem Hintergrund in Krankenhäusern günstig.\\ | ||
+ | \\ | ||
+ | |||
+ | ===== Energieanwendungen im Krankenhaus ===== | ||
+ | |||
+ | Art und Ausstattung eines Krankenhauses haben maßgeblichen Einfluss auf den Energiebedarf. Ob Einrichtungen wie eine Sterilgutversorgung, | ||
+ | |||
+ | Wie die Untersuchung zeigt, lohnt auch ein Blick auf die nutzungsspezifischen Energieanwendungen, | ||
+ | \\ | ||
+ | |{{: | ||
+ | |// | ||
+ | \\ | ||
+ | Die Vielzahl der Prozesse und Geräte stellt dabei eine Besonderheit im Krankenhaus dar. Umfassende Energieeinsparungen werden sich vermutlich nur bei geeigneter Energiekennzeichnung der relevanten Produkte auch in der Praxis realisieren lassen. Marktrecherchen zu wichtigen Geräten und Anwendungen und ingenieurmäßige Abschätzungen zu deren Energiebedarf sind im Rahmen der Planung kaum leistbar.\\ | ||
+ | |||
+ | Durch Anwendung von Effizienzmaßnahmen auf der Gebäudeseite (Heizwärme, | ||
+ | \\ | ||
+ | |{{: | ||
+ | |// | ||
+ | \\ | ||
+ | Wird der Primärenergiebedarf aller Anwendungen eines Krankenhauses der Maximalversorgung betrachtet, betragen die Einsparung durch Einsatz von verfügbaren Technologien höherer Energieeffizienz 40 bis 50 % (vgl. Abbildung 2). Im Folgenden werden exemplarisch die Ergebnisse zu ausgesuchten Energieanwendungen vorgestellt. \\ | ||
+ | \\ | ||
+ | |||
+ | ==== Heizung ==== | ||
+ | |||
+ | Krankenhäuser zählen in der Regel zu den großen und kompakten Gebäuden. Die Untersuchungen zeigen, dass trotz höherer Raumsolltemperaturen und höherer Luftwechsel im Krankenhaus im Vergleich zu anderen Nutzungen, der Heizwärmebedarf durch den Einsatz von Effizienztechnologien und mit vertretbarem Aufwand auf 15 kWh/(m²a) begrenzt werden kann. \\ | ||
+ | |||
+ | Wie auch bei anderen Passivhausgebäuden, | ||
+ | |||
+ | Alle gängigen Versorgungslösungen sind möglich. Aufgrund der vorhandenen Grundlast für Trinkwarmwasser und Strom stellt die Kraftwärmekopplung eine interessante Lösung dar.\\ | ||
+ | \\ | ||
+ | |||
+ | ==== Trinkwarmwasser ==== | ||
+ | |||
+ | Die wesentlichen Optimierungspotentiale zur Senkung des Energiebedarfes der Trinkwarmwasserversorgung liegen im sparsamen Umgang mit warmem Wasser durch wassersparende Armaturen, der Verringerung der Verteilverluste und der effizienten Erzeugung des warmen Wassers.\\ | ||
+ | |||
+ | Prognosen zum Energiebedarf und energetische Optimierungen des Trinkwarmwassersystems sollten auf realistischen Verbrauchswerten beruhen. Liegen keine eigenen Daten, z.B. aus einem Bestandsgebäude mit vergleichbarem Versorgungsumfang vor, kann ein mittlerer Verbrauchswert von 50 Liter pro Planbett und Tag angesetzt werden (Wert basiert auf Literaturangaben und eigenen Messungen). \\ | ||
+ | |||
+ | Bis zu 50 % des Wärmebedarfs des Trinkwarmwassersystems sind Wärmeverluste der Verteilleitungen. Maßnahmen, welche die Wärmeverluste verringern, reduzieren gleichzeitig den unerwünschten Wärmeeintrag in Kaltwasserleitungen und helfen interne Lasten im Sommer zu senken. Daher sollte das Warmwassernetz möglichst kompakt und überdurchschnittlich gut (über die Anforderungen der EnEV hinaus) gedämmt (vgl. [[planung: | ||
+ | |||
+ | Gegenüber einem konventionellen zentralen Verteilnetz mit Rohrdämmungen gemäß EnEV 2009 konnten die Verteilverluste durch Optimierung des Netzes und höhere Dämmstärken um 33 % vermindert werden. Durch Nutzung von erneuerbaren Energien (wie z.B. thermischen Solaranlagen) kann der mit der Warmwasserbereitung verbundene Kohlendioxid-Ausstoß weiter vermindert werden. Eine Vorerwärmung des Trinkwarmwassers stellt ferner eine interessante Senke zur Abwärmenutzung dar. \\ | ||
+ | \\ | ||
+ | |||
+ | ==== Kühlung ==== | ||
+ | |||
+ | Wesentlich erscheint, dass zunächst alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Kühllasten ausgeschöpft werden. Dazu zählt die Verbesserung der Effizienz von künstlicher Beleuchtung, | ||
+ | |||
+ | Wird durchgängig auf energieeffiziente Anwendungen gesetzt, bleiben die internen Lasten in der Fläche im moderaten Bereich und deren genauer zeitlicher Verlauf spielt bei überwiegend massiver Bauweise keine so große Rolle. Mit passiven Kühlmaßnahmen kann die sommerliche Behaglichkeit weitgehend hergestellt werden.\\ | ||
+ | |||
+ | Kühlung mittels großer klimatisierter Volumenströme, | ||
+ | \\ | ||
+ | |||
+ | ==== Lüftung ==== | ||
+ | |||
+ | In Funktionsbereichen wie den Operationsträumen, | ||
+ | |||
+ | Selbst bei energieeffizienter Ausführung der Lüftungsanlagen verursacht der Hilfsenergiebedarf der Lüftungsanlagen einen wesentlichen Anteil am Gesamtenergiebedarf eines Krankenhauses. Die folgenden Aspekte sollten für energieeffiziente Lüftungsplanung besondere Berücksichtigung finden und werden im Beitrag [[planung: | ||
+ | |||
+ | * Luftmengen an den tatsächlichen Bedarf anpassen (Dimensionierung und Regelung)\\ | ||
+ | * Geringe Druckverluste im Kanalnetz (Für Funktionsbereiche mit geringeren Anforderungen an die Luftaufbereitung (z. B. in den Pflegestationen) sollten z.B. die Druckverluste je Strang max. 200 Pa betragen.) \\ | ||
+ | * Energieeffiziente Lüftungsgeräte (Die spezifische elektrische Leistungsaufnahme sollte 0,45 Wh/m³ nicht überschreiten)\\ | ||
+ | \\ | ||
+ | |||
+ | ==== Beleuchtung ==== | ||
+ | |||
+ | Im Vergleich zu anderen Nichtwohngebäuden sind im Krankenhaus vor allem die langen Nutzungszeiten charakteristisch. Viele Bereiche werden auch am Wochenende und in der Nacht genutzt. | ||
+ | Wie Berechnungen zum Kunstlichtbedarf zeigen, weisen die Pflegezimmer und die Flure der Allgemeinpflege, | ||
+ | |||
+ | Ferner belegen die Berechnungen, | ||
+ | |||
+ | In Bettenzimmern werden gerne in Versorgungsschienen integrierte Beleuchtungslösungen eingesetzt. Die modulare Systembeleuchtung erfüllt die medizinisch-pflegerischen Ansprüche und schafft eine wohnliche Atmosphäre. Die empfohlenen Zielwerte bezüglich der elektrischen Effizienz werden jedoch bedingt durch die indirekte Allgemeinbeleuchtung selbst in der LED-Ausführung nicht erfüllt. \\ | ||
+ | \\ | ||
+ | |||
+ | ==== Zentrale Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA) ==== | ||
+ | |||
+ | Die ZSVA gehört ebenfalls, zu den größeren Verbrauchern in Krankenhäusern. Energetisch relevant sind vor allem der Reinigungs- und der spätere Sterilisationsprozess von Operationsbestecken und sonstigen Sterilgütern. \\ | ||
+ | |||
+ | In den Reinigungs- und Desinfektionsautomaten dient der größte Energieanteil der Erwärmung des Wassers. Dort liegt daher auch das wesentliche Einsparpotential. Der sparsame Umgang mit Wasser durch Abstimmung der Wassermengen auf die Standzeit vor dem Spülvorgang und die Art der Reinigungsgüter gehört zu den verfügbaren Maßnahmen und erzielt Energieeinsparungen um 20 % beim Reinigungsprozess. \\ | ||
+ | |||
+ | Der größte Teil der zugeführten Energie (über 60 %) gelangt nach dem Reinigungsprozess in Form von Wärme ins Abwasser. Im Gerät integrierte Wärmerückgewinnungssysteme, | ||
+ | |||
+ | Die Dampfsterilisation ist das sicherste aber auch energieintensivste Verfahren und gemäß einschlägiger Richtlinien im Krankenhaus gegenüber anderen Methoden zu bevorzugen (vgl. [[planung: | ||
+ | |||
+ | Bis zu 70 % der Energie werden durch die Prozessführung mit zyklischen Vakuumphasen und Dampfstößen in der Vakuumanlage (im Kondensator und über die Pumpe) an das Kühlwasser abgegeben.\\ | ||
+ | |||
+ | Erhebliche Wärmemengen gehen im Reinigungsprozess in die warmen Abwässer und während der Dampfsterilisation an den Kühlkreis der Vakuumanlage. Mit geeigneten technischen Lösungen könnte zumindest ein Teil davon in anderen Prozessen, z.B. zur Erwärmung des Trinkwarmwassers, | ||
+ | \\ | ||
+ | ==== Magnetresonanztomographie (MRT) ==== | ||
+ | |||
+ | Die heute eingesetzten Ganzkörpersysteme haben überwiegend Magnetfeldstärken von 1 bis 1,5 Tesla, neuere Systeme auch 3 Tesla. Die hohen Feldstärken des statischen Magnetfelds werden mit tiefgekühlten supraleitenden Spulen erzeugt. Die dauerhaft erforderliche Kühlung bis nahe an den absoluten Nullpunkt ist ursächlich für einen wesentlichen Anteil des Energiebedarfs des MRT.\\ | ||
+ | |||
+ | Beim Energiebedarf dominiert, aufgrund der dauerhaften Kühlung, die Grundlast den Verbrauch. Die Prozesse während des eigentlichen Aufnahmezyklus haben, durch die kurzen Aufnahmezeiten, | ||
+ | |||
+ | Energetisch interessant sind kürzere Untersuchungszeiten, | ||
+ | |||
+ | Einsparpotentiale liegen auch in der Auswahl der Geräte. Jedoch fehlen von Herstellerseite noch standardisierte Energiekennwerte, | ||
+ | |||
+ | Maßgebliche Einsparungen wären durch Verwendung neuer supraleitender Materialien möglich, wenn der supraleitende Effekt bereits bei höheren Temperaturen eintritt und auf eine Helium-Kühlung verzichtet werden könnte.\\ | ||
+ | \\ | ||
+ | |||
+ | |||
+ | ===== Zusammenfassung ===== | ||
+ | |||
+ | Die frühzeitige Abstimmung und Beteiligung aller Akteure (auch des Medizintechnikplaners) – die " | ||
+ | |||
+ | Wie die Untersuchung zeigte, lohnt auch ein Blick auf die nutzungsspezifischen Energieanwendungen, | ||
+ | |||
+ | Durch Versorgungslösungen, | ||
+ | |||
+ | Ferner zeigte sich, dass häufig geeignete Kennzeichnungen an Geräten fehlen, die den Energiebedarf ausweisen. Selbst wenn der Wunsch zum Einsatz energieeffizienter Apparate besteht, ist der Produktvergleich oder die Festlegung einer energetischen Qualität in Ausschreibungen kaum möglich. Dies gilt sogar im Bereich der medizinischen Kühlschränke. Bei medizinischen Geräten erschweren zudem die langwierigen Zulassungsverfahren den Prozess einer möglichen Geräteoptimierung. \\ | ||
+ | |||
+ | Die vorgestellte Grundlagenstudie zur Umsetzung des Passivhauskonzept in Krankenhäusern wurde im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung durchgeführt | ||
+ | |||
+ | ===== Literatur ===== | ||
+ | |||
+ | **[[planung: | ||
+ | |||
+ | **[Destatis 2009]** Statistisches Bundesamt, Stand 2009\\ | ||
+ | |||
+ | **[[http:// | ||
+ | |||
+ | **[KRINKO 2012]** Anforderung an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten, | ||
+ | |||
+ | **[[http:// | ||
+ | |||
+ | **[RKI 1]** Robert Koch Institut, Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, | ||
+ | |||
+ | **[[http:// | ||
+ | |||
+ | **[SIA 380-4]**SIA 380-4, Ausgabe 2006: Elektrische Energie im Hochbau, Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein, | ||
+ | \\ | ||
+ | |||
+ | |||
+ | ---- | ||
+ | |||
+ | ====== Siehe auch ====== | ||
+ | Übersicht der Passipedia-Artikel zum Thema [[planung: | ||
+ | |||
+ | Übersicht der Passipedia-Artikel zum Thema [[planung: | ||
+ | |||
+ | Übersicht [[planung: | ||
+ | |||
+ | [[aus-_und_weiterbildung: | ||
+ | |||
+ | [[http:// | ||
planung/passivhaus_nichtwohngebaeude/passivhaus-krankenhaeuser/grundlagenstudie_-_umsetzung_des_passivhauskonzept_in_krankenhaeusern.txt · Zuletzt geändert: 2023/02/02 15:44 von sstillfried