grundlagen:der_einfluss_der_inneren_waermekapazitaet
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grundlagen:der_einfluss_der_inneren_waermekapazitaet [2011/01/21 03:45] – beatrice | grundlagen:der_einfluss_der_inneren_waermekapazitaet [2018/11/01 10:02] – cblagojevic | ||
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+ | ====== Der Einfluss der inneren Wärmekapazität ====== | ||
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+ | Im Artikel [[planung: | ||
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+ | Einflüsse von Größen, die sich wie die Wärmekapazität dynamisch auswirken, lassen sich nur bei instationären Prozessen beobachten und auch nur mit Methoden behandeln, die instationäre Vorgänge physikalisch korrekt berechnen. Ein validiertes Programm zur Behandlung thermisch instationärer Vorgänge in Gebäuden ist das Simulationsprogramm DYNBIL. Ein Vergleich zwischen Berechnungen mit DYNBIL und Messungen in Gebäuden ist in [[# | ||
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+ | Entscheidend für die Behaglichkeit ist die sog. operative Temperatur, die in der Grafik als roter Verlauf dargestellt ist. Dies ist ein Mittelwert von Strahlungs- und Lufttemperatur. Durch den Luftaustausch in der Nacht sinken die Innentemperaturen regelmäßig auch in der Hitzeperiode auf Werte um 24 °C ab. Tagsüber wird das Reihenhaus allerdings insbesondere durch die Sonneneinstrahlung durch die Fenster erwärmt. Im dargestellten Basisfall gibt es keinen temporären Sonnenschutz, | ||
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+ | Im hier dargestellten Fall beträgt die Temperaturzunahme zwischen kleinstem und höchstem Tageswert maximal 4 °C. Gut ist zu erkennen, dass es im Haus in der Hitzeperiode deutlich kühler bleibt als der Spitzenwert der Außentemperatur. Deutlich besser wird das Ergebnis übrigens, wenn ein Sonnenschutz an den Südfenstern verwendet wird - allerdings kann dann der Einfluss der internen Wärmekapazität nicht mehr so klar von allen anderen Effekten abgetrennt werden. | ||
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+ | Um die im Folgenden dargestellten Ergebnisse zu gewinnen, wurden viele Jahressimulationen für verschiedene Wohngebäude mit jeweils kontrolliert veränderten Eigenschaften durchgeführt. | ||
+ | * Im ersten Abschnitt wurde die innere Wärmekapazität verändert, | ||
+ | * im zweiten Abschnitt die außen liegende Wärmedämmung. | ||
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+ | ===== Die innere Wärmekapazität ===== | ||
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+ | ==== Der Einfluss der inneren Wärmekapazität auf den Jahresheizwärmebedarf ==== | ||
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+ | Dieses Diagramm zeigt, dass bei einem Passivhaus durchaus eine gewisse Heizwärmeeinsparung resultiert, wenn eine zusätzliche wirksame innere Speichermasse zugefügt wird. Der Einfluss ist allerdings gering - so gering, dass er praktisch kaum bemerkbar sein wird (-3.5%). | ||
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+ | * **Warum ist der Einfluss so gering?** Ein Passivhaus wird nur im Kernwinter beheizt. In dieser Zeit ist die Außentemperatur fast immer deutlich niedriger als die Innentemperatur und der solare Wärmegewinn ist meist sehr klein. Die innere Wärmekapazität kann daher nicht viel zur effizienteren Nutzung von Solarenergie beitragen - diese wird ohnehin nahezu zu 100% ausgenutzt. | ||
+ | * **Warum ist der Einfluss dann trotzdem so hoch?** Es gibt bei diesem Gebäude tatsächlich einen gewissen jahreszeitlichen Speichereffekt: | ||
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+ | Eine Erhöhung der Speicherkapazität wird häufig mit Änderungen der verwendeten Materialien verbunden sein. Dann kann eine höhere Speicherkapazität sogar eine Vergrößerung des Heizwärmebedarfs zur Folge haben. Der Grund sind Feuchteeffekte: | ||
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+ | ==== Der Einfluss der inneren Wärmekapazität auf die Behaglichkeit im Sommer ==== | ||
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+ | Eine entscheidende Randbedingung für wirklichkeitsnahe Simulationsergebnisse ist, dass in diesem Gebäude im Sommer, immer wenn es sinnvoll ist, die Fenster gekippt werden. Der Einfluss der Fensteröffnung ist viel höher als der Einfluss der inneren Wärmekapazität. Dies erklärt, warum das PHI immer öffenbare Fenster (siehe [[Betrieb: | ||
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+ | In der folgenden Grafik sind dargestellt: | ||
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+ | * Die Häufigkeit von Übertemperaturen (linke Achse, rote Kurve) als Prozentsatz der Jahresstunden, | ||
+ | * Der Jahresheizwärmebedarf (rechte Achse, grüne Kurve). Dieser ändert sich kaum messbar; das ist nicht neu, es bestätigt das bereits oben gewonnene Ergebnis. | ||
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+ | im Sommer (aus [[# | ||
+ | nach dickere Gipsbauplatten (mehrschichtig) zugefügt.**// | ||
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+ | Aus der Abbildung ist erkennbar, dass die Übertemperaturhäufigkeit deutlich abnimmt, wenn ausgehend von einer geringen inneren Wärmekapazität die vom Raum her zugängliche Speichermasse erhöht wird. Das hat die Simulation auch für passive Kühlung in anderen europäischen Klimata gezeigt. Die hier zitierte Sommerfallstudie hat im Übrigen ergeben, dass die Verbesserung der Behaglichkeit im Sommer unabhängig von der Lüftungsstrategie immer eintritt. Selbstverständlich ist das sommerliche Innenklima in einem gut zu lüftenden Raum besser als bei nur geringem Luftwechsel. Der Einfluss des Luftwechsels ist übrigens um ein Vielfaches bedeutender als der Einfluss der inneren Wärmekapazität - aber deren Einfluss ist immer vorhanden, und er ist immer positiv. | ||
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+ | Hinweis für die Praxis: In das Sommerblatt des Passivhaus Projektierungs Paketes ([[Planung: | ||
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+ | ===== Die Wärmedämmung ===== | ||
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+ | ==== Der Einfluss der Wärmedämmung der Gebäudehülle auf den Jahresheizwärmebedarf ==== | ||
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+ | Kellerdecke). Für diese Studie wurden auf die Außenhülle eine zusätzliche Dämmschicht \\ | ||
+ | aufgebracht. Dargestellt ist der Heizwärmebedarf in Abhängigkeit von der gesamten mittle-\\ ren Dämmschichtdicke. Natürlich ist ein Wert von "80 cm" für die Gesamtdicke nicht \\ | ||
+ | praktikabel - die Simulation zeigt aber, welche Ergebnisse sich damit einstellen würden.\\ | ||
+ | Hervorgehoben ist eine durchaus " | ||
+ | Mauersteinvolumenzunahme im ersten Beispiel. (Quelle [[# | ||
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+ | Das Diagramm zeigt, dass der Einfluss einer verbesserten Wärmedämmung auch beim Passivhaus noch sehr groß ist. Durch die hervorgehobene Dämmdickenzunahme wird eine Heizwärmeeinsparung von etwa 60% erreicht (von etwa 13 kWh/m²a auf nur noch 5 kWh/ | ||
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+ | * **Warum ist der Einfluss immer noch so hoch?** Eine weit verbreitete Ansicht ist, dass eine "noch dickere" | ||
+ | * **Warum empfehlen wir dann trotzdem nicht, noch besser zu dämmen?** Es lohnt sich nicht, besser zu dämmen, als es für das Erreichen des Passivhaus-Standards erforderlich ist. Zwar spart eine dickere Dämmung immer weiter zusätzlich Heizwärme ein (sogar bis auf Null, wenn man nur dick genug dämmt). Aber: Eine Einsparung von 2007 kWh/a auf 791 kWh/a " | ||
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+ | ==== Der Einfluss der Wärmedämmung auf die Behaglichkeit im Sommer ==== | ||
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+ | In der folgenden Grafik sind dargestellt: | ||
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+ | * Die Häufigkeit von Übertemperaturen (linke Achse, rote Kurve) als Prozentsatz der Jahresstunden, | ||
+ | * Der Jahresheizwärmebedarf (rechte Achse, grüne Kurve). Dieser ändert sich nahezu linear mit dem U-Wert; das ist nicht neu, es bestätigt das Ergebnis aus dem letzten Abschnitt. | ||
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+ | Das Diagramm lässt erkennen, dass es unter den gegebenen Randbedingungen (Wohnnutzung, | ||
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+ | ===== Fazit ===== | ||
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+ | Die interne Speicherkapazität eines Wohngebäudes in mitteleuropäischem Klima hat einen nur geringen Einfluss auf den Jahresheizwärmebedarf. Sie wirkt allerdings ausgleichend auf Temperaturschwankungen und kann dadurch die Behaglichkeit auch im Winter verbessern. In jedem Fall ist es vorteilhaft für die Behaglichkeit im Sommer, die dem Raum zugängliche wirksame interne Wärmespeicherkapazität auf ausreichende Werte zu erhöhen. | ||
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+ | Die innere Wärmekapazität ist allerdings nicht die bedeutendste Einflussgröße für die sommerliche Behaglichkeit: | ||
+ | * Die Möglichkeiten für eine erhöhte Lüftung, | ||
+ | * die Verschattung hoher solarer Einträge | ||
+ | * und die Begrenzung der inneren Wärmelasten | ||
+ | sind wichtigere Einflussgrößen. Eine fehlende sommerliche Verschattung großer Verglasungen kann z.B. auch durch eine sehr große interne Speicherkapazität nicht ausgeglichen werden. | ||
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+ | ===== Siehe auch ===== | ||
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+ | [[grundlagen: | ||
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+ | ===== Literatur ===== | ||
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+ | **[AkkP-05]** ** Energiebilanz und Temperaturverhalten**; | ||
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+ | **[AkkP-33]** ** Passivhaus-Schulen**; | ||
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+ | **[Feist 1993]** Feist, Wolfgang: **Passivhäuser in Mitteleuropa**; | ||
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+ | **[Feist 1998a]** Feist, Wolfgang: **Passivhaus Sommerklima-Studie**; | ||
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+ | **[Schnieders 2009]** Schnieders, Jürgen: **Passive Houses in South West Europe — A quantitative investigation of some passive and active space conditioning techniques for highly energy efficient dwellings in the South West European region.** 2< | ||
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grundlagen/der_einfluss_der_inneren_waermekapazitaet.txt · Zuletzt geändert: 2024/05/12 15:11 von wfeist