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grundlagen:bauphysikalische_grundlagen:waermebruecken:wbdefinition

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-====== Definition und Auswirkungen von Wärmebrücken ======+====== Definition und Auswirkungen von Wärmebrücken 🌡️ ====== 
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 ===== Einführung ===== ===== Einführung =====
  
  
-Wärme sucht sich ihren Weg vom beheizten Raum nach außen. Dabei geht sie den Weg des geringsten Widerstandes. \\ Als Wärmebrücke bezeichnet man einen örtlich begrenzten Bereich der Gebäudehülle, wo sich im Vergleich zu unmittelbar angrenzenden Bereichen ein veränderter (meist erhöhter) Wärmefluss einstellt (eine Temperaturdifferenz zwischen innen und außen vorausgesetzt).+Wärme sucht sich ihren Weg vom beheizten Raum nach außen. Dabei geht sie den Weg des geringsten Widerstandes((Das ist in vielen Fällen nicht der geometrisch kürzeste Weg; insbesondere dann nicht, wenn Materialen mit einer hohen Wärmeleitfähigkeit eine bequeme Wärmeableitung erlauben)). \\ Als Wärmebrücke bezeichnet man einen örtlich begrenzten Bereich der Gebäudehülle, wo sich im Vergleich zu unmittelbar angrenzenden Bereichen ein veränderter (meist erhöhter) Wärmefluss einstellt (eine Temperaturdifferenz zwischen innen und außen vorausgesetzt).
  
 Auswirkungen von Wärmebrücken sind: Auswirkungen von Wärmebrücken sind:
  
-    * Veränderte, meist verringerte innere Oberflächentemperaturen; das kann im schlimmsten Fall zum Durchfeuchten von Bauteilen und Schimmelwachstum führen.+    * Veränderte, meist verringerte innere Oberflächentemperaturen; das kann im schlimmsten Fall zum Durchfeuchten von Bauteilen und Schimmelwachstum führen (das sind die wirklich schädlichen, die 'bösen' Wärmebrücken). 
     * Veränderte, meist erhöhte Wärmeverluste     * Veränderte, meist erhöhte Wärmeverluste
  
-Beides kann im Passivhaus vermieden werden: Die Oberflächentemperaturen sind dann überall so hoch, dass es zu keiner kritischen Feuchtebelastung mehr kommen kann - und die zusätzlichen Wärmeverluste werden vernachlässigbar klein. Sind die Wärmebrückenverluste kleiner als ein Grenzwert (festgelegt auf 0,01 W/(mK)), so erfüllt das Detail die Kriterien für "wärmebrückenfreies Konstruieren".+In aller Regel entschärft ein verbesserter Wärmeschutz der Regelflächen gleichzeitig bereits alle 'bösen Wärmebrücken'; insbesondere dann, wenn der Wärmeschutz außen angebracht wird((hier werden leider oft völlig zu Unrecht 'Probleme' vermutet.)). Bei innenliegender Dämmung allerdings muss aufgepasst werden: Da müssen durch Inkompetenz erzeugte 'böse Wärmebrücken' systematisch vermieden werden((und das geht auch)): Ein plötzliches Enden der Dämmung ist hier nämlich nicht zulässig - und die Lösung dafür lautet "Dämmkeil", vgl. [[baulich:waermeschutz_durch_innendaemmung|unsere diesbezüglichen Seiten]]. 
 + 
 +Beide Auswirkungen können in energieeffizienten Gebäuden((insbesondere im Passivhaus, aber auch bei EnerPHit-Sanierungen)) vermieden werden: Die Oberflächentemperaturen sind dann überall so hoch, dass es zu keiner kritischen Feuchtebelastung mehr kommen kann - und die zusätzlichen Wärmeverluste werden vernachlässigbar klein. Sind die Wärmebrückenverluste kleiner als ein Grenzwert (festgelegt auf 0,01 W/(mK)), so erfüllt das Detail die Kriterien für "wärmebrückenfreies Konstruieren".
  
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 </WRAP> </WRAP>
  
-===== Normative Definition vom Wärmebrücken =====+===== Definition von Wärmebrücken in der Normung =====
  
-In der [DIN10211] (Wärmebrücken im Hochbau – Wärmeströme und Oberflächentemperaturen – Detaillierte Berechnungen) sind die numerischen Vorgehensweisen Rund um die Berechnung von Wärmebrücken enthalten. In ihr werden die Wärmebrücke wie folgt definiert (Kapitel 3.1.1):+In der [DIN10211] (Wärmebrücken im Hochbau – Wärmeströme und Oberflächentemperaturen – Detaillierte Berechnungen) sind die numerischen Vorgehensweisen Rund um die Berechnung von Wärmebrücken enthalten. In ihr werden die Wärmebrücken wie folgt definiert (Kapitel 3.1.1):
  
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 Eine Übersicht erhält man, wenn zunächst die Vorgehensweise zur Bestimmung der Transmissionswärmeverluste $H_T$ der Gebäudehülle betrachtet wird. In folgender Gleichung der Norm DIN 14683 (Kapitel 4.2) wird unterschieden zwischen eindimensionalen, zweidimensionalen und dreidimensionalen Wärmeströmen. Eine Übersicht erhält man, wenn zunächst die Vorgehensweise zur Bestimmung der Transmissionswärmeverluste $H_T$ der Gebäudehülle betrachtet wird. In folgender Gleichung der Norm DIN 14683 (Kapitel 4.2) wird unterschieden zwischen eindimensionalen, zweidimensionalen und dreidimensionalen Wärmeströmen.
 +
 <WRAP center 60%> <WRAP center 60%>
-<latex>  +\begin{align} 
-$$H_{T} = \underbrace{\sum_{i}A_{i}U_{i}}_{1d}+\underbrace{\sum_{k}l_{k}\varPsi_{k}}_{2d}+\underbrace{\sum_{j}\chi_{j}}_{3d}$$ +&\Large{H_{T} = \underbrace{\sum_{i}A_{i}U_{i}}_{1d}+\underbrace{\sum_{k}l_{k}\varPsi_{k}}_{2d}+\underbrace{\sum_{j}\chi_{j}}_{3d}}\\\
-\begin{tabular}{ll} +Mit\qquad&\\ 
-Mit & \\ +A_{i}\qquad&\text{die Fläche der Bauteile, in $m^2$}\\\\ 
-$A_{i}& die Fläche der Bauteile, in m^2\\  +U_{i}\qquad&\text{der Wärmedurchgangskoeffizient von Bauteil $i$ der Gebäudehülle, in $W/(m^2\cdot K)$}\\\\ 
-$U_{i}& der Wärmedurchgangskoeffizient von Bauteil $i$ der Gebäudehülle, in W/(m^2\cdot K) \\ +l_{k}\qquad&\text{die Länge der linienförmigen Wärmebrücke $k$, in $m$}\\\\ 
-l_{k} & die Länge der linienförmigen Wärmebrücke $k$, in m \\ +\varPsi_{k}\qquad&\text{der Wärmedurchgangskoeffizient der linienförmigen Wärmebrücke $k$, in $W/(m\cdot K)$}\\\\ 
-\varPsi_{k} & der Wärmedurchgangskoeffizient der linienförmigen Wärmebrücke $k$, in W/(m\cdot K) \\ +\chi_{j}\qquad&\text{der Wärmedurchgangskoeffizient der punktförmigen Wärmebrücke $j$, in $W/K$}\\ 
-\chi_{j}  der Wärmedurchgangskoeffizient der punktförmigen Wärmebrücke $j$, in W/K \\ +\end{align}
-\end{tabular} +
-</latex>+
 </WRAP> </WRAP>
  
-Den größten Anteil am Gesamtwärmestrom besitzen die ebenen Regelbauteile wie zum Beispiel die Dachflächen und Außenwände. Bei ihnen kann der Wärmedurchgang mit guter Näherung als eindimensional angesehen werden. Der Grund dafür ist, dass in ihnen quasi keine Querwärmeströme auftreten, bedingt durch ihren homogenen Schichtaufbau. Der Wärmedurchgangskoeffizient ist in der Norm [DIN6946] definiert und kann mit geringem Aufwand mit folgender altbekannten Gleichung berechnet werden: +Den größten Anteil am Gesamtwärmestrom besitzen die ebenen Regelbauteile wie zum Beispiel die ungestörten Dachflächen und Außenwände. Bei ihnen kann der Wärmedurchgang mit guter Näherung als eindimensional angenähert werden. Der Grund dafür ist, dass in ihnen quasi keine Querwärmeströme auftreten, bedingt durch einen homogenen Schichtaufbau. Der Wärmedurchgangskoeffizient //U// ist in der Norm [DIN6946] definiert und kann mit geringem Aufwand mit folgender altbekannten Gleichung berechnet werden:
-<WRAP center 60%> +
-<latex>  +
-$$U=\dfrac{1}{R}=\dfrac{1}{R_{si}+\frac{d_{0}}{\lambda_{0}}+\frac{d_{1}}{\lambda_{1}}+\dots+\frac{d_{n}}{\lambda_{n}}+R_{se}} $$+
  
-\begin{tabular}{ll+<WRAP center 60%> 
-Mit & \\ +\begin{align} 
-$R_{si}& der innere Wärmeübergangswiderstand, in m^2 \cdot K/W \\  +&U=\dfrac{1}{R}=\dfrac{1}{R_{si}+\frac{d_{0}}{\lambda_{0}}+\frac{d_{1}}{\lambda_{1}}+\dots+\frac{d_{n}}{\lambda_{n}}+R_{se}}\\\\ 
-$d_{n}& die Dicke der $n$-ten Bauteilschicht, in m\\  +Mit\qquad&\\ 
-$\lambda_{n}& der Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit den $n$-ten Schicht, in W/(m\cdot K) \\  +R_{si}\qquad&\text{der innere Wärmeübergangswiderstand, in $m^2 \cdot K/W$}\\\\  
-$R_{se}& der äußere Wärmeübergangswiderstand, in m^2 \cdot K/W \\  +d_{n}\qquad&\text{die Dicke der $n$-ten Bauteilschicht, in $m$}\\\\  
-\end{tabular}\\ +\lambda_{n}\qquad&\text{der Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit den $n$-ten Schicht, in $W/(m\cdot K)$}\\\\  
-</latex>+R_{se}\qquad&\text{der äußere Wärmeübergangswiderstand, in $m^2 \cdot K/W$}\\  
 +\end{align}
 </WRAP> </WRAP>
  
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 Der tatsächliche Anteil der Wärmebrücken an den Transmissionswärmeverlusten der Gebäudehülle kann im Grunde nur angegeben werden, wenn die Ψ -Werte für ein konkretes Gebäude berechnet werden. Es wird davon ausgegangen, dass Wärmestromsimulationen mit einer Unsicherheit von ca. 5 % behaftet sind, andere Methoden wie zum Beispiel die Verwendung von Wärmebrückenkatalogen sind bereits mit Unsicherheiten bis zu 20 % behaftet (DIN EN ISO 14683, Kapitel 5.1). **Von der Verwendung der Wärmebrückenzuschläge für Passivhäusern wird abgeraten, da sie zu einer Überschätzung der Wärmeverluste führen.**  Der tatsächliche Anteil der Wärmebrücken an den Transmissionswärmeverlusten der Gebäudehülle kann im Grunde nur angegeben werden, wenn die Ψ -Werte für ein konkretes Gebäude berechnet werden. Es wird davon ausgegangen, dass Wärmestromsimulationen mit einer Unsicherheit von ca. 5 % behaftet sind, andere Methoden wie zum Beispiel die Verwendung von Wärmebrückenkatalogen sind bereits mit Unsicherheiten bis zu 20 % behaftet (DIN EN ISO 14683, Kapitel 5.1). **Von der Verwendung der Wärmebrückenzuschläge für Passivhäusern wird abgeraten, da sie zu einer Überschätzung der Wärmeverluste führen.** 
  
-Eine allgemein gültige Angabe, wie groß die tatsächlichen Wärmeverluste durch Wärmebrücken sind, ist allerdings nicht möglich. Dazu sind sie in ihrer Art und Anzahl zu individuell, daher abhängig sind, von dem jeweiligen Gebäude. Beispielsweise müssen sich Wärmebrücken nicht immer negativ auf Bilanzierungen auswirken, bei effizienten Neubauten, gerade im Bereich von Passivhäusern, kann die Berücksichtigung der Ψ -Werte den Heizwärmebedarf durchaus verringern. Im Altbau und bei sanierten Bestandsgebäuden wirken sich Wärmebrücken im Allgemeinen jedoch negativ aus, sie können laut [EnerPHIT] erfahrungsgemäß einen zusätzlichen Wärmeverlust von bis zu 20 % verursachen. Am Beispiel verschiedener Bauprojekte ergaben sich Erhöhungen beim Jahresheiz- wärmebedarf um bis zu 14 kWh/(m²a). [[grundlagen:bauphysikalische_grundlagen:waermeuebertragung:waermebrueckenvermeidung|Eine sorgfältige Planung bzgl. der Wärmebrücken]] kann daher entscheidend dafür sein, ob bei einem Bauprojekt der Passivhausstandard überhaupt erreicht wird.+Eine allgemein gültige Angabe, wie groß die tatsächlichen Wärmeverluste durch Wärmebrücken sind, ist allerdings nicht möglich. Dazu sind sie in ihrer Art und Anzahl zu individuell, daher abhängig sind, von dem jeweiligen Gebäude. Beispielsweise müssen sich Wärmebrücken nicht immer negativ auf Bilanzierungen auswirken, bei effizienten Neubauten, gerade im Bereich von Passivhäusern, kann die Berücksichtigung der Ψ -Werte den Heizwärmebedarf durchaus verringern. Im Altbau und bei sanierten Bestandsgebäuden wirken sich Wärmebrücken im Allgemeinen jedoch negativ aus, sie können laut [EnerPHIT] erfahrungsgemäß einen zusätzlichen Wärmeverlust von bis zu 20 % verursachen. Am Beispiel verschiedener Bauprojekte ergaben sich Erhöhungen beim Jahresheizwärmebedarf um bis zu 14 kWh/(m²a). [[grundlagen:bauphysikalische_grundlagen:waermeuebertragung:waermebrueckenvermeidung|Eine sorgfältige Planung bzgl. der Wärmebrücken]] kann daher entscheidend dafür sein, ob bei einem Bauprojekt der Passivhausstandard überhaupt erreicht wird.
  
  
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 ====Anforderungen ==== ====Anforderungen ====
  
-Anforderungen +Die aktuellen Regeln der Technik (DIN 4108-2), schließen das Risiko von Schimmelpilz im Bereich von Wärmebrücken aus, wenn die minimalen Oberflächentemperaturen unter den vorgestellten stationären Randbedingungen nicht mehr als 12,6 °C betragen. Dies entspricht einem $f_{Rsi}$-Faktor von 0,7:
-Die aktuellen Regeln der Technik (DIN 4108-2), schließen das Risiko von Schimmelpilz im Bereich von Wärmebrücken aus, wenn die minimalen Oberflächentemperaturen unter den vorgestellten stationären Randbedingungen nicht mehr als 12,6 °C betragen. Dies entspricht einem $f_{Rsi}$-Faktor von 0,7 :+
  
 <WRAP center 60%> <WRAP center 60%>
-<latex> +$$
 f_{Rsi,min}=\dfrac{12,6^{\circ} C -(-5^{\circ} C)}{20^{\circ} C - (-5^{\circ} C)}=0,7 f_{Rsi,min}=\dfrac{12,6^{\circ} C -(-5^{\circ} C)}{20^{\circ} C - (-5^{\circ} C)}=0,7
-</latex>+$$
 </WRAP> </WRAP>
  
-Je höher der $f_{Rsi}$-Faktor ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit von Schimmelbefall. Bei [[zertifizierung:passivhausgeeignete_komponenten|zertifizierten Passivhaus-Komponenten]] (Bau- und Wandsysteme) sind die minimalen Innenoberflächentemperaturen von mindestens 17° C eingehalten. Dies enspricht einem $f_{Rsi}$-Faktor von 0,9:+Je höher der $f_{Rsi}$-Faktor ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit von Schimmelbefall. 
 +Für Bau- und Wandsysteme im Rahmen von zertifizierten Passivhaus-Komponentensind die Anforderung an den $f_{Rsi}$-Faktor auch vom Klima abhängig.
  
-<WRAP center 60%> +    * [[http://passiv.de/de/03_zertifizierung/01_zertifizierung_produkte/02_zertifizierungskriterien/02_zertifizierungskriterien.htm|Kriterien für zertifizierte Passivhaus-Komponenten]] 
-<latex>  + 
-f_{Rsi,min}=\dfrac{17,0^{\circ} C -(-10^{\circ} C)}{20^{\circ} C - (-10^{\circ} C)}=0,9 + 
-</latex> + 
-</WRAP>+===== Siehe auch ===== 
 +  * [[grundlagen:bauphysikalische_grundlagen:waermebruecken:wbberechnung]] 
 +  * [[grundlagen:bauphysikalische_grundlagen:waermebruecken:wbberechnung:beispiele:start]] 
 + 
 + 
 +Zurück zu **[[grundlagen/bauphysikalische_grundlagen/waermebruecken/wbdefinition]]** 
 + 
 +Zurück zur Übersicht **[[grundlagen/grundkurs_bauphysik_waerme]]**
  
grundlagen/bauphysikalische_grundlagen/waermebruecken/wbdefinition.1427730297.txt.gz · Zuletzt geändert: 2015/03/30 17:44 von mschueren