Stroh als Wärmedämmung

Anisotropes Verhalten. Von Holz ist der Effekt des anisotropen Verhaltens bekannt: Verläuft der Wärmestrom gegen die Richtung der Fasern, hat Weichholz eine Wärmeleitfähigkeit (λ) um 0,13 W/(mK). In Faserrichtung beträgt die Wärmeleitfähigkeit jedoch etwa 0,29 W/(mK). Für Stroh gilt: Während der Herstellung werden die Strohhalme mit einer bestimmten Orientierung in den Ballen gepresst. Ein großer Anteil der Halme kommt etwa rechtwinklig zur Verschnürung zu liegen. Ein Verhalten ähnlich dem oben von Holz beschriebenen kann dabei beobachtet werden. Bei Hochdruck-Kleinballen (36 cm hoch, 48 cm breit und 60-120 cm lang mit einer Dichte um 100 kg/m³) kann der Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit λR mit 0,052 W/(mK) bei Wärmestrom entgegen der Halmrichtung angenommen werden. In Halmrichtung mit 0,080 W/(mK).

Abb. 1, links: Wärmestrom gegen die Halmrichtung, λR = 0,052 W/(mK). Mitte: Wärmestrom in Halmrichtung: 0,08 W/(mK) © PHI. Rechts: Hochdruck-Kleinballenpresse. © Welger.

In Großballen sind die Halme homogener orientiert, auch ist die Dichte höher. Hier kann λR mit 0,065 W/(mK) angenommen werden. Einfache Messwerte oder nicht adäquat bewertete Wärmeleitfähigkeiten (λ, λD) sollten nicht verwendet werden, da diese keine Sicherheitsbeiwerte sowie Temperatur- und Feuchtekorrekturen enthalten. Die Europäische Zechnische Zulassung ETA-17/0247 für “Baustroh” der BauStroh GmbH führt zu einem Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit von 0,049 W/(mK) für Hochdruck-Kleinballen mit einer Dichte von 100 +/- 15 kg/m³, Wärmestrom gegen die Halmrichtung, vgl. Abbildung 1, links.

Am besten: Ballen hochkant. Hochkant liegend oder hochkant stehend verbaut (siehe Abbildung 2), verläuft der Wärmestrom gegen die Halmrichtung. In diesem Fall beträgt die Dämmstärke 36 cm. In einer Holzkonstruktion mit 6 cm starken, wandtiefen Ständern mit einem Rasterabstand von 100 cm, Kalkputz außen und Lemputz innen, ergibt sich ein U-Wert von 0,15 W/(m²K) bei einer Gesamtstärke von 42 cm. Mit flach liegenden Ballen, 48 cm Dämmstärke, 54 cm Gesamtstärke (λR = 0,080 W/(mK)), ist der U-Wert 0,17 W/(m²K). Hochkant eingesetzte Ballen bieten also den besseren U-Wert bei geringerer Wandstärke.

Abb. 2: Ballenorientierung © PHI

Checkliste Baustrohballen:
Folgende Anforderungen sollten Baustrohballen erfüllen:
- Straffe Bindung aus Kunststoff oder Draht
- Dichte Ballen (100 +/-15 kg/m³) mit rechteckigen Enden
- Möglichst intakte Halmstruktur
- Goldgelbe Färbung (nicht grau oder schwarz)
- Kein Modergeruch, relative Luftfeuchte im Ballen kleiner 75% (massebezogener Feuchtegehalt kleiner 15%)

Einblasdämmung. Stroh ist auch als Einblasdämmung verfügbar. Die ETA-18/0305 von “Sonnenklee” mit λD = 0,055 W/(mK) führt zu einem λR von etwa 0,057 W/(mK) bei Dichten zwischen 105 und 140 kg/m³. Mit einer Holzrahmenkonstruktion mit 6 cm starken Ständern, e = 62,5 cm, OSB-Platte innen, 4 cm Holzweichfaserplatte außen, werden 35 cm Dämmschicht benötigt, um einen U-Wert von 0,15 W/(m²K) zu erreichen. Die Gesamtstärke beträgt dann 42 cm.

Weitere Hinweise: Strohballen und Stroh-Einblasdämmung bestehen aus unbehandeltem, organischem Material. Es ist darum von höchster Wichtigkeit, die Konstruktion bauphysikalisch einwandfrei sowie luftdicht auszuführen. Nur dann können Feuchteakkumulation und damit einhergehende potentielle Schäden an der Konstruktion vermieden werden. Die luftdichte Ebene kann durch armierte Putze, Holzwerkstoffplatten oder Membrane im Zusammenspiel mit zugelassenen Verbindungen hergestellt werden (siehe hierzu die Empfehlungen des PHI zum luftdichten Bauen). Vorteilhaft ist eine Schichtung, die innen höher dampfbremsend ist als außen. Exemplarische Strohballenbausysteme unter:

http://database.passivehouse.com/components/


© IG Passivhaus / Passivhaus Institut Autor: Prof. Dr.-Ing. Benjamin Krick