grundlagen:wirtschaftlichkeit:analyse_anhand_realisierter_projekte
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grundlagen:wirtschaftlichkeit:analyse_anhand_realisierter_projekte [2015/11/19 15:34] – bwuensch | grundlagen:wirtschaftlichkeit:analyse_anhand_realisierter_projekte [2016/01/05 16:23] – [5.2 Berechnungswerkzeug] bwuensch | ||
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===== 1. Einleitung: Ökonomische Nachhaltigkeit ===== | ===== 1. Einleitung: Ökonomische Nachhaltigkeit ===== | ||
- | Sind Passivhäuser und die für ihre Realisierung notwendigen Extrakosten für die Energieeffizienz ökonomisch darstellbar? | + | Sind Passivhäuser und die für ihre Realisierung notwendigen Extrakosten für die Energieeffizienz ökonomisch darstellbar? |
In der Praxis kommen heute oft weit detailliertere Verfahren zum Einsatz. Diese Rechenmethoden und grundlegende ökonomische Überlegungen werden in anderen Beiträgen im " | In der Praxis kommen heute oft weit detailliertere Verfahren zum Einsatz. Diese Rechenmethoden und grundlegende ökonomische Überlegungen werden in anderen Beiträgen im " | ||
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Sehr wichtig für die Bewertung ist, welcher Teil der Baukosten den Maßnahmen zur Energieeinsparung zugerechnet wird – niemand kann erwarten, dass die Gesamtkosten einer Maßnahme aus der Energieeinsparung refinanziert werden, schließlich wird nicht gebaut, um Energie zu sparen. Gerade hieran liegt es aber in der Praxis oft, dass es zu extrem unterschiedlicher Einschätzung der Wirtschaftlichkeit kommt. | Sehr wichtig für die Bewertung ist, welcher Teil der Baukosten den Maßnahmen zur Energieeinsparung zugerechnet wird – niemand kann erwarten, dass die Gesamtkosten einer Maßnahme aus der Energieeinsparung refinanziert werden, schließlich wird nicht gebaut, um Energie zu sparen. Gerade hieran liegt es aber in der Praxis oft, dass es zu extrem unterschiedlicher Einschätzung der Wirtschaftlichkeit kommt. | ||
- | Ein weiteres, für viele noch überraschendes Ergebnis ist, dass auch der Ausgangszustand eines Gebäudes zum Zeitpunkt einer Sanierung maßgeblich über die Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme entscheidet: | + | Ein weiteres, für viele noch überraschendes Ergebnis ist, dass auch der Ausgangszustand eines Gebäudes zum Zeitpunkt einer Sanierung maßgeblich über die Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme entscheidet: |
- | === Das Passivhaus und die 'EnerPHit'-Sanierung als Prototyp des 'Nearly Zero Energy Building' | + | === Das Passivhaus und die "EnerPHit"-Sanierung als Prototyp des "Nearly Zero Energy Building" |
Die Strategie, den Passivhaus-Standard nicht von der Verfügbarkeit und Funktionsfähigkeit aufwendiger Komponenten und Technik abhängig zu machen, hat sich bewährt: Passivhäuser müssen nicht mehr teurer sein als Niedrigenergiehäuser. In der Regel muss man aber noch mit begrenzten Mehrkosten rechnen. Entscheidend ist aber, dass die Mehrkosten für die besseren Komponenten über den Lebenszyklus des Gebäudes refinanziert werden. Passivhausgeeignete (zertifizierte) Komponenten in der notwendigen Qualität bereitzustellen, | Die Strategie, den Passivhaus-Standard nicht von der Verfügbarkeit und Funktionsfähigkeit aufwendiger Komponenten und Technik abhängig zu machen, hat sich bewährt: Passivhäuser müssen nicht mehr teurer sein als Niedrigenergiehäuser. In der Regel muss man aber noch mit begrenzten Mehrkosten rechnen. Entscheidend ist aber, dass die Mehrkosten für die besseren Komponenten über den Lebenszyklus des Gebäudes refinanziert werden. Passivhausgeeignete (zertifizierte) Komponenten in der notwendigen Qualität bereitzustellen, | ||
- | Denselben Ansatz verfolgt die EU mit ihrer neuen Richtlinie zur Verwendung von Energie in Gebäuden [EPBD]: Ökonomischer Maßstab sind die Lebenszykluskosten, | + | Denselben Ansatz verfolgt die EU mit ihrer neuen Richtlinie zur Verwendung von Energie in Gebäuden [EPBD]: Ökonomischer Maßstab sind die Lebenszykluskosten, |
- | Auch bei der Sanierung sind die Passivhaus-Komponenten im ökonomisch optimalen Bereich, wenn sie korrekt mit Lebenszykluskosten bewertet werden [Kah/Feist 2008]). Das gilt selbst bei 'konservativen' | + | Auch bei der Sanierung sind die Passivhaus-Komponenten im ökonomisch optimalen Bereich, wenn sie korrekt mit Lebenszykluskosten bewertet werden [Kah/Feist 2008]). Das gilt selbst bei "konservativen" |
===== 2. Zusammenfassung, | ===== 2. Zusammenfassung, | ||
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Im Folgenden werden als erstes zwei Beispiele für wissenschaftlich begleitete EnerPHit-Sanierungen beschrieben, | Im Folgenden werden als erstes zwei Beispiele für wissenschaftlich begleitete EnerPHit-Sanierungen beschrieben, | ||
- | Als zweites werden abgerechnete Kosten eines Neubauprojektes (Reihenhaus) im Rahmen dieses Arbeitskreises ausgewertet. In diesem Zusammenhang wird auch die immer wieder gestellte Frage behandelt, ob denn der forcierte Einsatz erneuerbarer Energien wirklich die gute Gebäudehülle (Passivhaus) ersetzen kann. Beispiel: Kann ein Niedrigenergiehaus (NEH) mit einer großen solarthermischen Anlage mit einem Passivhaus gleichziehen? | + | Als zweites werden abgerechnete Kosten eines Neubauprojektes (Reihenhaus) im Rahmen dieses Arbeitskreises ausgewertet. In diesem Zusammenhang wird auch die immer wieder gestellte Frage behandelt, ob denn der forcierte Einsatz erneuerbarer Energien wirklich die gute Gebäudehülle (Passivhaus) ersetzen kann. Beispiel: Kann ein Niedrigenergiehaus (NEH) mit einer großen solarthermischen Anlage mit einem Passivhaus gleichziehen? |
Von einem Neubau eines Mehrfamilienhauses (Frankfurt, 2005) standen ebenfalls Daten der abgerechneten Kosten zur Verfügung. Obwohl die Wirtschaftlichkeit des Projektes mit den Randbedingungen zum Zeitpunkt der Realisierung nur mithilfe von staatlichen Fördergeldern gegeben war, zeigt die Auswertung aus heutiger Sicht, dass schon mit einem mittleren Energiepreis von etwa 0,09 €/kWh (für Endenergie, d.h. Öl oder Erdgas) für einen Zeitraum von 20 Jahren nach der Fertigstellung eine Wirtschaftlichkeit gegenüber dem konventionellen Gebäude gegeben ist. | Von einem Neubau eines Mehrfamilienhauses (Frankfurt, 2005) standen ebenfalls Daten der abgerechneten Kosten zur Verfügung. Obwohl die Wirtschaftlichkeit des Projektes mit den Randbedingungen zum Zeitpunkt der Realisierung nur mithilfe von staatlichen Fördergeldern gegeben war, zeigt die Auswertung aus heutiger Sicht, dass schon mit einem mittleren Energiepreis von etwa 0,09 €/kWh (für Endenergie, d.h. Öl oder Erdgas) für einen Zeitraum von 20 Jahren nach der Fertigstellung eine Wirtschaftlichkeit gegenüber dem konventionellen Gebäude gegeben ist. | ||
- | Neben dem Rechengang und den Randbedingungen ist bei der Auswertung von realen Kostendaten vor allem deren korrekte und angemessene Erfassung und die Parametrisierung und Zuordnung der Kosten wichtig. Vor allem die richtige Zuordnung ist kritisch: Welche Kosten müssen der jeweiligen Maßnahme und damit dem Budget der Energieeffizienzmaßnahmen zugerechnet werden (Beispiel: der Dämmstoff oder das besser wärmegedämmte Fenster) und welche Kosten sind 'sowieso' | + | Neben dem Rechengang und den Randbedingungen ist bei der Auswertung von realen Kostendaten vor allem deren korrekte und angemessene Erfassung und die Parametrisierung und Zuordnung der Kosten wichtig. Vor allem die richtige Zuordnung ist kritisch: Welche Kosten müssen der jeweiligen Maßnahme und damit dem Budget der Energieeffizienzmaßnahmen zugerechnet werden (Beispiel: der Dämmstoff oder das besser wärmegedämmte Fenster) und welche Kosten sind "sowieso" |
- | Besonders kritisch ist diese Unsicherheit jeweils bei der Bestimmung der Mehrkosten zwischen verschiedenen energetischen Baustandards (Niedrigenergiehaus und Passivhaus). Daher wurde im Rahmen des Arbeitskreises eine einfache Tabellenkalkulation ('PHeco') zur Abschätzung der Wirtschaftlichkeit von konkreten Maßnahmen entwickelt, das es dem Leser ermöglichen soll, die Wirtschaftlichkeitsanalyse mit Daten aus und für eigene Projekte nachzuvollziehen. | + | Besonders kritisch ist diese Unsicherheit jeweils bei der Bestimmung der Mehrkosten zwischen verschiedenen energetischen Baustandards (Niedrigenergiehaus und Passivhaus). Daher wurde im Rahmen des Arbeitskreises eine einfache Tabellenkalkulation ("PHeco") zur Abschätzung der Wirtschaftlichkeit von konkreten Maßnahmen entwickelt, das es dem Leser ermöglichen soll, die Wirtschaftlichkeitsanalyse mit Daten aus und für eigene Projekte nachzuvollziehen. |
Anhand der Daten aus den dokumentierten Beispielen ist es möglich, auch sogenannte Sensitivitätsanalysen zu machen, indem die Auswirkungen der verschiedenen Randbedingungen auf die Wirtschaftlichkeitsberechnungen miteinander verglichen werden. Es liegt auf der Hand, dass niedrige Zinsen jede Investition begünstigen. Die in Zukunft vermutlich steigenden Energiepreise machen jedoch zusätzlich eine Investition in Energieeffizienz besonders interessant. Das lässt sich schon mit den bisher realisierten Projekten belegen. | Anhand der Daten aus den dokumentierten Beispielen ist es möglich, auch sogenannte Sensitivitätsanalysen zu machen, indem die Auswirkungen der verschiedenen Randbedingungen auf die Wirtschaftlichkeitsberechnungen miteinander verglichen werden. Es liegt auf der Hand, dass niedrige Zinsen jede Investition begünstigen. Die in Zukunft vermutlich steigenden Energiepreise machen jedoch zusätzlich eine Investition in Energieeffizienz besonders interessant. Das lässt sich schon mit den bisher realisierten Projekten belegen. | ||
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===== 3. Kostenvergleich Altbausanierung: | ===== 3. Kostenvergleich Altbausanierung: | ||
- | In den Jahren 2005 bis 2008 wurden zwei Wohngebäude der GAG Ludwigshafen mit hoch energieeffizienten Komponenten saniert. Das Pilotprojekt | + | In den Jahren 2005 bis 2008 wurden zwei Wohngebäude der GAG Ludwigshafen mit hoch energieeffizienten Komponenten saniert. Das Pilotprojekt |
Für den Vergleich der beiden Teilgebäude PHiB und NEH wurden die beiden folgenden Fragestellungen untersucht: 1. Wie hoch sind die Mehrinvestitionen einer hocheffizienten Bauweise im Vergleich zu einem Niedrigenergiehaus im gegenwärtigen Marktgeschehen? | Für den Vergleich der beiden Teilgebäude PHiB und NEH wurden die beiden folgenden Fragestellungen untersucht: 1. Wie hoch sind die Mehrinvestitionen einer hocheffizienten Bauweise im Vergleich zu einem Niedrigenergiehaus im gegenwärtigen Marktgeschehen? | ||
- | Basis für die Untersuchung sind der reale Vergleich der energetischen Gebäudevarianten des o.g. Projektes | + | Basis für die Untersuchung sind der reale Vergleich der energetischen Gebäudevarianten des o.g. Projektes |
Bei dem ersten Pilotprojekt Hoheloogstraße (PHiB) betrugen die Sanierungskosten für alle Maßnahmen mit Passivhaus-Komponenten (Wärmedämmung der Gebäudehülle, | Bei dem ersten Pilotprojekt Hoheloogstraße (PHiB) betrugen die Sanierungskosten für alle Maßnahmen mit Passivhaus-Komponenten (Wärmedämmung der Gebäudehülle, | ||
- | Werden von den genannten kompletten Maßnahmenkosten die sogenannten | + | Werden von den genannten kompletten Maßnahmenkosten die sogenannten |
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Um das Potential einer ökonomischen Optimierung auszuloten, wurde auf der Basis der abgerechneten Kosten des Projektes PHiB Schlesierstraße untersucht, bei welchen Maßnahmen noch Kosteneinsparungen möglich sind. | Um das Potential einer ökonomischen Optimierung auszuloten, wurde auf der Basis der abgerechneten Kosten des Projektes PHiB Schlesierstraße untersucht, bei welchen Maßnahmen noch Kosteneinsparungen möglich sind. | ||
- | Wie man an den Heizenergiekosten des Ausgangszustandes | + | Wie man an den Heizenergiekosten des Ausgangszustandes |
- | Die Maßnahmen zur Wärmebrückenreduktion wurden ökonomisch optimiert. Damit sind alle Maßnahmen zur Wärmedämmung entweder gerade gegenfinanziert (Kellerdecke) oder ergeben eine deutliche Kosteneinsparung gegenüber der Bestandsgebäude. Bei der Außenwanddämmung wurden die Dübel | + | Die Maßnahmen zur Wärmebrückenreduktion wurden ökonomisch optimiert. Damit sind alle Maßnahmen zur Wärmedämmung entweder gerade gegenfinanziert (Kellerdecke) oder ergeben eine deutliche Kosteneinsparung gegenüber der Bestandsgebäude. Bei der Außenwanddämmung wurden die Dübel |
Bei den Fenstern wurde eine weitere Kostensenkung durch Rationalisierungsmaßnahmen beim Einbau antizipiert. Spätere Gespräche mit dem Bauteam und verschiedene gegenwärtig angebotene Produkte bestätigen dies: Inzwischen (2010) werden hochwertige Rahmenprofile aus Kunststoff, mit Rahmen-U-Werten Uf 0,9 W/(m²K), die für derartige Sanierungsmaßnahmen gut verwendbar sind, schon zu Preisen angeboten, für die vor einigen Jahren nur ein weit weniger effizientes NEH-Fenster erhältlich war. | Bei den Fenstern wurde eine weitere Kostensenkung durch Rationalisierungsmaßnahmen beim Einbau antizipiert. Spätere Gespräche mit dem Bauteam und verschiedene gegenwärtig angebotene Produkte bestätigen dies: Inzwischen (2010) werden hochwertige Rahmenprofile aus Kunststoff, mit Rahmen-U-Werten Uf 0,9 W/(m²K), die für derartige Sanierungsmaßnahmen gut verwendbar sind, schon zu Preisen angeboten, für die vor einigen Jahren nur ein weit weniger effizientes NEH-Fenster erhältlich war. | ||
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Hinweis: In diesem Abschnitt 3 sind bei den Kosten der Haustechnik jeweils nur die zusätzlichen Komponenten bzw. die Unterschiede (z.B. mehr oder weniger Heizkörper) aufgeführt. Die Kosten für das restliche Heizsystem (Wärmeerzeuger und Verteilung) standen nicht zur Verfügung und fehlen deshalb hier. In Abschnitt 4 werden im Unterschied dazu die gesamten Kosten des Heizsystems explizit berücksichtigt. Die Ergebnisse bzw. die absoluten Zahlen in diesem Abschnitt 3 (Altbau) sind daher mit den Zahlen im Abschnitt 4 (Neubau) nur bedingt vergleichbar. | Hinweis: In diesem Abschnitt 3 sind bei den Kosten der Haustechnik jeweils nur die zusätzlichen Komponenten bzw. die Unterschiede (z.B. mehr oder weniger Heizkörper) aufgeführt. Die Kosten für das restliche Heizsystem (Wärmeerzeuger und Verteilung) standen nicht zur Verfügung und fehlen deshalb hier. In Abschnitt 4 werden im Unterschied dazu die gesamten Kosten des Heizsystems explizit berücksichtigt. Die Ergebnisse bzw. die absoluten Zahlen in diesem Abschnitt 3 (Altbau) sind daher mit den Zahlen im Abschnitt 4 (Neubau) nur bedingt vergleichbar. | ||
- | ==== 3.1 Auswertung Baukosten | + | ==== 3.1 Auswertung Baukosten |
Der nachfolgende Abschnitt stellt eine Zusammenfassung aus [Kaufmann/ | Der nachfolgende Abschnitt stellt eine Zusammenfassung aus [Kaufmann/ | ||
- | Anhand der Sanierung der Gebäude des Projektes | + | Anhand der Sanierung der Gebäude des Projektes |
- | Das Gebäude besteht aus zwei geometrisch identischen Gebäudeteilen, | + | Das Gebäude besteht aus zwei geometrisch identischen Gebäudeteilen, |
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=== Vergleich der Baukosten PHiB – NEH === | === Vergleich der Baukosten PHiB – NEH === | ||
- | Für die ökonomische Bewertung stellt diese zweigeteilte Sanierung einen herausragenden Glücksfall dar, weil damit die Mehrkosten zwischen einem Niedrigenergiehaus (NEH) gemäß den gesetzlichen Anforderungen [EnEV] und einer Sanierung mit Passivhaus-Komponenten aus dem direkten Vergleich ermittelt werden konnten. Zusammengefasst lautet das Ergebnis: | + | Für die ökonomische Bewertung stellt diese zweigeteilte Sanierung einen herausragenden Glücksfall dar, weil damit die Mehrkosten zwischen einem Niedrigenergiehaus (NEH) gemäß den gesetzlichen Anforderungen [EnEV] und einer Sanierung mit Passivhaus-Komponenten aus dem direkten Vergleich ermittelt werden konnten. Zusammengefasst lautet das Ergebnis: |
- | Die gesamten Baukosten, die direkt einer für den Energieverbrauch relevanten Maßnahme zugeordnet werden konnten, betragen bei dem PHiB 406 €/m² Wohnfläche bzw. Energiebezugsfläche (EBF), und beim NEH 231 €/m² EBF. Dabei wurden die fünf relevanten Maßnahmen: Wärmedämmung Gebäudehülle, | + | Die gesamten Baukosten, die direkt einer für den Energieverbrauch relevanten Maßnahme zugeordnet werden konnten, betragen bei dem PHiB 406 €/m² Wohnfläche bzw. Energiebezugsfläche (EBF), und beim NEH 231 €/m² EBF. Dabei wurden die fünf relevanten Maßnahmen |
- | Obwohl die Kostendaten sehr detailliert ermittelt wurden, bleibt trotzdem eine Unsicherheit in der Gesamtsumme der Kosten für die Energieeffizienzmaßnahmen von etwa 20 €/m². Diese resultiert z.B. aus den Unklarheiten in der Zuordnung einzelner Gewerke zu den verschiedenen untersuchten Maßnahmen: Dementsprechend ist natürlich auch die Differenz der Kosten für das PHiB und das NEH nur im Rahmen dieser Genauigkeit bestimmt, siehe Tabelle 2 und Abbildung 2. | + | Obwohl die Kostendaten sehr detailliert ermittelt wurden, bleibt trotzdem eine Unsicherheit in der Gesamtsumme der Kosten für die Energieeffizienzmaßnahmen von etwa 20 €/m². Diese resultiert z.B. aus den Unklarheiten in der Zuordnung einzelner Gewerke zu den verschiedenen untersuchten Maßnahmen. Dementsprechend ist natürlich auch die Differenz der Kosten für das PHiB und das NEH nur im Rahmen dieser Genauigkeit bestimmt, siehe Tabelle 2 und Abbildung 2. |
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In [Kaufmann/ | In [Kaufmann/ | ||
- | Alle hier genannten Zahlen sind tatsächlich abgerechnete Kosten. Die so genannten 'Ohnehinkosten', die nicht direkt der Energieeinsparung zuzurechnen sind (z.B. ein neuer Außenputz auf dem Wärmedämmverbundsystem) wurden hier noch nicht abgezogen. Wegen der Struktur der zur Verfügung stehenden Daten war dies für das Projekt Hoheloogstraße nicht möglich. Wie weiter unten ausgeführt wird, müssen diese Ohnehinkosten bei einer zeitlichen Kopplung der Energiesparmaßnahme an die ohnehin notwendige Sanierungsmaßnahme nicht den Kosten der Energiesparmaßnahme angerechnet werden. Dies wird beim Projekt Schlesierstraße im Detail gezeigt. | + | Alle hier genannten Zahlen sind tatsächlich abgerechnete Kosten. Die sogenannten "Ohnehinkosten", die nicht direkt der Energieeinsparung zuzurechnen sind (z.B. ein neuer Außenputz auf dem Wärmedämmverbundsystem), wurden hier noch nicht abgezogen. Wegen der Struktur der zur Verfügung stehenden Daten war dies für das Projekt Hoheloogstraße nicht möglich. Wie weiter unten ausgeführt wird, müssen diese Ohnehinkosten bei einer zeitlichen Kopplung der Energiesparmaßnahme an die ohnehin notwendige Sanierungsmaßnahme nicht den Kosten der Energiesparmaßnahme angerechnet werden. Dies wird beim Projekt Schlesierstraße im Detail gezeigt. |
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- | Um die Kosten der einzelnen Komponenten untereinander vergleichen zu können, wurden alle absoluten Beträge auf die Wohnfläche des jeweiligen Gebäudes (750 m²) bezogen. Für die Maßnahmen an der Gebäudehülle sind zusätzlich die Kosten pro m² Bauteilfläche aufgeführt, | + | Um die Kosten der einzelnen Komponenten untereinander vergleichen zu können, wurden alle absoluten Beträge auf die Wohnfläche des jeweiligen Gebäudes (750 m²) bezogen. Für die Maßnahmen an der Gebäudehülle sind zusätzlich die Kosten pro m² Bauteilfläche aufgeführt, |
- | In Abbildung 2 wurden dementsprechend die Kosten der Maßnahmen | + | In Abbildung 2 wurden dementsprechend die Kosten der Maßnahmen |
Neben der Wärmebrückenreduktion fällt beim WDVS auf, dass die Kosten für die zusätzliche mechanische Befestigung der Dämmblöcke (Dübel) sowie für die Anschlüsse der Oberflächen (Putz) an benachbarte Bauteile (z.B. Fenster) einen relativ hohen Anteil im Vergleich zu den Kosten des Dämmstoffes selbst ausmachen. Dies ist nicht außergewöhnlich. Wie man an der Liste in Tabelle 2 sieht, sind die Ausgaben für Dübel, Anschlüsse und den Außenputz im NEH fast genauso hoch. Man erkennt jedoch, dass es hier evtl. noch erhebliche Kosteneinsparpotentiale gibt. Die Kosten für das Gerüst wurden zu je einem Drittel dem Dach, der Außenwanddämmung und den Fenstern zugerechnet. | Neben der Wärmebrückenreduktion fällt beim WDVS auf, dass die Kosten für die zusätzliche mechanische Befestigung der Dämmblöcke (Dübel) sowie für die Anschlüsse der Oberflächen (Putz) an benachbarte Bauteile (z.B. Fenster) einen relativ hohen Anteil im Vergleich zu den Kosten des Dämmstoffes selbst ausmachen. Dies ist nicht außergewöhnlich. Wie man an der Liste in Tabelle 2 sieht, sind die Ausgaben für Dübel, Anschlüsse und den Außenputz im NEH fast genauso hoch. Man erkennt jedoch, dass es hier evtl. noch erhebliche Kosteneinsparpotentiale gibt. Die Kosten für das Gerüst wurden zu je einem Drittel dem Dach, der Außenwanddämmung und den Fenstern zugerechnet. | ||
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Die Kosten für die Fenster beinhalten auch die Verschattung (Rollladen). Für die Haustüren wurde in beiden Gebäudeteilen das identische Produkt verwendet, daher sind die Kosten gleich. | Die Kosten für die Fenster beinhalten auch die Verschattung (Rollladen). Für die Haustüren wurde in beiden Gebäudeteilen das identische Produkt verwendet, daher sind die Kosten gleich. | ||
- | Die Kosten für die Lüftungsanlage beinhalten alle lüftungstechnischen Aufwendungen: | + | Die Kosten für die Lüftungsanlage beinhalten alle lüftungstechnischen Aufwendungen: |
- | Beim NEH wurden als 'Lüftungsanlage' | + | Beim NEH wurden als "Lüftungsanlage" |
==== 3.2 Auswertung Baukosten Schlesierstraße, | ==== 3.2 Auswertung Baukosten Schlesierstraße, | ||
- | In dem zweiten Projekt | + | In dem zweiten Projekt |
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- | Insgesamt konnte auch dieses Projekt ökonomisch überzeugend abgeschlossen werden, eine Investitionssumme von 1072 €/m² (brutto) für eine vollständige Sanierung mit Passivhaus-Komponenten ist ein gutes Ergebnis. Wenn man die durchgeführten Maßnahmen und deren Kosten jedoch im Detail betrachtet, erkennt man ein prinzipielles Dilemma: | + | Insgesamt konnte auch dieses Projekt ökonomisch überzeugend abgeschlossen werden, eine Investitionssumme von 1072 €/m² (brutto) für eine vollständige Sanierung mit Passivhaus-Komponenten ist ein gutes Ergebnis. Wenn man die durchgeführten Maßnahmen und deren Kosten jedoch im Detail betrachtet, erkennt man ein prinzipielles Dilemma: |
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- | 1. Die oberste Geschossdecke hatte schon eine 14 cm starke Wärmedämmung, | + | 1. Die oberste Geschossdecke hatte schon eine 14 cm starke Wärmedämmung, |
- | 2. Die Dämmung am Perimeter rund um das Gebäude wurde ganz bis an die Sohle des Kellers heruntergezogen. Die dafür notwendigen Erdarbeiten und die zusätzliche Fläche an erdberührter Außenwanddämmung sind aus bauphysikalischer Sicht sinnvoll, sie erhöhen die Kosten für die Maßnahme | + | 2. Die Dämmung am Perimeter rund um das Gebäude wurde ganz bis an die Sohle des Kellers heruntergezogen. Die dafür notwendigen Erdarbeiten und die zusätzliche Fläche an erdberührter Außenwanddämmung sind aus bauphysikalischer Sicht sinnvoll, sie erhöhen die Kosten für die Maßnahme |
=== Vergleich der Baukosten Hoheloogstraße – Schlesierstraße === | === Vergleich der Baukosten Hoheloogstraße – Schlesierstraße === | ||
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- | Bei den Fenstern konnte eine deutliche Kostenreduzierung bei verbesserter Produktqualität erreicht werden. Hier konnten außerdem Rationalisierungseffekte aufgrund der planerischen Erfahrung aus dem Vorgängerprojekt kostensenkend wirksam gemacht werden. Die höhere Investition bei den Haustüren ist ein reiner Skaleneffekt: | + | Bei den Fenstern konnte eine deutliche Kostenreduzierung bei verbesserter Produktqualität erreicht werden. Hier konnten außerdem Rationalisierungseffekte aufgrund der planerischen Erfahrung aus dem Vorgängerprojekt kostensenkend wirksam gemacht werden. Die höhere Investition bei den Haustüren ist ein reiner Skaleneffekt: |
=== Kostenanalyse Schlesierstraße im Detail === | === Kostenanalyse Schlesierstraße im Detail === | ||
- | Aus dem Projekt Schlesierstraße konnten im Rahmen des Projektes IEA Task37 Kostendaten in höherer Detaillierung ausgewertet werden. Daher war es möglich, die verschiedenen Investitionskosten besser zuzuordnen. In Tabelle 3 konnten deshalb neben den tatsächlichen Baukosten die so genannten 'Ohnehinkosten' | + | Aus dem Projekt Schlesierstraße konnten im Rahmen des Projektes IEA Task37 Kostendaten in höherer Detaillierung ausgewertet werden. Daher war es möglich, die verschiedenen Investitionskosten besser zuzuordnen. In Tabelle 3 konnten deshalb neben den tatsächlichen Baukosten die sogenannten "Ohnehinkosten" |
Die tatsächlich für die Energieeinsparung der jeweiligen Maßnahme anzurechnenden Kosten sind in der zweiten Säule (hellgrau) der jeweiligen Gruppe ausgewiesen. In Summe sind das für die Altbausanierung noch 225 €/m² Wfl. gegenüber 380 €/m² Gesamtkosten aller Maßnahmen, Tabelle 4. | Die tatsächlich für die Energieeinsparung der jeweiligen Maßnahme anzurechnenden Kosten sind in der zweiten Säule (hellgrau) der jeweiligen Gruppe ausgewiesen. In Summe sind das für die Altbausanierung noch 225 €/m² Wfl. gegenüber 380 €/m² Gesamtkosten aller Maßnahmen, Tabelle 4. | ||
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In der dritten Säule in Abbildung 5 (violett) ist der Anteil an den Baukosten ausgewiesen bzw. abgeschätzt worden, der nur bei einer Altbausanierung anfällt. Diese Zahlen sind rein zur Information und werden im Folgenden für die Gesamtkostenanalyse auch nur als Zusatzinformation verwendet. Mit dieser Information lässt sich jedoch die Systematik auch einfach für die ökonomische Analyse bei einem Neubau anwenden. | In der dritten Säule in Abbildung 5 (violett) ist der Anteil an den Baukosten ausgewiesen bzw. abgeschätzt worden, der nur bei einer Altbausanierung anfällt. Diese Zahlen sind rein zur Information und werden im Folgenden für die Gesamtkostenanalyse auch nur als Zusatzinformation verwendet. Mit dieser Information lässt sich jedoch die Systematik auch einfach für die ökonomische Analyse bei einem Neubau anwenden. | ||
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Altbautypische Kosten sind die Wärmebrücken-Reduktion am Dachrand und am Perimeter sowie die zusätzliche Verdübelung der Blöcke des WDV-Systems. Bei den Fenstern sind das Kosten für die Modifikation der Fensterlaibung, | Altbautypische Kosten sind die Wärmebrücken-Reduktion am Dachrand und am Perimeter sowie die zusätzliche Verdübelung der Blöcke des WDV-Systems. Bei den Fenstern sind das Kosten für die Modifikation der Fensterlaibung, | ||
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Die bisher genannten Zahlen entsprechen den tatsächlich abgerechneten Kosten, die sich aus der Durchsicht der Unterlagen beim Bauherrn ergeben haben. Aus Gesprächen mit Mitgliedern des Bauteams ergaben sich jedoch nach Abschluss des Projektes verschiedene Ansätze für eine zukünftig mögliche weitere Kostenoptimierung, | Die bisher genannten Zahlen entsprechen den tatsächlich abgerechneten Kosten, die sich aus der Durchsicht der Unterlagen beim Bauherrn ergeben haben. Aus Gesprächen mit Mitgliedern des Bauteams ergaben sich jedoch nach Abschluss des Projektes verschiedene Ansätze für eine zukünftig mögliche weitere Kostenoptimierung, | ||
- | Diese Überlegungen führen zu einem standardisierten Sanierungsprojekt mit einem Paket von kostenoptimierten Sanierungsmaßnahmen, | + | Diese Überlegungen führen zu einem standardisierten Sanierungsprojekt mit einem Paket von kostenoptimierten Sanierungsmaßnahmen, |
==== 3.3 Ökonomische Bilanz der Kosten der Energiesparmaßnahmen ==== | ==== 3.3 Ökonomische Bilanz der Kosten der Energiesparmaßnahmen ==== | ||
- | Auf der Basis der vorgenannten Baukosten für die energetisch relevanten Maßnahmen kann nun eine Analyse der Kostenbilanz gemacht werden. Dazu muss allerdings geklärt werden, welcher Anteil der zuvor ermittelten Baukosten der einzelnen Maßnahmen direkt der Energieeinsparung der jeweiligen Maßnahme zugeordnet werden muss. Der Barwert dieser | + | Auf der Basis der vorgenannten Baukosten für die energetisch relevanten Maßnahmen kann nun eine Analyse der Kostenbilanz gemacht werden. Dazu muss allerdings geklärt werden, welcher Anteil der zuvor ermittelten Baukosten der einzelnen Maßnahmen direkt der Energieeinsparung der jeweiligen Maßnahme zugeordnet werden muss. Der Barwert dieser |
=== Barwert – Restwert – Kopplungsprinzip – Ohnehinkosten === | === Barwert – Restwert – Kopplungsprinzip – Ohnehinkosten === | ||
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Als erstes muss der Restwert, den die jeweilige Maßnahme nach 20 Jahren noch hat, vom Barwert noch abgezogen werden, um direkt vergleichbare Zahlen zu erhalten. Dazu muss die Lebensdauer der einzelnen Komponenten (Annahmen: 50 Jahre für Wärmedämmung, | Als erstes muss der Restwert, den die jeweilige Maßnahme nach 20 Jahren noch hat, vom Barwert noch abgezogen werden, um direkt vergleichbare Zahlen zu erhalten. Dazu muss die Lebensdauer der einzelnen Komponenten (Annahmen: 50 Jahre für Wärmedämmung, | ||
- | Außerdem werden gemäß dem Kopplungsprinzip nur solche Kosten bilanziert, | + | Außerdem werden gemäß dem Kopplungsprinzip nur solche Kosten bilanziert, |
=== Kostenberechnung im Detail === | === Kostenberechnung im Detail === | ||
- | Für die Bilanzierung der Kosten wurde eine Tabellenkalkulation aufgebaut, mit welcher | + | Für die Bilanzierung der Kosten wurde eine Tabellenkalkulation aufgebaut, mit der sich die verschiedenen Varianten und deren einzelne Maßnahmen übersichtlich organisieren lassen. Es lassen sich damit die Baukosten jeder Maßnahme, die jeweils damit verbundene Energieeinsparung und die daraus resultierenden Energiekosteneinsparungen miteinander vergleichen. |
- | Die Energiebilanz wird dabei für jede Variante und jede Maßnahme im PHPP berechnet. Das Ergebnis ist der spezifische Heizwärmebedarf des gesamten Gebäudes, der mit jeder zusätzlichen Maßnahme sukzessive immer geringer wird, wie in Abbildung 6 dargestellt. Die Differenz des Heizwärmebedarfs (HWB) mit und ohne Maßnahme, d.h. die Differenz zweier aufeinander folgender HWB-Werte in Abbildung 6 ergibt dann direkt die Energieeinsparung dieser Maßnahme für das gesamte Gebäude, sie ist in Abbildung 6 jeweils als oberer Teil des Stapelbalkens dargestellt. | + | Die Energiebilanz wird dabei für jede Variante und jede Maßnahme im PHPP (Passivhaus-Projektierungspaket) |
- | Die Kosten werden nun wie vorher beschrieben für alle Maßnahmen im einzelnen berechnet, d.h. es werden die eingesparten Energiekosten und die auf die jeweilige Maßnahme anzurechnenden Baukosten berechnet und dann wie in Abbildung 7 dargestellt. Die Tabellenkalkulation wurde so aufgebaut, dass bis zu sieben Maßnahmen für jedes Gebäude bzw. Sanierungsvarianten im Einzelnen berechnet und deren verschiedene Kostenarten übersichtlich dargestellt werden können. Die jährlich anfallenden Energiekosten werden diskontiert und der Barwert für den Betrachtungszeitraum von 20 Jahren gebildet. Für Maßnahmen, die länger als 20 Jahre halten, wird der Restwert nach 20 Jahren berechnet. Von den abgerechneten Investitionskosten der Maßnahmen werden Ohnehinkosten und der Restwert abgezogen. Nur die verbleibenden und direkt der Energiesparmaßnahme zuzurechnenden Kosten abzüglich Restwert werden anschließend in Abbildung 7 dargestellt. | + | Die Kosten werden nun wie vorher beschrieben für alle Maßnahmen im einzelnen berechnet, d.h. es werden die eingesparten Energiekosten und die auf die jeweilige Maßnahme anzurechnenden Baukosten berechnet und dann wie in Abbildung 7 dargestellt. Die Tabellenkalkulation wurde so aufgebaut, dass bis zu sieben Maßnahmen für jedes Gebäude bzw. Sanierungsvarianten im Einzelnen berechnet und deren verschiedene Kostenarten übersichtlich dargestellt werden können. Die jährlich anfallenden Energiekosten werden diskontiert und es wird der Barwert für den Betrachtungszeitraum von 20 Jahren gebildet. Für Maßnahmen, die länger als 20 Jahre halten, wird der Restwert nach 20 Jahren berechnet. Von den abgerechneten Investitionskosten der Maßnahmen werden Ohnehinkosten und der Restwert abgezogen. Nur die verbleibenden und direkt der Energiesparmaßnahme zuzurechnenden Kosten abzüglich Restwert werden anschließend in Abbildung 7 dargestellt. |
- | Die Darstellung der Konfiguration | + | Die Darstellung der Konfiguration |
==== 3.4 Szenario: Sanierung Schlesierstraße wirtschaftlich optimiert ==== | ==== 3.4 Szenario: Sanierung Schlesierstraße wirtschaftlich optimiert ==== | ||
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- | Die Maßnahmen zur Wärmebrückenreduktion wurden stark optimiert und deren Kosten auf weniger als die Hälfte reduziert. Damit sind alle Maßnahmen zur Wärmedämmung in Abbildung 7 entweder gerade gegenfinanziert (Kellerdecke) oder ergeben eine deutliche Kosteneinsparung gegenüber dem Bestandsgebäude, | + | Die Maßnahmen zur Wärmebrückenreduktion wurden stark optimiert und deren Kosten auf weniger als die Hälfte reduziert. Damit sind alle Maßnahmen zur Wärmedämmung in Abbildung 7 entweder gerade gegenfinanziert (Kellerdecke) oder ergeben eine deutliche Kosteneinsparung gegenüber dem Bestandsgebäude, |
Entsprechende Abreißversuche sind vor allem bei größeren Projekten in jedem Fall anzuraten, um zu testen, ob die relativ teuren Dübel wirklich benötigt werden. Beim Projekt Tevesstraße ergaben solche Abreißversuche, | Entsprechende Abreißversuche sind vor allem bei größeren Projekten in jedem Fall anzuraten, um zu testen, ob die relativ teuren Dübel wirklich benötigt werden. Beim Projekt Tevesstraße ergaben solche Abreißversuche, | ||
- | Bei den Fenstern konnten weitere Kostensenkungen aufgrund einer stärkeren Marktdurchdringung und Rationalisierungsmaßnahmen beim Einbau antizipiert werden. Spätere Gespräche mit dem Bauteam und verschiedene gegenwärtig angebotene Produkte bestätigen dies: Inzwischen (2010) werden hochwertige Rahmenprofile aus Kunststoff, mit Rahmen-U-Werten Uf 0,9 W/(m²K), die für derartige Sanierungsmaßnahmen gut verwendbar sind, schon zu Preisen angeboten, für welche | + | Bei den Fenstern konnten weitere Kostensenkungen aufgrund einer stärkeren Marktdurchdringung und Rationalisierungsmaßnahmen beim Einbau antizipiert werden. Spätere Gespräche mit dem Bauteam und verschiedene gegenwärtig angebotene Produkte bestätigen dies: Inzwischen (2010) werden hochwertige Rahmenprofile aus Kunststoff, mit Rahmen-U-Werten Uf 0,9 W/(m²K), die für derartige Sanierungsmaßnahmen gut verwendbar sind, schon zu Preisen angeboten, für die vor einigen Jahren nur ein NEH-Fenster erhältlich war, Tabelle 2. Es verbleiben damit für das hochwertige Fenster fast nur noch Mehrkosten für die Dreifach-Wärmeschutzverglasung von etwa 40 €/m² Fensterfläche (zum damaligen Zeitpunkt; heute, d.h. 2012 sind auch diese Kosten bereits weiter zurückgegangen). |
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- | Bei der Lüftungsanlage wurde angenommen, dass die Einhausung des Lüftungsgerätes entweder entfallen kann, wenn ein separater Technikraum zur Verfügung steht, oder dass diese Einhausung günstiger hergestellt werden kann. Entsprechende Weiterentwicklungen von besonders gut schallgedämmten Gehäusekonstruktionen für die Aufstellung in gemischt genutzten Räumen (Wohnküche o. ä.) sind anzuregen und erlauben künftig günstigere Lösungen. Denn auch die Aufstellung in einem separaten Technikraum kostet den verwendeten Platz. Außerdem wurde eine weitere technische Verbesserung der Lüftungsgeräte (Tabelle 5) angenommen: | + | Bei der Lüftungsanlage wurde angenommen, dass die Einhausung des Lüftungsgerätes entweder entfallen kann, wenn ein separater Technikraum zur Verfügung steht, oder dass diese Einhausung günstiger hergestellt werden kann. Entsprechende Weiterentwicklungen von besonders gut schallgedämmten Gehäusekonstruktionen für die Aufstellung in gemischt genutzten Räumen (Wohnküche o.Ä.) sind anzuregen und erlauben künftig günstigere Lösungen. Denn auch die Aufstellung in einem separaten Technikraum kostet den verwendeten Platz. Außerdem wurde eine weitere technische Verbesserung der Lüftungsgeräte (Tabelle 5) angenommen: |
==== 3.5 Szenario: Sanierung Schlesierstraße als NEH ==== | ==== 3.5 Szenario: Sanierung Schlesierstraße als NEH ==== | ||
- | Bleibt die Frage zu beantworten, | + | Bleibt die Frage zu beantworten, |
- | Der 'Gewinn', d.h. die Differenz aus eingesparten Energiekosten und den Investitionskosten in Abbildung 7 bzw. in Abbildung 10 gibt an, ob und um wie viel die eine Konfiguration ökonomisch vorteilhafter ist als die andere. Dieses Vorgehen hat zum einen den Vorteil, dass klar wird, dass jede Form von energetischer Sanierung bei den derzeitigen Energiepreisen einen ökonomischen Vorteil hat gegenüber dem 'Nichtstun'. Andererseits kann man mit diesem Vergleich alt/neu besser auf die Situation des Bestandsgebäudes eingehen. Das ist bei einem Neubau nicht unbedingt notwendig: | + | Der "Gewinn", d.h. die Differenz aus eingesparten Energiekosten und den Investitionskosten in Abbildung 7 bzw. in Abbildung 10 gibt an, ob und um wie viel die eine Konfiguration ökonomisch vorteilhafter ist als die andere. Dieses Vorgehen hat zum einen den Vorteil, dass klar wird, dass jede Form von energetischer Sanierung bei den derzeitigen Energiepreisen einen ökonomischen Vorteil hat gegenüber dem "Nichtstun". Andererseits kann man mit diesem Vergleich alt/neu besser auf die Situation des Bestandsgebäudes eingehen. Das ist bei einem Neubau nicht unbedingt notwendig: |
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- | Zum Zeitpunkt des Bauantrags war noch die EnEV 2002 gültig [EnEV]. Da diese jedoch für die Zukunft keine Relevanz mehr hat und andererseits die EnEV keine besonders scharf definierte Anforderung an den Heizwärmebedarf bzw. den Endenergiebedarf hat, wurde für die folgenden Überlegungen ein 'gutes NEH' | + | Zum Zeitpunkt des Bauantrags war noch die EnEV 2002 gültig [EnEV]. Da diese jedoch für die Zukunft keine Relevanz mehr hat und andererseits die EnEV keine besonders scharf definierte Anforderung an den Heizwärmebedarf bzw. den Endenergiebedarf hat, wurde für die folgenden Überlegungen ein "gutes NEH" |
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- | Der Heizwärmebedarf dieses NEH liegt bei 65 kWh/(m²a), die weiteren Zwischenzustände und die Einsparungen der einzelnen Maßnahmen sind in Abbildung 9 dargestellt. In Abbildung 10 sind wieder die Kosten der einzelnen Maßnahmen (Investitionskosten abzüglich Ohnehinkosten und abzüglich Restwert nach 20 Jahren) im Vergleich zu den eingesparten Energiekosten dargestellt. Man erkennt, dass die einzelnen Maßnahmen zwar alle billiger sind als für das PHiB, dass aber andererseits der Einspareffekt fast proportional dazu zurückgeht. In Summe ist das resultierende Gesamtergebnis ('Gewinn') in 20 Jahren mit 148 €/m² EBF (Abbildung 10) deutlich weniger attraktiv als die Netto-Kosteneinsparungen, | + | Der Heizwärmebedarf dieses NEH liegt bei 65 kWh/(m²a), die weiteren Zwischenzustände und die Einsparungen der einzelnen Maßnahmen sind in Abbildung 9 dargestellt. In Abbildung 10 sind wieder die Kosten der einzelnen Maßnahmen (Investitionskosten abzüglich Ohnehinkosten und abzüglich Restwert nach 20 Jahren) im Vergleich zu den eingesparten Energiekosten dargestellt. Man erkennt, dass die einzelnen Maßnahmen zwar alle billiger sind als für das PHiB, dass aber andererseits der Einspareffekt fast proportional dazu zurückgeht. In Summe ist das resultierende Gesamtergebnis ("Gewinn") in 20 Jahren mit 148 €/m² EBF (Abbildung 10) deutlich weniger attraktiv als die Netto-Kosteneinsparungen, |
==== 3.6 Lebenszykluskostenanalyse: | ==== 3.6 Lebenszykluskostenanalyse: | ||
- | Die Summe aus den kapitalisierten laufenden Kosten (hier: Energiekosten) und den Investitionskosten, | + | Die Summe aus den kapitalisierten laufenden Kosten (hier: Energiekosten) und den Investitionskosten, |
- | Mit den hier ausgewerteten Daten lässt | + | Mit den hier ausgewerteten Daten lassen |
Die direkt der Energiesparmaßnahme zuzuordnenden Bauteilkosten in Abbildung 11 ergeben sich dabei aus den abgerechneten Baukosten abzüglich der Ohnehinkosten und abzüglich des Restwertes nach 20 Jahren. Diese Bauteilkosten sind für das PHiB höher als für das NEH, werden aber für die meisten Bauteile überkompensiert durch die während der Lebensdauer eingesparten Energiekosten im Betrieb. Der noch erhöhte Investitionsaufwand ist jedoch vor allem dem Pilotcharakter und der ehrgeizigen Zielsetzung des Bauherrn, GAG Ludwigshafen, | Die direkt der Energiesparmaßnahme zuzuordnenden Bauteilkosten in Abbildung 11 ergeben sich dabei aus den abgerechneten Baukosten abzüglich der Ohnehinkosten und abzüglich des Restwertes nach 20 Jahren. Diese Bauteilkosten sind für das PHiB höher als für das NEH, werden aber für die meisten Bauteile überkompensiert durch die während der Lebensdauer eingesparten Energiekosten im Betrieb. Der noch erhöhte Investitionsaufwand ist jedoch vor allem dem Pilotcharakter und der ehrgeizigen Zielsetzung des Bauherrn, GAG Ludwigshafen, | ||
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- | Im Projekt | + | Im Projekt |
- | Vergleicht man die Spalte 2 mit der Spalte 5 in Abbildung 12 so zeigt sich, dass sich 'PHiB-Schlesier' | + | Vergleicht man die Spalte 2 mit der Spalte 5 in Abbildung 12 so zeigt sich, dass sich "PHiB-Schlesier" |
Dies gilt bereits bei dem in dieser Rechnung noch zugrunde liegenden Endenergiepreis für Heizenergie (Heizöl, Gas) von 0,07 €/kWh. Dieser Preis wird schon heute (2012) übertroffen und es muss erwartet werden, dass er innerhalb der Lebensdauer des Gebäudes noch weiter steigt. | Dies gilt bereits bei dem in dieser Rechnung noch zugrunde liegenden Endenergiepreis für Heizenergie (Heizöl, Gas) von 0,07 €/kWh. Dieser Preis wird schon heute (2012) übertroffen und es muss erwartet werden, dass er innerhalb der Lebensdauer des Gebäudes noch weiter steigt. | ||
- | Daher sollen die vollständigen Lebenszykluskosten der beiden Projekte zum Schluss noch aus heutiger Sicht analysiert werden: | + | Daher sollen die vollständigen Lebenszykluskosten der beiden Projekte zum Schluss noch aus heutiger Sicht analysiert werden: |
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- | ==== 3.7 Zusammenfassung und Ausblick: Sanierung nach 'EnerPHit' | + | ==== 3.7 Zusammenfassung und Ausblick: Sanierung nach "EnerPHit" |
- | Es stellt sich heraus, dass für zukünftige Sanierungen das Qualitätsniveau der Passivhaus-Komponenten das ökonomische Optimum und damit eine in jeder Dimension nachhaltige Lösung des Energieproblems ist. Voraussetzung sind eine sorgfältige, | + | Es stellt sich heraus, dass für zukünftige Sanierungen das Qualitätsniveau der Passivhaus-Komponenten das ökonomische Optimum und damit eine in jeder Dimension nachhaltige Lösung des Energieproblems ist. Voraussetzung sind eine sorgfältige, |
- | Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Baukosten, wie sie hier dokumentiert sind, nur für 'kostengünstige' | + | Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Baukosten, wie sie hier dokumentiert sind, nur für "kostengünstige" |
- | Genau dies macht diese Projekte für eine Studie zum 'kostengünstigen Passivhaus' | + | Genau dies macht diese Projekte für eine Studie zum "kostengünstigen Passivhaus" |
===== 4. Neubauprojekte: | ===== 4. Neubauprojekte: | ||
- | ==== 4.1 Reihenmittelhaus als Passivhaus im Vergleich zu einem baugleichen Niedrigenergiehaus ('NEH') ==== | + | ==== 4.1 Reihenmittelhaus als Passivhaus im Vergleich zu einem baugleichen Niedrigenergiehaus ("NEH") ==== |
Ein Reihenhausprojekt in Darmstadt wurde im Jahr 2007/2008 errichtet. Insgesamt wurden neun Wohneinheiten realisiert: ein Doppelhaus und sieben Reihenhäuser, | Ein Reihenhausprojekt in Darmstadt wurde im Jahr 2007/2008 errichtet. Insgesamt wurden neun Wohneinheiten realisiert: ein Doppelhaus und sieben Reihenhäuser, | ||
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- | Die Holzweichfaserplatte dient als Putzträgerplatte, | + | Die Holzweichfaserplatte dient als Putzträgerplatte, |
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- | Hinweis: Da gemäß [EnEV] die Grenzwerte für die Eigenschaften der Komponenten (z.B. U-Werte) festgelegt sind und der Energiebedarf eines konkreten Gebäudes jeweils an einem geometrisch identischen Referenzgebäude mit diesen Komponenten gemessen wird, hat ein Reihenendhaus nach [EnEV] anders als das Passivhaus zwangsläufig einen höheren Energiebedarf als das Reihenmittelhaus. Die Analyse zeigt, dass dies bei höheren Energiepreisen auch ökonomisch fragwürdig ist. Siehe dazu die Diskussion der Ergebnisse in Abbildung 19 und Abbildung 20. | + | Hinweis: Da gemäß [EnEV] die Grenzwerte für die Eigenschaften der Komponenten (z.B. U-Werte) festgelegt sind und der Energiebedarf eines konkreten Gebäudes jeweils an einem geometrisch identischen Referenzgebäude mit diesen Komponenten gemessen wird, hat ein Reihenendhaus nach [EnEV], anders als das Passivhaus, zwangsläufig einen höheren Energiebedarf als das Reihenmittelhaus. Die Analyse zeigt, dass dies bei höheren Energiepreisen auch ökonomisch fragwürdig ist. Siehe dazu die Diskussion der Ergebnisse in Abbildung 19 und Abbildung 20. |
Das Passivhaus hat eine Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung. Für ein NEH muss gemäß EnEV 2009 [EnEV] ein Lüftungskonzept erstellt werden, das einen hygienischen Luftwechsel garantiert. Eine einfache freie Lüftung mit Fensteröffnung durch die Bewohner ist daher in aller Regel nicht mehr zulässig. Daher wurde das NEH mit einer Abluftanlage konfiguriert: | Das Passivhaus hat eine Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung. Für ein NEH muss gemäß EnEV 2009 [EnEV] ein Lüftungskonzept erstellt werden, das einen hygienischen Luftwechsel garantiert. Eine einfache freie Lüftung mit Fensteröffnung durch die Bewohner ist daher in aller Regel nicht mehr zulässig. Daher wurde das NEH mit einer Abluftanlage konfiguriert: | ||
- | Neben den Komponenten der Gebäudehülle und der Lüftung wurden in diesem Abschnitt auch haustechnische Komponenten wie Warmwasserspeicher und Wärmeverteilung in die Betrachtung mit einbezogen. Im folgenden | + | Neben den Komponenten der Gebäudehülle und der Lüftung wurden in diesem Abschnitt auch haustechnische Komponenten wie Warmwasserspeicher und Wärmeverteilung in die Betrachtung mit einbezogen. Im Folgenden |
Hinweis: Im vorigen Abschnitt 3 (Altbau) waren bei der Haustechnik jeweils nur die zusätzlichen Komponenten bzw. die Unterschiede (z.B. mehr oder weniger Heizkörper) aufgeführt. Die Kosten für das restliche Heizsystem (Wärmeerzeuger und Verteilung) fehlen dort. Die Ergebnisse und absoluten Zahlen in diesem Abschnitt 4 (Neubau) sind daher mit den Zahlen im vorigen Abschnitt 3 (Altbau) nur bedingt vergleichbar. | Hinweis: Im vorigen Abschnitt 3 (Altbau) waren bei der Haustechnik jeweils nur die zusätzlichen Komponenten bzw. die Unterschiede (z.B. mehr oder weniger Heizkörper) aufgeführt. Die Kosten für das restliche Heizsystem (Wärmeerzeuger und Verteilung) fehlen dort. Die Ergebnisse und absoluten Zahlen in diesem Abschnitt 4 (Neubau) sind daher mit den Zahlen im vorigen Abschnitt 3 (Altbau) nur bedingt vergleichbar. | ||
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==== 4.2 Kostenermittlung ==== | ==== 4.2 Kostenermittlung ==== | ||
- | Für das Reihenmittelhaus standen Kostendaten der abgerechneten Kosten zur Verfügung, weil das Projekt zwar mit dem Architekten (Georg Zielke, Darmstadt) als Generalplaner für alle neun Wohneinheiten, | + | Für das Reihenmittelhaus standen Kostendaten der abgerechneten Kosten zur Verfügung, weil das Projekt zwar mit dem Architekten (Georg Zielke, Darmstadt) als Generalplaner für alle neun Wohneinheiten, |
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- | Lediglich das Risiko von Kostensteigerungen während der Planungs- und Bauzeit, das bei Festpreismodellen der Bauträger entfällt, musste von den einzelnen Baufamilien selbst getragen werden. Durch engagierte Verhandlungsführung des Architekten konnten jedoch die sonst in den Jahren 2006 bis 2008 aufgetretenen Kostensteigerungen von etwa 6 % vermieden werden. Die unvermeidbar aufgetretenen Kostensteigerungen sind in den in Tabelle 9 dokumentierten | + | Lediglich das Risiko von Kostensteigerungen während der Planungs- und Bauzeit, das bei Festpreismodellen der Bauträger entfällt, musste von den einzelnen Baufamilien selbst getragen werden. Durch engagierte Verhandlungsführung des Architekten konnten jedoch die sonst in den Jahren 2006 bis 2008 aufgetretenen Kostensteigerungen von etwa 6 % vermieden werden. Die unvermeidbar aufgetretenen Kostensteigerungen sind in den in Tabelle 9 dokumentierten |
Die in den Abrechnungen dokumentierten Kosten wurden nach Bauteilen bzw. Energiesparmaßnahme und Funktion gegliedert, Abbildung 16: | Die in den Abrechnungen dokumentierten Kosten wurden nach Bauteilen bzw. Energiesparmaßnahme und Funktion gegliedert, Abbildung 16: | ||
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* Lüftung | * Lüftung | ||
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Um die Kosten der einzelnen Komponenten untereinander vergleichen zu können, wurden spezifische Werte in €/m² Energiebezugsfläche (EBF) gebildet, Tabelle 9. Die Energiebezugsfläche, | Um die Kosten der einzelnen Komponenten untereinander vergleichen zu können, wurden spezifische Werte in €/m² Energiebezugsfläche (EBF) gebildet, Tabelle 9. Die Energiebezugsfläche, | ||
- | Für die flächigen Komponenten wurden zudem Kosten pro m² Bauteilfläche ausgewiesen, | + | Für die flächigen Komponenten wurden zudem Kosten pro m² Bauteilfläche ausgewiesen, |
In Tabelle 9 und Abbildung 16 sind im Wesentlichen nur Komponenten und Bauteile aufgeführt, | In Tabelle 9 und Abbildung 16 sind im Wesentlichen nur Komponenten und Bauteile aufgeführt, | ||
- | Die sommerliche Kühlung wird jedoch in diesem Beitrag nicht finanziell bewertet, weil in Wohngebäuden in Deutschland und Nordeuropa derzeit eine aktive sommerliche Kühlung und ein damit verbundener Energiebedarf auch in konventionellen Gebäuden noch nicht üblich sind. In allen Darstellungen mit den vollständigen Lebenszykluskosten taucht diese Position beim Passivhaus gleichermaßen wie beim NEH auf, sodass damit zwar die Summe der absoluten Baukosten der Komponenten größer wird, die vergleichende Darstellung und damit die Aussage ob die eine oder die andere Konfiguration wirtschaftlich ist oder nicht, wird davon aber nicht berührt. | + | Die sommerliche Kühlung wird jedoch in diesem Beitrag nicht finanziell bewertet, weil in Wohngebäuden in Deutschland und Nordeuropa derzeit eine aktive sommerliche Kühlung und ein damit verbundener Energiebedarf auch in konventionellen Gebäuden noch nicht üblich sind. In allen Darstellungen mit den vollständigen Lebenszykluskosten taucht diese Position beim Passivhaus gleichermaßen wie beim NEH auf, sodass damit zwar die Summe der absoluten Baukosten der Komponenten größer wird, die vergleichende Darstellung und damit die Aussage, ob die eine oder die andere Konfiguration wirtschaftlich ist oder nicht, wird davon aber nicht berührt. |
Für die Basisversion ergeben sich damit vollständige Baukosten für die Komponenten, | Für die Basisversion ergeben sich damit vollständige Baukosten für die Komponenten, | ||
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Stellt man nun die gesamten Bauwerkskosten (KG 300 und 400) einander gegenüber, so ergeben sich die relativen Mehrinvestitionen für ein Passivhauses gegenüber einem geometrisch identischen NEH zu etwa 8 %, siehe Tabelle 10, was sich auch mit den Erfahrungen aus anderen Projekten deckt. | Stellt man nun die gesamten Bauwerkskosten (KG 300 und 400) einander gegenüber, so ergeben sich die relativen Mehrinvestitionen für ein Passivhauses gegenüber einem geometrisch identischen NEH zu etwa 8 %, siehe Tabelle 10, was sich auch mit den Erfahrungen aus anderen Projekten deckt. | ||
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- | Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Zahlenexperiment: | + | Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Zahlenexperiment: |
Viele konventionelle NEH werden aus architektonischen Überlegungen heraus mit höherem Fensterflächenanteil gebaut, obwohl dies z.B. bei raumhohen Fenstern im Schlafbereich aus Nutzersicht nicht unbedingt sinnvoll ist. Betrachtet man in Tabelle 16 die Kosten der um 15 m² vergrößerten Fensterfläche des NEH in den drei Spalten ganz rechts, so erkennt man schnell, dass der Kostenvorteil des NEH gegenüber dem Passivhaus um fast 40 % geringer wird. Ähnlich verhält es sich mit einem Reihenendhaus, | Viele konventionelle NEH werden aus architektonischen Überlegungen heraus mit höherem Fensterflächenanteil gebaut, obwohl dies z.B. bei raumhohen Fenstern im Schlafbereich aus Nutzersicht nicht unbedingt sinnvoll ist. Betrachtet man in Tabelle 16 die Kosten der um 15 m² vergrößerten Fensterfläche des NEH in den drei Spalten ganz rechts, so erkennt man schnell, dass der Kostenvorteil des NEH gegenüber dem Passivhaus um fast 40 % geringer wird. Ähnlich verhält es sich mit einem Reihenendhaus, | ||
- | Diese Sachverhalte sind allgemein bekannt. Die Erfahrung aus der Beratungspraxis zeigt jedoch, dass viele Bauherren diese Option für Kosten sparendes | + | Diese Sachverhalte sind allgemein bekannt. Die Erfahrung aus der Beratungspraxis zeigt jedoch, dass viele Bauherren diese Option für kostensparendes |
==== 4.3 Wirtschaftlichkeit der Passivhaus-Gebäudehülle ==== | ==== 4.3 Wirtschaftlichkeit der Passivhaus-Gebäudehülle ==== | ||
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=== 4.3.1 Die einzelnen Komponenten im Überblick === | === 4.3.1 Die einzelnen Komponenten im Überblick === | ||
- | Wie schon bei der Altbausanierung lohnt sich auch hier der Blick auf die Einsparpotentiale der einzelnen Passivhaus-Komponenten sowohl im Detail als auch im gesamten Überblick. In Abbildung 17 oben ist jeweils die Einsparung an Endenergie für Heizung und WW-Bereitung (*) für bessere Wärmedämmung, | + | Wie schon bei der Altbausanierung, lohnt sich auch hier der Blick auf die Einsparpotentiale der einzelnen Passivhaus-Komponenten, sowohl im Detail als auch im gesamten Überblick. In Abbildung 17 oben ist jeweils die Einsparung an Endenergie für Heizung und WW-Bereitung (*) für bessere Wärmedämmung, |
- | (*) Die Darstellung | + | (*) Die Darstellung |
In Abbildung 17 unten sind die zusätzlichen Investitionskosten für jede Maßnahme aufgeführt und außerdem ggf. Kosten für Hilfsstromverbrauch und Wartung der haustechnischen Komponenten. Die Wartungskosten für Heizung und Lüftungsanlage können mit etwa 0.5 % der zugehörigen Investitionskosten pro Jahr abgeschätzt werden. Das entspricht einem typischen vorliegenden Wartungsvertrag für Heizung und Lüftung zusammen von etwa 150 €/a pro Wohneinheit. Für die Gebäude mit solarthermischer Anlage entsprechend mehr. | In Abbildung 17 unten sind die zusätzlichen Investitionskosten für jede Maßnahme aufgeführt und außerdem ggf. Kosten für Hilfsstromverbrauch und Wartung der haustechnischen Komponenten. Die Wartungskosten für Heizung und Lüftungsanlage können mit etwa 0.5 % der zugehörigen Investitionskosten pro Jahr abgeschätzt werden. Das entspricht einem typischen vorliegenden Wartungsvertrag für Heizung und Lüftung zusammen von etwa 150 €/a pro Wohneinheit. Für die Gebäude mit solarthermischer Anlage entsprechend mehr. | ||
- | Man erkennt, dass die 'teuren' | + | Man erkennt, dass die "teuren" |
Für das Reihenendhaus ergibt sich ein größerer Vorteil für das Passivhaus, siehe Abbildung 18. Dies liegt vor allem daran, dass die [EnEV] mit dem Referenzgebäudeverfahren lediglich feste Grenzwerte für die Komponenten (z.B. U-Werte) definiert. | Für das Reihenendhaus ergibt sich ein größerer Vorteil für das Passivhaus, siehe Abbildung 18. Dies liegt vor allem daran, dass die [EnEV] mit dem Referenzgebäudeverfahren lediglich feste Grenzwerte für die Komponenten (z.B. U-Werte) definiert. | ||
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=== 4.3.2 Optimierung der Gebäudehülle ist wichtig === | === 4.3.2 Optimierung der Gebäudehülle ist wichtig === | ||
- | Die Passivhaus-Gebäudehülle ist bei den derzeitigen Zinsen und einem mittleren Energiepreis von etwa 0.10 €/kWh wirtschaftlich darstellbar, | + | Die Passivhaus-Gebäudehülle ist bei den derzeitigen Zinsen und einem mittleren Energiepreis von etwa 0.10 €/kWh wirtschaftlich darstellbar, |
- | Ganz anders beim Passivhaus: | + | Ganz anders beim Passivhaus: |
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=== 4.3.3 Welche Kosten werden in Betracht gezogen? === | === 4.3.3 Welche Kosten werden in Betracht gezogen? === | ||
- | An dieser Stelle muss noch einmal betont werden, dass in dieser Studie bewusst eine kostenoptimierte Basisversion betrachtet wurde. Das bezieht sich auch auf Materialien. Sowohl für das Passivhaus als auch für das NEH wurden für die Fenster PVC-Rahmen verwendet. Werden aus gestalterischen Gründen Holz- oder Holz-Alu-Fenster verwendet, so sind die resultierenden höheren Investitionen in der Regel signifikant. Das gilt jedoch für Passivhaus-Fenster ebenso wie für konventionelle Fenster, daher wurde dies aus den hier dokumentierten Betrachtungen bewusst ausgeklammert. Gerade beim Passivhaus-Fenster sehen die Autoren ein enormes Kostenoptimierungspotential: | + | An dieser Stelle muss noch einmal betont werden, dass in dieser Studie bewusst eine kostenoptimierte Basisversion betrachtet wurde. Das bezieht sich auch auf Materialien. Sowohl für das Passivhaus als auch für das NEH wurden für die Fenster PVC-Rahmen verwendet. Werden aus gestalterischen Gründen Holz- oder Holz-Alu-Fenster verwendet, so sind die resultierenden höheren Investitionen in der Regel signifikant. Das gilt jedoch für Passivhaus-Fenster ebenso wie für konventionelle Fenster. Daher wurde dies aus den hier dokumentierten Betrachtungen bewusst ausgeklammert. Gerade beim Passivhaus-Fenster sehen die Autoren ein enormes Kostenoptimierungspotential: |
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- | Auch bei der Lüftungstechnik zeichnen sich Kostenoptimierungspotentiale ab: Ein vergleichbares hochwertiges Lüftungsgerät, | + | Auch bei der Lüftungstechnik zeichnen sich Kostenoptimierungspotentiale ab: Ein vergleichbares hochwertiges Lüftungsgerät, |
- | Weitere Optimierungen der Gebäudehülle und der Haustechnik wurden in der Variante | + | Weitere Optimierungen der Gebäudehülle und der Haustechnik wurden in der Variante |
==== 4.4 Reihenmittelhaus mit thermischer Solaranlage ==== | ==== 4.4 Reihenmittelhaus mit thermischer Solaranlage ==== | ||
- | Eine oft gehörte Frage: Kann nicht eine thermische Solaranlage oder eine andere regenerative Bereitstellung von Energie in einem NEH dasselbe energetische aber auch dasselbe wirtschaftliche Ergebnis bringen wie die 'teuren' | + | Eine oft gehörte Frage: Kann nicht eine thermische Solaranlage oder eine andere regenerative Bereitstellung von Energie in einem NEH dasselbe energetische, aber auch dasselbe wirtschaftliche Ergebnis bringen wie die "teuren" |
- | Qualitative Antwort vorab: | + | Qualitative Antwort vorab: |
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- | Die Kosten von solarthermischen Anlagen werden im Wesentlichen von den Kosten des Warmwasser- (WW) bzw. Pufferspeichers und von den Kosten der Kollektorfläche bestimmt. Zur Kostenrecherche wurden Angebote bzw. Preislisten von führenden deutschen und Schweizer Herstellern herangezogen. Ergebnis: | + | Die Kosten von solarthermischen Anlagen werden im Wesentlichen von den Kosten des Warmwasser- (WW) bzw. Pufferspeichers und von den Kosten der Kollektorfläche bestimmt. Zur Kostenrecherche wurden Angebote bzw. Preislisten von führenden deutschen und Schweizer Herstellern herangezogen. Ergebnis: |
- | Zur Berechnung des solarthermischen Beitrags wurde das Verfahren f-chart aus [Duffie/ | + | Zur Berechnung des solarthermischen Beitrags wurde das Verfahren f-chart aus [Duffie/ |
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- | Das Verfahren stößt lediglich an Grenzen für sehr große Speicher (Volumen >> 7000 Liter), | + | Das Verfahren stößt lediglich an Grenzen für sehr große Speicher (Volumen >> 7000 Liter), |
- | * Passivhaus: Speicher bis zu 2000 Litern Inhalt (160 kWh) Wärmebedarf in den Wintermonaten mehr als 800 kWh/Monat, Abbildung 26 ff | + | * Passivhaus: Speicher bis zu 2000 Litern Inhalt (160 kWh), Wärmebedarf in den Wintermonaten mehr als 800 kWh/Monat, Abbildung 26 ff |
- | * NEH: Speicher bis zu 7500 Litern (600 kWh) Wärmebedarf in den Wintermonaten mehr als 2000 kWh/Monat, Abbildung 29 ff | + | * NEH: Speicher bis zu 7500 Litern (600 kWh), Wärmebedarf in den Wintermonaten mehr als 2000 kWh/Monat, Abbildung 29 ff |
Das Verfahren f-chart im PHPP liefert konservative Zahlen für den solaren Wärmebeitrag der verschiedenen Konfigurationen, | Das Verfahren f-chart im PHPP liefert konservative Zahlen für den solaren Wärmebeitrag der verschiedenen Konfigurationen, | ||
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- | Die Auswertung in Abbildung 21 zeigt bezüglich des Energiebedarfs folgendes Ergebnis: Für beide Gebäudestandards, | + | Die Auswertung in Abbildung 21 zeigt bezüglich des Energiebedarfs folgendes Ergebnis: Für beide Gebäudestandards, |
- | Hinweis: Der wichtigste Grund für den beschränkten solaraktiven Beitrag einer thermischen Solaranlage liegt in der schlechten Gleichzeitigkeit von Heizwärmenachfrage (im Winter) und solarem Strahlungsangebot (im Sommer). Dies ist ein lange bekannter Sachverhalt. Im Passivhaus ist die Schnittmenge von Angebot und Nachfrage noch geringer als beim NEH, weil im PH die Heizzeit noch kürzer ist – insbesondere aber ist der Heizwärmebedarf im Kernwinter (dem Zeitraum, | + | Hinweis: Der wichtigste Grund für den beschränkten solaraktiven Beitrag einer thermischen Solaranlage liegt in der schlechten Gleichzeitigkeit von Heizwärmenachfrage (im Winter) und solarem Strahlungsangebot (im Sommer). Dies ist ein lange bekannter Sachverhalt. Im Passivhaus ist die Schnittmenge von Angebot und Nachfrage noch geringer als beim NEH, weil im PH die Heizzeit noch kürzer ist – insbesondere aber ist der Heizwärmebedarf im Kernwinter (dem Zeitraum, |
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- | In diesem Zusammenhang ist es instruktiv, den Heizwärmebedarf des Passivhauses und des NEH über die einzelnen Monate im Jahr genauer zu betrachten, siehe dazu die Darstellungen in Abbildung 23 ff. Das solare Strahlungsangebot durch die Fenster (und die internen Wärmequellen) sind für PH und NEH praktisch gleich. Beim PH ist das solare Strahlungsangebot jedoch im Vergleich zu den Wärmeverlusten sehr viel größer und kann daher nennenswert zur Raumheizung beitragen. Außerdem kann man zeigen, dass die zusätzlichen Wärmeverluste des NEH im Frühjahr (März bis Mai) und Herbst (September bis Mitte November) im wesentlichen Lüftungsverluste sind. Das heißt in der Übergangszeit – und natürlich aus sonst − wirkt die Lüftungsanlage wie eine 'Heizungs'-Komponente im Passivhaus, weil sie wesentliche Lüftungswärmeverluste vermeidet: | + | In diesem Zusammenhang ist es instruktiv, den Heizwärmebedarf des Passivhauses und des NEH über die einzelnen Monate im Jahr genauer zu betrachten, siehe dazu die Darstellungen in Abbildung 23 ff. Das solare Strahlungsangebot durch die Fenster (und die internen Wärmequellen) sind für PH und NEH praktisch gleich. Beim PH ist das solare Strahlungsangebot jedoch im Vergleich zu den Wärmeverlusten sehr viel größer und kann daher nennenswert zur Raumheizung beitragen. Außerdem kann man zeigen, dass die zusätzlichen Wärmeverluste des NEH im Frühjahr (März bis Mai) und Herbst (September bis Mitte November) im wesentlichen Lüftungsverluste sind. Das heißt, in der Übergangszeit – und natürlich aus sonst − wirkt die Lüftungsanlage wie eine "Heizungs"-Komponente im Passivhaus, weil sie wesentliche Lüftungswärmeverluste vermeidet: |
- | Ökonomisch ist die Situation wie in Abbildung 22 dargestellt: | + | Ökonomisch ist die Situation wie in Abbildung 22 dargestellt: |
Eine kleine thermische Solaranlage zur Brauchwassererwärmung (TWW) ist mit geringen Mehrkosten realisierbar und sinnvoll. Mit dargestellt und eingerechnet sind Kosten für Wartung und Hilfsstrom für die Heizung, Lüftungsanlage und Solaranlage. Aus den Daten der Grundversion jeweils ohne Solaranlage erkennt man die Kosten für Hilfsenergie und die Wartungskosten der Lüftungsanlage, | Eine kleine thermische Solaranlage zur Brauchwassererwärmung (TWW) ist mit geringen Mehrkosten realisierbar und sinnvoll. Mit dargestellt und eingerechnet sind Kosten für Wartung und Hilfsstrom für die Heizung, Lüftungsanlage und Solaranlage. Aus den Daten der Grundversion jeweils ohne Solaranlage erkennt man die Kosten für Hilfsenergie und die Wartungskosten der Lüftungsanlage, | ||
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Bei den sehr großen Solaranlagen für das NEH nehmen die Kosten für Kollektorfläche und Wärmespeicher stark zu, daher sind die Summen der Investitionskosten für die Gebäude und Anlagenkonfiguration PH5 und NEH5 praktisch identisch, der Endenergiebedarf und die damit zusammenhängenden Energiekosten sind für NEH5 aber deutlich größer. | Bei den sehr großen Solaranlagen für das NEH nehmen die Kosten für Kollektorfläche und Wärmespeicher stark zu, daher sind die Summen der Investitionskosten für die Gebäude und Anlagenkonfiguration PH5 und NEH5 praktisch identisch, der Endenergiebedarf und die damit zusammenhängenden Energiekosten sind für NEH5 aber deutlich größer. | ||
- | Verbessert man die Konfiguration des Passivhauses noch weiter (Säule | + | Verbessert man die Konfiguration des Passivhauses noch weiter (Säule |
In Abbildung 23 ff sind die monatlichen Werte für den Heizwärmebedarf und die solaren und internen Wärmegewinne für das Passivhaus und ein NEH dargestellt. Diese Grafiken können für jedes Projekt direkt aus dem PHPP erzeugt werden. | In Abbildung 23 ff sind die monatlichen Werte für den Heizwärmebedarf und die solaren und internen Wärmegewinne für das Passivhaus und ein NEH dargestellt. Diese Grafiken können für jedes Projekt direkt aus dem PHPP erzeugt werden. | ||
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- | In den vorausgehenden Abbildungen zur thermisch solaren Versorgung des Warmwasser- und Heizwärmebedarfs sind jeweils am Ende die nicht verwertbaren solarthermischen Überschüsse mit aufgeführt. Diese Werte verdeutlichen das grundlegende Problem bei der Realisierung einer vollständig nachhaltigen Versorgung aus erneuerbaren Energieträgern an einem Standort in Mitteleuropa: | + | In den vorausgehenden Abbildungen zur thermisch-solaren Versorgung des Warmwasser- und Heizwärmebedarfs sind jeweils am Ende die nicht verwertbaren solarthermischen Überschüsse mit aufgeführt. Diese Werte verdeutlichen das grundlegende Problem bei der Realisierung einer vollständig nachhaltigen Versorgung aus erneuerbaren Energieträgern an einem Standort in Mitteleuropa: |
- | ==== 4.5 Primärenergieeffizienz und Kosteneffizienz: | + | ==== 4.5 Primärenergieeffizienz und Kosteneffizienz: |
- | Ganz bewusst wurde in diesem Beitrag darauf verzichtet, die Endenergie für Heizung und WW-Bereitung noch primärenergetisch zu bewerten. Eine Diskussion zur primärenergetischen Bewertung von Biomasse | + | Ganz bewusst wurde in diesem Beitrag darauf verzichtet, die Endenergie für Heizung und WW-Bereitung noch primärenergetisch zu bewerten. Eine Diskussion zur primärenergetischen Bewertung von Biomasse |
- | Der PE-Faktor für die Wärmebereitstellung (Fernwärme) ist im untersuchten Projekt etwa 1 (0,98). Die Ergebnisse können daher recht einfach auf andere Energieträger übertragen werden. Für eine ökonomische Bewertung der Gebäude- und Anlagenvarianten ist im Übrigen die allzu positive primärenergetische | + | Der PE-Faktor für die Wärmebereitstellung (Fernwärme) ist im untersuchten Projekt etwa 1 (0,98). Die Ergebnisse können daher recht einfach auf andere Energieträger übertragen werden. Für eine ökonomische Bewertung der Gebäude- und Anlagenvarianten ist im Übrigen die allzu positive primärenergetische |
- | Der Nutzer aber muss letztendlich die noch bezogene Endenergie bezahlen. In diesem Zusammenhang ist es instruktiv, die Kosten für Endenergie für Heizung und WW (0,10 €/kWh) der einzelnen Varianten zu vergleichen und dabei den Haushaltsstrom (0,25 €/kWh) mit einzubeziehen, | + | Der Nutzer aber muss letztendlich die noch bezogene Endenergie bezahlen. In diesem Zusammenhang ist es instruktiv, die Kosten für Endenergie für Heizung und WW (0,10 €/kWh) der einzelnen Varianten zu vergleichen und dabei den Haushaltsstrom (0,25 €/kWh) mit einzubeziehen, |
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- | In der Variante | + | In der Variante |
- | Für den Primärenergiebedarf ergibt sich die Situation wie in Abbildung 33 dargestellt: | + | Für den Primärenergiebedarf ergibt sich die Situation wie in Abbildung 33 dargestellt: |
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- | Die Analyse in diesem Abschnitt zeigt, dass die Frage " | + | Die Analyse in diesem Abschnitt zeigt, dass die Frage " |
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Insgesamt geht die Literatur für die künftige Versorgung in aller Regel von nochmals deutlich höheren Energiekosten aus, sei es durch den Nachfragewettbewerb bei fossilen Energieträgern oder durch die Ausbaukosten der neuen Energieinfrastruktur. Wie sich eine solche Veränderung auf die ökonomische Bewertung auswirkt, wird im folgenden Abschnitt im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse untersucht. | Insgesamt geht die Literatur für die künftige Versorgung in aller Regel von nochmals deutlich höheren Energiekosten aus, sei es durch den Nachfragewettbewerb bei fossilen Energieträgern oder durch die Ausbaukosten der neuen Energieinfrastruktur. Wie sich eine solche Veränderung auf die ökonomische Bewertung auswirkt, wird im folgenden Abschnitt im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse untersucht. | ||
- | ==== 4.6 Sensitivitätsanalyse oder: Szenario | + | ==== 4.6 Sensitivitätsanalyse oder: Szenario |
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- | Seit 2007 haben sich die Energiepreise noch einmal deutlich erhöht, andererseits ist der Zinssatz für Baukredite stark gesunken. Aus diesem Grund werden im Folgenden die Aufstellungen der vollständigen Lebenszykluskosten für dasselbe Projekt noch einmal für ein verändertes Kosten-Szenario | + | Seit 2007 haben sich die Energiepreise noch einmal deutlich erhöht, andererseits ist der Zinssatz für Baukredite stark gesunken |
- | Die Basisvariante hat damit einen deutlichen Kostenvorteil gegenüber dem 'NEH' | + | Die Basisvariante hat damit einen deutlichen Kostenvorteil gegenüber dem "NEH", |
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- | Für die solarthermische Unterstützung erkennt man einen interessanten Nebeneffekt: | + | Für die solarthermische Unterstützung erkennt man einen interessanten Nebeneffekt: |
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Die Sensitivitätsanalyse zeigt: Sollten die Energiepreise in den kommenden Jahrzehnten weiterhin höher sein als 2007, wovon die meisten Autoren aus unterschiedlichen Gründen ausgehen, so | Die Sensitivitätsanalyse zeigt: Sollten die Energiepreise in den kommenden Jahrzehnten weiterhin höher sein als 2007, wovon die meisten Autoren aus unterschiedlichen Gründen ausgehen, so | ||
- | * schneidet die Investition in höhere Energieeffizienz auf Passivhaus-Niveau in allen Varianten sehr attraktiv ab. | + | * schneidet die Investition in höhere Energieeffizienz auf Passivhaus-Niveau in allen Varianten sehr attraktiv ab, |
- | * werden | + | * werden |
- | * lohnen sich sogar gewisse Effizienzmaßnahmen, | + | * lohnen sich sogar gewisse Effizienzmaßnahmen, |
* ändert dies nichts an den sinkenden Grenzerträgen spezifisch größerer thermischer Solaranlagen und der dadurch bedingten geringeren Rentabilität – der Vorteil, stattdessen diese größeren Flächen für den PV-Einsatz zu verwenden, verstärkt sich sogar noch. | * ändert dies nichts an den sinkenden Grenzerträgen spezifisch größerer thermischer Solaranlagen und der dadurch bedingten geringeren Rentabilität – der Vorteil, stattdessen diese größeren Flächen für den PV-Einsatz zu verwenden, verstärkt sich sogar noch. | ||
Mit einer umfassend verbesserten Energieeffizienz auf dem Niveau des Passivhaus-Standards wählt die Baufamilie damit heute eine zukunftssichere Lösung. Die Zukunftssicherheit ergibt sich schon auf einer rein technischen Ebene: Der Leistungsbedarf in einem Passivhaus ist extrem gering. Alle heutigen und für die Zukunft diskutierten gebäudetechnischen Systeme lassen sich dadurch mit geringem Aufwand und geringen Kosten ggf. nachrüsten. | Mit einer umfassend verbesserten Energieeffizienz auf dem Niveau des Passivhaus-Standards wählt die Baufamilie damit heute eine zukunftssichere Lösung. Die Zukunftssicherheit ergibt sich schon auf einer rein technischen Ebene: Der Leistungsbedarf in einem Passivhaus ist extrem gering. Alle heutigen und für die Zukunft diskutierten gebäudetechnischen Systeme lassen sich dadurch mit geringem Aufwand und geringen Kosten ggf. nachrüsten. | ||
- | Diese zukunftssichere Lösung ist andererseits schon mit den heute bestehenden ökonomischen Randbedingungen wirtschaftlich tragfähig, sie war es für die hier analysierten Beispiele sogar schon in den vergangenen Jahren. Bei den früheren Energiepreisen waren, wie gezeigt werden konnte, die PH-Lösungen in etwa kostengleich zu den NEH-Lösungen, | + | Diese zukunftssichere Lösung ist andererseits schon mit den heute bestehenden ökonomischen Randbedingungen wirtschaftlich tragfähig. Sie war es für die hier analysierten Beispiele sogar schon in den vergangenen Jahren. Bei den früheren Energiepreisen waren, wie gezeigt werden konnte, die PH-Lösungen in etwa kostengleich zu den NEH-Lösungen, |
==== 4.7 Konfigurationen im Detail: Tabellen ==== | ==== 4.7 Konfigurationen im Detail: Tabellen ==== | ||
- | Verschiedene | + | Verschiedene |
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- | Die Größe von Fensterflächen wirkt sich signifikant auf die Baukosten aus, weil Fenster mit etwa 390 €/m² (Preisstand 2006) beim Passivhaus und immerhin noch 250 €/m² beim NEH deutlich teurer sind als ein opakes Bauteil. Das spricht beim kostenbewussten Bauen für moderate Fensterflächenanteile, | + | Die Größe von Fensterflächen wirkt sich signifikant auf die Baukosten aus, weil Fenster mit etwa 390 €/m² (Preisstand 2006) beim Passivhaus und immerhin noch 250 €/m² beim NEH deutlich teurer sind als ein opakes Bauteil. Das spricht beim kostenbewussten Bauen für moderate Fensterflächenanteile, |
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- | Die weitere Verbesserung der PH Gebäudehülle ('PHx add') mit noch besseren, aber ggf. etwas teureren Komponenten als die Basiskonfiguration, | + | Die weitere Verbesserung der PH-Gebäudehülle ("PHx add") mit noch besseren, aber ggf. etwas teureren Komponenten als die Basiskonfiguration, |
- | Eine kompakte Gebäudehülle, | + | Eine kompakte Gebäudehülle, |
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==== 4.8 Mehrfamilienhaus Sophienhof ==== | ==== 4.8 Mehrfamilienhaus Sophienhof ==== | ||
- | Das Mehrfamilienhaus | + | Das Mehrfamilienhaus |
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- | Die ABG Frankfurt hat freundlicherweise Daten der abgerechneten Baukosten für eine Auswertung der Wirtschaftlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Auswertung der Kostendaten aus den einzelnen Gewerken und Abrechnungen und die Zuordnung zu den hier interessierenden Maßnahmen (Wärmedämmung, | + | Die ABG Frankfurt hat freundlicherweise Daten der abgerechneten Baukosten für eine Auswertung der Wirtschaftlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Auswertung der Kostendaten aus den einzelnen Gewerken und Abrechnungen und die Zuordnung zu den hier interessierenden Maßnahmen (Wärmedämmung, |
Für die Beurteilung bzw. den Vergleich der energetischen Parameter standen eine Energiebilanz (PHPP) des Passivhauses und eine für das NEH zur Verfügung [Stemmer 2012]. Der Endenergiebedarf für Heizung, Warmwasser und Hilfsstrom für Haustechnik ist in Abbildung 40 im Vergleich dargestellt. Somit konnten wie in den vorigen Abschnitten für die Altbausanierung und das Reihenhaus die Einspareffekte auf der Seite der Energiekosten und die damit verbundenen zusätzlichen Investitionskosten miteinander verglichen werden. Im Folgenden sind für mehrere Szenarien jeweils die vollständigen Lebenszykluskosten im Vergleich zwischen Passivhaus und NEH dargestellt. | Für die Beurteilung bzw. den Vergleich der energetischen Parameter standen eine Energiebilanz (PHPP) des Passivhauses und eine für das NEH zur Verfügung [Stemmer 2012]. Der Endenergiebedarf für Heizung, Warmwasser und Hilfsstrom für Haustechnik ist in Abbildung 40 im Vergleich dargestellt. Somit konnten wie in den vorigen Abschnitten für die Altbausanierung und das Reihenhaus die Einspareffekte auf der Seite der Energiekosten und die damit verbundenen zusätzlichen Investitionskosten miteinander verglichen werden. Im Folgenden sind für mehrere Szenarien jeweils die vollständigen Lebenszykluskosten im Vergleich zwischen Passivhaus und NEH dargestellt. | ||
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- | Die Analyse der Daten zeigt, dass das Gebäude mit den Randbedingungen 2005 (Baukosten, Zinsen und Energiepreise, | + | Die Analyse der Daten zeigt, dass das Gebäude mit den Randbedingungen 2005 (Baukosten, Zinsen und Energiepreise, |
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- | Bei gleich bleibenden | + | Bei gleichbleibenden |
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- | Das Beispiel macht zudem deutlich, dass die Annahme eines 'mittleren Energiepreises' | + | Das Beispiel macht zudem deutlich, dass die Annahme eines "mittleren Energiepreises" |
Bleibt noch die Frage von evtl. außergewöhnlichen Baukostensteigerungen: | Bleibt noch die Frage von evtl. außergewöhnlichen Baukostensteigerungen: | ||
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- | Vergleicht man jedoch die Daten für das Projekt Sophienhof unter der Annahme, dass dasselbe Gebäude 2012 errichtet worden wäre und unterstellt Zinsen, Energiepreise wie in Tabelle 24 und eine generelle außergewöhnliche Baukostensteigerung von 10 %, so ergibt sich das Bild in Abbildung 44: die gefallenen Zinsen und höheren Energiepreise machen die Investition in die hochwertige Gebäudehülle trotz angenommener | + | Vergleicht man jedoch die Daten für das Projekt Sophienhof unter der Annahme, dass dasselbe Gebäude 2012 errichtet worden wäre und unterstellt Zinsen |
Die angenommene (extrem pessimistische!) Baukostensteigerung wurde im Beispiel gleichermaßen auf Passivhaus und NEH angewendet. Dabei bleiben Skaleneffekte für Passivhaus-Komponenten völlig unberücksichtigt. Zum Beispiel sind schon 2012 die Kosten der Dreischeiben-Wärmeschutzverglasungen aufgrund der zunehmenden Serienproduktion gegenüber den in diesem Beitrag verwendeten historischen Kosten spürbar gefallen. Ähnliche Effekte sind mittelfristig auch für Lüftungsgeräte zu erwarten. Die Kosten für Passivhaus-Komponenten dürften also in Zukunft eher abnehmen, sodass allgemeine Baukostensteigerungen zu einer weiteren Verringerung der Differenz der Investitionskosten führen. | Die angenommene (extrem pessimistische!) Baukostensteigerung wurde im Beispiel gleichermaßen auf Passivhaus und NEH angewendet. Dabei bleiben Skaleneffekte für Passivhaus-Komponenten völlig unberücksichtigt. Zum Beispiel sind schon 2012 die Kosten der Dreischeiben-Wärmeschutzverglasungen aufgrund der zunehmenden Serienproduktion gegenüber den in diesem Beitrag verwendeten historischen Kosten spürbar gefallen. Ähnliche Effekte sind mittelfristig auch für Lüftungsgeräte zu erwarten. Die Kosten für Passivhaus-Komponenten dürften also in Zukunft eher abnehmen, sodass allgemeine Baukostensteigerungen zu einer weiteren Verringerung der Differenz der Investitionskosten führen. | ||
- | ===== 5. Einfaches Rechenblatt | + | ===== 5. Einfaches Rechenblatt |
==== 5.1 Rechenmethode ==== | ==== 5.1 Rechenmethode ==== | ||
- | Die Kostendaten der in diesem Beitrag dokumentierten Beispiele wurden mit Hilfe der so genannten | + | Die Kostendaten der in diesem Beitrag dokumentierten Beispiele wurden mit Hilfe der sogenannten |
==== 5.2 Berechnungswerkzeug ==== | ==== 5.2 Berechnungswerkzeug ==== | ||
- | Um dem Anwender des PHPP eine Möglichkeit an die Hand zu geben, die Wirtschaftlichkeit einer konkreten Einzelmaßnahme, | + | Um dem Anwender des PHPP eine Möglichkeit an die Hand zu geben, die Wirtschaftlichkeit einer konkreten Einzelmaßnahme, |
Das Rechenblatt braucht als Eingabe die energetische Auswirkung z.B. einer Wärmedämmung auf das Gebäude. Diese kann direkt aus dem PHPP gewonnen werden, indem der Heizwärmebedarf (HWB) eines ungedämmten Altbaus verglichen wird mit dem HWB eines Passivhauses mit einer bestimmten Dämmdicke. Genauso lassen sich aus der PHPP-Berechnung die Daten für die Auswirkung eines besseren Fensters, einer verbesserten Luftdichtheit oder einer Lüftungsanlage mit WRG im Vergleich zur Abluftanlage ohne WRG oder Fensterlüftung gewinnen. | Das Rechenblatt braucht als Eingabe die energetische Auswirkung z.B. einer Wärmedämmung auf das Gebäude. Diese kann direkt aus dem PHPP gewonnen werden, indem der Heizwärmebedarf (HWB) eines ungedämmten Altbaus verglichen wird mit dem HWB eines Passivhauses mit einer bestimmten Dämmdicke. Genauso lassen sich aus der PHPP-Berechnung die Daten für die Auswirkung eines besseren Fensters, einer verbesserten Luftdichtheit oder einer Lüftungsanlage mit WRG im Vergleich zur Abluftanlage ohne WRG oder Fensterlüftung gewinnen. | ||
- | Anhand der jeweiligen Heizwärmeeinsparung wird nun mit 'PHeco' | + | Anhand der jeweiligen Heizwärmeeinsparung wird nun mit "PHeco" |
- | Dieser Barwert stellt nun direkt das Budget dar, das für die gewählten Maßnahmen zur Verfügung steht ('Budget … für eine Wohneinheit'). D.h. der Planer kann anhand dieser Werte prüfen, ob die Kosten, die er für eine Maßnahme ermittelt hat, von der Ersparnis gedeckt werden, oder nicht. Diese Vorgehensweise hat zwei entscheidende Vorteile: | + | Dieser Barwert stellt nun direkt das Budget dar, das für die gewählten Maßnahmen zur Verfügung steht ("Budget … für eine Wohneinheit"). D.h. der Planer kann anhand dieser Werte prüfen, ob die Kosten, die er für eine Maßnahme ermittelt hat, von der Ersparnis gedeckt werden, oder nicht. Diese Vorgehensweise hat zwei entscheidende Vorteile: |
- | 'Einfach' | + | "Einfach" |
- | Daher soll das im Rahmen dieses Arbeitskreises bereitgestellte Rechenwerkzeug | + | Daher soll das im Rahmen dieses Arbeitskreises bereitgestellte Rechenwerkzeug |
- | Orientierung für die Kostenplanung der Energiesparmaßnahmen heißt, dass die Kostenermittlung für die geplanten Energiesparmaßnahmen vom Ergebnis her betrachtet wird: Aus der jährlich möglichen Energieeinsparung ist von vorneherein bekannt, wie viel Mittel für die Maßnahmen zur Verfügung stehen. Die Planung kann sich also daran orientieren und man vermeidet, dass die Maßnahmen geplant und realisiert werden und sich erst im Nachhinein | + | Orientierung für die Kostenplanung der Energiesparmaßnahmen heißt, dass die Kostenermittlung für die geplanten Energiesparmaßnahmen vom Ergebnis her betrachtet wird: Aus der jährlich möglichen Energieeinsparung ist von vorneherein bekannt, wie viel Mittel für die Maßnahmen zur Verfügung stehen. Die Planung kann sich also daran orientieren und man vermeidet, dass die Maßnahmen geplant und realisiert werden und sich erst im Nachhinein |
- | Ein ähnliches Rechenblatt, | + | Ein ähnliches Rechenblatt, |
- | === Hinweise zur Verwendung von 'PHeco' | + | === Hinweise zur Verwendung von "PHeco" |
- | Das Rechenblatt ist spaltenweise strukturiert. Alle Daten einer Maßnahme bzw. eine Gebäudevariante sind jeweils in einer Spalte angeordnet. Oben zuerst die Werte für den Energiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung und die jeweiligen Anlagenaufwandszahlen, | + | Das Rechenblatt ist spaltenweise strukturiert. Alle Daten einer Maßnahme bzw. eine Gebäudevariante sind jeweils in einer Spalte angeordnet; oben zuerst die Werte für den Energiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung und die jeweiligen Anlagenaufwandszahlen, |
- | Alle Kosten sollten extern im Detail erhoben werden. Es empfiehlt sich eine Umrechnung der Kosten der Maßnahmen auf spezifische Werte [€/m²], am besten mit Bezug auf die Energiebezugsfläche des Gebäudes im PHPP. Damit kann man die Barwerte oder Annuitäten direkt mit den Energiekennwerten [kWh/ | + | Alle Kosten sollten extern im Detail erhoben werden. Es empfiehlt sich eine Umrechnung der Kosten der Maßnahmen auf spezifische Werte [€/m²], am besten mit Bezug auf die Energiebezugsfläche des Gebäudes im PHPP. Damit kann man die Barwerte oder Annuitäten direkt mit den Energiekennwerten [kWh/ |
Die Ergebnisse werden sowohl als Annuitäten als auch als Barwerte bereitgestellt. Die Differenz der Energiekosten zwischen Ausgangszustand und Endzustand nach der Maßnahme wird als Einsparung ausgewiesen. Außerdem werden aus der Annuität der Investition dividiert durch die Energieeinsparung (Endenergie) die Kosten der eingesparten Energie für jede Maßnahme berechnet. | Die Ergebnisse werden sowohl als Annuitäten als auch als Barwerte bereitgestellt. Die Differenz der Energiekosten zwischen Ausgangszustand und Endzustand nach der Maßnahme wird als Einsparung ausgewiesen. Außerdem werden aus der Annuität der Investition dividiert durch die Energieeinsparung (Endenergie) die Kosten der eingesparten Energie für jede Maßnahme berechnet. | ||
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Die Rahmenbedingungen für die Berechnungen, | Die Rahmenbedingungen für die Berechnungen, | ||
+ | Seit Ende 2015 ist das Rechenwerkzeug " | ||
===== Literatur ===== | ===== Literatur ===== | ||
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**[EnEV]** Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung – EnEV, verkündet am 29. April 2009 im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009. In Kraft getreten am 1. Oktober 2009. | **[EnEV]** Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung – EnEV, verkündet am 29. April 2009 im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009. In Kraft getreten am 1. Oktober 2009. | ||
- | Hinweis: Je nach Baujahr bzw. dem Jahr der Baugenehmigung der Projekte war noch die EnEV 2002 gültig. Da diese jedoch für die Zukunft keine Relevanz mehr hat und andererseits die EnEV keine besonders scharf definierte Anforderung an den Heizwär-mebedarf | + | Hinweis: Je nach Baujahr bzw. dem Jahr der Baugenehmigung der hier vorgestellten |
- | **[EPBD]** DIRECTIVE 2002/ | + | **[EPBD]** DIRECTIVE 2002/ |
**[Feist 2001]** W. Feist; E. Baffia; V. Sariri: Wirtschaftlichkeit ausgewählter Energiesparmaßnahmen im Gebäudebestand, | **[Feist 2001]** W. Feist; E. Baffia; V. Sariri: Wirtschaftlichkeit ausgewählter Energiesparmaßnahmen im Gebäudebestand, | ||
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**[Kaufmann/ | **[Kaufmann/ | ||
- | **[Kaufmann/ | + | **[Kaufmann/ |
- | **[Peper/ | + | **[Peper/ |
**[PHI 2012]** Kriterien für die Zertifizierung von Passivhäusern. Aktuelle Ausgabe unter www.passiv.de | **[PHI 2012]** Kriterien für die Zertifizierung von Passivhäusern. Aktuelle Ausgabe unter www.passiv.de | ||
- | **[PHeco]** B. Kaufmann; Z. Bastian; W. Ebel: Berechnungstool zur Abschätzung der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen zur Energieeffizienz von Gebäuden, Passivhaus Institut, 2012 www.passiv.de bzw. www.passipedia.de | + | **[PHeco]** B. Kaufmann; Z. Bastian; W. Ebel: Berechnungstool zur Abschätzung der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen zur Energieeffizienz von Gebäuden, Passivhaus Institut, 2012. www.passiv.de |
- | **[Schöberl/ | + | **[Schöberl/ |
- | **[Steinmüller 2005]** B. Steinmüller: | + | **[Steinmüller 2005]** B. Steinmüller: |
**[Stemmer 2012]** J. Stemmer: Wirtschaftlichkeit von Passivhäusern im Neubau – exemplarisch am Frankfurter Sophienhof, Bachelorarbeit 2012, Universität Regensburg, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Regensburg und Passivhaus Institut, Darmstadt 2012 | **[Stemmer 2012]** J. Stemmer: Wirtschaftlichkeit von Passivhäusern im Neubau – exemplarisch am Frankfurter Sophienhof, Bachelorarbeit 2012, Universität Regensburg, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Regensburg und Passivhaus Institut, Darmstadt 2012 |
grundlagen/wirtschaftlichkeit/analyse_anhand_realisierter_projekte.txt · Zuletzt geändert: 2019/04/10 13:03 von cblagojevic