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 ===== Traditionelle Passivhäuser ===== ===== Traditionelle Passivhäuser =====
  
-{{:picopen:china_traditionell.jpg?300 }} <- **Traditionelle Gebäude in Südchina. Bei diesem Klima stellt eher der Sommer eine Kühlaufgabe; Wohnhäuser brauchen keine Heizung.**\\ \\ In vielen Klimaregionen der Welt braucht man keine Heizung und keine aktive Kühlung, wenn man einigermaßen "vernünftig" baut (Teile Irans, Küste Portugals, Teile Südchinas,...). Dort wurden schon immer auch "passive Häuser" gebaut, wenn gleich auch nicht als solche klassifiziert. Dies tat Bo Adamson (1990) und aus der Frage, ob dies mit technisch vertretbaren Mitteln auf Europa übertragen werden kann, entstand die Idee zum Forschungsprojekt "passive Häuser". Siehe [[Grundlagen:Anmerkungen zur Geschichte#Literatur|[Adamson 1992] ]].\\+[{{:picopen:china_traditionell.jpg?300|Aus "Passive Climatisation of Residential Buildings in China" von Bo Adamson}}<- **Traditionelle Gebäude in Südchina. Bei diesem Klima stellt eher der Sommer eine Kühlaufgabe; Wohnhäuser brauchen keine Heizung.**\\ \\ In vielen Klimaregionen der Welt braucht man keine Heizung und keine aktive Kühlung, wenn man einigermaßen "vernünftig" baut (Teile Irans, Küste Portugals, Teile Südchinas,...). Dort wurden schon immer auch "passive Häuser" gebaut, wenn gleich auch nicht als solche klassifiziert. Dies tat Bo Adamson (1990) und aus der Frage, ob dies mit technisch vertretbaren Mitteln auf Europa übertragen werden kann, entstand die Idee zum Forschungsprojekt "passive Häuser". Siehe [[Grundlagen:Anmerkungen zur Geschichte#Literatur|[Adamson 1992] ]].\\
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 //Brennholzkrise: Im 17. und 18. Jh. wurde in Europa das Brennholz durch Übernutzung der Wälder knapp. Die Lösung war hier die Förderung von Kohle. In Island gab es diese Lösung nicht. Not macht erfinderisch: Die Isländer haben schnell herausgefunden, dass gut gedämmte Häuser auch von selbst warm bleiben.//\\ //Brennholzkrise: Im 17. und 18. Jh. wurde in Europa das Brennholz durch Übernutzung der Wälder knapp. Die Lösung war hier die Förderung von Kohle. In Island gab es diese Lösung nicht. Not macht erfinderisch: Die Isländer haben schnell herausgefunden, dass gut gedämmte Häuser auch von selbst warm bleiben.//\\
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 ===== Forschungsschiff Fram war Passivhaus (!) ===== ===== Forschungsschiff Fram war Passivhaus (!) =====
  
-{{:picopen:fram_nansen.jpg?300 }} <- **Die "Fram", das Polarschiff von Fridtjof Nansen, war ein Passivhaus (1883)**\\ \\ Das erste wirklich funktionsfähige und vollwertige Passivhaus war kein Haus, sondern ein Schiff: Die Fram von Fritjof Nansen (1883).\\ \\ Er selbst schreibt: +[{{:picopen:fram_nansen.jpg?300|Aus „In Nacht und Eis”}}<- **Die "Fram", das Polarschiff von Fridtjof Nansen, war ein Passivhaus (1893)**\\ \\ Das erste wirklich funktionsfähige und vollwertige Passivhaus war kein Haus, sondern ein Schiff: Die Fram von Fritjof Nansen (1893).\\ \\ Er selbst schreibt: 
-"... //Die Wände sind mit geteertem Filz bedeckt, darauf folgt Korkfüllung, dann eine Vertäfelung aus Tannenholz, dann wieder eine dicke Filzlage, dann luftdichtes Linoleum und schließlich wieder eine Täfelung. Die Decken ... sie haben alles in allem eine Dicke von ungefähr 40 cm. Das Fenster, durch das die Kälte besonders leicht eindringen konnte, wurde durch dreifache Scheiben und auf andere Weise geschützt. (Hier) ist ein warmer, gemütlicher Aufenthaltsort. Ob das Thermometer 5° oder 30° unter dem Nullpunkt steht, wir haben kein Feuer im Ofen. Die Ventilation ist ausgezeichnet, ...da sie geradezu frische Winterluft durch den Ventilator hinabtreibt. Ich gehe daher mit dem Gedanken um, den Ofen ganz wegnehmen zu lassen; er ist nur im Wege.//"\\ (aus Nansen: "In Nacht und Eis", 1887)\\+"... //Die Wände sind mit geteertem Filz bedeckt, darauf folgt Korkfüllung, dann eine Vertäfelung aus Tannenholz, dann wieder eine dicke Filzlage, dann luftdichtes Linoleum und schließlich wieder eine Täfelung. Die Decken ... sie haben alles in allem eine Dicke von ungefähr 40 cm. Das Fenster, durch das die Kälte besonders leicht eindringen konnte, wurde durch dreifache Scheiben und auf andere Weise geschützt. (Hier) ist ein warmer, gemütlicher Aufenthaltsort. Ob das Thermometer 5° oder 30° unter dem Nullpunkt steht, wir haben kein Feuer im Ofen. Die Ventilation ist ausgezeichnet, ...da sie geradezu frische Winterluft durch den Ventilator hinabtreibt. Ich gehe daher mit dem Gedanken um, den Ofen ganz wegnehmen zu lassen; er ist nur im Wege.// " \\ (aus Nansen: In Nacht und Eis", 1897)\\
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-===== Systematische Arbeiten in Deutschland: Hörster und Steinmüller mit dem Philips-Experimentierhaus =====+===== Systematische Arbeiten in Deutschland: Bergmann, Bruno, Hermann, HörsterSteinmüller, Kersten, Klinkenberg und das Philips-Experimentierhaus =====
  
-{{:picopen:philips_experimentierhaus.jpg?300 }} <- **Das Philips-Experimentierhaus (aus: Hörster et al)**\\ Parallel zu den skandinavischen und amerikanischen Entwicklungen, wurde in Deutschland von H. Hörster (Gruppenleiter), B. Steinmüller (Gebäudemodelle und Simulationen) und anderen Mitarbeitern, eine systematische Studie über Energie-effiziente Gebäudemit Mitteln des Bundesministeriums für Forschung durchgeführt+{{:picopen:philips_experimentierhaus.jpg?300 }} <- **Das Philips-Experimentierhaus (aus: Hörster et al)**\\  
-Ein hervorragend gedämmtes Versuchs-Haus, erbaut im Jahr 1974/75, ausgestattet mit einem Erdwärmetauscher, einem kontrollierten Lüftungssystem, Solartechnik und Wärmepumpentechnologie, „bewohnt“ von einem Computer, diente als Test- und Vergleichsobjekt für die Computermodelle, welche verwendet wurden, um die Möglichkeiten der Energieeffizienz und die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen zu untersuchen.  +Parallel zu den skandinavischen und amerikanischen Entwicklungen, wurde in Deutschland von H. Hörster (Gruppenleiter), B. Steinmüller (Gebäudemodelle und Simulationen) sowie Dr. Günther Bergmann, Dr. Richard Bruno, Dr. Wilhelm Hermann, Dr. Reinhard Kersten und Ing. Klaus Klinkenberg eine systematische Studie über energieeffiziente Gebäude mit Mitteln des Bundesministeriums für Forschung durchgeführt. 
-Diese Studien zeigten, dass allein durch passive Maßnahmen Energieeinsparungen um einen Faktor 10 bis 20 in Europa und Amerika realisiert werden können. Sie erbrachten somit den Nachweis, dass diese Maßnahmen ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu energieeffizienten Gebäuden sind.+
  
-In der Passivhaus-Forschung wurden von Anfang an Erfahrungen aus diesem Projekt miteinbezogen.+Ein hervorragend gedämmtes Versuchshaus, erbaut im Jahr 1974/75 in Aachen, ausgestattet mit einem Erdwärmetauscher, einem kontrollierten Lüftungssystem, Solartechnik und Wärmepumpentechnologie und „bewohnt“ von einem Computer. Das Experimentierhaus diente als Test und Versuchslabor für Computermodelle, die verwendet wurden, um die Möglichkeiten von Energieeffizienz und die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen zu untersuchen. Diese Studien zeigten das Potential für Energieeinsparung um einen Faktor 10 bis 20 in Europa und Amerika allein durch passive Maßnahmen.  Sie erbrachten somit den Nachweis, dass diese Maßnahmen ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu energieeffizienten Gebäuden sind. 
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 +Bernd Steinmüller hat sich seit 1997 wieder intensiv mit der Forschung zu effizienten Gebäuden beschäftigt und ist weiterhin ein Vorreiter und weltweiter Verbreiter der ursprünglichen Ideen. 
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 +In der Passivhaus-Forschung wurden Erfahrungen aus diesem Projekt von Anfang an miteinbezogen. 
  
-Erfahrungen aus diesem Projekt wurden ebenfalls von Anfang an in die Passivhaus-Forschung miteinbezogen. 
 Lesen Sie mehr: [[grundlagen:anmerkungen_zur_geschichte:Das Phillips Experimentierhaus|Das Philips Experimentierhaus: Forschung 1974ff: Passive versus aktive Massnahmen in Europa & Amerika.]]\\ Lesen Sie mehr: [[grundlagen:anmerkungen_zur_geschichte:Das Phillips Experimentierhaus|Das Philips Experimentierhaus: Forschung 1974ff: Passive versus aktive Massnahmen in Europa & Amerika.]]\\
  
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     * Das noch fehlende Bewusstsein über die Notwendigkeit einer dauerhaften [[Planung:Luftdichtheit]]. Erkenntnisse dazu wurden vor allem in Schweden gesammelt. [[http://www.managenergy.tv/metv/portal/index.html?viewConference=199&catId=202|Prof. Arne Elmroth]] ist einer der entscheidenden Pioniere in dieser Frage.     * Das noch fehlende Bewusstsein über die Notwendigkeit einer dauerhaften [[Planung:Luftdichtheit]]. Erkenntnisse dazu wurden vor allem in Schweden gesammelt. [[http://www.managenergy.tv/metv/portal/index.html?viewConference=199&catId=202|Prof. Arne Elmroth]] ist einer der entscheidenden Pioniere in dieser Frage.
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     * Fehlende gute Lösungen für [[Planung:wärmeschutz:Fenster|energieeffiziente Fenster]] (Lovins: "Wir hätten eine bessere thermische Trennung der Fensterrahmen verwenden sollen."). Dadurch waren die Fenster oft klein oder sie mussten aufwändig mit temporärer Dämmung verdeckt werden. Beides waren Gründe, warum der Ansatz in der Breite nicht aufgenommen wurde.     * Fehlende gute Lösungen für [[Planung:wärmeschutz:Fenster|energieeffiziente Fenster]] (Lovins: "Wir hätten eine bessere thermische Trennung der Fensterrahmen verwenden sollen."). Dadurch waren die Fenster oft klein oder sie mussten aufwändig mit temporärer Dämmung verdeckt werden. Beides waren Gründe, warum der Ansatz in der Breite nicht aufgenommen wurde.
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     * Fehlende Zuverlässigkeit der Energieeffizienz der verwendeten Technik. In vielen Projekten kam es zum Effekt der "technological christmas trees", komplizierter Technik, die am Ende nicht oder nicht lange funktionierte.     * Fehlende Zuverlässigkeit der Energieeffizienz der verwendeten Technik. In vielen Projekten kam es zum Effekt der "technological christmas trees", komplizierter Technik, die am Ende nicht oder nicht lange funktionierte.
  
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 ===== Das Passivhaus Darmstadt Kranichstein ===== ===== Das Passivhaus Darmstadt Kranichstein =====
  
-{{:picopen:passivhaus_kranichstein_sued.jpg?300 }} <- **Passivhaus Darmstadt Kranichstein, Südaufnahme**\\ \\ Ein Team von Wissenschaftlern befasste sich ab 1988/89 unter der Leitung von Wolfgang Feist mit dem "Bauvorbereitenden Forschungsprojekt Passive Häuser"  - eine internationale Kooperation, an der auch Bo Adamson und Gerd Hauser beteiligt waren. Systematisch wurden mit Förderung durch das Land Hessen die Bedingungen für energieeffiziente Häuser erforscht und Prototypen neuer Bauteile entwickelt und gefertigt: U.a. gedämmte Fensterrahmen, reduzierte Wärmebrücken und CO2-geregelte Lüftung.+{{:picopen:passivhaus_kranichstein_sued.jpg?300 }} <- ** [[http://passipedia.de/beispiele/wohngebaeude/mehrfamilienhaeuser/das_erste_passivhaus_in_darmstadt-kranichstein_deutschland|Passivhaus Kranichstein]], Südaufnahme**\\ \\ Ein Team von Wissenschaftlern befasste sich ab 1988/89 unter der Leitung von Wolfgang Feist mit dem "Bauvorbereitenden Forschungsprojekt Passive Häuser"  - eine internationale Kooperation, an der auch Bo Adamson und Gerd Hauser beteiligt waren. Systematisch wurden mit Förderung durch das Land Hessen die Bedingungen für energieeffiziente Häuser erforscht und Prototypen neuer Bauteile entwickelt und gefertigt: U.a. gedämmte Fensterrahmen, reduzierte Wärmebrücken und CO2-geregelte Lüftung.
 Nach Plänen von Prof. Bott/Ridder/Westermeyer wurde 1990/91 von einer privaten Bauherrengemeinschaft vier Reihenhauseinheiten errichtet. Die Häuser sind seit 1991 normal bewohnt. Ein begleitendes Messprogramm förderte Erkenntnisse zu hochwärmedämmenden Bauteilen, Fenstern, der Lüftungs-Wärmerückgewinnung, dem Nutzerverhalten, der Raumluft-Qualität, dem Aufkommen an inneren Wärmequellen und vielem mehr.\\ Nach Plänen von Prof. Bott/Ridder/Westermeyer wurde 1990/91 von einer privaten Bauherrengemeinschaft vier Reihenhauseinheiten errichtet. Die Häuser sind seit 1991 normal bewohnt. Ein begleitendes Messprogramm förderte Erkenntnisse zu hochwärmedämmenden Bauteilen, Fenstern, der Lüftungs-Wärmerückgewinnung, dem Nutzerverhalten, der Raumluft-Qualität, dem Aufkommen an inneren Wärmequellen und vielem mehr.\\
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-{{:picopen:passivhaus_kranichstein_nord.jpg?300 }} <- **Passivhaus Kranichstein, Nordaufnahme**\\ \\ Unter normaler Wohnnutzung bestätigte dieses Projekt die einwandfreie Funktion aller wesentlichen Komponenten - und dies ungestört bis heute. Der gemessene Energieverbrauch für Heizung ist seit 15 Jahren stabil geringer als 10 kWh/(m²a), die Einsparung gegenüber traditionellen Gebäuden beträgt somit mehr als 90%. Dabei wurde eine sehr gute Luftqualität gemessen und die hohe thermische Behaglichkeit durch Feldmessungen und durch Befragungen der Nutzer bestätigt.+{{:picopen:passivhaus_kranichstein_nord.jpg?300 }} <- **Passivhaus Kranichstein, Nordaufnahme**\\ \\ Unter normaler Wohnnutzung bestätigte dieses Projekt die einwandfreie Funktion aller wesentlichen Komponenten - und dies ungestört bis heute. Der gemessene Energieverbrauch für Heizung ist seit 25 Jahren stabil geringer als 10 kWh/(m²a), die Einsparung gegenüber traditionellen Gebäuden beträgt somit mehr als 90%. Dabei wurde eine sehr gute Luftqualität gemessen und die hohe thermische Behaglichkeit durch Feldmessungen und durch Befragungen der Nutzer bestätigt.
  
 Die meisten Komponenten (z.B. gedämmte Fensterrahmen) waren bei diesem Projekt einzeln handwerklich gefertigte Sonderlösungen; deren einwandfreie Funktion war der ausschlaggebende Anlass, Serienproduktionen von Bauteilen dieser Qualität aufzunehmen. Die meisten Komponenten (z.B. gedämmte Fensterrahmen) waren bei diesem Projekt einzeln handwerklich gefertigte Sonderlösungen; deren einwandfreie Funktion war der ausschlaggebende Anlass, Serienproduktionen von Bauteilen dieser Qualität aufzunehmen.
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 ===== Siehe auch ===== ===== Siehe auch =====
  
 +[[grundlagen:anmerkungen_zur_geschichte:pioneer_award|Der Pioneer Award]]\\ 
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 [[Beispiele:Wohngebäude:Mehrfamilienhäuser:Das erste Passivhaus in Darmstadt-Kranichstein, Deutschland]]\\ [[Beispiele:Wohngebäude:Mehrfamilienhäuser:Das erste Passivhaus in Darmstadt-Kranichstein, Deutschland]]\\
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grundlagen/anmerkungen_zur_geschichte.1472025039.txt.gz · Zuletzt geändert: 2016/08/24 09:50 von kdreimane