Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


grundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

Beide Seiten der vorigen RevisionVorhergehende Überarbeitung
Letzte ÜberarbeitungBeide Seiten der Revision
grundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt [2018/10/25 12:53] cblagojevicgrundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt [2019/02/14 12:31] cblagojevic
Zeile 14: Zeile 14:
  
   * Erneuerbare Energie steht im Zeitverlauf nur zu den durch die meteorologischen Bedingungen gegebenen Mengen zur Verfügung. Die Leistungen schwanken stark und können sogar auf nahe Null zurückgehen. In der Konsequenz muss ein erneuerbares Energiesystem über eine adäquate //Energiespeicherstruktur// verfügen.    * Erneuerbare Energie steht im Zeitverlauf nur zu den durch die meteorologischen Bedingungen gegebenen Mengen zur Verfügung. Die Leistungen schwanken stark und können sogar auf nahe Null zurückgehen. In der Konsequenz muss ein erneuerbares Energiesystem über eine adäquate //Energiespeicherstruktur// verfügen. 
 +
   * Erneuerbare Quellen weisen nur geringe Energiedichten auf. Daher sind große Flächen für die Sammlung der benötigten Energiemengen erforderlich. Der //Anspruch an die Flächennutzung// erweist sich als das zentrale Ressourcenproblem der erneuerbaren Versorgung. \\    * Erneuerbare Quellen weisen nur geringe Energiedichten auf. Daher sind große Flächen für die Sammlung der benötigten Energiemengen erforderlich. Der //Anspruch an die Flächennutzung// erweist sich als das zentrale Ressourcenproblem der erneuerbaren Versorgung. \\ 
  
 Zur Lösung des ersten Teilpunktes im Abschnitt 3 (witterungsabhängige Erzeugung) wird hier ein zweistufiges Speicherkonzept angelegt: \\ Zur Lösung des ersten Teilpunktes im Abschnitt 3 (witterungsabhängige Erzeugung) wird hier ein zweistufiges Speicherkonzept angelegt: \\
-  * Eine **kurz- und mediumzeitliche Netzspeicherstruktur**. Diese besteht aus herkömmlichen im Netz verteilten Speichereinheiten mit nur geringen Umwandlungsverlusten (2 bis 35 %) und mehr als 60 Speicherzyklen pro Jahr. Hierfür stehen z.B. Pumpspeicherwerke, andere mechanische Speicher und Akkumulatoren zur Verfügung. Mit zu diesem Speicher gehören die von den Anwendungen selbst verfügbar gemachten Kapazitäten, also z.B. die WW-Tanks bzw. die Wärmekapazität der Gebäude (hier wird ein Temperaturhub von 1 K als zulässig angesehen, wodurch ein Speicherverlust von ca. 10% resultiert). Eine kurze Rechnung zeigt, dass alle hier genannten Systeme für Langzeitspeicher (weniger als fünf Zyklen im Jahr) auch bei sehr starker Kostendegression nicht entfernt in Frage kommen (vgl. [[grundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt#literatur|[Feist 2013b]]]). \\ +  * Eine **kurz- und mediumzeitliche Netzspeicherstruktur**. Diese besteht aus herkömmlichen im Netz verteilten Speichereinheiten mit nur geringen Umwandlungsverlusten (2 bis 35 %) und mehr als 60 Speicherzyklen pro Jahr. Hierfür stehen z.B. Pumpspeicherwerke, andere mechanische Speicher und Akkumulatoren zur Verfügung. Mit zu diesem Speicher gehören die von den Anwendungen selbst verfügbar gemachten Kapazitäten, also z.B. die WW-Tanks bzw. die Wärmekapazität der Gebäude (hier wird ein Temperaturhub von 1 K als zulässig angesehen, wodurch ein Speicherverlust von ca. 10% resultiert). Eine kurze Rechnung zeigt, dass alle hier genannten Systeme für Langzeitspeicher (weniger als fünf Zyklen im Jahr) auch bei sehr starker Kostendegression nicht entfernt in Frage kommen (vgl. [[grundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt#literatur|[Feist 2013b]]]).  
   * Ein **saisonaler bzw. Langzeit-Speicher**. Hierfür stehen wegen der hohen Kosten und geringen Speicherdichten keine exergetischen Speicher zur Verfügung. Vielmehr wird von einer Energieumwandlung in leicht speicherbare Brennstoffe ausgegangen (z.B. Wasser-Elektrolyse und H<sub>2</sub>-Gewinnung, dieses evtl. als Zwischenspeicher (Umwandlungsnutzungsgrad bis hier mit 63 % angesetzt), Umwandlung in synthetisches Methan (3 H<sub>2</sub> + CO<sub>2</sub> → CH<sub>4</sub> + 2 H<sub>2</sub>O), auch EE-Gas genannt, der Umwandlungswirkungsgrad bis hier wird mit 57 % angesetzt) [[grundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt#literatur|[Nitsch 2012]]], [[grundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt#literatur|[Welter 2012]]]. Das Methan wird nahezu verlustlos in Erdspeichern gelagert - der Ansatz für EE-Methan beim privaten Nutzer liegt damit bei einer Aufwandszahl von 1,75 kWh/kWh. Bei 53 % Nutzungsgrad im GUD-Kraftwerk zur Rückverstromung wird optimal ein Nutzungsgrad von um 33 % erreicht, die Einbeziehung des Eigenverbrauchs des Umwandlungssektors und der Verteilverluste führt auf einen Gesamtnutzungsgrad der saisonalen Speicherung für das Stromangebot beim privaten Nutzer von rund 30 %. Durch die Umwandlungsverluste entsteht ein höherer Bedarf an Primärstrom, der aus erneuerbaren Quellen bereitgestellt werden muss. Diese Bedarfserhöhung ist umso größer, je schlechter die jahreszeitliche Korrelation zwischen dem Leistungsbedarf der Energieanwendung und der primären Erzeugungsstruktur ist - hierdurch wird der Flächenbedarf der erneuerbaren Erzeuger erhöht (vgl. Kapitel 2).   * Ein **saisonaler bzw. Langzeit-Speicher**. Hierfür stehen wegen der hohen Kosten und geringen Speicherdichten keine exergetischen Speicher zur Verfügung. Vielmehr wird von einer Energieumwandlung in leicht speicherbare Brennstoffe ausgegangen (z.B. Wasser-Elektrolyse und H<sub>2</sub>-Gewinnung, dieses evtl. als Zwischenspeicher (Umwandlungsnutzungsgrad bis hier mit 63 % angesetzt), Umwandlung in synthetisches Methan (3 H<sub>2</sub> + CO<sub>2</sub> → CH<sub>4</sub> + 2 H<sub>2</sub>O), auch EE-Gas genannt, der Umwandlungswirkungsgrad bis hier wird mit 57 % angesetzt) [[grundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt#literatur|[Nitsch 2012]]], [[grundlagen:nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern:passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt#literatur|[Welter 2012]]]. Das Methan wird nahezu verlustlos in Erdspeichern gelagert - der Ansatz für EE-Methan beim privaten Nutzer liegt damit bei einer Aufwandszahl von 1,75 kWh/kWh. Bei 53 % Nutzungsgrad im GUD-Kraftwerk zur Rückverstromung wird optimal ein Nutzungsgrad von um 33 % erreicht, die Einbeziehung des Eigenverbrauchs des Umwandlungssektors und der Verteilverluste führt auf einen Gesamtnutzungsgrad der saisonalen Speicherung für das Stromangebot beim privaten Nutzer von rund 30 %. Durch die Umwandlungsverluste entsteht ein höherer Bedarf an Primärstrom, der aus erneuerbaren Quellen bereitgestellt werden muss. Diese Bedarfserhöhung ist umso größer, je schlechter die jahreszeitliche Korrelation zwischen dem Leistungsbedarf der Energieanwendung und der primären Erzeugungsstruktur ist - hierdurch wird der Flächenbedarf der erneuerbaren Erzeuger erhöht (vgl. Kapitel 2).
 +
   * Der zweite Punkt in Abschnitt 3 (geringe Energiedichten) definiert die Ressourcen-Inanspruchnahme der erneuerbaren Struktur - nämlich die in Anspruch genommene Fläche. Diese ist grundverschieden von der einer fossilen Energiewirtschaft - der Ressourcenverbrauch der letzteren ist irreversibel (verbrauchte Kohlenwasserstoffe) und die Entsorgung der Produkte stellt eine irreversible Belastung dar (CO<sub>2</sub> in der Atmosphäre bewirkt den Klimawandel, CO<sub>2</sub> im Wasser eine Versauerung). Demgegenüber ist der Ressourcenbedarf der erneuerbaren Erzeugung eher ästhetischer Natur: Windräder sind in der Landschaft sichtbar, PV-Anlagen werden große Bereiche der Nutzflächen belegen müssen. Für PV-Anlagen ist es naheliegend, ohnehin genutzte Flächen für die Montage zu verwenden (z.B. Hausdächer, geeignete Fassaden, Verkehrswege und deren Randbereiche). Ein mit der Flächeninanspruchnahme verbundenes Problem ist sozialer und ökonomischer Natur: Bereits heute ist Grund und Boden die letztlich teuerste natürliche Ressource. Das liegt vor allem daran, dass es eine ausgeprägte Nutzungskonkurrenz um die Ressource "Land" bereits heute gibt und dass wegen der weltweit zunehmenden Bevölkerung und den noch schneller steigenden Ansprüchen diese Ressource vermutlich künftig als noch wertvoller angesehen werden wird. Ein Maßstab für die Inanspruchnahme der erneuerbaren Ressource ist der insgesamt benötigte Primärstrom (in kWh aus Wind-, Wasser- und PV-Kraftwerken erzeugten Stromes). Diese Größe wird im Folgenden als //‚Primärenergie ERneuerbar‘//, abgekürzt PER, bezeichnet. PER ist ein gut geeigneter Maßstab für die Bewertung der Nachhaltigkeit einer Struktur. Zur noch besseren Veranschaulichung kann PER auch eine pauschalisierte Umrechnung in regionsspezifisch benötigte //äquivalente PV-Erzeugungsfläche// erfolgen; dabei kann derzeit von einem Gesamt-PV-Nutzungsgrad inkl. Leitungs- und Umwandlungsverlusten sowie Verschattung und Verschmutzung von 10% ausgegangen werden. Durchschnittlich für Mitteleuropa können 1000 kWh/(m²a) an Globalstrahlung angesetzt werden, so dass je 1 MWh eine äquivalenten PV-Erzeugungsfläche von etwa 10 m² erforderlich ist. \\ \\   * Der zweite Punkt in Abschnitt 3 (geringe Energiedichten) definiert die Ressourcen-Inanspruchnahme der erneuerbaren Struktur - nämlich die in Anspruch genommene Fläche. Diese ist grundverschieden von der einer fossilen Energiewirtschaft - der Ressourcenverbrauch der letzteren ist irreversibel (verbrauchte Kohlenwasserstoffe) und die Entsorgung der Produkte stellt eine irreversible Belastung dar (CO<sub>2</sub> in der Atmosphäre bewirkt den Klimawandel, CO<sub>2</sub> im Wasser eine Versauerung). Demgegenüber ist der Ressourcenbedarf der erneuerbaren Erzeugung eher ästhetischer Natur: Windräder sind in der Landschaft sichtbar, PV-Anlagen werden große Bereiche der Nutzflächen belegen müssen. Für PV-Anlagen ist es naheliegend, ohnehin genutzte Flächen für die Montage zu verwenden (z.B. Hausdächer, geeignete Fassaden, Verkehrswege und deren Randbereiche). Ein mit der Flächeninanspruchnahme verbundenes Problem ist sozialer und ökonomischer Natur: Bereits heute ist Grund und Boden die letztlich teuerste natürliche Ressource. Das liegt vor allem daran, dass es eine ausgeprägte Nutzungskonkurrenz um die Ressource "Land" bereits heute gibt und dass wegen der weltweit zunehmenden Bevölkerung und den noch schneller steigenden Ansprüchen diese Ressource vermutlich künftig als noch wertvoller angesehen werden wird. Ein Maßstab für die Inanspruchnahme der erneuerbaren Ressource ist der insgesamt benötigte Primärstrom (in kWh aus Wind-, Wasser- und PV-Kraftwerken erzeugten Stromes). Diese Größe wird im Folgenden als //‚Primärenergie ERneuerbar‘//, abgekürzt PER, bezeichnet. PER ist ein gut geeigneter Maßstab für die Bewertung der Nachhaltigkeit einer Struktur. Zur noch besseren Veranschaulichung kann PER auch eine pauschalisierte Umrechnung in regionsspezifisch benötigte //äquivalente PV-Erzeugungsfläche// erfolgen; dabei kann derzeit von einem Gesamt-PV-Nutzungsgrad inkl. Leitungs- und Umwandlungsverlusten sowie Verschattung und Verschmutzung von 10% ausgegangen werden. Durchschnittlich für Mitteleuropa können 1000 kWh/(m²a) an Globalstrahlung angesetzt werden, so dass je 1 MWh eine äquivalenten PV-Erzeugungsfläche von etwa 10 m² erforderlich ist. \\ \\
  
Zeile 41: Zeile 44:
 Die bisher ausgeführten Simulationsläufe zeigen, dass insbesondere vor dem Hintergrund einer künftig vollständig erneuerbaren Energieversorgung \\ Die bisher ausgeführten Simulationsläufe zeigen, dass insbesondere vor dem Hintergrund einer künftig vollständig erneuerbaren Energieversorgung \\
  
-  * der Ansatz einer vorausgehenden Optimierung der Effizienz der Gebäudehülle und des Lüftungssystems zielführend ist. Mit den (letztlich durch Komfort- und ökonomische Kriterien) gegebenen funktionalen Kriterien für das Passivhaus besteht eine weltweit sehr gut geeignete Ausgangsbasis für eine vollständig erneuerbare Energieversorgung. Stark saisonal unterschiedliche Anwendungen wie Heizung (oder in sommerheißen Regionen Kühlung) führen zu zusätzlichen Netz-, Umwandlungs- und Speichersystemen sowie zu einer weit steileren Zunahme der erforderlichen Primärstromerzeuger, wodurch insbesondere für solche Anwendungen hohe Energiepreise resultieren werden. Mit dem Passivhausstandard lassen sich Aufwand und Kosten in einem vertretbaren Rahmen halten. \\ +  * der Ansatz einer vorausgehenden Optimierung der Effizienz der Gebäudehülle und des Lüftungssystems zielführend ist. Mit den (letztlich durch Komfort- und ökonomische Kriterien) gegebenen funktionalen Kriterien für das Passivhaus besteht eine weltweit sehr gut geeignete Ausgangsbasis für eine vollständig erneuerbare Energieversorgung. Stark saisonal unterschiedliche Anwendungen wie Heizung (oder in sommerheißen Regionen Kühlung) führen zu zusätzlichen Netz-, Umwandlungs- und Speichersystemen sowie zu einer weit steileren Zunahme der erforderlichen Primärstromerzeuger, wodurch insbesondere für solche Anwendungen hohe Energiepreise resultieren werden. Mit dem Passivhausstandard lassen sich Aufwand und Kosten in einem vertretbaren Rahmen halten.  
-  * Wärmepumpensysteme, die mit Elektrizität aus dem öffentlich zugänglichen Netz arbeiten, zur höchsten Gesamteffizienz führen, solange die Nutzwärmebedarfswerte im Bereich der Passivhausanforderungen bleiben. \\+ 
 +  * Wärmepumpensysteme, die mit Elektrizität aus dem öffentlich zugänglichen Netz arbeiten, zur höchsten Gesamteffizienz führen, solange die Nutzwärmebedarfswerte im Bereich der Passivhausanforderungen bleiben.  
   * sommerliche Kühlung nicht mehr die Energieanwendung in Gebäuden darstellt, die um jeden Preis ganz vermieden werden muss. Solange der Nutzkältebedarf auch dabei im Bereich der Passivhausanforderungen bleibt, fügt sich die Kältebedarfsdeckung insbesondere bei Installation von PV-Systemen gut in das EE-Konzept ein. \\ \\   * sommerliche Kühlung nicht mehr die Energieanwendung in Gebäuden darstellt, die um jeden Preis ganz vermieden werden muss. Solange der Nutzkältebedarf auch dabei im Bereich der Passivhausanforderungen bleibt, fügt sich die Kältebedarfsdeckung insbesondere bei Installation von PV-Systemen gut in das EE-Konzept ein. \\ \\
  
grundlagen/nachhaltige_energieversorgung_mit_passivhaeusern/passivhaus_-_das_naechste_jahrzehnt.txt · Zuletzt geändert: 2022/04/07 19:19 von wfeist