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grundlagen:passivhaeuser_in_verschiedenen_klimazonen:passivhaeuser_in_neuseeland:parameterstudien:nordorientierte_fenstergroesse

Im Auftrag der School of Architecture and Planning, The University of Auckland.
Finanziert durch NICAI Faculty Research Development Fund.

Januar 2010; Author: Jessica Grove-Smith, Jürgen Schnieders Korrigierte Version November 2011

Zum Anfang der Studie: Planungsgrundlagen für Passivhäuser in Neuseeland

Nordorientierte Fenstergröße

Eine große nordorientierte Fensterfläche auf der Südhalbkugel bringt mehr solare Gewinne bzw. solare Lasten in das Gebäude ein und trägt somit zu einer Reduzierung des Heizwärmebedarfs und der Heizleistung bei, aber erhöht gleichzeitig das Risiko einer Überhitzung. Es gilt für jedes Gebäude im Einzelfall einen guten Kompromiss zu finden, in den selbstverständlich auch Kostenfragen, Präferenzen des Bauherrn etc. einfließen. Wie in verschiedenen Zusammenhängen in Kapitel 4 beschrieben, ist das Potential zur Überhitzung in Neuseeland bei ungünstiger Lage, Orientierung oder Planung vergleichsweise hoch – hierbei spielt auch der verglaste Flächenanteil der Gebäudehülle eine bedeutende Rolle, die hier näher untersucht werden soll.

Für die vorliegende Variantenstudie des Referenzgebäudes wurde die Fensterbreite der nordorientierten Verglasung in gewählten Abständen mit einem Faktor von 0.5 bis 2 variiert, ohne Berücksichtigung zusätzlicher Rahmenanteile durch erforderliche Fensterteilungen. Dies entspricht Fensterbreiten zwischen 1,5 m und 6 m (Gebäudebreite) im Erdgeschoss und 1 m und 4 m im Obergeschoss. Der Rahmenanteil sinkt also, je größer die verglaste Fläche wird, wodurch sich der mittlere U-Wert des Fensters für das Referenzgebäude in Auckland und Wellington verbessert und in Christchurch etwas verschlechtert. Die Ergebnisse der dynamischen Simulation sind in Abbildung 31 bis Abbildung 33 für alle drei Standorte grafisch dargestellt. Sie zeigen, dass die Fensterbreite des verwendeten Beispielgebäudes im Vergleich zum Referenzfall in allen Fällen durchaus um einen Faktor 1,25 bis 1,5 erhöht werden könnte, ohne dass dies im Durchschnitt aller Wohnraumtemperaturen bei der angesetzten Verschattungssituation eine kritische Übertemperaturhäufigkeit mit sich bringen würde. Bei größeren Fensterflächen wären dann weitere Verschattungsmaßnahmen erforderlich um ungewünscht hohe Temperaturen zu vermeiden, insbesondere in Auckland, wobei selbst bei sehr breiten Fenstern keine kritischen Übertemperaturhäufigkeiten > 10 % erreicht werden. Die beispielhaften Temperaturverläufe in Abbildung 34 zeigen deutlich den erhöhten Temperaturverlauf in den Wohnräumen bei einer zu groß gewählten Fensterfläche. Möglicherweise unbehaglich hohe Temperaturspitzen treten, wie zu erwarten, während solarstarken Zeiten - also tagsüber - in den nordorientierten Räumen auf. Die erhöhten solaren Gewinne in diesen Räumen führen aber auch in angrenzenden Zonen zu einem Temperaturanstieg, die in dieser konkreten Beispielwoche im Februar in Auckland bei 1-2 °C liegen.

Der Einfluss auf die Heizleistung ist nicht ganz so direkt nachvollziehbar und stark abhängig vom betrachteten Klima und der Gebäudedynamik im Einzelfall. In Auckland führen die erhöhten solaren Gewinne parallel zur Reduzierung des Heizwärmebedarfs auch zu einer deutlichen Einschränkung der maximalen tagesmittleren Heizleistung, während sie in Wellington und Christchurch kaum eine Veränderung aufweist. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass die maximale Heizleistung in Auckland in all den betrachteten Varianten während desselben vergleichbar kalten Zeitraums auftritt, unabhängig von der Höhe des solaren Eintrages durch die mehr oder weniger große verglaste Fläche (Abbildung 35). In Wellington und Christchurch hingegen, verschiebt sich die maximale Heizleistung durch den veränderten solaren Eintrag auf einen anderen Zeitraum (Abbildung 36).


Abbildung 31: Auswirkung der nordorientierten Fenstergröße auf den Heizwärmebedarf,
die Heizleistung und die Übertemperaturhäufigkeit in Auckland (Ergebnisse der dynamischen Simulation).


Abbildung 32: Auswirkung der nordorientierten Fenstergröße auf den Heizwärmebedarf,
die Heizleistung und die Übertemperaturhäufigkeit in Wellington (Ergebnisse der dynamischen Simulation).


Abbildung 33: Auswirkung der nordorientierten Fenstergröße auf den Heizwärmebedarf,
die Heizleistung und die Übertemperaturhäufigkeit in Christchurch (Ergebnisse der dynamischen Simulation).


Abbildung 34: Verlauf der operativen Temperaturen während des wärmsten Zeitraums in Auckland
- mit einer großen (oben) und kleinen (unten) Fensterfläche.


Abbildung 35: Verlauf der tagesmittleren Heizleistung in Auckland für vergleichbar schmale
und breite nordorientierte Fenster. Die maximale Heizleistung tritt am gleichen kalten Tag
auf und wird durch die höheren solaren Einträge deutlich reduziert.


Abbildung 36: Verlauf der tagesmittleren Heizleistung in Wellington für vergleichbar schmale
und breite nordorientierte Fenster. Die maximale Heizleitung tritt nicht am gleichen Tag auf
sondern verschiebt sich auf einen anderen kalten Tag, der strahlungsarm ist.


Der Vergleich der dynamisch und stationär berechneten Ergebnisse (Abbildung 37) bestärkt die bereits getroffenen Aussagen über den nicht vernachlässigbaren Einfluss der Solarstrahlung und Verschattung auf die Energiebilanz und die dadurch entstehende Bedeutung für die Genauigkeit der mit dem PHPP stationär berechneten Werte. Bei einer kleineren Fensterfläche stimmen die dynamisch und stationär ermittelten Ergebnisse besser überein, da die Höhe der solaren Gewinne und somit auch ihre Bedeutung für den Heizwärmebedarf reduziert werden. Größere Fensterflächen führen auch zu einer besseren Übereinstimmung, da hier der Einfluss der Verschattung und die damit verbundene Berechnungsabweichung sinkt. Die Diskrepanzen sind für Auckland am größten, da hier die Solarstrahlung am meisten Gewicht in der Energiebilanz trägt. Die übergreifende Tendenz, dass der Heizwärmebedarf mit zunehmender Fenstergröße sinkt wird mit beiden Berechnungsmethoden abgebildet.

Auch die Übertemperaturhäufigkeit, die in Abbildung 38 für verschiedene Fensterbreiten dargestellt ist, weist mit beiden Berechnungsmethoden die gleichen Tendenzen auf: Bei vergleichbar großen Fensterflächen kann die mittlere Temperatur durchaus den Grenzwert von 25 °C überschreiten, vor allem in Auckland. Alle hier dargestellten Varianten liegen laut beiden Berechnungsmethoden eindeutig im unkritischen Bereich. In Wellington und Christchurch wurden mit DYNBIL bei verdoppelter Fensterbreite Übertemperaturhäufigkeiten von etwa 1 % berechnet, die im PHPP nicht „erkannt“‘ werden. Dies liegt unter anderem daran, dass mit dem PHPP keine temporär auftretenden Temperaturspitzen berechnet werden, die durch eine um die Mittagszeit hohe Solarstrahlung auftreten. Das PHPP identifiziert lediglich länger andauernde unangenehm warme Perioden, was im Endeffekt für den Sommerkomfort ausschlaggebend ist. Um abschätzen zu können, ob die Projektierung mit dem PHPP verlässlich verwendet werden kann, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob der Sommerkomfort als kritisch eingeschätzt werden muss oder nicht, wurde die Fensterfläche im Rahmen dieser Studie mit noch höheren Faktoren multipliziert. Die Ergebnisse sind in Abbildung 39 dargestellt und bekräftigen die zuverlässige Rechenmethode des PHPP.

Abbildung 37: Vergleich der Variantenberechnung „Nordorientierte Fenstergröße“ mit DYNBIL
und dem PHPP – Heizwärmebedarf.


Abbildung 38: Vergleich der Variantenberechnung „Nordorientierte Fenstergröße“ mit DYNBIL
und dem PHPP – Übertemperaturhäufigkeit.


Abbildung 39: Vergleich der mit DYNBIL und PHPP berechneten Übertemperaturhäufigkeiten
bei extrem großen Fenstern.



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